OLG Jena: Zu der Frage, wann der Screenshot / Bildschirmausdruck als Beweismittel (un)geeignet ist

veröffentlicht am 28. Mai 2019

OLG Jena, Urteil vom 28.11.2018, Az. 2 U 524/17
§ 3 UWG, § 3a UWG, § 5, § 5a UWG, § 8 Abs. 1 UWG, § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, § 312d Abs. 1 S. 1 BGB, § 312g Abs. 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 1 und 2 EGBGB, § 4 Abs. 1 EGBGB, Art. 14 Abs. 1 VO (EU) Nr. 524/2013 (ODR-VO)

Meine Zusammenfassung der Entscheidung finden Sie hier (OLG Jena: Zu der Frage, wann der Screenshot / Bildschirmausdruck als Beweismittel (un)geeignet ist). Den Volltext lesen Sie unten:


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Oberlandesgericht Jena

Urteil

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Gera vom 24.07.2017, Az. 11 HK O 134/16, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Gera ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Der Kläger macht gegenüber der Beklagten lauterkeitsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend. Der Kläger, ein in der Form des eingetragenen Vereins organisierter Interessenverband, nimmt nach seinem satzungsmäßigen Aufgabenbereich die Interessen seiner Mitglieder u.a. betreffend die Herstellung eines fairen Wettbewerbs wahr. Die Beklagte ist ein in Deutschland ansässiges Unternehmen, das u.a. Wandbilder über die Onlineplattform eBay vertreibt und insoweit ausschließlich nach Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Österreich und Belgien versendet.

Der Kläger mahnte im Mai 2016 die Beklagte wegen – im Einzelnen streitiger – Wettbewerbsverstöße betreffend das eBay-Inserat Nr. … der Beklagten, vom Kläger dargestellt als Screenshot Anlage K4 neu, ab und forderte sie zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf. Eine Unterlassungserklärung gab die Beklagte jedoch nicht ab, weshalb der Kläger vor dem Landgericht Gera eine einstweilige Verfügung vom 23.05.2016 gegen die Beklagte erwirkte (vgl. LG Gera, Az. 11 HK O 53/16). Eine Abschlusserklärung gab die Beklagte trotz Aufforderung durch den Kläger wiederum nicht ab.

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe in dem streitgegenständlichen eBay-Angebot eine Widerrufsbelehrung ohne Informationen über das Muster-Widerrufsformular gemäß dem amtlichen Muster, ohne Informationen über das Bestehen eines gesetzlichen Mängelgewährleistungsrechtes, ohne leicht zugänglichen Link zur OS-Plattform und mit einem widersprüchlichen Hinweis auf die Widerrufsfrist von einem Monat bzw. 14 Tagen eingestellt gehabt. Ferner sei dem Inserat nicht zu entnehmen, ob der Vertragstext nach dem Vertragsschluss von der Beklagten selbst gespeichert werde und ob sie selbst den Vertragstext den Kunden zugänglich mache.

Die Beklagte hat behauptet, der vom Kläger vorgelegte Screenshot zeige kein in Deutschland bzw. innerhalb der EU aufrufbares Angebot, wie sich aus dem aus dem Screenshot ersichtlichen Hinweis „möglicherweise kein Versand nach Kiribati“ ergebe. Das für Deutschland bzw. die EU bestimmte eBay-Angebot der Beklagten habe zum Zeitpunkt des Abrufs durch den Kläger alle erforderlichen Informationen enthalten. Bei dem vom Kläger vorgelegten Screenshot handele es sich um eine verkürzte, erheblich verstümmelte und nicht die Wirklichkeit wiedergebende Abbildung.

Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger nicht habe beweisen können, dass die Beklagte auf eBay so wie aus der Anlage K4 neu ersichtlich in der BRD bzw. EU aufgetreten ist und geworben hat. Der Zeuge S…, Mitarbeiter bei eBay, habe glaubhaft bekundet, dass der Versandhinweis „möglicherweise kein Versand nach Kiribati“ nur auf zwei Wegen zustande kommen könne. Entweder dadurch, dass das eBay-Angebot mit einer kiribatischen IP-Adresse, d.h. vom Inselstaat Kiribati aus aufgerufen worden sei, oder dadurch, dass bei der Suche das „Land“ von Deutschland auf Kiribati geändert worden sei. Insoweit habe die Zeugin B… zwar bekundet, das streitgegenständliche eBay-Angebot am 20.04.2016 von ihrem Büro in L… aus aufgerufen zu haben und dass der von ihr erstellte und vom Kläger als Anlage K4 neu vorgelegte Screenshot die damalige Gestaltung des Angebotes vollständig und zutreffend wiedergebe. Jedoch habe die Zeugin B… ebenso bekundet, das Inserat der Beklagten nicht unter Angabe von Kiribati als Lieferanschrift gesucht zu haben, sodass nach den überzeugenden Darlegungen des Zeugen S… nur noch der Aufruf des Angebots von Kiribati aus in Betracht käme. Da aber für Kiribati weder deutsches noch EU-Lauterkeitsrecht gelte, bestünden Zweifel daran, dass das für Deutschland oder die EU bestimmte Angebot der Beklagten tatsächlich, wie vom Kläger behauptet, über eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verfügte.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiter.

Der Kläger meint, das Landgericht sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass nicht bewiesen worden sei, dass das streitgegenständliche Angebot in Deutschland aufgerufen worden sei. Aber selbst für den Fall, dass das Angebot aus Kiribati aufgerufen worden sein sollte, sei gleichwohl deutsches oder EU-Wettbewerbsrecht anwendbar.

Der Kläger und Berufungskläger beantragt, das Urteil des LG Gera vom 24.07.2017 (Az. 11 HK O 134/16) aufzuheben und die Berufungsbeklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr mit dem Endverbraucher im Fernabsatz betreffend Dekorationsartikel Angebote zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten, bei denen eine Widerrufsbelehrung ohne Information über das Muster-Widerrufsformular gem. dem amtlichen Muster zur Verfügung gestellt wird, und/oder, ohne Informationen über das Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrechts für Waren zur Verfügung zu stellen, und/oder ohne auf der Webseite einen für Verbraucher leicht zugänglichen Link zur OS-Plattform einzustellen, und/oder bei denen über widersprüchliche Widerrufsfristen belehrt wird, und/oder im elektronischen Geschäftsverkehr betreffend Dekorationsartikel Angebote zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten, ohne den Kunden darüber zu informieren, ob der Vertragstext nach dem Vertragsschluss von dem Unternehmer selbst gespeichert wird und ob der Unternehmer selbst den Vertragstext dem Kunden zugänglich macht.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Der vom Kläger behauptete Wettbewerbsverstoß sei nicht bewiesen. Im Übrigen genügten weitere von ihr im Einzelnen benannte Umstände dazu, die behaupteten Verstöße durch den vorgelegten Screenshot nicht als bewiesen anzusehen.

Der Senat hat weiter Beweis erhoben durch Vernehmung des sachverständigen Zeugen S .

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 24.10.2018.

II.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. 3, 3a, 5, 5a UWG i.V.m. §§ 312d Abs. 1 S. 1, 312g Abs. 1 i.V.m. Art. 246a § 1 Abs. 1 und 2, § 4 Abs. 1 EGBGB i.V.m. Art. 14 Abs. 1 VO (EU) Nr. 524/2013 (ODR-VO) nicht zu. Einen entsprechenden, die Wiederholungsgefahr begründenden Verstoß der Beklagten hat der Kläger nicht zur Überzeugung des Senats beweisen können.

1.
Darlegungs- und beweisbelastet für den Verstoß ist der Kläger. Das eBay-Angebot der Beklagten, so wie es aus dem als Anlage K4 neu vorgelegten Screenshot ersichtlich ist, enthält zwar nicht die vom Kläger im Einzelnen angeführten, erforderlichen Angaben und sind die Anforderungen nach §§ 312d Abs. 1 S. 1, 312g Abs. 1 i.V.m. Art. 246a § 1 Abs. 1 und 2, § 4 Abs. 1 EGBGB i.V.m. Art. 14 Abs. 1 ODR-VO nicht gewahrt. Der vom Kläger als Anlage K4 neu vorgelegte Screenshot als Papierausdruck vermag den Senat jedoch nicht davon zu überzeugen, dass das streitgegenständliche ebay-Angebot der Beklagten zum maßgeblichen Zeitpunkt des behaupteten Abrufs den Inhalt hatte, wie er auf dem Screenshot dargestellt ist.

2.
Der Ausdruck eines Screenshots auf Papier ist, anders als ein als Bildschirmdatei übergebener Screenshot, kein elektronisches Dokument i.S.d. § 371 Abs. 1 S. 2 ZPO (so wohl OLG Koblenz, Urteil vom 02. Oktober 2014 – 6 U 1127/13, juris, Rz 21). Gleichwohl ist der Screenshot in Papierform in beweisrechtlicher Hinsicht keine Urkunde (OLG Hamburg MDR 1988, 684), sondern ein Augenscheinobjekt im Sinne von § 371 Abs. 1 S. 1 ZPO, allerdings in Form eines Augenscheinsurrogates (vgl. dazu Ahrens in: Wieczorek/Schütze Zivilprozessordnung, 4. Aufl., § 371 Rn. 16, zu Lichtbildern: aaO. Rn. 52 ff.). Seine Beweiskraft bemisst sich allein nach § 286 ZPO, soweit, wie im vorliegenden Falle, kein erhöhter Beweiswert aufgrund von qualifizierten Signaturen (vgl. §§ 371a, 371b ZPO) bzw. elektronischen Zeitstempeln (Art. 41 Abs. 2 eIDAS-VO) vorliegt. Die Beweiskraft des vorgelegten Screenshots unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung und damit einer umfassenden Würdigung der vorgetragenen Tatsachen, der vorgelegten und erhobenen Beweise und des gesamten Prozessstoffes. Danach vermag der vorgelegte Screenshot den erforderlichen Beweis für den Senat nicht zu erbringen.

Denn die Beklagte hat konkrete Tatsachen vorgetragen und bewiesen, welche dem Screenshot erkennbar anhaftende Verdachtsmomente betreffen, die Rückschlüsse darauf zulassen, dass der Screenshot die tatsächliche Gestaltung der Internetseite zum Abrufzeitpunkt nicht zutreffend wiedergibt. Dabei hat sich die Beklagte, was nicht ausreichend gewesen wäre, nicht lediglich allgemein und pauschal darauf berufen, dass Screenshots gefälscht werden können und dass Darstellungsdefizite allgemein durch die verwendete Hard- oder Software hervorgerufen sein können. Sie hat vielmehr konkrete Verdachtsmomente vorgetragen, die dem Screenshot erkennbar anhaften und die dessen Beweiskraft bei einer gebotenen Gesamtwürdigung nach § 286 ZPO erheblich erschüttern.

3.
Zwar ist es ohne Bedeutung, ob die durch den Screenshot abgebildete Internetseite tatsächlich in Deutschland oder innerhalb der EU abgerufen worden ist. Denn deutsches bzw. EU-Lauterkeitsrecht findet in jedem Falle Anwendung. Welches Recht bei grenzüberschreitenden Wettbewerbsverstößen anzuwenden ist, bestimmt sich für Sachverhalte nach dem 11.01.2009 nach Art. 6 Rom-II-VO. Art. 40-42 EGBGB sind insoweit lex posterior zur Rom-II-VO; die Rom-I-VO bezieht sich ausdrücklich nur auf vertragliche Schuldverhältnisse, die nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind.

Nach Art. 6 Abs. 1 Rom-II-VO ist auf außervertragliche Schuldverhältnisse, also auch auf solche, die sich aus unlauterem Wettbewerbsverhalten ergeben, das Recht des Staates anzuwenden, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind oder wahrscheinlich beeinträchtigt werden. Art. 6 Abs. 1 Rom-II-VO stellt insoweit auf das Marktortprinzip ab (MünchKommUWG/Mankowski, IntWettbR Rn. 133a). Relevanter Marktort, an dem die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind oder wahrscheinlich beeinträchtigt werden, ist hier das von der Beklagten selbst bestimmte Versandgebiet, also Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Österreich und Belgien. Aufgrund dieser Versandeingrenzung liegt der relevante Absatzmarkt nicht etwa in Kiribati, sondern innerhalb der EU, sodass selbst im Falle eines Aufrufs der Website aus Kiribati deutsches bzw. EU-Wettbewerbsrecht zur Anwendung kommt.

Der sachverständige Zeuge S… hat überdies erstinstanzlich und auch bei seiner Vernehmung durch den Senat bestätigt, dass beim Einstellen eines Angebots auf ebay.de, unabhängig vom Ort der Abfrage, immer die vom jeweiligen Verkäufer hinterlegten rechtlichen Belehrungen sowie die vom Verkäufer hinterlegten Widerrufsbelehrungen angezeigt werden. Der Ort des Abrufes spielt also auch unter diesem Gesichtspunkt keine entscheidende Rolle.

4.
Auf dem Screenshot findet sich an keiner Stelle eine Datumsangabe, erst recht nicht in Form eines zertifizierten Zeitstempels. Es kann dahinstehen, ob dieser Mangel am Screenshot durch die Aussage der Zeugin B… behoben wurde. Denn die Parteien haben letztlich im Senatstermin vom 24.10.2018 unstreitig gestellt, dass der Screenshot (Anlage K4 neu) von der Zeugin am 20.04.2016 erstellt worden ist und insoweit auf die nochmalige Vernehmung der Zeugin durch den Senat verzichtet.

5.
Die Beklagte hat aber weitere konkrete Auffälligkeiten des Screenshots vorgetragen, die der Zeuge S… überzeugend und glaubhaft als nicht nachvollziehbar bestätigt hat. Im Einzelnen:

a)
Der Screenshot beinhaltet den Hinweis „möglicherweise kein Versand nach Kiribati“. Nach der glaubhaften Aussage des sachverständigen Zeugen S… ist dies entweder darauf zurückzuführen, dass die Seite von Kiribati aus aufgerufen wurde oder dass die Seite von Deutschland aus aufgerufen wurde, zuvor aber nach (einem Versand nach) Kiribati gesucht worden war. Da die erstere Möglichkeit zur Überzeugung des Senats auch im Lichte der Aussage der Zeugin B… nicht in Betracht kommt, verbleibt nur die – auch nicht völlig fernliegende – Möglichkeit einer Suche vom selben PC unter Verwendung dieser Sucheinstellung. Dass die Bemerkung „möglicherweise kein Versand nach Kiribati“ auf dem Screenshot erscheint ist deshalb nach der Aussage des sachverständigen Zeugen Beleg dafür, dass der Cache (Puffer-Speicher) nicht geleert war. Denn der Hinweis würde bei geleertem Cache und Verwendung des aktuellsten Browsersystems nicht erscheinen. Ist aber dadurch zur Überzeugung des Senats belegt, dass im Cache (veraltete) Daten hinterlegt waren, so schwächt dies den Beweiswert des vorgelegten Screenshots ganz erheblich.

b)
Der Screenshot weist aus, dass der Kasten „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ unvollständig abgebildet ist. Der sachverständige Zeuge S… hat glaubhaft bekundet, dass es äußerst ungewöhnlich ist, dass in dem für die rechtlichen Informationen des Verkäufers vorgesehenen Kästchen noch sehr viel Platz vorhanden ist, der leer geblieben ist. Er hat bekundet, dass er diese Kästchen lediglich so kenne, dass sie unten, also nach der letzten Textzeile, bündig abschließen. Dies kann nach der überzeugenden Aussage des Zeugen – im Wege eines Rückschlusses – dafür sprechen, dass nicht alles, was in den Kästchen stand, auch auf dem Screenshot vorhanden ist.

Zwar hat der Zeuge ebenfalls ausgesagt, dass der freie Platz im Kästchen auch dadurch zu Stande gekommen sein kann, dass beim Eingeben des Textes mehrfach die Absatztaste (versehentlich) gedrückt worden ist. Der Zeuge hat aber insoweit auch auf die Überprüfungsmöglichkeiten durch den Verkäufer hingewiesen. Im Ergebnis ist der Senat nicht davon überzeugt, dass die Leerstellen allein durch Betätigen der Absatztaste entstanden sind. Die ungewöhnliche Auffälligkeit des Screenshots schwächt daher ebenfalls dessen Beweiswert.

c)
Der am Ende des Screenshots aufgeführte, durch Überfahren des Punktes „Fragen stellen an den Verkäufer“ entstehende Link zur „contact.ebay.de“-URL passt nicht zu dem streitgegenständlichen eBay-Angebot der Beklagten. Dies hat der sachverständige Zeuge S… glaubhaft bekundet und durch eigene Erkundigungen in Bezug auf die hinterlegten Verkäufernamen ermittelt. Der Mitgliedsname der Beklagten lautete zu keinem Zeitpunkt so wie der auf dem Link erscheinende Verkäufername. Zwar hat der Zeuge auch bekundet, dass die aufscheinende Artikelnummer im Link zutreffend war, jedoch war der Verkäufername unzutreffend. Auch wenn der Zeuge es sich technisch nicht erklären konnte, wie dieser isolierte Fehler in Bezug auf den Verkäufernamen entstehen konnte, so schwächt er jedenfalls den Beweiswert des vorgelegten Screenshots.

d)
Die Beklagte kann sich allerdings nicht auf die fehlende Information über die letzte Änderung des Angebotes sowie einen fehlenden Link auf die Änderungshistorie berufen. Denn der sachverständige Zeuge S… hat insoweit glaubhaft bekundet, dass nach seinen Recherchen das Angebot erstmals am 21.03.2016 eingestellt worden ist und es bis zur – mittlerweile unstreitigen – Erstellung des Screenshots am 20.04.2016 noch keine Änderungen gegeben habe, so dass aus diesem Grunde kein Link auf eine Änderungshistorie erscheinen konnte und musste.

e)
Der Senat hat bei der Beweiswürdigung auch berücksichtigt, dass nach der vom sachverständigen Zeugen S… offen gelegten Änderungshistorie Änderungen bei den rechtlichen Informationen am 26.4.2016 und nochmals am 11.05.2016 feststellbar waren. Diese Änderungen erfolgten also in engem zeitlichen Zusammenhang zu den Abmahnungen des Klägers. Auch wenn deshalb die Möglichkeit besteht, dass die Beklagte ihre rechtlichen Informationen nach den Abmahnungen geändert hat, so bleibt es für den Senat bei einer Gesamtwürdigung (§ 286 ZPO) dabei, dass jedenfalls der allein zum Beweis vorgelegte Screenshot nicht belegt, dass er den Inhalt der Internetseite bzw. des ebay-Angebots der Beklagten zuverlässig zeigt. Die erheblichen, verbleibenden Zweifel gehen zu Lasten des beweisbelasteten Klägers. Denn der Beweisführer, hier also der Kläger, trägt auch die Beweislast für Hilfstatsachen wie die Echtheit und Unverfälschtheit des Augenscheinsobjekts (vgl. allgemein: MüKoZPO/Zimmermann ZPO § 371 Rn. 5), hier also des Screenshots als Ausgenscheinssurrogats.

5.
Die als Anlage K 21 vorgelegte eidesstattliche Versicherung der Frau L… ist zu den beweiserheblichen Aspekten unergiebig, da darin lediglich bekundet wird, dass am 20.04.2016 aufgrund einer Beschwerde eines Mitglieds des Klägers von der unternehmerischen Tätigkeit der Beklagten Kenntnis genommen und diese abgemahnt worden sei. Zu den Hintergründen der Abmahnung, insbesondere zu den vermeintlichen Wettbewerbsverstößen wird nichts dargelegt.

6.
Der Umstand, dass die Beklagte eine einstweilige Beschlussverfügung gegen sich ergehen ließ, ändert ebenfalls nichts am Ergebnis der Beweiswürdigung. Die Gründe, die die Beklagte dazu bewogen haben, die einstweilige Verfügung des Landgerichts (zunächst) nicht anzugreifen, können nicht ergründet werden. Jedenfalls ist ein Anerkenntnis in Bezug auf den Wettbewerbsverstoß darin nicht zu sehen, zumal ein Widerspruch gegen die Beschlussentscheidung grundsätzlich unbefristet möglich wäre und die Beklagte die Abschlusserklärung nach entsprechender Aufforderung gerade nicht abgegeben hat.

7.
Daher war die Berufung mit der sich aus § 97 Absatz 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, Nr. 8 EGZPO. Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) ist nicht gegeben. Der Rechtsstreit betrifft die Beweiswürdigung in einem Einzelfall auf der Grundlage anerkannter Rechtsgrundsätze. Auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts machen eine Befassung des Revisionsgerichtes nicht erforderlich.

Der Volltext der Entscheidung stammt vom Projekt openjur.de (https://openjur.de/u/2172582.html (http://oj.is/2172582)