OLG München: „Bald verfügbar“ ist keine ausreichende Lieferzeitangabe

veröffentlicht am 10. Juli 2018

OLG München, Urteil vom 17.05.2018, Az. 6 U 3815/17
§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 UWG, § 3 UWG, § 3a UWG; § 312d Abs. 1 S. 1 BGB; Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 EGBGB

Die Zusammenfassung der Entscheidung des OLG München finden Sie hier (OLG München – „Bald verfügbar“ reicht nicht als Liefertermin), den Volltext des Urteils unten:


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Oberlandesgericht München

Urteil

In dem Rechtsstreit

Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V., …

gegen

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17.05.2018 für Recht erkannt:

1.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 17.10.2017, Az. 33 O 20488/16, wird zurückgewiesen.


2.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.


3.
Das landgerichtliche Urteil und dieses Senatsurteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklag­te kann die Vollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der vollstreckbaren Kosten abwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Si­cherheit in Höhe von 110% der zu vollstreckenden Kosten leistet.

Gründe

I.

Der Kläger, ein rechtsfähiger Verband und im Sinne von § 4 UKlaG anerkannte qualifizierte Einrichtung, geht gegen die Beklagte – ein Unternehmen aus u.a. der Unterhaltungselektronik, welches im Internet unter der Adresse https://www…..de einen Telemediendienst be­treibt, über den Verbrauchern die Möglichkeit geboten wird, Waren aus dem darin angebotenen Segment im elektronischen Geschäftsverkehr zu bestellen – wegen deren als Anlagenkonvolut K1 vorgelegten Internetauftritts vor. Den während des Bestellvorgangs darin erfolgenden Hin­weis „Der Artikel ist bald verfügbar. Sichern Sie sich jetzt Ihr Exemplar!“ hält der Kläger we­gen fehlender Angaben zum Liefertermin der beworbenen Waren für wettbewerbswidrig.

Mit Urteil vom 17.10.2017 hat das Landgericht antragsgemäß die Beklagte unter Auferlegung der Verfahrenskosten zu deren Lasten verurteilt,

I. es bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu unterlassen, auf der Internet­seite mit der Adresse https://www…..de, auf der Verbraucher die Möglichkeit haben, Waren zu bestellen, den Termin, bis zu dem die Beklagte die Ware liefern muss, nicht anzuge­ben und die mögliche Belieferung wie folgt mitzuteilen:

[Abb.]

und

[Abb.]

II. an den Kläger 260,- Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus ab dem 12.01.2017 zu zahlen.

Zur Begründung ist im erstinstanzlichen Urteil ausgeführt, der Unterlassungsantrag des Klägers sei hinreichend bestimmt, da er die konkrete Verletzungsform an den Gesetzestext lediglich anlehnend abstrahierend umschreibe und darüber hinaus die beanstandete Angebotsgestaltung konkret in Bezug nehme. Der Begriff „Termin“ sei nicht mehrdeutig und deshalb auch nicht auslegungsbedürftig. Die Frage, ob auch erlaubtes Verhalten unter das beantragte Verbot falle, stelle sich nicht im Rahmen der Zulässigkcit des Unterlassungsantrags, sondern sei bei dessen Begründetheit zu prüfen.

Der Sache nach stehe dem (als qualifizierter Einrichtung im Sinne von § 4 UKlaG klagebefug­ten und aktivlegitimierten) Kläger der mit Ziffer I. geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. I, Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. §§ 3, 3a UWG i.Vm. § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz I Nr. 7 EGBGB zu.

Nach Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EGBGB i.V.m. § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB sei der Un­ternehmer verpflichtet, dem Verbraucher Informationen u.a. den Termin betreffend, bis zu dem der Unternehmer die Waren liefern oder die Dienstleistung erbringen muss, zur Verfügung zu stellen. Hierdurch solle der Verbraucher in die Lage versetzt werden, eine informierte und sei­nen Interessen gerechte Entscheidung im Hinblick auf den Vertragsschluss zu treffen. Zu den vom Gesetz geforderten Informationen über die Liefer- und Leistungsbedingungen im Sinne der vorgenannten Vorschriften zähle insbesondere der (späteste) Liefertermin: Abweichend vom Wortlaut könne der Unternehmer auch einen Lieferzeitraum angeben, wenn er sich nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt festlegen möchte.

Die vom Kläger beanstandete Angebotsgestaltung der Beklagten, die als Liefertermin lediglich den Hinweis „Der Artikel ist bald verfügbar. Sichern Sie sich jetzt Ihr Exemplar!“ enthalte, genüge diesen Anforderungen nicht. Es bleibe für den Verbraucher völlig offen, ob der bereits verbindlich bestellte Artikel in Tagen, Wochen oder Monaten verfügbar sei und wann er von der Beklagten ausgeliefert werde. Die Angabe „bald“ werde zwar vom angesprochenen Durchschnittsverbraucher als einem zumindest potentiellen Nachfrager von online angebotener Un­terhaltungselektronik im Sinne von „innerhalb kurzer Zeit“ verstanden. Sie sei aber einem be­stimmten oder zumindest bestimmbaren (spätesten) Lieferterntin nicht gleichzusetzen.

Dass die Vorschriften der §§ 312d Abs. I Satz 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. I Satz 1 Nr. 7 EG­BGB nur auf im Zeitpunkt der Bestellung verfügbare Artikel Anwendung fänden, lasse sich dem klaren und einschränkungslosen Wortlaut der genannten Bestimmungen nicht entnehmen. Solches ergebe sich auch nicht aus einem Zusammenspiel mit § 312j Abs. 1 BGB. Selbst wenn § 312j BGB auch Fälle gänzlich fehlender Verfügbarkeit umfassen sollte, entbinde dies den Unternehmer bei vorübergehend fehlender Verfügbarkeit nicht von seinen Informationspflich­ten nach §§ 312d Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. I Satz 1 Nr. 7 EGBGB. Er sei zumin­dest gehalten, in der Werbung einen gegebenenfalls großzügig bemessenen (spätesten) Liefer­termin anzugeben. Anderenfalls würde das Risiko einer Lieferverzögerung in Fällen (nur vo­rübergehend) fehlender Warenverfügbarkelt einseitig dem – vertraglich gebundenen, gegebe­nenfalls sogar vorleistungspflichtigen – Verbraucher aufgebürdet, ohne dass dieser die Mög­lichkeit hätte, gegen den Unternehmer wegen Lieferverzugs vorzugehen. Eine derartige Inter­pretation der lnformationspflichten des Unternehmers sei mit dem von der Richtlinie 2011/83/EU intendierten Ziel eines hohen Verbraucherschutzniveaus unvereinbar. Das gesetzli­che Widerrufsrecht des Verbrauchers führe insoweit nicht zu einer Kompensation, nachdem dieses ein erneutes Tätigwerden des Verbrauchers voraussetze.

Bei den fraglichen vertragsbezogenen Informationspflichten der §§ 312d Abs. I Satz 1 BGB, Art. 246a § l Abs. I Satz 1 Nr. 7 EGBGB handle es sich um Marktverhaltensregeln im Interes­se der Verbraucher.

Die Zuwiderhandlung der Beklagten gegen die vorgenannten Marktverhaltensregeln sei auch geeignet, die Interessen der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen. Der Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung indiziere im Regelfall die Eignung zur spürbaren Beeinträchtigung der Marktteilnehmer, an die sich die unlautere Handlung richte. Diese Vermutungswirkung habe die Beklagte nicht zu erschüttern vermocht. Überdies liege eine spürbare Beeinträchtigung des Verbrauchers hier auf der Hand.

Der Unterlassungsantrag sei auch nicht zu weit gefasst. Rechtlich zulässige Verhaltensweisen seien vom Verbot nicht umfasst; insoweit bedürfe es nicht deren Aufnahme in den Tenor. Der Antrag sei auch insoweit nicht unbestimmt, als darin der Begriff „Termin“ verwendet werde. Er beziehe sich nämlich nicht auf „den Termin, an dem die Beklagte die Ware liefern müsse“, son­dern er laute “ … den Termin, bis zu dem die Beklagte die Ware liefern muss“. Diese Formulie­rung umfasse einen Lieferzeitraum, der es dem Verbraucher ermögliche, den spätesten Liefer­termin zu bestimmen.

Die Verpflichtung zur Zahlung der der Höhe nach unstreitigen Abmahnkostcn folge aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, die diese wie folgt begründet:

Der Tenor des landgerichtlichen Urteils sei zu unbestimmt. Er umfasse auch erlaubte Verhal­tensweisen; er sei damit zu weit gefasst und führe zur Unbegründetheit der Unterlassungsklage, woran auch die Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform nichts ändere. Weder aus der im Tenor in Bezug genommenen Darstellung des Onlineshops der Beklagten, noch aus dem abs­trahierenden Teil des Tenors lasse sich zweifelsfrei erkennen, dass nur solche Produkte hiervon umfasst seien, die sich auch tatsächlich bestellen ließen. Hierauf komme es allerdings an, weil ein Liefertermin nicht anzugeben sei, wenn ein Produkt im Onlineshop der Beklagten lediglich dargestellt werde, der Verbraucher dieses aber nicht bestellen könne. Die Auffassung des Land­gerichts, rechtlich zulässige Verhaltensweisen seien naturgemäß nicht vom Verbot umfasst, trage nicht. Einschränkungen vom erstrebten Verbot seien nicht nur bei gesetzlichen Ausnah­metatbeständen in den Verbotsantrag aufzunehmen.

Der Begriff „Termin“ im Tenor sei, da auslegungsbedürftig und zwischen den Parteien streitig, ebenfalls zu unbestimmt. Die vom Landgericht gewählte Formulierung führe zu einer Verlage­rung der Klärung der Reichweite des ausgesprochenen Verbots in das Vollstreckungsverfahren.

Er sei darüber hinaus zu weit gefasst und damit unbegründet. Keinesfalls erforderlich sei, dass der Termin angegeben werden müsse, bis zu dem die Ware zu liefern sei. Angaben zu einem Lieferzeitraum wären jedenfalls ausreichend, um der Informationspflicht nach §§ 312d Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. I Satz 1 Nr. 7 EGBGB Genüge zu leisten. Dies lasse sich dem Tenor des angegriffenen landgerichtlichen Urteils nicht entnehmen. Soweit sich die Urteils­gründe hierzu verhielten, sei nicht zweifelsfrei erkennbar, was der Beklagten verboten werden solle. Die Angabe eines in den Entscheidungsgründen erwähnten Lieferzeitraums lasse nämlich insbesondere offen, ab wann eine entsprechende Frist zu laufen beginne – in Betracht kämen etwa der Zeitpunkt des Eingangs der Bestellung, der internen Bearbeitung oder des Zahlungs­eingangs – und wann sie ende.

Das Urteil unterliege der Sache nach auch aus weiteren Gründen der Aufhebung:

Das Landgericht habe die Kaufgewohnheiten des Verbrauchers im Onlinehandel unzutreffend bewertet. Es habe verkannt, dass die rechtsverbindliche Bestellung von nicht verfügbaren Wa­ren mit unbekanntem und nicht vorhersehbarem Liefertermin der seit Jahren üblichen Praxis im Onlinchandel entspreche. Der Verbraucher könne auch nicht vorrätige Produkte im Onlinehan­del verbindlich bestellen; diese würden an den Kunden versendet, sobald sie beim Onlinehänd­ler einträfen. Ein konkret bestimmbarer Liefertermin könne in diesen Fällen meist nicht ange­geben werden. Solches werde vom Kunden auch nicht erwartet, weil er zuvor auf die fehlende Verfügbarkeit hingewiesen worden sei. Dass es sich bei dieser Praxis im Onlinehandel nicht nur um Einzelfalle handle, sondern um ein gängiges Vorgehen, das in der Erwartungshaltung des Verbrauchers fest verwurzelt sei, ergebe sich aus dem Umstand, dass mehrere große Konkurrenten der Beklagten … in entsprechender Weise ihre Produkte auf dem Markt anböten, ohne einen Liefertermin für nicht vorrätige Ware in der Internet-Werbung anzugeben. Entscheidend sei, dass der potentielle Kunde vor dem Kauf darüber informiert werde, ob ein Produkt verfügbar sei. Der Verbraucher sei in dieser Situation in seiner Entscheidung frei, das Produkt zu bestellen; obwohl dieses nicht verfügbar sei. Ihm lägen daher bei der Bestellung sämtliche wesentlichen Informationen vor. Weiterer Angaben als in der streitgegenständlichen Werbung („Der Artikel ist bald verfügbar“) bedürfe es nicht. Lediglich vorsorglich sei darauf hinzuweisen, dass nicht auf jeglichen Durchschnittsverbraucher, sondern auf denjenigen Ver­braucher abzustellen sei, dem bestimmte Gepflogenheiten im Onlinehandel geläufig seien; die­se Interessenten seien oftmals äußerst technikaffin und wollten nicht irgendein, sondern ein ganz bestimmtes Gerät (wie hier das angebotene Smartphone) erwerben. Dabei lege der ange­sprochene Verkehr besonderen Wert darauf das gewünschte Gerät zu erhalten, sobald es beim Händler eintreffe. Diesen Service empfinde er als besonders komfortabel und entgegenkom­mend. Ihm sei bewusst, dass Produkte der Unterhaltungselektronik oftmals bereits binnen Stun­den nach Eintreffen beim Händler ausverkauft seien. Die beanstandete Vergehensweise der Beklagten erspare dem Kunden, mehrmals binnen kurzer Zeit nachfragen zu müssen, ob das gewünschte Gerät bereits beim Händler eingetroffen sei. Der Kunde sei zudem über das gesetzliche Widerrufsrecht nach §§ 355 Abs. 2 Satz 1, 356 Abs. 2 Nr. 1a BGB hinreichend geschützt.

Das Landgericht habe ferner verkannt, dass § 312d Abs. I Satz 1 BGB i.V.m. Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB die Angabe des Liefertermins (nur) für diejenigen Fälle vorschreibe, in denen die Ware beim Onlinehändler verfügbar sei. Sei die Ware nicht verfügbar und werde der Kunde darauf hingewiesen – was im Streitfall durch die in der Farbe Gelb unterlegte Angabe „Der Artikel ist bald verfügbar“ geschehen sei, wobei die Angabe „bald“ an sich nur optional sei; ein Hinweis auf die derzeit fehlende Verfügbarkeit wäre nach dem Gesetz bereits ausrei­chend gewesen -, habe der Unternehmer seinen Informationspflichten nach Maßgabe des § 312j Abs. 1 BGB Genüge getan. Diese Vorschrift zeige auf, dass bei Vorliegen von Lieferbeschrän­kungen im Onlinehandel ein Hinweis auf den Liefertermin gerade nicht ausnahmslos veranlasst sei. Die gegenteilige Rechtsansicht des Landgerichts würde § 312j Abs. I BGB insoweit über­flüssig machen.

Jedenfalls fehle es im Streitfall an der Spürbarkeit einer etwaigen Beeinträchtigung des ange­sprochenen Verkehrs im Sinne von § 3a UWG. Die streitgegenständliche Bestellmöglichkeit nicht verfügbarer Produkte biete dem Verbraucher nur Vorteile und keine Nachteile. Außerdem habe der Verbraucher kein Interesse daran, etwaige Lieferzeiten ohnehin nicht verfügbarer Wa­ren mit Lieferterminen verfügbarer Waren zu vergleichen. Werde er vor der Bestellung auf die mangelnde Verfügbarkeit hingewiesen, könne er sich auf dieser Grundlage frei für oder gegen den Vertragssehluss entscheiden. Überdies stehe der Spürbarkeit auch insoweit entgegen, dass der Verbraucher durch das gesetzliche Widerrufsrecht hinreichend geschützt sei.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angegriffenen Ersturteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und führt ergänzend hierzu aus:

Durch die Beschränkung des Unterlassungsantrags auf die konkrete Verletzungshandlung sei der Kläger zum einen der Gefahr entgegengetreten, dass vom begehrten Verbot auch zulässige Verhaltensweisen umfasst seien, und zum anderen sei dadurch dem Bestimmtheitsgebot hinrei­chend Rechnung getragen. Bei der abstrakten Umschreibung der angegriffenen Verhaltensweise handle es sich lediglich um eine unschädliche Überbestimmung. Gegenstand des Unterlassungsbegehrens sei, dass die nach dem Gesetz dem Werbenden obliegenden Informations­pflichten durch die Angabe „Der Artikel ist bald verfügbar“ wie in der konkreten Verletzungs­form geschehen, nicht erfüllt würden. Da sich der Unterlassungstenor nur auf Produkte beziehe, die der angesprochene Verkehr auf der vom Antrag umfassten Internetseite der Beklagten be­stellen könne, sei hiervon eine bloße Warenpräsentation ohne Bestellmöglichkeit nicht umfasst. Überdies sei darauf hinzuweisen, dass sich der Inhalt und die Reichweite eines Urteilsaus­spruchs nicht allein auf den Tenor bezögen, sondem zu dessen Verständnis auch die Entschei­dungsgründe heranzuziehen seien.

Das erstinstanzliche Urteil sei auch der Sache nach frei von Rechtsfehlern. Die Informations­pflicht nach § 312d Abs. I Satz 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. I Satz 1 Nr. 7 EGBGB bestehe ent­gegen der Auffassung der Beklagten nicht nur im Falle tatsächlicher Verfügbarkeit des beworbenen Produkts. Dies ergebe sich schon aus dem Wortlaut der vorgenannten Bestimmungen.

Ein Vergleich zu Art. 246 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB ( „gegebenenfalls“) zeige, dass sich der Gesetz­geber bewusst dafür entschieden habe, bei Fernabsatzverträgen den Unternehmer zu verpflich­ten den Verbraucher über den Liefertermin zu informieren. Was die Information – die „klar und verständlich“ zu erfolgen habe (Art. 246a § 4 Abs. I EGBGB) – als solche anbelange, seien die zu § 308 Nr. 1 BGB entwickelten Grundsätze heranzuziehen. Hiernach sei eine Bestim­mung unwirksam, durch die sich der Verwender eine nicht hinreichend bestimmte Frist für die Erbringung einer Leistung vorbehalte und der Kunde deshalb nicht erkennen bzw. errechnen könne, wann die Lieferfrist ablaufe. Diesen Anforderungen halte die streitgegenständliche An­gabe „Der Artikel ist bald verfügbar“ in der angegriffenen Werbung der Beklagten nicht stand. Sie entziehe dem Verbraucher die Möglichkeit, den Unternehmer in Verzug zu setzen und ihn wegen nicht rechtzeitiger Erfüllung der eingegangenen Leistungspflichten juristisch belangen zu können.

Soweit die Beklagte auf das Verhalten anderer Onlinehändler abstelle, rechtfertige dies den klägerseits geltend gemachten Wettbewerbsverstoß nicht. Hieraus könne auch keine Erwar­tungshaltung des Verbrauchers in Richtung auf eine eingeschränkte Informationspflicht im On­line-Handel abgeleitet werden – was überdies mit Nichtwissen zu bestreiten sei, abgesehen da­von, dass die Erwartungshaltung des Verkehrs nicht Tatbestandsvoraussetzung der in § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EGBGB geregelten Informations­pflichten des werbenden Unternehmers sei. Derartiges folge schon daraus, dass unklar sei, in­wieweit die beklagtenseits vorgetragenen Beispiele für den gesamten Onlinebandel oder auch nur für das gesamte Angebot der von ihr benannten Händler repräsentativ seien.

Es liege auch eine spürbare Beeinträchtigung der Interessen der Verbraucher vor. Denn diese würden davon abgehalten, die Vor- und Nachteile einer geschäftlichen Entscheidung zu erken­nen, abzuwägen und eine „effektive Wahl“ zu treffen, da ein Vergleich mit Drittangeboten im Hinblick auf den Liefertermin nicht möglich sei. Zudem könne der Verbraucher nicht beurtei­len, ab wann er die Beklagte in Verzug setzen und gegebenenfalls Schadensersatzansprüche geltend machen könne.

Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze und auf das Proto­koll des Termins vom 16.05.2018 (BI. 138/142 d.A) Bezug genommen.

II.
Die Berufung der Beklagten gegen das angegriffene Urteil des Landgerichts München I vom 17. 10.2017 ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt (§ 517, § 519 ZPO) und begründet (§ 520 Abs. 2 ZPO) worden. Sie führt allerdings in dcr Sache nicht zum Erfolg. Die Feststellung des Landgerichts, die angegriffene Werbung der Beklagten im Internet, bein­haltend die Aussage „Der Artikel ist bald verfügbar“ ohne die Angabe des Termins, bis zu dem die Beklagte die Ware liefern müsse, sei wertbewerbswidrig, ist frei von Rechtsfehlern. Die hiergegen mit der Berufung erhobenen Einwände verhelfen der Beklagten nicht zum Erfolg.

1.
Entgegen der Auffassung der Beklagten hält der Unterlassungsantrag der Klägerin dem Be­stimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO stand.


a)
Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass sich der Gegner nicht erschöpfend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen wäre (st. Rspr., z.B. BGH GRUR 2015, 1237, Tz. 13 – Erfolgsprämie für die Kundengewinnung; BGH GRUR 2011 936 Tz. f7 – Double-opt-in-Verfahren m.w.N.; BGH GRUR 2011, 539 Tz. 11 – Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker; SGH GRUR 201 L 152 Tz. 22 – Kinderhochstühle im Internet; BGH GRUR 2010, 749 Tz. 21 – Erinnerungswerbung im Internet). Der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch setzt eine konkrete Verletzungshandlung voraus, für die eine Wiederho­lungs- oder Erstbegehungsgefahr besteht. Ein auf Unterlassung gerichteter Klageantrag muss grundsätzlich auf die konkrete Verletzungsform abstellen. Bei der Formulierung des Antrags sind allerdings gewisse Verallgemeinerungen zulässig, sofern darin das Charakteristische der konkreten Verletzungshandlung zum Ausdruck kommt (St. Rspr., z.B. BGH GRUR 2011, 433 Tz. 26 – Verbotsantrag bei Telefonwerbung; BGH GRUR 2010, 454 Tz. 12 – Klassenlotterie; BGH GRUR 2010, 253 Tz. 30 Fischdosendeckel; BGH GRUR 2008, 702 Tz. 55 – Internet­versteigerung III).

b)
Diesen Anforderungen leistet der Unterlassungsantrag des Klägers Genüge:

aa)
Die Einbeziehung der dem Internetausdruck gemäß Anl. K1 entnommenen streitgegen­ständlichen Werbeaussage in den Unterlassungsantrag gibt im vorgenannten Sinne die konkrete Verletzungsform wieder.

bb)
Durch die Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform und den Zusatz, „bis zu dem die Beklagte die Ware liefern muss“, ist der im Unterlassungsantrag verwendete Begriff „Termin“ (vgl. Art. 246a § 1 Abs. I Nr. 7 EGBGB) entgegen der Auffassung der Beklagten hinreichend in dem Sinne bestimmt bzw. – was im Rahmen von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ausreicht – dahin­gehend bestimmbar, dass damit der Zeitpunkt anzugeben ist, an dem die Lieferung spätestens zu erfolgen hat. Die Angabe eines Lieferzeitraums anstelle eines festen Termins führt dabei nicht zur Mehrdeutigkeit des Unterlassungsantrags; dessen Ende findet Aufnahme in die An­tragsfassung („bis zu dem … „) und konkretisiert diese im Streitfall hinreichend.


cc)
Bei der Verwendung der Passage „… Termin, bis zu dem die Beklagte die Ware liefern muss“ handelt es sich um eine zulässige Wiederholung des Gesetzeswortlauts in Art. 246a § 1 Abs. I Nr. 7 EGBGB, da der Kläger durch die Wiedergabe der angegriffenen Werbeaussage gemäß Anl. K1 im Unterlassungsantrag hinreichend deutlich gemacht hat, dass er nicht ledig­lich ein Verbot im Umfang des abstrakten Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich mit seinem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert (st. Rspr., vgl. die Rechtsprechungsnachweise bei Köhler/Bornkamm/Fedderscn/Köhler, UWG, 38. Aufl. 2018, § 12 Rn. 2.40a).


2.
Der Unterlassungsantrag ist auch nicht zu weit gefasst (was bei dessen Vorliegen nicht zur Unzulässigkeit des Antrags, sondern zur (teilweisen) Unbegründetheit führte), weshalb das Landgericht keine Veranlassung hatte, diesen ganz oder teilweise als unbegründet abzuweisen.

Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, dem Unterlassungsantrag könne nicht entnommen werden, dass vom Verbot nur eine Produktwerbung mit Bestellmöglichkeit umfasst sei. Eine bloße Warenpräsentation ohne Bestellmöglichkeit könne der Beklagten allerdings nicht in zu­lässiger Weise untersagt werden.

Dem ist entgegenzuhalten, dass die im Unterlassungsantrag in Bezug genommene konkrete Verletzungsform ausschließlich auf ein Produktangebot mit Bestellmöglichkeit abstellt. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Antragsfassung (., … die Möglichkeit haben, Waren zu be­stellen … „) und findet seine Entsprechung in der im Antrag abgebildeten Internetwerbung der Beklagten.

Aus diesem Grund kann der Beklagten auch nicht darin gefolgt werden, dass von der durch das Erstgericht ausgesprochenen Verurteilung insoweit erlaubte Handlungen (mangels Bestellmög­lichkeit in der fraglichen Internetwcrbung; zu anderweitigen möglicherweise erlaubten Hand­lungen verhält sich weder der Unterlassungsantrag noch der Vortrag der Beklagten, solche sind auch nicht ersichtlich) mitumfasst seien.

3.
Das landgerichtliche Urteil hat auch Bestand, soweit sich die Berufung der Beklagten gegen die Feststellung richtet, die verfahrensgegenständliche Angabe „Der Artikel ist bald ver­fügbar. Sichern Sie sich jetzt Ihr Exemplar!“ sei wettbewerbswidrig, weil damit die der Beklag­ten obliegende gesetzliche Informationspflicht der Beklagten in § 312d Abs. I Satz 1 BGB i.V.m. Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EGBGB nicht erfüllt sei.

a)
Gemäß § 312 d Abs. I BGB ist bei – hier von der Beklagten im Rahmen der angegriffenen Internetwerbung angebotenen – Fernabsatzverträgen der Unternehmer verpflichtet, den Ver­braucher nach Maßgabe des Art. 246a EGBGB zu informieren. Art. 246a § l Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EGBGB bestimmt, dass der Verbraucher über die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingun­gen sowie über den Termin, bis zu dem der Unternehmer die Waren liefern oder die Dienstleis­tung erbringen muss, zu informieren ist. § 312d Abs. I BGB, Art. 246a § l Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EGBGB setzen Art. 6 Abs. 1 lit. g der RL 2011/83/EU (Verbraucherrechterichtlinie, VerbrR­RL) um, in der es hierzu lautet:


„(1)
Bevor der Verbraucher durch einen Vertrag im Fernabsatz oder einen außerhalb von Geschäftsräu­men geschlossenen Vertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist, informiert der Unternehmer den Verbraucher in klarer und verständlicher Weise über Folgendes:

g) die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, den Termin, bis zu dem sich der Unternehmer ver­pflichtet, die Waren zu liefern oder die Dienstleistung zu erbringen, und gegebenenfalls das Verfahren des Unternehmers zum Umgang mit Beschwerden;“

b)
Mit der streitgegenständlichen Angabe „Der Artikel ist bald verfügbar“ genügt die Beklagte ihrer gesetzlichen Informationspflicht wie vorstehend wiedergegeben nicht. Mit dieser verbin­det der angesprochene Verbraucher zwar wie vom Erstgericht zutreffend festgestellt die Vor­stellung, dass eine Lieferung der Ware in naher Zukunft versprochen werde. Einem Termin im Wortsinne der gesetzlichen Regelung entspricht die Angabe „bald“ allerdings nicht, auch nicht
in Gestalt eines hinreichend bestimmbaren Lieferzeitzeitraums, aufgrund dessen der Verbraucher darüber in Kenntnis gesetzt wird, bis zu welchem Zeitpunkt spätestens die bestellte Ware vom werbenden Unternehmer an ihn ausgeliefert werde (vgl. OLG München, Beschluss vom 08.10.2014 – 29 W 1935/14 m.w.N, nachgewiesen in juris). Die Vorschriften der §§ 312 ff BGB bezwecken die Erreichung eines hohen Verbraucherschutzniveaus (Art. I der VerbrR­-RL), die Einhaltung der Informationspflicht nach § 312d BGB ist am Maßstab des § 305c BGB (Unklarheitenregel) sowie der §§ 307 ff BGB (hier insbesondere des Transparenzgebots § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB) zu messen (vgl. Palandt/Grüneberg BGB, 77. Aufl, 2018, § 312d Rn. 2.4 m.w.N.). Eine in zeitlicher Hinsicht nicht näher bestimmbare Terminsangabe „bald“ ist weder hinreichend klar verständlich, noch ausreichend transparent für den Verbraucher, der tatsächliche Lieferzeitpunkt bzw. -zeitraum bleibt vielmehr offen. Der Verbraucher kann den Fällig­keitszeitpunkt bzw. den Ablauf einer Lieferfrist nicht bestimmen und den Unternehmer nicht in Verzug setzen, wenn es in der Folge zu einer Auslieferung der versprochenen bzw. vertraglich geschuldeten Ware nicht kommt. Vor diesem Hintergrund trägt die in zeitlicher Hinsicht nicht näher bestimmbare Angabe „bald“ der von der gesetzlichen Regelung beabsichtigten Garantie eines hohen Verbraucherschutzniveaus nicht hinreichend Rechnung.

c)
aa)
Dieser Beurteilung kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Regelung der § 312 d Abs. 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EGB
GB sei im elektronischen Ge­schäftsverkehr dahingehend einschränkend zu interpretieren, dass sie keine Anwendung finde bei im Zeitpunkt des (online-)Bestellvorgangs nicht lieferbarer Ware. Dies folge aus dem Zu­sammenspiel zwischen den vorgenannten gesetzlichen Regelungen mit der Vorschrift des § 312j Abs. 1 BGB, wonach der Unternehmer auf Webseiten für den elektronischen Geschäfts­verkehr mit Verbrauchern spätestens bei Beginn des Bestellvorgangs (über die Angaben nach § 312 Abs. 1 BGB, die hier nicht im Zentrum des Rechtsstreits stehen) anzugeben habe, ob Lie­ferbeschränkungen bestehen. Der angesprochene Verkehr – der mit den Besonderheiten des elektronischen Geschäftsverkehrs vertraute Verbraucher – verstehe die streitgegenständliche Angabe „Der Artikel ist bald verfügbar“ indessen dahingehend, dass derzeit, also im Zeitpunkt des elektronischen Bestellvorgangs, das angebotene Produkt (Smartphone) nicht lieferbar sei. Seinem Informationsbedürfnis sei nach Maßgabe des § 312j Abs. I BGB dadurch hinreichend Rechnung getragen. Wenn er sich gleichwohl zum Kauf entscheide, bedürfe er aus Gründen des Verbraucherschutzes keiner weiteren Aufklärung mehr.

bb)
Dieser Sichtweise ist das Landgericht zu Recht nicht gefolgt.


(1)
Dass die Informationspflichten der § 312d Abs. I BGB, Art. 246a § 1 Abs. I Satz 1 Nr. 7 EGBGB auf den Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs keine Anwendung fänden bzw. im Verhältnis zur Vorschrift des § 312j Abs. I BGB subsidiär wären, lässt sich weder dem Ge­setzeswortlaut dieser beiden Bestimmungen noch der VerbrR-RL (in § 312j BGB ist deren Art. 8 Abs. 2, 3 umgesetzt worden) entnehmen. Der in § 312j Abs. 1 BGB verwendete Begriff der „Lieferbeschränkung“ ist auch nicht etwa dahingehend zu verstehen, dass er sich allein auf bei im Bestellzeitpunkt (noch) nicht vorhandene Ware beziehe. Hierunter fallen vielmehr auch Fäl­le nur beschränkt vorhandener Ware oder auf andere Umstände zurückzuführende Lieferbe­schränkungen wie etwa die Lieferung von im Ausland vorhandener Ware. Insoweit kann der Begriff der „Lieferbeschränkung“ nicht als für den Bereich des elektronischen Geschäftsver­kehrs abschließende (im Sinne einer lex spezialis) und den Anwendungsbereich des § 312d BGB beschränkende Regelung angesehen werden. Vielmehr kommen im elektronischen Ge­schäftsverkehr die fraglichen Bestimmungen nebeneinander zur Anwendung: Wird ein Fernab­satzvertrag unter Einsatz elektronischer Kommunikationsmittel mit einem Verbraucher abge­schlossen, gelten sowohl die Vorschriften der §§ 312 ff BGB, als auch diejenigen der §§ 312i und 312j BGB (vgI. Paland/Grüneberg a.a.O., § 312i Rn. 4, § 312j Rn. 2).


(2)
Dem kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, diese Interpretation entspreche nicht der Erwartungshaltung des von der streitgegenständlichen Werbung angesprochenen Ver­kehrs. Sie verkenne die im elektronischen Geschäftsverkehr üblichen Gepflogenheiten, sie trage zudem praktischen Bedürfnissen des angesprochenen Verkehrs nicht ausreichend Rechnung und überspanne die Anforderungen an die Einhaltung eines angemessenen Verbraucherschutzniveaus.

Soweit die Beklagte als den von der streitgegenständlichen Werbeaussage angesprochenen Verkehr lediglich die Zielgruppe beschränkt auf den oftmals technikaffinen, mit den Besonder­heiten des Onlinehandels vertrauten Verbraucher ansieht, ist dem entgegenzuhalten, dass sich der Angabe „Der Artikel ist bald verfügbar!“ eine derartige Einschränkung (im Sinne einer gespaltenen Verkehrsauffassung) der verfahrensgegenständlichen Werbung, die sich an den Verbraucher allgemein richtet, nicht entnehmen lässt. Eine derartige Beurteilung ist auch nicht unter Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten geboten, zahlreiche Konkurrenten auf dem Markt würden in gleicher oder ähnlicher Weise wie vom Kläger beanstandet ihre Produkte im elektronischen Geschäftsverkehr bewerben. Dass die Angaben der Beklagten hierzu für die tat­sächlichen Marktverhältnisse repräsentativ seien, lässt sich deren Vorbringen nicht entnehmen.

Des Weiteren macht der Kläger einen Verstoß gegen eine Marktverhaltensregel im Sinne von § 3, § 3a UWG geltend, nicht hingegen beanstandet er die fragliche Werbung der Beklagen als irreführend im Sinne von § 5 UWG. Der objektive Tatbestand der Informationspflicht des Un­ternehmers gemäß § 312d Abs. 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. I Satz 1 Nr. 7 EGBGB setzt eine Fehlvorstellung des Verkehrs im Hinblick auf die ihm zu erteilenden Informationen gerade nicht voraus.

Nicht zuletzt ist dem von der Beklagte behaupteten praktischen Bedürfnis einer „Lockerung“ der Informationspflichten im Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs bei nicht vorrätiger Ware im Zeitpunkt des online-Bestellvorgangs nicht zu entsprechen. Dem Unternehmer wäre es nämlich unter Einhaltung seiner Informationspflichten unbenommen, vor verbindlicher Bestel­lung der Ware eine Kundenreservierung vorzunehmen oder jedenfalls das Konto des Verbrau­chers erst nach Auslieferung der bestellten Ware zu belasten. In diesem Fall würde der Ver­braucher jedenfalls nicht das Insolvenzrisiko des Verbrauchers tragen, was vom Landgericht zu Recht beanstandet wurde. Aus den zutreffenden Gründen des Ersturteils stellt das Widerrufs­recht des § 312g Abs. 1 BGB auch kein äquivalentes Instrumentarium für den Verbraucher dar, um die mit der Nichteinhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Informationspflichten für den Verbraucher verbundenen Nachteile angemessen auszugleichen.

4.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist deren Zuwiderhandlung gegen die Marktverhal­tensregeln der § 312d Abs. I BGB, Art. 246a § 1 Abs. I Satz 1 Nr. 7 EGBGB (vgl. hierzu Köh­ler a.a.O., § 3a Rn. 1.311 und 1.315) auch geeignet, die Interessen des Verbrauchers spürbar zu beeinträchtigen. Der Verstoß gegen eine Marktverhaltungsregelung indiziert im Regelfall die Eignung zur spürbaren Beeinträchtigung der Interessen der von der fraglichen Werbung ange­sprochenen Marktteilnehmer (Köhler a.a.O, §a.Rn. 1.112 m.w.N.). Die Behauptung der Be­klagten, die klägerseits beanstandete online-Bestellmöglichkeit biete dem Verbraucher keine Nachteile, sondern nur Vorteile, trifft zum einen aus den vorgenannten Gründen in tatsächlicher Hinsicht nicht zu und ist zum anderen nicht geeignet, die Indizwirkung der Spürbarkeit des streitgegenständlichen Wettbewerbsverstoßes zu beseitigen. Das beanstandete Verhalten kann nämlich den Durchschnittsverbraucher, wie vom Kläger zutreffend ausgeführt, auch davon ab­halten, die Vor- und Nachteile einer geschäftlichen Entscheidung zu erkennen, abzuwägen und
eine „effektive Wahl“ zu treffen, weil er keinen Vergleich mit Drittangeboten im Hinblick auf den Liefertermin vornehmen kann.

5.
Gegen die zur Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten vom Landgericht ausgesprochene Verurteilung hat die Beklagte über die vorgenannten Einwände zur Frage der Wettbewerbswid­rigkeit der verfahrensgegenständlichen Werbeaussage mit ihrer Berufung keine weiteren Rügen v
orgebracht. Insoweit bedarf es hierzu keiner weiteren Ausführungen im Rahmen dieses Se­natsurteils.

III.


1.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. I ZPO.


2.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.


3.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen. Die von der Beklagten geltend gemachte Bedeutung des Streitfalles für eine Vielzahl von Fällen rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme einer grundsätzli­chen Bedeutung. Es ist nicht ersichtlich, dass die Frage der Anwendbarkeit der § 312 d Abs. 1 BGB, Art. 246a § I Abs. I Satz 1 Nr. 7 EGBGB im Bereich des elektronischen Geschäftsver­kehrs in der Rechtsprechung und/oder in der Literatur kontrovers diskutiert würde.