OLG Köln: Eine vergleichende Werbung im Sinne des UWG muss sich auf konkrete Mitbewerber beziehen

veröffentlicht am 30. August 2018

OLG Köln, Urteil vom 13.04.2018, Az. 6 U 145/17
§ 5 Abs. 1 UWG, § 6 UWG, § 3a Abs. 1 UWG; § 49 Abs. 4 S. 4 PBefG

Eine Zusammenfassung der Entscheidung des OLG Köln finden Sie hier (OLG Köln – Werbung für Mietwagen), den Volltext der Entscheidung unten.


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Oberlandesgericht Köln

Urteil

1.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages.

 
Gründe

I.
Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verein zur Verfolgung der Interessen des privaten Personenverkehrs. Der Beklagte betreibt Personenbeförderung im Gelegenheitsverkehr mit Mietwagen. Für seine Leistungen warb der Beklagte Anfang 2017 auf seiner facebook-Seite sowie in dem Sessionsheft 2016/2017 einer Karnevalsgesellschaft mit dem blickfangartig hervorgehobenen Slogan

„Die clevere Alternative zum TAXI“

Diese Werbung ist in identischer Aufmachung auf den Mietwagen, dort ohne weitere Hinweise, angebracht. In der Werbung im Sessionsheft finden sich unter dem Slogan die Begriffe „Personenbeförderung“, „Schulfahrten“, „Kurierfahrten“, „Besorgungsfahrten“, „Krankenfahrten“ und „Flughafentransfer“.

Mit Schreiben vom 8.2.2017 mahnte der Kläger den Beklagten hinsichtlich der Verwendung der Werbeaussage ab und forderte ihn vergeblich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Der Beklagte änderte allerdings seine Internetauftritte unter „facebook“ und „N-F.de“ dahingehend ab, das dort nur noch die Wendung „Die clevere Alternative“ erscheint.

Der Kläger hat gemeint, die Werbung für die Personenbeförderung im Mietwagenverkehr mit einem „Taxi-Vergleich“ sei irreführend. Für die angesprochenen Verkehrskreise ziele die Werbung auf einen Preisvergleich ab. Dieser Vergleich sei irreführend, weil sich die preisrelevanten Konditionen der miteinander verglichenen Mitbewerber wegen der Tarifpflicht im Taxenverkehr nicht unwesentlich voneinander unterschieden und der Beklagte hierauf nicht deutlich hinweise. Zudem würden ausnahmslos alle Personenbeförderungen im Taxiverkehr als „nicht clever“, weil teurer, herabgesetzt und verunglimpft. Die Werbung erwecke den falschen Eindruck, ausnahmslos alle vom Beklagten erbrachten Personenbeförderungen seien im Preis günstiger als eine entsprechende Beförderung im Taxenverkehr, was insbesondere bei Kurzfahrten nicht zutreffe.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte (bei Meidung von Ordnungsmitteln) zu verurteilen, es zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd für die Personenbeförderung im Gelegenheitsverkehr mit Mietwagen mit der Angabe „Die clevere Alternative zum Taxi“ zu werben wie nachfolgend eingeblendet

[Abb.]

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat gemeint, durch die Verwendung des Adjektivs „clever“ werde nur auf die Alternative zur Taxibeförderung Bezug genommen, ohne dass ein Hinweis auf Preisvorteile erfolge, der allenfalls mit „günstige Alternative“ angesprochen worden wäre. Tatsächlich unterscheide sich das N-Angebot, etwa was die besondere Fahrzeugausstattung angehe, daher sei es in der Tat eine Alternative. An einer Wiederholungsgefahr fehle es, weil der Slogan auf den Internetauftritten nicht mehr verwendet und von den meisten Fahrzeugen der Flotte auch entfernt worden sei.

Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Es hat den Anspruch am Maßstab des § 6 UWG geprüft. An einer unzulässigen vergleichenden Werbung gem. § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG fehle es, weil lediglich allgemein verschiedene Beförderungssysteme verglichen würden. Eine herabsetzende vergleichende Werbung nach § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG liege nicht vor, weil der durchschnittliche Rezipient den Begriff „clever“ nicht als diffamierend ansehe. Der Slogan sei auch nicht irreführend, weil der Kläger nicht hinreichend dargelegt habe, ob und inwieweit eine behauptete Preiswerbung unwahr sei. Schließlich fehle es an einem Verstoß gegen § 49 Abs. 4 Nr. 5 PBefG i.Vm. § 3a UWG, weil der Beklagte sein Unternehmen gerade nicht als Taxi bezeichne und daher Verwechslungsgefahren mit dem Taxigewerbe nicht bestünden. Hierdurch unterscheide sich der vorliegende Fall auch von dem Slogan „Eine günstige Art Taxi zu fahren“, den das LG Tübingen mit Urt. v. 8.6.2004 – 20 O 7/04 für unzulässig gehalten hat.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er meint, der Werbeslogan könne nur als Hinweis auf einen günstigeren Preis für Mietwagen gegenüber Taxis aufgefasst werden. Der Preisvergleich sei irreführend, weil sich die preisrelevanten Konditionen der Wettbewerber wesentlich unterscheiden, ohne dass auf diese Unterschiede deutlich hingewiesen würde. Zudem würden ausnahmslos alle Personenbeförderungen in Taxen als nicht clever, weil zu teuer herabgesetzt, ferner führe die Bezugnahme auf Taxis im Slogan zu einer Verwechslungsgefahr zwischen der Taxi- und sonstigen Beförderung, die gegen § 49 PBefG verstoße. Im Übrigen wiederholt und vertieft der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Er beantragt,

das Urteil des Landgerichts Bonn vom 23. August 2017, Az. 12 O 42/17, abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel (§ 890 Abs. 1 ZPO) zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd für die Personenbeförderung im Gelegenheitsverkehr mit Mietwagen mit der Angabe „Die clevere Alternative zum Taxi“ zu werben, wie im Klageantrag eingeblendet.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil des Landgerichts und wiederholt seinen erstinstanzlichen Vortrag.

II.
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

1.
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist ausreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 ZPO. Er stellt darauf ab, dass eine konkrete Werbezeile weder in Publikationen noch auf Fahrzeugen Verwendung findet. Durch die Bezugnahme auf die konkreten Verletzungshandlungen wird dies ausreichend konkretisiert.

2.
Der Kläger ist gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG zur Erhebung klagebefugt.

3.
Die Berufung ist allerdings nicht begründet, denn ein Unterlassungsanspruch ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ersichtlich.

a)
Der Anspruch kann nicht auf §§ 8 Abs. 1; 6 UWG gestützt werden, wie es das Landgericht angenommen hat. Es fehlt vorliegend daran, dass zumindest ein konkreter Mitbewerber erkennbar wird, so dass bereits der Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 UWG nicht betreten wird. Dazu genügt nicht, dass „die“, nämlich alle Mitbewerber in Bezug genommen werden, sondern es muss ein Mitbewerber oder jedenfalls eine kleine, aus den Mitbewerbern herausgehobene Gruppe von Mitbewerbern erkennbar werden (vgl. Harte/Henning–Sack, UWG, 4. Aufl. 2016, § 6 Rn. 74). Das ist bei einem System- bzw. Warenvergleich, wie dem zwischen Mietwagen und klassischen Taxis, regelmäßig nur dann der Fall, wenn der Vergleich nicht nur auf die verglichene Produktgattung, sondern darüber hinaus auch auf einen konkreten Wettbewerber aus der Masse der diese Gattung anbietenden Leitungsgeber beziehbar ist (vgl. insoweit Entwurf eines Gesetzes zur vergleichenden Werbung und zur Änderung wettbewerbsrechtlicher Vorschriften, BT Drucksache 14/2959, S. 10; BGH, GRUR 2002, 982, 983 – DIE „STEINZEIT” IST VORBEI!). Bei einer generellen Bezugnahme wäre dies nur der Fall, wenn ein sehr überschaubarer Kreis an Konkurrenten mit dem betreffenden Produkt am Markt auftritt (OLG Köln, Urteil vom 6.2.2009 – 6 W 5/09GRUR-RR 2009, 181 – Test mit Prestige-Cremes), so dass der angesprochene Verkehr gewissermaßen diesen Konkurrenten als pars pro toto stets individuell identifiziert. Das wäre in Fällen wie dem vorliegenden nur der Fall, wenn im Umkreis der Werbung lediglich ein Taxiunternehmer tätig ist. Davon kann man für die Stadt F nicht ausgehen.

b)
Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich auch nicht aus §§ 8 Abs. 1; 5 Abs. 1 UWG, denn es fehlt an einer Irreführung. Das Landgericht hat eine Irreführung zu Recht für zweifelhaft gehalten. Zum einen fehlt es nach dem Verständnis der angesprochenen Kunden an einer klaren Preis- oder Konditionenangabe, denn der Begriff „clevere Alternative“ nimmt noch nicht in Bezug, in welcher Hinsicht die Alternative überlegen ist. Der Bezugspunkt einer behaupteten Irreführung wäre nach dem Vortrag des Klägers nur irreführend, wenn der angesprochene Verbraucher in der Wendung „clevere Alternative“ die tatsächliche Angabe sieht, dass Mietwagen den Leistungen des Taxigewebes unter allen Umständen, d.h. nach Preis, Ausstattung und Konditionen überlegen sind. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden. Der durchschnittliche Verbraucher wird durch die Angabe allenfalls darauf hingewiesen, dass es zum Taxigewerbe Alternativen gibt, die „clever“ sind. Dabei handelt es sich äußerstenfalls um eine Aufforderung zu einem grundsätzlich zulässigen Systemvergleich (vgl. BGH, GRUR 1952, 416, 417 – Dauerdose), indem der Verbraucher darauf hingewiesen wird, dass es Alternativen zum Taxigewerbe gibt. Wenn der Kläger meint, diese Angabe sei „verzerrend“, so wäre dies nur so, wenn der Begriff „Alternative“ wesentliche Informationen vorenthält, so dass ein Verstoß gegen § 5a Abs. 2 UWG in Betracht käme. Irreführendes Unterlassen macht der Kläger allerdings nicht geltend. Der Begriff „Alternative“ ist im Übrigen generell noch nicht erläuterungsbedürftig und für sich genommen auch nicht irreführend.

c)
Zu Recht hat das Landgericht den Begriff „clever“ auch nicht für herabsetzend oder anschwärzend gehalten (§ 4 Nr. 1 oder Nr. 2 UWG). An einer Anschwärzung fehlt es bereits, weil „clever“ ein Werturteil, nicht aber eine unwahre Tatsachenbehauptung darstellt. Als Werturteil wäre der Begriff nur unzulässig, wenn er pauschal herabsetzend wäre. „Clever“ ist allerdings eine übliche Anpreisung der eigentlichen Leistungsfähigkeit, „clevere Alternative“ würde jeder Unternehmer sein Angebot nennen, auch das Taxigewerbe gegenüber Mietwagen. Diese Art von Sympathiewerbung um Kunden ist nicht unzulässig. Hinzu kommt, dass es für die genannten Vorschriften, die – wie § 6 UWG auch – dem Konkurrentenschutz dienen, an einer Bezugnahme auf erkennbare Mitbewerber fehlt.

d)
Zu Recht hat das Landgericht schließlich einen Verstoß gegen § 3a Abs. 1 UWG i.V.m. § 49 Abs. 4 S. 4 PBefG verneint. Er läge nur vor, wenn eine „Werbung für Mietwagenverkehr … allein (oder) in ihrer Verbindung geeignet (ist), zur Verwechslung mit dem Taxenverkehr zu führen“ (§ 49 Abs. 4 S. 4 PBefG). Zu Recht hat das Landgericht eine solche Verwechslungsgefahr verneint, weil sich die streitgegenständliche Werbung durch den Begriff „Alternative“ gerade von der Taxiwerbung abgrenzt, nicht aber den Eindruck erweckt, dass der Werbende selbst Taxidienste anbietet.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Die Zulassung der Revision war nicht angebracht, denn es geht lediglich um eine der Tatsacheninstanz vorbehaltene Auslegung einer Werbeaussage.

Vorinstanz:
LG Bonn, Az. 12 O 42/17