LG Coburg: Die Fundstellenangabe eines Testurteils muss lesbar sein

veröffentlicht am 14. November 2018

LG Coburg, Urteil vom 26.07.2018, Az. 1 HK O 6/18
§ 3 Abs. 2 UWG, § 5 a Abs. 2 UWG, § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, § 12 Abs. 1 S. 2 UWG; § 4 Abs. 4 HWG

Die Entscheidung des LG Coburg haben wir hier besprochen (LG Coburg – Werbung mit Testurteil), den Volltext finden Sie nachfolgend:


Tücken bei Werbung mit Testurteilen

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Landgericht Coburg

Urteil

1.
Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber dem Verbraucher für Geräte der Unterhaltungselektronik mit der Wiedergabe von Testurteilen zu werben und hierbei die Fundstelle der Veröffentlichung dem Verbraucher vorzuenthalten,

 
wenn dies geschieht wie in der … auf Seite 1, Anlage K 3.
 
2.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 178,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.03.2018 zu zahlen.

 
3.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 
4.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000,00 € vorläufig vollstreckbar.


Tatbestand

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung darauf gehört, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden. Der Beklagte betreibt einen Einzelhandel im Bereich der Unterhaltungselektronik in …. Er ist Partner der … und betreibt zu seinem Fachgeschäft auch einen online-shop. Der Beklagte warb in der Zeitung … vom … insbesondere für einen „Premium Bluetooth drahtloser Lautsprecher“ mit der Wiedergabe von Testurteilen. So mit einem Testurteil der Zeitschrift „Video“ (Testurteil: überragend). Hinsichtlich der Einzelheiten der Werbung wird auf die vorgelegte Original-Anlage K3 Bezug genommen.

Der Kläger mahnte den Beklagten mit Schreiben vom 18. Januar 2018 wegen Vorenthaltung der Fundstelle des Testurteils in der Zeitschrift „Video“ ab (Anlage K4). Dieser gab in der Folgezeit die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht ab.

Die Klägerin trägt vor, dass ihr eine erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden angehören, die Waren gleicher oder verwandter Art wie diejenigen des Beklagten vertreiben. Diese würden mit dem Beklagten auf „demselben Markt“ konkurrieren. Die Klägerin sei nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Aufstellung in der Lage, ihre satzungsgemäßen Aufgaben tatsächlich wahrzunehmen.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Beklagte mit der streitgegenständlichen Werbung unlauter gehandelt habe, da die Fundstelle des Testergebnisses nicht lesbar gewesen sei. Es sei jedenfalls bei Angaben von Testfundstellen die Verwendung einer Schriftgröße 6 -Didot Punkt erforderlich.

Die Klägerin begehrt Unterlassung und Ersatz von Aufwendungen und beantragt:

1.1.
Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber dem Verbraucher für Geräte der Unterhaltungselektronik mit der Wiedergabe von Testurteilen zu werben und hierbei die Fundstelle der Veröffentlichung dem Verbraucher vorzuenthalten,
 
wenn dies geschieht wie in der … vom … auf Seite 1, Anlage K 3.

2.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 178,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
 
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte macht geltend, dass in der von der Klägerin monierten Werbung die Wiedergabe der Fundstelle von einem durchschnittlichen Leser wahrgenommen und eindeutig entziffert werden könne. Auch auf einem ihm übersandten Korrekturabzug (PDF-Datei) sei die Fundstelle eindeutig und ohne weiteres lesbar gewesen. Im Übrigen sei das Inserat auch unter Angabe eines Testurteils in einer zweiten Testzeitschrift geschaltet gewesen, bei dem eine lesbare Fundstellenangabe erfolgt sei. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass ein Kaufinteressent sich bei seiner Entscheidung von dem monierten Testurteil leiten lasse. Für die Entscheidung des Kaufinteressenten sei das Preis-Leistungs-Verhältnis des beworbenen Produktes ausschlaggebend. Es habe auch für den Beklagten keine Möglichkeit bestanden, an dem Logo der Testzeitschrift „Video“ mit der entsprechenden Fundstellenangabe etwas zu verändern.

Hinsichtlich des übrigen Parteivortrages wird auf alle gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.
 
A)
Zulässigkeit

Der Kläger ist klagebefugt gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.

Klagebefugt ist jeder rechtsfähige Verband zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, wenn sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Aufstellung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen und soweit die Zuwiderhandlungen die Interessen ihrer Mitglieder berühren.

Diese Voraussetzungen liegen vor.

a)
Unstrittig handelt es sich bei dem Kläger um einen eingetragenen Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört.

b)
Dem Kläger gehört auch eine erhebliche Zahl von Unternehmen an, die Waren gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben.

Erheblich im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ist die Zahl der Mitglieder des Verbandes auf dem einschlägigen Markt dann, wenn diese Mitglieder als Unternehmen – bezogen auf den maßgeblichen Markt – in der Weise repräsentiv sind, dass ein missbräuchliches Vorgehen des Verbandes ausgeschlossen werden kann (std. Rspr. vgl. BGH NJW 2009, 1886-1887). Es kann dabei genügen, dass Mitbewerber den Verband nicht unmittelbar angehören. Auch eine mittelbare Zugehörigkeit zum Verband evtl. durch Mitgliedschaft in verbandsangehörigen Spitzenverbänden oder Fachverbänden kann genügen.

Bei der Abgrenzung des räumlich maßgeblichen Marktes ist dabei von der Geschäftstätigkeit des werbenden Unternehmens auszugehen. Es ist zu fragen, ob die Werbemaßnahme sich zumindest auch auf den potentiellen Kundenkreis der Mitgliedsunternehmen auswirken kann. Dabei genügt es, dass eine gewisse – sei es auch nur geringe – Wahrscheinlichkeit einer nicht gänzlich unbedeutenden potentiellen Beeinträchtigung besteht. Bei einer Werbung in einer Zeitung ist der räumlich relevante Markt auf das Verbreitungsgebiet der Zeitung beschränkt. Beim stationären Vertrieb einer Ware oder Dienstleistung stellt dieses Verbreitungsgebiet des Werbemediums die äußerste Grenze des räumlichen Marktes dar (Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl. Rn. 3.43 zu § 8).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze gilt hier folgendes:

Wenn man allein auf den stationären Vertrieb des Beklagten abstellt, würde sich der relevante räumliche Markt mit dem Verbreitungsgebiet der … decken und jedenfalls nicht wesentlich über den Raum … und Umgebung hinausreichen. Allerdings vertreibt der Beklagte unstrittig auch Waren im Wege des Internet-Handels. Aber selbst wenn man allein auf das Verbreitungsgebiet der … abstellen würde, sind eine erhebliche Anzahl von Mitgliedsunternehmen des Klägers festzustellen, die auf dem gleichen örtlichen Markt tätig sind. Der Kläger hat hier u.a. auf die Mitgliedschaft von … genommen, die zumindest auch im Bereich Unterhaltungselektronik tätig sind. Bereits diese sechs gewichtigen Mitglieder begründen die Klagebefugnis des Klägers. Es kann auch kein Zweifel daran bestehen, dass unter Berücksichtigung der gegebenen Filialen und des hier gegebenen Versandhandels ein Wettbewerb zwischen den genannten Gewerbetreibenden und dem Beklagten besteht.

c)
Der Kläger ist nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Aufstellung in der Lage, seine satzungsgemäßen Aufgaben tatsächlich wahrzunehmen. Angesichts der umfangreichen gerichtsbekannten Tätigkeit des Klägers besteht schon eine tatsächliche Vermutung für die hinreichende Ausstattung des Klägers (vgl. Köhler/Bornkamm a.a.O., Rz 3.49 zu § 8). Gegenteiliges ist nicht vorgetragen.

 
B)
Begründetheit

 
1.
Unterlassungsanspruch

Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach §§ 5 a Abs. 2, 3 Abs. 2, 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG zu.
 
a)
Der Kläger ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktivlegitimiert.

Es kann dabei auf obige Ausführungen zu Klagebefugnis Bezug genommen werden.
 
b)
Geschäftliche Handlung

Der Beklagte hat dadurch, dass er in der Zeitschrift, … vom … für einen von ihm vertriebenen Bluetooth Lautsprecher mit der Wiedergabe eines Qualitätsurteils der Zeitschrift „Video“ geworben hat, eine geschäftliche Handlung im Sinne von §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 2, 2 Abs. 2 Nr. 1 UWG vorgenommen.
 
c)
Unlauterkeit

Nach §§ 5 a Abs. 2, 3 Abs. 2 UWG ist es als unlauter anzusehen, wenn Testergebnisse zur Werbung für ein Produkt verwendet werden und der Verbraucher nicht leicht und eindeutig darauf hingewiesen wird, wo er nähere Angaben zu dem Test erhalten kann. Erforderlich ist insoweit, dass die in der Werbung aufgenommenen Angaben über Testurteile leicht und eindeutig nachprüfbar sind. Dies setzt nicht nur voraus, dass überhaupt eine Fundstelle für den Test angegeben wird, sondern auch, dass diese Angabe für den Verbraucher aufgrund der Gestaltung der Werbung leicht auffindbar ist (vgl. BGH GRUR 2010, 248). Eine leichte Auffindbarkeit in diesem Sinne bedingt, dass die Fundstelle ausreichend deutlich lesbar ist (OLG Bamberg, Beschluss vom 19. März 2013 – 3 U 23/13; Juris m.w.N.; OLG Oldenburg, Urteil vom 31. Juli 2015 – 6 U 64/15; Juris).

Auf die Anforderung an die Lesbarkeit lassen sich die Grundsätze übertragen, die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der früheren Fassung des § 4 Abs. 4 HWG aufgestellt worden sind, wonach die Pflichtangaben „erkennbar“ zu sein hatten. Dies bedeutet in der Auslegung des Bundesgerichtshofes Lesbarkeit für den normalsichtigen Betrachter ohne besondere Konzentration und Anstrengung. Diese Voraussetzung hat Bundesgerichtshof im Regelfall nur bei Verwendung einer Schrift als erfüllt angesehen, deren Größe 6-Didot-Punkte nicht unterschreitet, wenn nicht besondere, die Deutlichkeit des Schriftbildes in seiner Gesamtheit fördernde Umstände die tatrichterliche Würdigung rechtfertigen, dass auch eine jene Grenze unterschreitende Schrift ausnahmsweise noch ohne besondere Konzentration und Anstrengung lesbar ist.

Diesen Anforderungen wird die streitgegenständliche Fundstellenangabe nicht gerecht. Die Fundstellenangabe ist nahezu unleserlich. Sie ist jedenfalls in einem deutlich unter 6-Didot-Punkt liegenden Schriftgrad gehalten.

Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass der „Korrekturabzug“ lesbar gewesen sei. Es ist nicht ersichtlich, dass die dortige Größe der Fundstellenangabe eine andere gewesen ist als eine solche, die in der Werbung letztendlich verwendet worden ist. Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass es ihm nicht möglich gewesen sei, den Inhalt der Werbung abzuändern. Für einen solchen Fall hat der Beklagte auf die Werbung zu verzichten. Geschäftliche Relevanz ist ebenfalls gegeben. Es ergibt sich ohne Weiteres aus der Verletzung des Gebotes der fachlichen Sorgfalt, weil die Fundstelle nicht lesbar ist und dem Verbraucher deshalb nicht die Möglichkeit der Kenntnisnahme von dem Test eröffnet ist. Das beeinträchtigt die Möglichkeit des Verbrauchers, die testbezogene Werbung zu prüfen, wodurch seine Fähigkeit, eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, spürbar beeinträchtigt wird (vgl. OLG Oldenburg a.a.O.; OLG Brandenburg MD 2013, 709). Selbstverständlich sind dabei zu allen genannten Testergebissen die Fundstellen in lesbarer Form in die Werbung aufzunehmen.
 
2.
Aufwendungsersatz

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG zu.

Auf Grundlage obiger Ausführungen ergibt sich, dass die Abmahnung berechtigt ausgesprochen worden ist. Unter Berücksichtigung der von dem Kläger vorgetragenen Kostenparameter schätzt die Kammer die Höhe der erforderlichen Abmahnkosten auf 178,50 €. Substantiierte Einwendungen gegen den Vortrag des Klägers zur Höhe der Abmahnkosten finden sich nicht.

Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 288 Abs. 1 Satz 2, 291 BGB.
 
C)
Nebenentscheidungen

Die Entscheidung zu den Kosten und zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihrevRechtsgrundlage in §§ 91, 709 ZPO.