OLG Karlsruhe: Zur unberechtigten Infringement-Meldung einer Rechtsverletzung gegenüber Amazon / 2021

veröffentlicht am 15. August 2023

OLG Karlsruhe, Urteil vom 25.08.2021, Az. 6 U 188/21
§ 4 Abs. 4 UWG, § 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 UWG

Die Entscheidung wurde hier (OLG Karlsruhe: Bei unberechtigter Anzeige wegen Rechtsverletzung einstweilige Verfügung möglich / 2021) kurz zusammengefasst. Den Volltext der Entscheidung finden Sie unten:

Oberlandesgericht Karlsruhe

Urteil

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 30. Juni 2021, Az. 22 O 22/21, berichtigt mit Beschluss vom 5. Juli 2021, wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der Ausspruch zu 2. klarstellend dahin gefasst wird, dass es anstelle von „keine Einwände“ heißt „keine solchen Einwände“.

2. Die Kosten der Berufung fallen der Beklagten zur Last.

Gründe

A.

Die Verfügungsklägerin (nachfolgend: Klägerin) macht im Weg eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Verfügungsbeklagte (nachfolgend: Beklagte) Ansprüche auf Unterlassung und Rücknahme bzw. Widerruf bestimmter Mitteilungen wegen behaupteten unlauteren Wettbewerbs geltend. Diesen erkennt die Klägerin darin, dass die Beklagte dem Betreiber der Internet-Handelsplattform … (nachfolgend … oder —), über die beide Parteien Folien vertreiben, angebliche Verletzungen von Schutzrechten der Beklagten durch die Klägerin gemeldet hat.

— stellt einen sogenannten Infringement-Prozess zur Verfügung. Das —-Formular für die Meldung von Rechtsverletzungen ist für die Verwendung von Inhabern von gewerblichen Schutzrechten und deren Bevollmächtigter bestimmt, um — angebliche Rechtsverletzungen mitzuteilen. Wegen der Einzelheiten wird auf die in der Anlage K 7 gezeigte Unterseite der —-Webseite Bezug genommen.
Randnummer3
Die Beklagte ist Inhaberin der jeweils am 26. Juli 2019 angemeldeten und am 19. Dezember 2019 eingetragenen deutschen Designs Nr. — mit der links folgenden Darstellung (nachfolgend Verfügungsdesign A) und Nr. — der recht folgenden Darstellung (nachfolgend Verfügungsdesign B) für Folien aus Kunststoffen oder Naturstoffen und selbstklebenden Kunststofffolien (Anlagen AG 5 und AG 7). Für die Designs sind folgende Abbildungen hinterlegt:

Abbildung
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Die Verfügungsdesigns wurden im deutschen Designblatt —, Teil —, S. — veröffentlicht.

Die Beklagte bewirbt ihre unter der Marke „—“ angebotenen Folienprodukte im Internet mit folgenden Produktbildern:

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Die Klägerin bewirbt ihre bei — angebotenen Folienprodukte unter Verwendung folgender Produktbilder (Anlage K 27):

Ab dem 24. April 2021 meldete die Beklagte mit mehr als 100 Eingaben über den Infringement-Prozess bei — Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien, Polen, Niederlande, Schweden und Großbritannien, dass die Klägerin Schutzrechte der Beklagten dabei verletze, dass sie Produkte unter den dort genannten ASINs bei — anbiete. Daraufhin entfernte — die Angebote der Klägerin von der Plattform. Die Einzelheiten ergeben sich aus den als Anlagen K 8 bis K 22 vorgelegten Nachrichten von — an die Klägerin, in denen der Inhalt der durch die Beklagte an — erstatteten Meldungen wiedergegeben ist. Darin finden sich Wiedergaben von Verletzungsbegründungen aus den Meldungen der Beklagten wie folgt (teilweise sinngemäß inhaltsgleich in englischer oder anderer Sprache):

„Infringement type: Copyright Complaint ID: […] Copyrighted content:

Rights Owner Communication: Sehr geehrte Damen und Herren, der Händler verwendet einige unserer Produktfotos.

Diese sind beim DPMA unter der folgenden Registernummer eingetragen: — Bitte um Entfernung. Vielen Dank im Voraus.“

oder

„Infringement type: Copyright Complaint ID: […] Copyrighted content:

Rights Owner Communication: Sehr geehrte Damen und Herren,

der Händler verwendet ein Foto von uns, ohne jegliche Zustimmung. Dieses ist unter unserem Namen beim Deutschen Marken- und Patentamt mit der folgenden Registernummer hinterlegt: —

Bitte um Entfernung. Vielen Dank im Voraus.“

An anderen Stellen heißt in den Mitteilungen von — an die Klägerin teilweise auch (mitunter sinngemäß übereinstimmend in anderer Sprache):

„We received a report from a rights owner that believes the items at the end of this email infringe their patent: —.

[…]

Infringement type: Patent Patent Number: — Complaint ID: […]“

oder

„wir wenden uns an Sie, da wir eine Mitteilung zu einer Markenrechtsverletzung erhalten haben, die auf der Produktdetailseite für eines oder mehrere Ihrer Angebote auftritt.

[…] Marke: —

Beschwerdenummer: […]“

Teilweise gelang es der Klägerin, wieder eine Freischaltung einzelner ASINs in einigen Ländern zu erreichen.

Nachdem die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 5. Mai 2021 aufgefordert hatte, die Meldungen gegenüber — unverzüglich zu unterlassen und die bereits ausgesprochenen Meldungen gegenüber — zurückzunehmen, forderte die Beklagte die Klägerin im Rahmen eines – die Aufforderung der Klägerin zurückweisenden – Schreibens vom 17. Mai 2021 (Anlage K 47) auf, Urheberrechtsverletzungen und Verletzungen des Verfügungsdesigns A sowie eines nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters zu unterlassen, wie sie durch die Verwendung des folgenden Bilds geschehen seien:

Abbildung

Die Klägerin hat geltend gemacht, sie könne von der Beklagten wegen gezielter Behinderung im Sinn von § 4 Nr. 4 UWG oder Anschwärzung im Sinn von § 4 Nr. 2 UWG wie beantragt Unterlassung und Widerruf sämtlicher vorgenannter Meldungen gegenüber — verlangen, die auch Patentverletzungsmeldungen umfasst hätten. Die Einleitung des Infringement-Prozesses sei eine wettbewerbswidrige gezielte Behinderung der Klägerin, durch die sie gehindert werde, ihre Produkte über die jeweiligen —-Plattformen zu verkaufen. Dafür spreche auch, dass der Klägerin aufgrund der Vielzahl der von der Beklagten innerhalb kürzester Zeit gegenüber — abgesetzten Schutzrechtsverletzungsmeldungen eine Sperrung ihres Verkäufer-Accounts drohe. Weder das Angebot noch das Produkt, noch die von der Klägerin verwendeten Produktbilder verstießen gegen Markenrechte, Patentrechte, Designrechte oder Urheberrechte der Beklagten. Die Verfügungsdesigns seien mangels Neuheit und Eigenart nichtig. Die einzig denkbare Eigenart sei die umgeknickte Ecke einer Folie. Der Formenschatz einer umgeklappten Folie, die zudem Vorderseite und Rückseite zueinander kontrastiert aufweise, sei schon seit längerem bekannt.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,

1. es der Beklagten bei Meidung eines Ordnungsgelds von bis zu 250.000 €, ersatzweise für den Fall, dass dies nicht beigetrieben wer- den kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an der Geschäftsführung, zu untersagen, im Rahmen einer geschäftlichen Handlung gegenüber der Verkaufsplattform … (… Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien, Polen, Niederlande, Schweden, Großbritannien) zu behaupten, die von der Unterlassungsgläubigerin zu den ASINs … angebotenen Produkte oder die im Rahmen der Angebote durch die Klägerin verwendeten Produktbilder würden gegen Urheberrechte und/oder Designrechte und/oder Markenrechte und/oder Patente der Beklagten verstoßen, wenn dies geschieht, wie aus den Informationen von — an die Klägerin in den Anlagen K 8 bis K 22 ersichtlich.

2. anzuordnen, dass die Beklagte sämtliche zu 1. genannten Meldungen, wie in den Anlagen K 8 bis K 22 dargestellt, über angebliche Verletzungen von Urheberrechten und/oder Designrechten und/oder Markenrechten und/oder Patentrechten gegenüber der jeweiligen …-Plattform (… Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien, Polen, Niederlande, Schweden, Großbritannien) unverzüglich zurückzunehmen hat, dergestalt, dass die Beklagte gegenüber der jeweiligen vorgenannten …- Plattform von … mitteilt, dass sie die jeweilige Beschwerde widerruft und mitteilt, dass sie keine Einwände gegen die Wiederaufnahme des Verkaufs dieser Produkte hat.

Die Beklagte hat beantragt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat vorgebracht, die Anträge seien falsch und zu weitgehend. Die Verkaufsplattformen von … Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien, Polen, Niederlande, Schweden und Großbritannien seien keine eigenständigen Unternehmen. Die Beklagte habe im Rahmen der Infringement-Meldungen nicht behauptet, dass von der Klägerin verkaufte Produkte gegen Urheberrechte und/oder Designrechte und/oder Markenrechte und/oder Patente der Beklagten verstießen. Die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt im Rahmen eines Infringement-Prozesses die Verletzung von Patenten geltend gemacht. Die geltend gemachten Ansprüche stünden der Klägerin nicht zu. Die Beklagte habe die Klägerin nicht gezielt behindert. Das Handeln von … sei der Beklagten nicht zuzurechnen, weil … jede Infringement-Meldung zunächst auf ihre rechtliche Plausibilität prüfe, bevor die entsprechenden ASINs des potentiellen Verletzers gesperrt würden, und die Beklagte keinen Einfluss auf die Entscheidung von … habe. Die Meldungen seien zudem berechtigt gewesen. Die Produktdarstellungen der Klägerin verletzten die ausschließlichen Nutzungsrechte der Beklagten an deren „…“- Produktfotos. Die komponierten Produktfotos in der „…“-typischen Darstellung eines Folien-Produktes seien als Bearbeitung eines Lichtbildwerkes urheberrechtlich geschützt. Die Beklagte habe Produkt-Detailfotografien durch einen Mitarbeiter anfertigen lassen. Ein freier Mitarbeiter der Beklagten in Argentinien habe aus diesen Fotografien und weiteren Gestaltungselementen die final komponierten Produktabbildungen gefertigt. Die Produktdarstellungen der Klägerin seien als unfreie Bearbeitungen des originalen Lichtbildwerks zu bewerten. Zudem liege eine Verletzung der eingetragenen Verfügungsdesigns vor. Ferner verletze die Klägerin nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster der Beklagten in Form der Veröffentlichung der Verfügungsdesigns und der durch die Beklagte seit 2018 verwendeten „…“-typischen Produktfotos, die Musterfähigkeit, Neuheit und Eigenart aufwiesen. Die Verwendung von Produktdarstellungen für die Beschreibung und Bewerbung eigener Produkte durch die Klägerin sei außerdem als inhaltliche Übernahme bzw. nachschaffende Nachahmung der Produktfotos der Beklagten mit der „…“-typischen Produkt-Darstellung unlauter, weil sie eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführe bzw. herbeiführen könne.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen (wegen offenkundigen Schreibversehens berichtigten) Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen und Entscheidungsgründe ergänzend verwiesen wird, die einstweilige Verfügung antragsgemäß erlassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin könne aufgrund eines Eingriffs der Beklagten in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach § 823 Abs. 1 BGB, § 1004 BGB analog Unterlassung einschließlich der Beseitigung des fortdauernden Störungszustands durch Rücknahme der bei — erhobenen Beschwerden verlangen. Die Einleitung eines Infringement-Verfahrens mit der Begründung, die Klägerin habe gewerbliche Schutzrechte der Beklagten verletzt, sei einer Verwarnung aus einem gewerblichen Schutzrecht gleichzustellen. Ziel des von der Beklagten eingeleiteten Verfahrens sei es, den Plattformbetreiber zu der Entfernung der Angebote eines Dritten zu veranlassen. Da die Klägerin keine Schutzrechte der Beklagten verletzt habe, habe die Beklagte nicht mit einem Infringement-Verfahren gegen die Klägerin vorgehen dürfen. Es liege keine Urheberrechtsverletzung vor. Zwar seien die durch die Beklagte verwendeten Produktbilder Lichtbildwerke im Sinn von § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG. Die beanstandeten, durch die Klägerin verwendeten Produktbilder fielen aber aufgrund der vorliegenden Unterschiede als freie Benutzung des Werks der Beklagten im Sinn von § 24 Abs. 1 UrhG (in der bis zum 6. Juni 2021 geltenden Fassung, fortan: aF) nicht in den Schutzbereich des Urheberrechts, der eng sei, weil die einzelnen Gestaltungsmerkmale aus dem Formenschatz vorbekannt seien. Zwar übernähmen sie die Grundgestaltung, indem eine Fläche dargestellt werde, bei der an einer oberen Ecke des Bildrands eine Folie von einer durchsichtigen Fläche abgezogen werde, durch die – jedenfalls auf einigen Bildern – eine strahlende gelbe Sonne vor blauem Himmel hindurchscheine. Allerdings setzten sich die von der Klägerin verwendeten Bilder von denen der Beklagten erkennbar dadurch ab, dass die Bilder nicht quadratisch, sondern länglich seien, die Struktur der Folie nicht abgebildet werde und die Sonne, sofern sie auf den Bildern zu erkennen sei, vollständig und nicht nur in Teilen dargestellt werde. Es fehle auch an einer Design- oder Gemeinschaftsgeschmacksmusterverletzung. Die von der Klägerin verwendeten Produktbilder erwecken unter Berücksichtigung des engen Schutzbereichs nicht denselben Gesamteindruck. Zwar sei auch auf den Bildern der Klägerin eine Folie zu erkennen, die – wie jedes flexible Material – an einer Ecke zuerst abgelöst werde. Die von der Klägerin verwendeten Produktbilder zeigten die maßgeblichen Merkmale aber nur in deutlich abgewandelter Form. Die von der Klägerin verwendeten Produktbilder seien farbig und machten deutlich, dass es sich um eine lichtfiltrierende Folie handele. Der Beklagten stünden auch keine Ansprüche aus ergänzendem wettbewerblichen Leistungsschutz zu. Die Unterschiede der sich gegenüberstehenden Produktbilder führten zu solch erheblichen Abweichungen beim Gesamteindruck, dass allenfalls von einer Nachahmung in Form einer nachschaffenden Leistungsübernahme ausgegangen werden könne. Zwar wiesen die von den Parteien verwendeten Produktbilder übereinstimmende Merkmale auf, die in der Erinnerung der Verbraucher haften blieben, indem sie jeweils eine sich an einer Ecke vom Untergrund abgelöste Folie aufwiesen. Diese Übereinstimmung werde dadurch verstärkt, dass durch den durchsichtigen Untergrund der blaue Himmel und die gelbe Sonne zu sehen seien. Das prägende Gestaltungselement der Hand fehle allerdings bei den von der Klägerin verwendeten Produktbildern. Vor allem werde die Struktur der Folie, anders als bei den von der Beklagten verwendeten Produktbildern, nicht gezeigt. Auch die unterschiedlichen Formate vermittelten einen weniger gleichmäßigen und damit anderen Eindruck. Auch wenn der Verbraucher übereinstimmende Merkmale der beiden Produkte in Erinnerung habe, werde er durch die unterschiedliche Darstellung der Struktur der Folie und der die Folie abziehenden Hand nicht die Vorstellung haben, die Produkte seien vom selben Hersteller. Der Verfügungsgrund folge bereits aus der Wiederholungsgefahr. Im Übrigen habe die Klägerin die Sache geboten dringlich behandelt.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie ihr Zurückweisungsbegehren weiterverfolgt.

Die Beklagte macht geltend, das Landgericht gehe rechtsfehlerhaft davon aus, dass die Meldung von Rechtsverletzungen im Rahmen eines Infringement-Verfahrens gegenüber — einer Verwarnung aus einem gewerblichen Schutzrecht gleichzustellen sei, obwohl kein ernsthaftes und endgültiges Unterlassungsbegehren ausgesprochen worden sei. Ziel des von der Beklagten eingeleiteten Verfahrens sei entgegen der Behauptung des Landgerichts auch nicht gewesen, den Plattformbetreiber zur Entfernung der Angebote zu veranlassen, sondern lediglich die Entfernung bestimmter Produktfotografien aus den Angeboten der Klägerin auf bestimmten —-Marktplätzen. Damit fehle es auch an der für einen Unterlassungsanspruch erforderlichen Unmittelbarkeit eines Eingriffs in den Gewerbebetrieb. Das Landgericht übersehe zudem, dass eine Schadensgefahr erforderlich wäre, die über eine bloße Belästigung oder sozial- übliche Behinderung hinausgehen und geeignet sein müsse, den Betrieb in empfindlicher Weise zu beeinträchtigen. Daran fehle es, weil — bei Meldungen von Schutzrechtsverletzungen die jeweils betroffenen Produkte/ASINs nicht automatisch sperre, eine derartige generelle Sperrung nach der einschlägigen Rechtsprechung nicht zwingend angezeigt oder empfohlen sei und — vorliegend aufgrund des Erfordernis einer eingehenden rechtlichen oder tatsächlichen Prüfung der Rechtslage weder berechtigt noch verpflichtet gewesen sei, die Produkte der Klägerin bzw. ASINs nach den streitgegenständlichen Meldungen der Beklagten zu sperren. Das Landgericht bewerte das Vorliegen einer Schutzrechteverwarnung gegenüber — zudem rechtsfehlerhaft als „unberechtigt“. Nur eine offenkundige Löschungsreife von Design- rechten und ein offenkundiges Nichtbestehen von Urheberrechtsverletzungen führten dazu, dass eine Abmahnung unberechtigt sei. Daran fehle es, weil die Verletzung von Designrechten und Urheberrechten der Klägerin aufgrund der komplexen Rechtslage eine eingehende Prüfung des Sachverhalts und der rechtlichen Voraussetzungen erforderten. Im Übrigen verletze die Klägerin mit den Produktfotos die Schutzrechte der Beklagten. Eine Urheberrechtsverletzung verneine das Landgericht rechtsfehlerhaft mit der Begründung, dass der Schutzbereich grundsätzlich eng sei, weil die einzelnen Gestaltungsmerkmale (angeblich) aus dem Formenschatz vorbekannt seien. Eine Gegenüberstellung der Produktfotos beider Seiten zeige einen hohen Grad an Übereinstimmungen und kein nennenswertes Verblassen der eigenpersönlichen Züge des geschützten älteren Lichtbildwerks der Beklagten. Ebenfalls rechtsfehlerhaft verneine das Landgericht eine Design- oder Geschmacksmusterverletzung. Es übergehe, dass die fehlende Rechtsgültigkeit eines eingetragenen Designs nur durch Nichtigkeitswiderklage oder Nichtigkeitsantrag geltend gemacht werden könne. Rechtlich und tatsächlich fehlerhaft nehme das Landgericht an, beide eingetragenen Designs der Berufungsklägerin verfügten über einen geringen Schutzumfang, weil eine Folie technisch bedingt stets an einer Ecke gelöst werden müsse. Der Gesamteindruck der angegriffenen Designs – der Produktfotos der Klägerin – stimme entgegen der Auffassung des Landgerichts mit dem Gesamteindruck der Verfügungsdesigns überein. Das Landgericht habe Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz rechtsfehlerhaft aufgrund der Tatsache verneint, dass das Gestaltungselement der Hand fehle und bei einigen – nicht allen – Produktfotografien die Folienstruktur erkennbar sei. Es liege eine nahezu identische Nachahmung vor, die auch geeignet sei, eine Herkunftstäuschung hervorzurufen. Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht zudem nicht berücksichtigt, dass sowohl Unterlassungs- als auch Beseitigungsanspruch falsch und zu unbestimmt seien. weil sämtliche Meldungen gegenüber — sich ausschließlich auf die Produktabbildungen, nicht jedoch auf die Produkte selbst bezogen hätten und weil die benannten — Verkaufsplattformen weder juristische Personen noch sonstwie eigenständig seien, so dass nicht nachvollziehbar sei, wie die Beklagte „gegenüber wem was in Bezug auf was“ zurückzunehmen habe. Die geforderte Erklärung sei weder verhältnis- noch zweckmäßig, weil sie ein „Freifahrtschein“ zu Gunsten der Klägerin unbeschadet etwaiger bestehender oder künftiger schutzrechtswidriger und wettbewerbswidriger Angebote wäre.

Es treffe zudem nicht zu, dass die Berufungsklägerin sich nach Erhalt der Abmahnung und nach Vollziehung der einstweiligen Verfügung bisher nicht gegenüber — darum bemüht habe, dass die Angebote der Berufungsbeklagten wieder freigeschaltet würden. Die Beklagte habe die Klägerin darüber informiert, dass den im Urteil des Landgerichts tenorierten einstweiligen Beseitigungspflichten mit E-Mails vom 4. August 2021 nachgekommen worden sei.

Die Unbegründetheit des Verfügungsantrags ergebe sich zudem aufgrund neuer Umstände. Die Klägerin sei berechtigt, gegenüber — im Rahmen der sog. Infringement-Meldungen die Berufungsbeklagte wegen weiterer Rechtsverletzungen zu melden. Dies folge daraus, dass die Klägerin auf Testkäufen zweier Sonnenschutzfolien mit den ASINs — und — (jeweils bestehend aus Sonnenschutzfolie, Cuttermesser und Plastikrakel) vom 30. Juni 2021entgegen §§ 3, 3a UWG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2, 3 ProdSG ein nicht hinreichend gekennzeichnetes Produkt in Verkehr gebracht habe, weil die Angaben auf dem Etikett der Versandrolle über den Hersteller bzw. Einführer des Produktes falsch und uneindeutig sowie nicht auf dem Verbraucherprodukt, insbesondere nicht gesondert auf jedem der Haupt- und Nebenprodukte selbst angebracht seien. Die fehlerhafte bzw. fehlende Kennzeichnung der beiden Produkte habe Indizwirkung für sämtliche weiteren Folienprodukte der Berufungsbeklagten.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Mannheim vom 30. Juni 2021, Az. 22 O 22/21, „geändert“ durch Berichtigungsbeschluss des Landgerichts Mannheim vom 6. Juli 2021, die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abzuweisen; höchst vorsorglich „gem. §§ 712 ZPO“, das Urteil vom 30. Juni 2021, Az. 22 O 22/21, und das Urteil der Berufungsinstanz für nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Die Klägerin  beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Die mit der Berufung vorgebrachte Behauptung, die Produkte der Verfügungsklägerin würden gegen das Produktsicherheitsgesetz verstoßen oder die EANs seien nicht zutreffend, sei für dieses Verfahren unerheblich und im Übrigen unzutreffend.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

B.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist begründet, wie das Landgericht im Ergebnis zu Recht entschieden hat. Den Ausspruch zu 2. formuliert der Senat gemäß § 938 Abs. 1 ZPO und lediglich zur sprachlichen Klarstellung geringfügig um. Damit ist keine teilweise Antragszurückweisung verbunden.

I. Beiden Anträgen mangelt es nicht an der entsprechend § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO für zur Zulässigkeit erforderlichen Bestimmtheit, also der bestimmten Angabe des Gegenstands und des Grunds des erhobenen Anspruchs, sowie einem bestimmten Antrag. Soweit die Anträge allenfalls sprachlich ungenau neben Produktbildern auch Produkte als Gegenstand der zu unterlassenden Verletzungsmeldungen und als deren Adressat „die Verkaufsplattform —“ unter Aufzählung mehrerer Länder nennen, ergibt die gebotene Auslegung unter Berücksichtigung der Antragsbegründung, dass damit eben diejenigen Beanstandungen gegenüber dem Plattformbetreiber gemeint sind, wie sie ausweislich der Anlagen K 8 bis K 22 erfolgt sind. Dies ergibt sich zudem bereits aus dem Unterlassungsantrag selbst, der ausdrücklich gerade auf diese konkreten Verletzungsformen beschränkt ist. Inwieweit die angegriffenen Handlungen die jeweils behauptete Schutzrechtsverletzung in der Verwendung von Produktbildern (so etwa einem Vorwurf der Urheberrechtsverletzung) oder in der Beschaffenheit der Produkte (so etwa bei einem Vorwurf der Patentverletzung) sehen, ergibt sich aus den jeweils in Bezug genommenen Anlagen, die die angegriffenen konkreten Verletzungs- formen definieren.

II. Der Antrag zu 1. ist von einem Verfügungsanspruch gedeckt.

1. Als Anspruchsgrundlage steht der Klägerin zumindest § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG zur Seite.

a) Es kann dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen derjenige, der gegenüber dem Betreiber einer Internet-Handelsplattform wie der von — eine unberechtigte Verletzungsmeldung („notice and take down“) wie die hier in Rede stehenden Infringement-Meldungen abgibt, gegenüber dem Inhaber des davon betroffenen Unternehmens wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 BGB auf Unterlassung haften kann.

aa) Wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass insbesondere Unterlassungsansprüche nach diesen Bestimmungen in Fällen begründet sein können, in denen eine unbegründete Schutzrechtsverwarnung einen rechtswidrigen und schuldhaften Eingriff in das Recht des Lieferanten an seinem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellt (vgl. BGH, GRUR 2006, 433 Rn. 17 mwN – Unbegründete Abnehmerverwarnung; BGHZ 14, 286 – Farina Belgien). Die Beurteilung derartiger Schutzrechtsverwarnungen nach § 823 Abs. 1 BGB zielt auf einen Ausgleich zwischen dem durch Art. 14 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützten Interesse des Schutzrechtsinhabers, sein Recht geltend machen zu können, und dem gleichfalls durch das Grundgesetz geschützten Interesse des Wettbewerbs, sich außerhalb des Schutzbereichs bestehender Rechte unter Beachtung der Gesetze frei entfalten zu können (vgl. BGHZ 164, 1 Rn. 15 – Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung I; BGHZ 208, 119 Rn. 15 – Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung II; BGH, GRUR 2020, 1116 Rn. 17 – Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung III). In diesem Rahmen ist speziell bei einer Schutzrechtsverwarnung, mit der der Schutzrechtsinhaber sein vermeintliches Recht nicht gegenüber seinem unmittelbaren Wettbewerber, sondern gegenüber dessen Abnehmern geltend macht, die damit verbundene besondere Gefährdung der Kundenbeziehungen des betroffenen Mitbewerbers zu seinen Abnehmern zu berücksichtigen. Der Abnehmer hat typischerweise ein geringeres Interesse an einer sachlichen Auseinandersetzung mit dem Schutzrechtsinhaber und wird im Allgemeinen – wenn er auf Konkurrenzprodukte ausweichen kann – geneigt sein, sich der Verwarnung zu beugen, ohne deren Berechtigung näher zu prüfen, um damit einem Rechtsstreit aus dem Weg zu gehen (vgl. BGH, GRUR 2009, 878 Rn. 16 mwN – Fräsautomat; BGHZ 164, 1, 4 – Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung I; GRUR 2018, 832 Rn. 92 – Ballerinaschuh). Die allgemein anerkannte Rechtspflicht eines jeden, sich bei der Verfolgung seiner Rechte unter Berücksichtigung auch der Belange des vermeintlichen Schädigers auf die hierzu not- wendigen Mittel zu beschränken, gebietet es, zu der risikoträchtigen Abnehmerverwarnung erst dann zu schreiten, wenn die Herstellerverwarnung erfolglos geblieben ist oder bei verständiger Abwägung der besonderen Umstände des Einzelfalls ausnahmsweise unangebracht erscheint und die vorausgegangene sorgfältige Prüfung der Rechtslage bei objektiver Betrachtungsweise den Verwarnenden davon überzeugen konnte, seine Ansprüche seien berechtigt (BGH, GRUR 2018, 832 Rn. 92 – Ballerinaschuh). Der Bundesgerichtshof wendet diese Maßstäbe auch auf mit Schutzrechtsverwarnungen vergleichbare Maßnahmen zur Abwehr drohender Eingriffe in Schutzrechte an (vgl. BGH, GRUR 2009, 878 Rn. 17 – Fräsautomat). Ausreichend ist es insoweit, wenn die Maßnahme geeignet ist, den Adressaten vom Erwerb des vermeintlich schutzrechtsverletzenden Gegenstands abzuhalten, etwa indem sie dessen Verunsicherung bewirkt (BGH, GRUR 2009, 878 Rn. 19, 22, 24 – Fräsautomat).

bb) Ob danach unberechtigte „notice and take down“-Meldungen gegenüber einem Plattformbetreiber, obwohl sie kein unbedingtes Unterlassungsverlangen sind, nach denselben Grundsätzen der unberechtigten Abnehmerschutzrechtsverwarnung gemäß §§ 823, 1004 BGB zu behandeln sind, ist in der Rechtsprechung und Literatur nicht geklärt und bedarf hier keiner Entscheidung. Neben der hier angefochtenen Entscheidung des Landgerichts ist allerdings bereits weitere instanzgerichtliche Rechtsprechung ergangen, die diese Rechtsfrage bejaht (LG Hamburg, Beschluss vom März 2018 – 308 O 63/18, juris Rn. 15). Das Oberlandesgericht Hamburg (Urteil vom Juni 2020 – 3 U 107/18, juris Rn. 17 f) hat sich dazu nicht allgemein geäußert. Es hat lediglich Zweifel am Eingriff in den Gewerbebetrieb des dortigen Klägers für den dort zu entscheidenden Streit mit der Begründung angemeldet, dass der Betreiber der Verkaufsplattform in diesem Einzelfall bereits unabhängig von der Meldung gehindert war, die Ware des dortigen Klägers anzubieten und ihn beim Warenvertrieb zu unterstützen, weil dem Plattformbetreiber bereits rechtskräftig ein gerichtliches Vertriebsverbot auferlegt worden war; deshalb könne die Abmahnung des Betreibers der Verkaufsplattform den Warenvertrieb nicht zusätzlich behindern.

b) Unabhängig davon, ob Infringement-Meldungen ihrer allgemeinen Natur nach geeignet sind, entsprechend den Grundsätzen der unberechtigten Abnehmerverwarnung Ansprüche nach § 823 Abs. 1, § 1004 BGB zu begründen, können sie zumindest unter dem Gesichtspunkt von § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG geprüft werden, soweit sie wegen Herabsetzung, Anschwärzung oder gezielter Behinderung nach § 4 UWG unlauter sein können (siehe auch OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2016, 344, 345). Derartigen materiell-rechtlichen Ansprüchen liegt kein anderer Lebenssachverhalt zugrunde, so dass sie keinen gesonderten Streitgegenstand bilden. Sie werden auch durch Ansprüche wegen Eingriffs in den eingereichten und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht verdrängt (siehe BGH, GRUR 2009, 878 – Fräsautomat).

2. Die Klägerin ist als Mitbewerberin der Beklagten beim Angebot von Folien nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 UWG zur Verfolgung von Lauterkeitsrechtsverstößen berechtigt.

3. Die angegriffenen Meldungen der Beklagten an — sind geschäftliche Handlungen im Sinn von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG, weil sie (zumindest auch) darauf gerichtet sind, den eigenen Absatz der Beklagten zu fördern, indem sie die Werbungsmöglichkeiten der konkurrierenden Klägerin – nach Auffassung der Beklagten freilich berechtigt – beschränken sollen (siehe BGH, GRUR 2009, 878 Rn. 11 – Fräsautomat; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl., § 4 Rn. 4.176a). Sie bezwecken ausdrücklich, — dazu zu bewegen, der Klägerin auf der Handelsplattform zu verwehren, bestimmte Produkte unter Verwendung der beanstandeten Produktfotos anzubieten.

4. Diese geschäftliche Handlung ist nach § 3 Abs. 1 UWG unzulässig, weil sie unlauter gemäß § 4 Nr. 4 UWG ist.

Ob jede „notice and take down“-Meldung, die sich als objektiv unberechtigt darstellt, weil es bei zutreffender rechtlicher Bewertung an einer vom Meldenden behaupteten Schutzrechtsverletzung fehlt, den Tatbestand der gezielten Behinderung erfüllt (so wohl OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2016, 344, 345), muss hier nicht entschieden werden. Die vorliegenden Meldungen sind jedenfalls ihrem Inhalt nach unlauter, wobei es nicht darauf ankommt, ob die vom Landgericht verneinten Schutzrechtsverletzungen, namentlich Urheberrechtsverletzungen, Design- oder Geschmacksmusterverletzungen, oder Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gegeben sind. Verletzungsfälle, die so gelagert wären, wie die diskutierten Sachverhalte, waren nämlich nicht Gegenstand der angegriffenen Meldungen. Auf die erstmals mit der Berufung angeführten Umstände, aufgrund derer die Beklagte meint, sie sei berechtigt, Angebote der Klägerin auch wegen einer Zuwiderhandlung gegen §§ 3, 3a UWG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2, 3 ProdSG gegenüber — zu beanstanden, kommt es nicht an.

a) Eine unlautere gezielte Behinderung von Mitbewerbern nach § 4 Nr. 4 UWG setzt eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber voraus, die zusätzlich zu der mit jedem Wettbewerb verbundenen Beeinträchtigung weitere Merkmale aufweist, damit von einer unzulässigen individuellen Behinderung gesprochen werden kann. Wettbewerbswidrig ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen dann, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen, oder wenn die Behinderung doch dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können (BGH, GRUR 2009, 878 Rn. 13 – Fräsautomat; GRUR 2017, 397 Rn. 49 mwN – World of Warcraft II). Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und sonstiger Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen (BGH, GRUR 2017, 397 Rn. 49 mwN – World of Warcraft II).

Namentlich die unberechtigte Behauptung einer durch den Hersteller oder Lieferanten begangenen Schutzrechtsverletzung gegenüber dessen Abnehmern oder Vertragspartnern kann je nach den Umständen eine § 4 Nr. 4 UWG unterfallende gezielte Behinderung darstellen oder etwa auch als Anschwärzung nach § 4 Nr. 2 UWG unlauter sein. Zumindest im Rahmen des Behinderungstatbestands, der auch Fälle des Boykottaufrufs umfasst, kommt es nicht notwendig darauf an, ob gegenüber dem Angesprochenen ein unbedingtes Unterlassungsbegehren ausgesprochen wird (siehe Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl., § 4 Rn. 4.178 f).

Dabei ist zu allerdings beachten, dass es dem Inhaber eines gewerblichen Schutzrechts nicht verwehrt sein kann, die notwendigen Maßnahmen zur Abwehr drohender Eingriffe in sein Recht zu ergreifen und daher Dritte auf rechtsverletzende Handlungen hinzuweisen oder sie wegen solcher zu verwarnen (BGH, GRUR 2009, 878 Rn. 16 mwN – Fräsautomat). Schutzrechtsverwarnungen und vergleichbare Maßnahmen zur Abwehr drohender Eingriffe in Schutzrechte sind jedoch nicht uneingeschränkt zulässig. Das Interesse des Schutzrechtsinhabers, sein Recht geltend machen zu können, sowie das Interesse der sonstigen Marktteilnehmer, sich außerhalb des Schutzbereichs bestehender Ausschließlichkeitsrechte Dritter unter Beachtung der Gesetze frei entfalten zu können, sind vielmehr gegeneinander abzuwägen (BGH, GRUR 2009, 878 Rn. 16 mwN – Fräsautomat; vgl. BGHZ 164, 1, 3 – Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung I). Danach sind namentlich Schutzrechtsverwarnungen zu beanstanden, wenn sie sich mangels eines besonderen Rechts oder wegen Fehlens einer Rechtsverletzung als unbegründet erweisen oder sie wegen ihres sonstigen Inhalts oder ihrer Form nach als unzulässig zu beurteilen sind (BGH, GRUR 2009, 878 Rn. 17 mwN – Fräsautomat; GRUR 1995, 424, 425 – Abnehmerverwarnung), etwa in der Sachverhaltswiedergabe irreführend sind (vgl. siehe Köhler, aaO § 4 Rn. 4.170, 4.178 f).

Die aus den bereits oben (zur Bedeutung der Abnehmerverwarnung anstelle der Herstellerverwarnung im Rahmen § 823 Abs. 1 BGB; 1.a) aa)) dargestellte besondere Wirksamkeit in Bezug auf den Hersteller oder Lieferanten, die sich in dem Fall ergeben kann, dass nicht er selbst, sondern sein Abnehmer oder ein sonst kausal in den Vertrieb eingebundener Dritter wegen der vermeintlichen Schutzrechtsverletzung angesprochen wird, ist auch bei der nach § 4 Nr. 4 UWG gebotenen Interessenabwägung zu beachten. Dies gilt im Grundsatz auch, wenn es sich (nur) um eine mit einer Schutzrechtsverwarnung vergleichbare Maßnahme oder einen bloßen Hinweis auf eine vermeintliche Schutzrechtsverletzung und die Beurteilung der darin liegenden Behinderungswirkung für den Absatz des Herstellers oder Lieferanten geht. Die bei dem angesprochenen Dritten (etwa einem Abnehmer) vorliegende Interessenlage, der von der weiteren Berücksichtigung des beanstandeten Angebots des Herstellers oder Lieferanten häufig ohne größere Nachteile für ihn selbst absehen kann, ist geeignet, der Behinderungswirkung auf den Hersteller oder Lieferanten ein erhebliches Gewicht zu verleihen.

Für die Zulässigkeit der Behinderung kann es hingegen bei der Interessenabwägung ins Gewicht fallen, wenn die Verletzungsbehauptung ihrer Form nach zulässig und auf in tatsächlicher Hinsicht zutreffender Grundlage angebracht wird. Ferner kann es gegen eine Unbilligkeit sprechen, wenn der Schutzrechtsinhaber auf die Mithilfe des angesprochenen Dritten angewiesen ist, um von ihm vertretbar für schutzrechtsverletzend erachtete Handlungen des Herstellers oder Lieferanten effektiv zu unterbinden. Insbesondere kann es für die Zulässigkeit eines Verletzungshinweises sprechen, wenn der Hinweisende damit das legitime Ziel verfolgt, eine wegen rechtsverletzender Handlungen vor diesem Hinweis noch nicht gegebene Haftung des Angesprochenen als Störer für den Fall zu begründen, dass es anschließend erneut zu derartigen (vermeintlichen) Rechtsverletzungen kommt (siehe nur BGHZ 191, 19 Rn. 21, 39 – Stiftparfüm; BGH, GRUR 2018, 1132 Rn. 49, 52 mwN – YouTube).

b) Unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des vorliegenden Falls liegen in den angegriffenen Verletzungsmitteilungen unbillige gezielte Behinderungen der Klägerin, weil sie deren wirtschaftliche Entfaltungsmöglichkeiten erheblich und bei Abwägung der beiderseitigen Interessen in unangemessener Weise beeinträchtigen.

c)

Es beeinträchtigt die wirtschaftliche Entfaltungsmöglichkeit eines über das Internet vertreibenden Händlers erheblich, wenn er sein Angebot nicht auf der am Markt bedeutendsten und von ihm – wie im Streitfall – bisher genutzten Handelsplattform von — platzieren kann. Das gilt regelmäßig auch, soweit es (nur) darum geht, sein Angebot dabei mit denjenigen Produktbildern zu bewerben, die er für zur Absatzförderung am besten geeignet hält. Denn dabei handelt es sich um einen der wichtigsten Gesichtspunkte der werbenden Produktdarstellung, der die Entscheidung potentieller Käufer beeinflusst. Zudem wird ein Produktangebot, bei dem das zugehörige Produktbild gesperrt oder entfernt ist, kaum Absatzchancen haben. Insoweit sind hier sowohl Behinderungen relevant, die den Verkehr der Produkte selbst betreffen, also auch solche, die die Verwendung der bisher durch die Klägerin eingesetzten Produktfotos betreffen.

Darin liegen nach den Umständen des Falls unbillige gezielte Behinderungen. Dies ergibt sich hier unabhängig von einer abschließenden Beurteilung der objektiven (vermeintlichen) Verletzungslage hinsichtlich eines etwaigen Urheberrechts oder eines Design- oder Gebrauchsmusterrechts maßgeblich aus dem schon in tatsächlicher Hinsicht nicht haltbaren Inhalt der Meldungen, der für eine erheblich höhere Gefährdung des Absatzes der Klägerin gesorgt hat, als sie bei sachlicher und zutreffender Sachdarstellung eingetreten wäre.

aa) Die Beklagte hat insbesondere eine Urheberrechtsverletzung in unlauterer Weise behauptet.

(1) Sie hat sich bei den auf eine vermeintliche Verletzung eines Urheberrechts („Copyright“) gestützten Meldungen, mit denen sie — um „Entfernung“ (ob der Bilder oder Produktangebote, bleibt in der Formulierung offen) gebeten hat, auf die unwahre, mindestens aber zur Erzeugung einer Fehlvorstellung über Tatsachen geeignete (Tatsachen-) Angabe gestützt, die Klägerin verwende „unsere[r] Produktfotos“. Diese Beanstandung enthält – zumindest im Kern – die Tatsachenangabe, die Klägerin habe in ihre Angebote Produktfotos übernommen, die die Beklagten zuerst verwendet oder besessen habe (und die sogar mindestens im Auftrag der Beklagten geschaffen oder dieser zur Verwendung überlassen worden seien). Diese irreführende Darstellung spricht maßgeblich für die Unlauterkeit.

Der Vorwurf, die Klägerin verwende die Produktfotos der Beklagten, geht erheblich weiter und ist wegen des Schutzes, der insbesondere Lichtbildern nach § 72 Abs. 1 UrhG gegen identische Übernahme ohne weiteres Wertungserfordernis zukommt, geeignet, — zur Entfernung zu bewegen. Wenn die Beklagte dagegen wahrheitsgemäß die sich unterscheidenden Bilder beider Seiten gegenüber — präsentiert und bloß die von Wertungen abhängenden Rechtsauffassungen geäußert hätte, erstens genössen ihre eigenen Bilder Schutz als Werke im Sinn von § 2 Abs. 1 UrhG und zweitens fielen die abweichenden Bilder der Klägerin mit Rücksicht auf §§ 23, 24 UrhG aF (siehe nunmehr § 23 UrhG) in deren Schutzbereich, weil sie maßgebliche Züge der Gestaltung übernähmen, wäre die Gefahr, dass — die Produktangebote oder auch nur die Produktbilder sperrt, wesentlich geringer gewesen. Die Beklagte hat dagegen unter unzutreffender Darstellung des Sachverhalts eine liquide Verletzungslage suggeriert, anstelle sich auf eine mit Wertungen verbundene Verletzungsbeurteilung des wahren Sachverhalts zu berufen, bei dem — naheliegender Weise nicht zu dem Schluss gekommen wäre, eine Rechtsverletzung unschwer und ohne eingehende eigene Prüfung feststellen zu können und deshalb zur Vermeidung einer Haftung die Bilder entfernen zu müssen (bzw. vorsorglich entfernen zu wollen). Darin liegt – selbst wenn Verletzungshinweis und Entfernungsbitte noch nicht das Gewicht der Erhebung von Unterlassungsansprüchen haben und als Schaffung materieller Haftungsvoraussetzungen eine gewisse Privilegierung genießen mögen – eine unlautere gezielte Behinderung. Dem steht entgegen der in der mündlichen Verhandlung über die Berufung vertretenen Ansicht der Beklagten auch nicht entgegen, dass es sich um die Äußerung eines juristischen Laien handelte. Auch diesem wäre es möglich gewesen, sich bei der bezweckten Meldung einer vermeintlichen Urheberrechtsverletzung der unzutreffenden Behauptung zu enthalten, die Angebote der Klägerin würde Produktfotos der Beklagten verwenden; so könnte er beispielsweise formulieren, die beanstandeten Fotos würden das Urheberrecht an eigenen Produktfotos verletzen oder sie würden ebenso bzw. ähnlich aussehen.

Ob die urheberrechtliche Verletzungsfrage – wie bei der durch die Beklagte unterbreiteten unzutreffenden Sachdarstellung – für — ohne weiteres rechtlich klar war, war nämlich ein maßgeblicher Gesichtspunkt für die — durch die Einleitung seines Infringement-Verfahrens durch die Beklagte abverlangte Entscheidung über die Entfernung der Angebote oder der Produktfotos der Klägerin. Dies folgt insbesondere daraus, dass der Bundesgerichtshof (GRUR 2018, 1132 Rn. 44 f – YouTube; unter Anrufung des EuGH) dazu neigt, die haftungsrechtliche Privilegierung des Host-Providers nicht schon dann zu verneinen, wenn dem Anbieter allgemein bekannt oder bewusst ist, dass seine Dienste für irgendwelche rechtswidrigen Tätigkeiten genutzt werden, sondern erst dann, wenn sich die Kenntnis der Umstände und das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit auf konkrete Tätigkeiten oder Informationen beziehen; wird eine urheberrechtlich geschützte Rechtsposition gegenüber dem Host-Provider geltend gemacht, bedarf es nach Auffassung des Bundesgerichtshofs (aaO Rn. 45 mwN – YouTube) einer Identifizierung des geschützten Werkes oder der geschützten Leistung und einer Beschreibung der beanstandeten Verletzungsform sowie hinreichend klarer Anhaltspunkte für die urheberrechtliche Berechtigung der Beteiligten. Davon geht auch die Berufung aus. Eine solche Situation anzunehmen, liegt aus Sicht von — besonders dann nahe, wenn die Infringement-Meldung – wie hier zu Unrecht – eine identische Übernahme ohne jede besondere Gestaltungshöhe geschützter Lichtbilder behauptet, nicht aber, wenn schwierige Wertungsfragen aufgeworfen werden, wie sie sich bei der Bewertung der Schutzfähigkeit eines vermeintlichen Werks im Sinn von § 2 UrhG und der Frage stellen, ob ein anderes Bild eine unfreie Bearbeitung dieses Werks durch Übernahme prägender Gestaltungsmerkmale ist oder nicht.

(2) Dass die Beklagte (noch) keine bestimmten Ansprüche wegen Schutzrechtsverletzung gegen — geltend gemacht hat, berührt den die Unlauterkeit begründenden Gesichtspunkt – zumindest unter Berücksichtigung des irreführenden und den Anreiz zur Entfernung der Angebote erheblich erhöhenden Gehalts – der vorliegenden Meldung nicht. Denn diese – gerade aufgrund irreführender Angaben – als Behauptung einer vermeintlich klaren Verletzung des Schutzes nach § 72 UrhG besonders geeignet, — zur Entfernung der Produktangebote oder wenigstens der Bilder als wesentliches Werbemittel der Klägerin zu bewegen, worum die Meldung auch ausdrücklich bittet. Solche Meldungen sind bei objektiver Betrachtung aus Sicht von — darauf gerichtet, — zu einer (hier auch ausdrücklich erbetenen) Entfernung des beanstandeten Inhalts zu bewegen. Soweit die Berufung zuletzt ausführt, ihre Mitteilungen hätten lediglich dem Zweck gedient, Rechtsverletzungen zu melden, so dass der Sachverhalt über den Plattformbetreiber unter Einbeziehung des Verletzers abschließend bewertet werden könne und hiervon abhängig eine Reaktion des Plattformbetreibers erfolge, steht dies schon nicht in Einklang mit dem Wortlaut der vorliegenden Meldungen und widerspricht im Übrigen nicht dem Verständnis einer jeden Infringement-Mitteilung aus Sicht des Plattformbetreibers, nämlich dass der Meldende eine Entfernung der beanstandeten Inhalte wünscht (mag er sie auch nicht unter Behauptung darauf gerichteter Ansprüche verlangen, weil ein entsprechender Anspruch gegen den Plattformbetreiber noch nicht besteht, aber bei Untätigkeit in Kenntnis der angeblich klaren Schutzrechtsverletzung unmittelbar entstehen wird). Der Senat hält es nach den gesamten Umständen im Übrigen für glaubhaft, dass die Beklagte – worauf es nicht mehr entscheidend ankommt – entgegen ihrem Vortrag auch subjektiv das Ziel verfolgt hat, nicht nur eine Prüfung, sondern eine Entfernung der beanstandeten Inhalte durch — zu erreichen. Schon die durch die irreführende Darstellung der vermeintlichen Verletzungslage bewirkte Verunsicherung ist dabei geeignet, — zur Entfernung zu bewegen, weil dieses Unternehmen als Plattformbetreiber besonders geneigt sein wird, ihm angezeigte, angeblich klare Verletzungsfälle zur Vermeidung der eigenen, sekundären Haftung von der Plattform zu entfernen. Diese von der Beklagten durch unzutreffende Angaben geschaffene Gefahr fällt daher auch unter dem Gesichtspunkt des Ausmaßes ihrer Wirkung auf die wirtschaftliche Entfaltung der Klägerin erheblich ins Gewicht (siehe BGH, GRUR 2009, 878 Rn. 22 – Fräsautomat).

Die Überlegungen der Berufung, wonach es – namentlich für einen Eingriff in den Gewerbebetrieb – deshalb an einer hinreichenden Behinderungswirkung bezüglich des Unternehmens der Klägerin fehle, weil eine Sperrung durch den Plattformbetreiber nur zu erfolgen habe, wenn der Verstoß unschwer bejaht werden könne, greifen hier nicht durch, sondern wendet sich gegen die Beklagte. Selbst wenn der Plattformbetreiber bei richtiger rechtlicher Einordnung keinen Anlass haben mag, auf jede Verletzungsmeldung mit einer Entfernung des vermeintlich rechtsverletzenden Inhalts zu reagieren, hat die Beklagte hier gerade durch eine irreführende Sachverhaltsdarstellung in zu missbilligender Weise die gesteigerte Gefahr geschaffen, dass — die beanstandeten Inhalte von der Plattform entfernt.

3) Schließlich wirkt sich in der Interessenabwägung zu Lasten der Beklagten aus, dass sie vor der Ansprache von — und auch anschließend bis zur Beantwortung (Anlage K 47) der Abmahnung durch die Klägerin (und hinsichtlich der Mehrzahl der beanstandeten Produktbilder der Klägerin auch danach) von jedem Versuch abgesehen hat, ihre vermeintlichen Rechte wenigstens im Weg einer außergerichtlichen Unterlassungsaufforderung gegenüber der Klägerin selbst durchzusetzen, wobei ihr auch die Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutzes offen gestanden hätte. Ein besonderes Interesse, zuerst oder allein den Betreiber der Handelsplattform anzusprechen, mag in Betracht kommen, wo ein zentraler Hersteller oder ein zentrales Vertriebsunternehmen des vermeintlich schutzrechtsverletzenden Gegenstands nicht greifbar ist, sondern eine Vielzahl einzelner und wechselnder Anbieter diesen Gegenstand auf der Handelsplattform anbieten oder verwenden. Eine solche Situation ist im Streitfall aber nicht ersichtlich. Vielmehr hat die Beklagte umgekehrt, anstatt die Klägerin wegen einer überschaubaren Anzahl von Verletzungsgegenständen in Anspruch zu nehmen, mehr als hundert Verletzungshinweise stets betreffend die Angebote der Klägerin zunächst allein bei — angebracht. Lediglich als Reaktion auf die Behinderungsvorwürfe der Klägerin hat die Beklagte sich veranlasst gesehen, (nur teilweise) außergerichtlich entsprechende Verletzungsansprüche auch direkt gegenüber der Klägerin zu erheben.

(4) Die Beklagte kann sich auch nicht erfolgreich damit verteidigen, dass aus anderen als den gegenüber — angegebenen Gründen eine Urheberrechtsverletzung der Klägerin vorliege.

(a) An der Unlauterkeit der angegriffenen Verletzungsmeldungen würde es nichts ändern, wenn die Klägerin aus anderem Grund materiell-urheberrechtlich zur Unterlassung der betroffenen Produktdarstellungen verpflichtet wäre, etwa wenn sich mit den durch die Beklagte in Erwiderung auf den vorliegenden Verfügungsantrag vorgebrachten Erwägungen eine Urheberrechtsverletzung im Rahmen der beanstandeten Produktangebote bejahen ließe, weil die Klägerin ein vermeintlich geschütztes Werk in vermeintlich unfreier Bearbeitung verwendet habe.

Zwar hat der Bundesgerichtshof für den Fall, dass eine Schutzrechtsverwarnung teilweise zu Recht erfolgt, sie aber ihrem Umfang nach über das hinausgeht, was der Rechtsinhaber berechtigterweise fordern kann, entschieden, dass darin kein Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb liegt, wenn das zu Unrecht beanstandete Verhalten vom Verwarnten nach den gesamten Umständen vernünftigerweise nicht zu erwarten ist. Bei einer solchen Sachlage ist die Verwarnung von vornherein nicht geeignet, den Verwarnten in seiner wirtschaftlichen Betätigung zu beeinträchtigen (BGH, GRUR 2020, 1116 Rn. 26 – Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung III). Soweit die an einen Abnehmer gerichtete Schutzrechtsverwarnung unberechtigt ist, liegt darin kein Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Herstellers, wenn ihr insoweit die Eignung fehlt, dessen Geschäftstätigkeit zu beeinträchtigen (BGH, aaO Rn. 32 – Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung III). In jenem Fall ging es aber darum, dass mit der Abnehmerverwarnung auch Unterlassung der Herstellung und Einfuhr der beanstandeten Gegenstände verlangt worden war, die von den Abnehmern aber gar nicht zu erwarten war, so dass dieses Verlangen zwar unberechtigt war, aber auch die Betätigung des Herstellers nicht beeinträchtigen konnte. Der vorliegende Fall liegt anders. Die Beklagte hat gerade die Entfernung von Angeboten oder zumindest Bildern verlangt, die — tatsächlich in seine Handelsplattform aufgenommen hatte und deren Entfernung sich mithin tatsächlich auf den Betrieb der Klägerin auswirken würde und auch ausgewirkt hat.

Aus dem Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg vom 25. Juni 2020 (3 U 107/18, juris Rn. 17 f) folgt nichts Anderes. Dieses hat lediglich einen Eingriff in den Gewerbebetrieb in dem Fall bezweifelt, dass der Betreiber der Verkaufsplattform bereits unabhängig von der Meldung gehindert war, die Ware des dortigen Klägers anzubieten und ihn beim Warenvertrieb zu unterstützen, weil dem Plattformbetreiber bereits rechts- kräftig ein gerichtliches Vertriebsverbot auferlegt worden war. Die Erwägung, die Verletzungsmeldung entfalte bei einem bereits gegenüber dem Plattformbetreiber titulierten Verbot keine zusätzliche Behinderungswirkung mehr auf den Verkäufer lässt sich nicht auf den vorliegenden Fall übertragen, dass allenfalls materiell-rechtlich Unterlassungsansprüche des Schutzrechtsinhabers gegen den Verkäufer und nach Hinweis auch gegen den Plattformbetreiber in Betracht kommen mögen, die aber bisher weder gerichtlich geprüft noch tituliert und – wie auch die Berufung anerkennt – zumindest nicht ohne eingehende urheberrechtliche Prüfung zu bejahen sind. — hat die hier betroffenen Inhalte unstreitig gerade erst aufgrund der Infringement-Meldungen gesperrt.

(b) Nach alledem kommt es nicht mehr darauf an, ob die im vorliegenden Prozess durch die Beklagte geltend gemachten Urheberrechtsverletzungen bei zutreffender rechtlicher Bewertung vorliegen.

bb) Ebenfalls unbillig ist die gezielte Behinderung durch konkreten Verletzungsformen, mit denen die Beklagte gegenüber — eine Designverletzung geltend gemacht hat.

(1) Dass eine solche Verletzungsbehauptung gegenüber — überhaupt erhoben worden ist, so dass es nicht etwa bereits an der mit dem Verfügungsantrag geltend gemachten Wiederholungsgefahr hinsichtlich Designverletzungsvorwürfen fehlt, ist den Infringement-Meldungen der Beklagten allerdings nicht ausdrücklich zu entnehmen. Es besteht aber die nicht völlig fernliegende Gefahr, dass — der konkreten Verletzungsform auch eine aus den Umständen zu schließende Designverletzungsbehauptung entnehmen kann. Unter diesem Gesichtspunkt lassen sich manche der konkreten Verletzungsformen noch im weitesten Sinn mit der Antragsvariante „behaupten, die Produkte oder Produktbilder würden gegen […] und/oder Designrechte verstoßen,“ umschreiben. Wie die angegriffene Äußerung genau beschaffen ist, ergibt sich aus den in Bezug genommenen konkreten Verletzungsformen, auf die der Verfügungsantrag beschränkt ist. Ersichtlich stützt die Klägerin sich hier auf diejenigen Infringement-Meldungen, bei denen unter dem eigentlichen Topos einer Urheberrechtsverletzung auch eine Eintragung der Fotos beim Deutschen Patent- und Markenamt unter Angabe einer Nummer angeführt wird.

Eine ausdrückliche Behauptung einer Designverletzung ist damit allerdings nicht erfolgt. Namentlich wird in der Rubrik „Infringement type“ in keinem Fall angegeben, dass das verletzte Schutzrecht ein Designrecht sei. In den Fällen, in denen die Nummer „—“ erwähnt wird, die sich mit der Nummer des eingetragenen Designs deckt, ist vielmehr ausweislich der Nachrichten von — ein Urheberrecht („Copyright“) oder ein „Patent“ geltend gemacht worden. Im letztgenannten Fall wird die genannte Nummer auch ausdrücklich als „Patent Number“ bezeichnet, so dass in diesem Fall nicht ersichtlich ist, dass die zugrundeliegende Meldung von — wenigstens den Umständen nach als solche einer Designverletzung verstanden werden könnte.

In den Fällen der Anzeigen von Urheberrechtsverletzungen ist hingegen aufgrund der damit gemachten weiteren Angaben der Beklagten nicht ausgeschlossen, dass ihnen — als Adressat– neben dem Urheberrechtsverletzungsvorwurf – auch eine ergänzende Beanstandung einer Designverletzung entnehmen könnte. Denn es besteht die nicht vollkommen fernliegende Möglichkeit, dass die mit der Bearbeitung der Mitteilung bei — befasste Person erkennt, dass die genannte Nummer, unter der das durch die Klägerin angeblich verwendete Foto der Beklagten unter dem Namen der Beklagten beim Deutschen Patent- und Markenamt registriert sein soll, keine Registrierung eines Urheberrechtsschutzes betreffen kann, die bei diesem Amt nicht möglich ist. Dies kann zu der Vermutung veranlassen, gerade das genannte Foto könnte – abgesehen von seinem ausdrücklich geltend gemachten urheberrechtlichen Schutz – auch als Darstellung eines Schutzrechts anderer, nämlich registrierungsfähiger Art, beim Amt hinterlegt sein. Insoweit mag aus Sicht von — am ehesten an ein Design zu denken und eine Design-Recherche mit dieser Nummer vorzunehmen sein, die dann bestätigen würde, dass ein Design (nämlich das Verfügungsdesign A) gerade dieser Nummer zu Gunsten der Beklagten eingetragen ist und Produkte der hier betroffenen Kategorie erfasst. Seine (nur aus der Nummer abzuleitende) Erwähnung mag zwar selbst dann noch als bloße Glaubhaftmachung der Rechtsinhaberschaft der Beklagten an einem allein geltend gemachten Lichtbild verstanden werden. Es besteht aber auch die Gefahr, dass die Erwähnung des Designs stattdessen dahin verstanden werden könnte, die Beklagte wolle zusätzlich eine Designverletzung geltend machen.

(2) Soweit somit die konkreten Verletzungsformen, bei denen die Nummer des Designs ergänzend zur Angabe der „Copyright“-Verletzung erwähnt und damit die Gefahr begründet wird, ihnen könnte von — auch eine bestimmte Behauptung einer Designverletzung entnommen werden, liegt darin eine unbillige gezielte Behinderung der Klägerin.

(a) Dies folgt entsprechend den zuvor angestellten Erwägungen (zur Behauptung der Urheberrechtsverletzung) daraus, dass die Beklagte die Verletzungslage in tatsächlicher Hinsicht in einer Weise irreführend als liquide dargestellt hat, die geeignet ist, — eher als bei einer sachlich zutreffenden Darstellung zur Entfernung der Angebote oder verwendeten Bilder zu bewegen.

Denn mit der Infringement-Meldung hat die Beklagte behauptet, gerade die Produktfotos seien bzw. ein Foto der Beklagten sei unter der genannten Registrierungsnummer hinterlegt und dieses Foto werde von der Klägerin verwendet. Soweit darin ein Designverletzungsvorwurf erkannt wird, kann dieser nur dahin verstanden werden, dass die Wiedergabe des Designs in dessen Anmeldung und Eintragung mittels eines Lichtbilds erfolgt ist und dasselbe Lichtbild von der Klägerin in den beanstandeten Produktangeboten verwendet wird. Unter diesen Umständen kann bei — der Eindruck entstehen, die Klägerin habe eindeutig einen mit dem eingetragenen Design identischen Gegenstand zumindest in der Form des Anbietens im Sinn von § 38 Abs. 1 Satz 2 DesignG verwendet. Die Formulierungen der Infringement-Meldungen verschleiern, dass in Wirklichkeit keine identische Übernahme einer Designabbildung, sondern allenfalls ein von – auch nach Auffassung der Berufung nicht einfach gelagerten – Wertungen abhängender Eingriff in den Schutzbereich des eingetragenen Designs in Betracht kommen kann, der voraussetzt, dass das beanstandete Design beim informierten Betrachter keinen anderen Gesamteindruck erweckt als das eingetragene Design.

(b) Mit einer Verletzung des Verfügungsdesigns B oder eines nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters kann die Beklagte ihre gegebenenfalls als Verletzung des eingetragenen deutschen Verfügungsdesigns A, dessen Nummer allein genannt ist, zu verstehenden Infringement-Meldungen nicht rechtfertigen. Solche anderen Verletzungen fielen bei der Interessenabwägung schon deshalb nicht maßgeblich zu Gunsten der Beklagten ins Gewicht, weil sie und die dafür maßgeblichen Tatsachen in den Meldungen nicht ansatzweise angedeutet sind.

(c) Nach alledem kommt es auch hier nicht darauf an, ob die im vorliegenden Prozess durch die Beklagte geltend gemachten Design- und Gemeinschaftsgeschmacksmusterverletzungen bei zutreffender rechtlicher Bewertung vorliegen.

cc) Ebenfalls wegen gezielter Behinderung unlauter sind die Meldungen, in denen die Beklagte in einigen Fällen eine Markenverletzung und in anderen Fällen eine Patentverletzung behauptet hat.

(1) Dass die Infringement-Meldungen auch Markenverletzungsbehauptungen enthielten, ist nicht bestritten und im Übrigen aufgrund der vorgelegten Anlagen K 8 bis K 22 glaubhaft gemacht.

(2) Der Senat erachtet auch für glaubhaft, dass die Beklagte ferner eine Patentverletzung gegenüber — behauptet hat.

Dies ergibt sich aus den in den Anlagen K 8 bis K 22 (namentlich zumindest Anlagen K 8, K 12 für „UK“) wiedergegebenen Nachrichten von — an die Klägerin, soweit darin eine Meldung referiert wird, deren Gegenstand mit „Infringement type: Patent“ und „Patent Number: —“ angegeben ist. Die Beklagte verweist für ihr Bestreiten auf die als Anlage AG 2 vorgelegte eidesstattliche Versicherung. Diese ist aber in diesem Punkt unergiebig. Die zudem durch die Beklagte als Anlage AG 8 vorgelegt Auswertung aus dem —-Seller-Backend für Infringement-Prozesse für den Zeitraum von Januar bis Mai 2021 weist zwar keine Patentverletzungsmeldungen aus. Hätte es solche nicht gegeben, wäre aber nicht nachvollziehbar, wie es dazu gekommen sein könnte, dass die Klägerin eine Mitteilung von — über eine durch die Beklagte gemeldete Patentverletzung erhalten hat. Dass eine Patentverletzungsmeldung in der vorgelegten Auswertung nicht angezeigt ist, kann mangels näherer Erläuterung der Bedeutung dieser Aufstellung verschiedene Gründe haben, etwa eine Beschränkung der Auswertung auf einzelne Länderplattformen oder Absenderadressen. So fällt insbesondere auf, dass — im Rahmen der Korrespondenz zur Patentverletzungsmeldung als E-Mail-Adresse des meldenden Rechteinhabers „—“ nennt, während die vorgelegte Auswertung sich zwar auf „Alle Absender“ bezieht, deren Anzahl dort aber mit „(1)“ angegeben ist und konkret nur die E-Mail-Adresse „—“ nennt.

(3) Diese Patent- und Markenverletzungsmeldungen enthalten im Tatsachenkern die (stillschweigende, weil denknotwendig vorausgesetzte) Angabe, die Beklagte besitze ein Patent bzw. eine Marke, anhand derer sich ein durch die Klägerin bei den beanstandeten Produkten verwendetes Kennzeichen angegriffen werden könnte. Sie sind mit diesem Inhalt unlautere gezielte Behinderungen, weil sie die Gefahr begründet haben, dass — Inhalte der Klägerin entfernt, obwohl diese Verletzungsbehauptungen von vorneherein jeder tatsächlichen Grundlage entbehren.

Dass die Beklagte (überhaupt und zudem wenigstens den hier in Rede stehenden Produktbereich betreffend) entgegen dem Antragsvorbringen Inhaberin oder Lizenznehmerin eines Patents ist, behauptet die Beklagte nicht.

Die Beklagte ist auch nicht dem Vortrag der Klägerin entgegengetreten, wonach eine DPMA-Recherche zeige, dass es keine Marke der in der Infringement-Meldung genannten Nummer — gebe. Allerdings kann der Senat dem allgemein zugänglichen Register des EUIPO entnehmen, dass zu Gunsten des Geschäftsführers der Beklagten die EU-(Wort-)Bildmarke „—“ unter dieser Nummer eingetragen ist. Es ist aber nicht erkennbar, dass die beanstandeten Produktangebote überhaupt eine (markenmäßige) Kennzeichnung enthalten, wie sie ein Markenrechtsverletzungsvorwurf voraussetzen würde. Selbst wenn man insoweit der Verletzungsmeldung keine (unwahre) Tatsachenangabe entnehmen wollte, sondern nur ein Werturteil, es liege eine mit der vorgenannten (Wort-)Bildmarke — verwechslungsfähige Kennzeichnung vor, wäre die Meldung bei der gebotene Abwägung zumindest deshalb unlauter, weil sie durch keine vertretbaren Überlegungen gedeckt ist und die Umstände, aus denen sich das offenkundige Fehlen der Markenverletzung ergeben würde, gegenüber — nicht offengelegt worden sind, indem mit der pauschalen Verletzungsbehauptung weder der Inhalt der angeführten Marke mitgeteilt worden ist, noch aufgezeigt worden ist, wie weit etwaige Kennzeichen der beanstandeten Produkte davon abweichen.

Patent- und Markenverletzungsvorwürfe gegenüber —, denen wie im Streitfall keine wenigstens im Ansatz vertretbare Rechtsauffassung des Meldenden zugrunde liegt, muss die Klägerin als gezielte Behinderungen bei der gebotenen Interessenabwägung nicht hinnehmen. Gegenteiliges macht die Beklagte auch im vorliegenden Rechtsstreit nicht geltend. Mit der Berufung betont sie vielmehr sogar, es gehe ihr ausschließlich um die Beseitigung designrechtswidriger und urheberrechtswidriger Produktfotos in den Angeboten der Klägerin. Eine sachlich nicht gerechtfertigte Behinderung liegt danach insbesondere auch darin, dass die Beklagte zur Erreichung dieses Ziels gegenüber — eine – von der Beklagten selbst nicht angenommene – Marken- oder Patentverletzung vorgeschoben hat.

Soweit die Berufung – allerdings zur Frage eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb – meint, es fehle an der Gefahr einer empfindlichen Beeinträchtigung, mag diese Gefahr zwar bei den unsubstantiierten Meldungen von Marken- und Patentverletzungen ex ante betrachtet geringer gewesen sein, als bei der Behauptung der Verwendung eines Fotos der Beklagten. Dennoch zeigt schon die tatsächlich erfolgte Entfernung der Angebote durch —, dass die Meldungen tatsächlich hinreichend geeignet waren, die Geschäfte der Klägerin zu beeinträchtigen, um eine gezielten Behinderung darstellen zu können. Abgesehen davon ist bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass einer ex ante geringeren Schadensgefahr bei den unsubstantiierten und haltlosen Patent- und Markenverletzungsmeldungen gegenübersteht, dass es auch keinerlei nachvollziehbaren Anlass gab, derartige Vorwürfe zu erheben und damit auch nur ein gewisses Risiko der Angebotssperrung zu schaffen.

dd) Ohne dass es noch entscheidend darauf ankäme, spricht im Übrigen bei sämtlichen vorgenannten Meldungen von Verletzungen verschiedener Schutzrechte bei der Interessenabwägung ergänzend das Gesamtbild des Verhaltens der Beklagten für die Unlauterkeit. Die Beklagte hat die Klägerin systematisch mit einer Vielzahl von Anschwärzungen bei — überzogen, die – selbst als Meldungen eines in Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschutzes nicht fachkundigen Unternehmers – die Gegengenstände und den Umfang der Verletzungshandlungen, wenn nicht vorsätzlich, so doch mindestens rücksichtslos unzutreffend und verzerrend darstellen.

ee) Die Unlauterkeit der in den angegriffenen Verletzungsformen liegenden Behinderung entfiele auch nicht, wenn der Vertrieb (einzelner) Produkte der Klägerin nach § 3 Abs. 1 UWG unzulässig sein und deshalb Unterlassungsansprüche der Beklagten gegen die Klägerin nach § 8 Abs. 1 UWG begründen würde. Daher ist unerheblich, ob eine unlautere geschäftliche Handlung der Klägerin nach § 3 Nr. 3 UWG (ergänzender wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz), die das Landgericht verneint hat, oder eine Zuwiderhandlung gegen eine Marktverhaltensregelung nach § 3a UWG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2, 3 ProdSG vorliegt.

Ein etwaiger Lauterkeitsrechtsverstoß in dem jeweiligen Angebot, das mit der Verletzungsmeldung gegenüber — beanstandet worden ist, fällt bei der Interessenabwägung schon deshalb nicht maßgeblich zu Gunsten der Beklagten ins Gewicht, weil er nicht im Ansatz in der Beanstandung angesprochen ist. Es ist daher ausgeschlossen, dass die Sperrung der Angebote lediglich darauf beruht, dass die Beklagte eine Rechtsposition aus § 8 UWG wegen etwaiger Zuwiderhandlungen der Klägerin gegen Marktverhaltensregelungen haben könnte. Dies gilt zunächst für die in erster Instanz diskutierten Ansprüche wegen ergänzenden wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz (§ 3 Nr. 3 UWG). Schon derartige Ansprüche sind weder in rechtlicher Hinsicht (wenigstens pauschal) noch hinsichtlich ihrer tatsächlichen Voraussetzungen, insbesondere betreffend eine vermeintliche wettbewerbliche Eigenart tatsächlich erbrachter Leistungen der Beklagten, in den Verletzungsmeldungen an — angesprochen. Entsprechendes gilt erst recht für die produktkennzeichnungsrechtlichen Gesichtspunkte, die erstmals die Berufung anführt. Diese betreffen nicht einmal ansatzweise vergleichbare Fragen wie die mit den Verletzungsmeldungen geltend gemachten Schutzrechtsverletzungen.

Dass die Beklagte die Wirkungen der hier angegriffenen Behinderungen nicht ebenso hätte herbeiführen könne, indem sie lauterkeitsrechtliche Verstöße bei — meldet, folgt auch daraus, dass – nach der Darstellung durch — (Anlage K 7) – im Rahmen des Infringement-Prozesses lediglich Meldungen über Schutzrechtsverletzungen berücksichtigt werden.

5. Der Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UrhG setzt auch unter dem Gesichtspunkt einer gezielten Behinderung durch unberechtigte Behauptung einer Schutzrechtsverletzung kein Verschulden voraus (siehe Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl. § 4 Rn. 4.170, 4.177).

III. Der Antrag zu 2. wird ebenfalls von einem Verfügungsanspruch getragen.

Der bereits festgestellte materielle-rechtliche Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 UWG, der zunächst dem prozessualen Anspruch des Antrags zu 1. (Unterlassung im engeren Sinn) zugrunde liegt, deckt den prozessualen Anspruch zu 2., mit dem die Klägerin Rücknahme und Widerruf der Verletzungsmeldungen gegenüber — verlangt. Eines Rückgriffs auf den materiell-rechtlich in § 8 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 UWG geregelten Beseitigungsanspruch (der von der Dringlichkeitsvermutung nach § 12 Abs. 1 UWG zumindest nicht wortsinngemäß erfasst ist) bedarf es nicht. Dass bei anderer Beurteilung ohnehin spätestens der Beseitigungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 UWG den Antrag zu 2 decken würde und wegen des Vorliegens eines Verfügungsgrunds und mangels irreversibler Folgen – die Beklagte kann ihre Meldungen bei — später ggf. wieder anbringen – auch einer einstweiligen Regelung zugänglich sein dürfte (siehe Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl., § 12 Rn. 2.9 mwN), bedarf daher keiner weiteren Erläuterung mehr.

1. Hat eine Verletzungshandlung einen andauernden rechtswidrigen Verletzungszustand hervorgerufen, besteht neben dem Unterlassungsanspruch ein Beseitigungsanspruch. Dabei handelt es sich um selbstständige Ansprüche mit grundsätzlich unterschiedlicher Zielrichtung. Der Gläubiger hat es in der Hand, ob er den einen oder den anderen Anspruch oder aber beide Ansprüche geltend macht. Er kann bei einer solchen Fallgestaltung allerdings auch bereits mit dem Unterlassungsanspruch die Beseitigung des Verletzungszustands verlangen. Das folgt daraus, dass bei einer Dauerhandlung die Nichtbeseitigung des Verletzungszustands gleichbedeutend mit der Fortsetzung der Verletzungshandlung ist (vgl. BGH, GRUR 2015, 258 Rn. 64 mwN – CT-Paradies). Eine Unterlassungsverpflichtung erschöpft sich insbesondere dann nicht in einem bloßen Nichtstun, sondern umfasst auch die Pflicht zur Vornahme von Handlungen zur Beseitigung eines zuvor geschaffenen Störungszustands, wenn dem Unterlassungsgebot allein dadurch entsprochen werden kann. So verhält es sich nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des – für das hier betroffene Gebiet des Wettbewerbsrechts zuständigen – 1. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (GRUR 2017, 208 Rn. 24 f – Rückruf von RESCUE-Produkten; GRUR 2018, 292 Rn. 20 – Produkte zur Wundversorgung), wenn die Nichtbeseitigung des Verletzungszustands gleichbedeutend mit der Fortsetzung der Verletzungshandlung ist. Auch wenn die den Unterlassungsanspruch begründende Verletzungshandlung keine Dauerhandlung des Schuldners ist, kann eine Verpflichtung zur Unterlassung oder Duldung einer Handlung danach die Verpflichtung zur Vornahme von Handlungen umfassen, wenn der Schuldner seiner Pflicht zur Unterlassung oder zur Duldung nur gerecht werden kann, wenn er daneben Handlungen vornimmt (BGH, GRUR 2017, 208 Rn. 24 f – Rückruf von RESCUE-Produkten; GRUR 2018, 292 Rn. 20 – Produkte zur Wundversorgung; BGH, NJW-RR 2007, 863 Rn. 18; siehe auch BGH, GRUR 2020, 548 Rn. 15 – Diätische Tinnitusbehandlung). Insoweit ist der Unterlassungsschuldner indes lediglich verpflichtet, die möglichen, erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, die der Verhinderung weiterer konkret drohender Verletzungshandlungen dienen (BGH, GRUR 2018, 292, Rn. 30 – Rückruf von RESCUE-Produkten).

2. Das Landgericht hat mit Recht unter Bezugnahme auf diese Grundsätze erkannt, dass die nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 UWG begründete Unterlassungspflicht die Verpflichtung der Beklagten umfasst, die Infringement-Meldungen gegenüber — zurückzunehmen und zu widerrufen.

Mit der Kundgabe der Verletzungshinweise gegenüber — hat die Beklagte einen Störungszustand geschaffen, der andauert, solange die Beklagte von diesen Meldungen nicht gegenüber — abrückt. Denn bis dahin wird — berücksichtigen, dass die Beklagte — gegenüber den – sich nicht erledigenden – Standpunkt eingenommen hat, dass — mit dem Hosting der beanstandeten Angebote der Beklagten zu Schutzrechtsverletzungen beiträgt. Der Fortbestand dieser Meldungen steht bis zu deren Widerruf einer Fortsetzung der Verletzungshandlungen der Beklagten gleich. Ob – wie die Klägerin und offenbar auch das Landgericht meinen – — überhaupt nur im Fall einer Rücknahme der Infringement-Meldung durch den (angeblichen) Rechteinhaber bereit ist, einmal gesperrte Angebote wieder freizugeben, ist dabei unerheblich, weil die Behinderung nicht erst darin liegt, dass der weitergehende Erfolg eingetreten ist, dass — tatsächlich der Entfernungsbitte der Beklagten gefolgt ist, sondern schon in der erheblichen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Entfaltungsmöglichkeiten der Klägerin dadurch, dass die Meldungen — einen erheblichen Anreiz zur Entfernung deren Inhalte geben. Daher kann es dem Verlangen nach Widerruf und Rücknahme der Infringement-Meldungen auch nicht entgegengehalten werden, dass der Klägerin ein standardisiertes Verfahren durch — eröffnet sein mag („Appeal Button“), mit dem die Klägerin ihre Sicht darstellen kann. Die Nichtbeseitigung der Verletzungsmeldungen steht deren Fortsetzung auch deshalb gleich, weil sie die Klägerin daran hindert, die entfernten Gegenstände wieder auf der —-Plattform einzustellen.

3. Der Senat vermag auch nicht der Ansicht der Berufung zu folgen, die Beklagte werde mit dem Antrag zur Erteilung eines „Freifahrtscheins“ für die Klägerin auf —, zudem hinsichtlich unbekannter künftiger Verletzungen gezwungen. Die antragsgemäße Formulierung stellt nahezu durchgängig nur auf die Rücknahme der in Gestalt der konkreten Verletzungsform erfolgen Meldungen (Anlagen K 8 bis K 22) ab. Soweit die antragsgemäß erlassene einstweilige Verfügung verlangt, dass die allein geforderte Rücknahme eben dieser Meldungen dahin ausgestaltet wird („dergestalt, dass“), dass die Beklagte „die jeweilige Beschwerde widerruft und mitteilt, dass sie keine Einwände gegen die Wiederaufnahme des Verkaufs dieser Produkte hat“, sind damit schon bei der gebotenen Auslegung keine Erklärungen gegenüber — zu anderen potentiellen Verletzungen gemeint, als den hier angegriffenen Meldungen zu entnehmen waren. Der Senat hat insoweit das zu 2. tenorierte Gebot nach § 938 Abs. 1 ZPO klarstellend umformuliert (indem es anstelle von „keine Einwände“ heißt „keine solchen Einwände“).

4. Der Vortrag der Beklagten, wonach sie dem zu 2. tenorierten Gebot des Landgerichts inzwischen nachgekommen sei, ist unerheblich. Wird aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil, einem Arrestbefehl oder einer einstweiligen Verfügung vollstreckt, tritt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine Erfüllung im Sinn von § 362 Abs. 1 BGB und damit auch keine Erledigung ein. Dasselbe gilt für Leistungen, die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Titel erbracht werden. Die Leistung erfolgt in beiden Fällen unter dem Vorbehalt des Rechtskrafteintritts, sofern der Schuldner nicht ausdrücklich etwas Anderes bestimmt (vgl. nur BGH, NJW 2014, 2199 Rn. 8 mwN). Davon ist auch hier auszugehen.

IV. Der Verfügungsgrund wird nach § 12 Abs. 1 UWG für beide Anträge vermutet, deren Verfügungsansprüche jeweils im materiell-rechtlichen Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 UWG wurzeln. Umstände, durch die die Dringlichkeitsvermutung widerlegt wäre, sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat die Klägerin ihre Rechte nicht zögerlich verfolgt. Die Berufung wendet sich auch nicht gegen diese schon vom Landgericht getroffene Annahme.

V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Diese Entscheidung ist nach § 542 Abs. 2 ZPO nicht anfechtbar. Daher kann auch nicht dem Antrag der Berufung entsprochen werden, „gem. §§ 712 ZPO“, das angefochtene Urteil und das Berufungsurteil für nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Die Vorschrift in § 712 ZPO findet keine Anwendung auf Urteile, welche aufgrund ihrer generellen Unanfechtbarkeit mit ihrer Verkündung bzw. Zustellung rechtskräftig werden (vgl. BeckOK-ZPO/Ulrici, Stand März 2021, § 712 Rn. 1).