OLG Köln, Beschluss vom 21.08.2015, Az. 6 W 91/15
§ 4 Nr. 11 UWG; § 19 FahrlG
Lesen Sie unsere Zusammenfassung der Entscheidung (hier) oder lesen Sie im Folgenden den Volltext der Entscheidung über die Bezeichnung von Fahrschulentgelten als „Grundgebühr“:
Oberlandesgericht Köln
Beschluss
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Köln vom 6. August 2015 – 31 O 80/15 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.
Gründe
I.
Der Kläger, ein klagebefugter Verband im Sinn des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, nimmt die Beklagte, die Fahrschulen betreibt, wegen Verstößen gegen § 19 FahrlG in Anspruch. Soweit für das Beschwerdeverfahren noch von Bedeutung, hat er (in konkreter Verletzungsform) die Werbung der Beklagten mit einer „Grundgebühr” beanstandet:
[Abb.]
Er hat die Ansicht vertreten, hierdurch werde bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck erweckt, es handele sich um eine amtlich festgesetzte Gebühr, die mithin bei allen Fahrschulen gleich hoch und nicht verhandelbar sei. Dies sei nicht der Fall; es handele sich um einen von der Fahrschule nach § 19 Abs. 1 FahrlG frei festzusetzenden und korrekt nach § 19 Abs. 2 FahrlG i. V .m. § 7 und Anlage 5 FahrlGDV als „Grundbetrag” zu bezeichnenden Preisbestandteil.
Nachdem die Beklagte wegen dieses und eines weiteren Verstoßes in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht eine Unterlassungserklärung abgegeben hat, haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Nachfolgend hat das Landgericht durch den angefochtenen Beschluss die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben und zur Begründung unter anderem ausgeführt, in der Bezeichnung des Grundbetrages als „Gebühr” liege keine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise, da der Durchschnittsverbraucher inzwischen an die Bezeichnung von Grundpreisen oder Basispreisen als „Grundgebühr” gewöhnt sei.
Mit seiner sofortigen Beschwerde, der das Landgericht nicht abgeholfen hat, verfolgt der Kläger weiter das Ziel, der Beklagten die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
II.
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht hat in der vom Kläger beanstandeten Werbung rechtsfehlerfrei keinen Verstoß gegen § 19 Abs. 2 FahrlG i. V. m. § 7 und Anlage 5 FahrlGDV gesehen, so dass die Klage insoweit ohne Erfolg geblieben wäre und dem Kläger nach § 91a Abs. 1 ZPO die Verfahrenskosten anteilig aufzuerlegen waren.
1.
Das Landgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass durch die Anlage 5 zu § 7 FahrlGDV nur die Gestaltung des in den Geschäftsräumen der Fahrschule nach § 19 FahrlG vorzunehmenden Aushangs vorgeschrieben wird. Die Werbung außerhalb der Geschäftsräume muss lediglich den Anforderungen der § 19 Abs. 1 S. 3 FahrlG als besonderer Ausprägung der Gebote der Preisklarheit und -wahrheit entsprechen (vgl. OLG München, Urt. v. 29. 11. 2007 – 6 U 3444/07 – juris Tz. 4). Für diese Werbung beansprucht die Anlage 5 zu § 7 FahrlGDV keine Geltung. Aus der vom Kläger herangezogenen Entscheidung des OLG Celle (GRUR-RR 2013, 224) folgt nichts anderes, da dort ein Aushang in den Gewerberäumen der Fahrschule zu beurteilen war.
Soweit der Kläger befürchtet, durch eine Verwendung einer von der Anlage 5 zu § 7 FahrlGDV abweichenden Terminologie würden beim Verbraucher Unklarheiten entstehen, so ist darauf hinzuweisen, dass die Terminologie der Anlage ihrerseits von der des § 19 Abs. 1 FahrlG abweicht. Während in der Anlage der betreffende Preisbestandteil als „Grundbetrag” bezeichnet wird, heißt es in § 19 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 FahrlG „Entgelt … pauschaliert für die allgemeinen Aufwendungen des Fahrschulbetriebs …” Schon vor diesem Hintergrund vermögen die Begriffe der Anlage 5 zu § 7 FahrlGDV keine allgemeine Geltung zu beanspruchen.
2.
Es liegt ferner auch kein Verstoß gegen das Gebot der Preisklarheit vor. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass nicht feststellbar ist, dass ein relevanter Teil der angesprochenen Verkehrskreise die angegriffene Werbung dahingehend verstehen wird, dass es sich bei der beworbenen „Grundgebühr” um eine amtlich festgesetzte Gebühr handelt. Bereits im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Ausdruck „Gebühr” in weitem Umfang auch im Zusammenhang mit privatrechtlichen Vertragsverhältnissen verwendet. Neben den bereits vom Landgericht genannten Begriffen wie „Bankgebühren” oder „Telefongebühren” wären noch weitere Beispiele wie „Stornogebühren” oder „Ticketgebühren” zu erwähnen. Gerade bei Preisen, die sich aus einem festen Grundbestandteil und variablen Zusatzkosten zusammensetzen, ist die Bezeichnung „Grundgebühr” durchaus naheliegend.
Dies gilt insbesondere auch für den hier in Rede stehenden Bereich der Fahrschulentgelte. Bei der vom Kläger herangezogenen Entscheidung des LG Wiesbaden (WRP 2015, 523), in der die Werbung einer Fahrschule mit dem Ausdruck „Anmeldegebühr” oder „Grundgebühr” als irreführend angesehen worden ist, handelt es sich, soweit ersichtlich, um einen Einzelfall. Dem knapp begründeten Urteil des OLG München vom 29. 11. 2007 (6 U 3444/07 – juris) lässt sich für die hier zu beurteilende Konstellation nichts entnehmen; insbesondere ist dort nicht mit dem Begriff der „Gebühr” geworben worden.
Demgegenüber wird in der Rechtsprechung bereits seit den 1970er Jahren der Grundbetrag des Fahrschulentgelts durchgängig als „Grundgebühr” bezeichnet (so OLG Bamberg, NJW 1970, 1377; OLG Karlsruhe, WRP 1975, 748; OLG Düsseldorf, VerkMitt 1977 Nr. 26 = juris Tz. 48; OLG Köln, VersR 1981, 587; OLG Koblenz, VkBl. 1998, 579; LG Kassel, WRP 2006, 620; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 22. 12. 2009 – 9 S 2890/08 – juris Tz. 3, 29). Selbst das OLG Celle, auf das sich der Kläger weiter bezieht, bezeichnet in seinem Urteil an einer Stelle den Grundbetrag (bei Nichtbestehen der theoretischen Prüfung und weiterer Ausbildung) als „Gebühr” (GRUR-RR 2013, 224, 225). Dadurch wird zumindest indiziell belegt, dass der Grundbetrag des Fahrschulentgelts im allgemeinen Sprachgebrauch als „Grundgebühr” bezeichnet wird. Einen weiteren Hinweis bietet auch das Formular gemäß Anlage 5 zur FahrlGDV, in dem die Gebühren der Prüforganisationen ausdrücklich als „amtliche Gebühren” bezeichnet werden. Dieser Zusatz wäre nicht erforderlich, wenn unter „Gebühren” stets die amtlich festgesetzten Gebühren zu verstehen wären oder verstanden würden. Daher führt auch der Umstand, dass im Rahmen der Fahrerlaubnisprüfung auch amtlich festgesetzte Gebühren (der Prüforganisationen) fällig werden, nicht zur Annahme einer Irreführung durch die Bezeichnung „Grundgebühr”.
Vor diesem Hintergrund tritt der Senat der Bewertung des Landgerichts bei, dass die angegriffene Werbung insoweit keinen Verstoß gegen das Gebot der Preisklarheit darstellt.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Wert für das Beschwerdeverfahren: bis 3.000 EUR.
Vorinstanz:
LG Köln, Az. 31 O 80/15