LG Bonn: Ein veralteter Branchenbucheintrag kann wettbewerbswidrig sein

veröffentlicht am 23. August 2016

LG Bonn, Urteil vom 01.06.2016, Az. 1 O 354/15
§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG, § 5 UWG

Die Entscheidung des LG Bonn haben wir hier für Sie zusammengefasst (LG Bonn – Falscher Brancheneintrag) und im Folgenden im Volltext wiedergegeben:


Wird Ihnen vorgeworfen, sich im Wettbewerb falsch darzustellen?

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Landgericht Bonn

Urteil

1.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.10.2015 zu zahlen.

2.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Beklagte war von 1986 bis Ende 2005 in der Architektenliste der Architektenkammer als Architekt eingetragen. Am 23.11.2005 wurde er aus der Architektenliste gelöscht, weil er zuvor eine Privatinsolvenz anmelden musste. Bis heute ist der Beklagte nicht wieder in der Architektenliste eingetragen. Er tritt als „Dipl.-Ing. Y für das „Planungsbüro Y seiner Ehefrau auf.

Am 19.09.2007 verpflichtete sich der Beklagte durch schriftlichen Vergleich vor der Einigungsstelle der IHK gegenüber der Klägerin, es zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd die Bezeichnung „Architekt“ zu verwenden, wenn kein Eintrag in der Architektenliste bei der zuständigen Architektenkammer vorliegt. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung verpflichtete er sich, der Klägerin eine Vertragsstrafe in Höhe von 2.000 € zu zahlen.

Eine weitere schriftliche Unterlassungserklärung gab der Beklagte am 13.03.2012 gegenüber der Klägerin ab. In dieser verpflichtete er sich u.a. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung „Architekturbüro“ zu verwenden. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung sollte eine Vertragsstrafe in Höhe von 4.000 € fällig werden.

Am 05.06.2013 schloss der Beklagte mit der Klägerin vor der 5. Kammer für Handelssachen einen Prozessvergleich und verpflichtete sich, alles in seinen Möglichkeiten stehende zu unternehmen, um auf der Homepage www.architekt-Y.de und architekt-Y@B.de nicht weiter als derjenige in Erscheinung zu treten, der für diese Homepage verantwortlich zeichnet.

Die Klägerin stellte am 16.04.2015 fest, dass der Beklagte auf der Internetseite N-su.branchen-info.net als „Dipl.-Ing. y Architekt N“ und auf der Seite www.branchenbuch##.com als „y Architekt“ aufgeführt ist. Zudem ergab eine Sichtung der Seite www.Y2.com durch die Klägerin, dass der Beklagte dort als „y Architekt“ bezeichnet wird.

Darüber hinaus stellte die Klägerin am 16.04.2015 fest, dass der Beklagte auf der Internetseite www.stadbranchenbuch-N.de als „y Architektur N“ und auf der Seite www.firmenwissen.de mit dem Hinweis „y Architekturbüro“, sowie auf den Seiten www.branchenverz.org. und immobilienT##.de mit dem Hinweis „y Planungsbüro für Architektur in N“ bezeichnet wird.

Mit Schreiben vom 23.04.2015 forderte die Klägerin den Beklagten unter Fristsetzung erfolglos auf, eine Vertragsstrafe in Höhe von 6.000 € zu zahlen.

Weitere Recherchen der Klägerin am 18.08.2015, 24.08.2015 und 15.09.2015 ergaben, dass der Beklagte auf den Seiten N-su.branchen-info.net, www.J.com, www.-D.de und www.Y2.com weiterhin mit dem Hinweis „Architekt“ angegeben wird.

Die streitgegenständlichen Eintragungen beruhen auf ursprünglich korrekten Registereinträgen des Beklagten als Architekt. Der Name des Beklagten ist weiterhin unter der Rubrik „Architektur“ als automatischer Basiseintrag  auf diversen Internetseiten, u.a. den Gelben Seiten, gespeichert. Auf diese Daten greifen die o. g. Branchendienste und Suchportale zu und füllen damit ihre Datenbanken, ohne dass der Beklagte dies selbst veranlasst hat. Die Suchportale und Firmenregister arbeiten hierbei vernetzt und automatisiert und zudem auch mit falschen und/oder überholten Daten, die der Beklagte aber korrigieren kann, wenn er Kenntnis davon hat.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Beklagte verpflichtet sei, auch bei nicht unmittelbar selbst veranlassten Einträgen die Löschung zu betreiben; aufgrund der früher von ihm veranlassten Einträge in Telefonbüchern etc. müsse er damit rechnen, dass Branchendienste und Suchportale auf diese Daten zurückgreifen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 6.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass er nicht gegen die Unterlassungserklärungen verstoße, da er weder im „Wettbewerb handelnd die Bezeichnung „Architekt“ noch „im geschäftlichen Verkehr“ die Bezeichnung „Architekturbüro“ verwende. Der Beklagte behauptet, dass er sich nach Bekanntwerden der Einträge um deren Löschung bemüht habe. Der Beklagte behauptet ferner, der Eintrag bei „Y2“ sei ohne seinen Auftrag von einem angestellten Mediengestalter des Planungsbüros y vorgenommen worden. Im Übrigen ist er der Ansicht, dass die Mitgliedschaft in einem sozialen Netzwerk kein Tätigwerden am Markt und die bloße Nennung des Begriffs Architekt kein „Handeln im Wettbewerb“ darstelle.

Der Beklagte erklärt die Kündigung der Unterlassungserklärung vom 13.03.2012. Er ist der Ansicht, die Verwendung der Bezeichnung „Dipl.-Ing. (TU) für Architektur und Stadtbau“ stelle keine Anmaßung der Berufsbezeichnung „Architekt“ dar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 6.000 € aus § 339 Satz 2 BGB i. V. m. den strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärungen vom 19.09.2007 und 13.03.2012 zu.

Der Beklagte hat zunächst die Vertragsstrafe gemäß der Unterlassungserklärung vom 19.09.2007 in Höhe von 2.000 € verwirkt.

Die Internetrecherche seitens der Klägerin hat ergeben, dass der Beklagte auf den Internetseiten N-su.branchen-info.net und www.branchenbuch##.com sowie www.Y2.com weiterhin als Architekt aufgeführt wird, obwohl es ihm aufgrund der Unterlassungserklärung von 19.09.2007 untersagt war, im Wettbewerb handelnd die Bezeichnung „Architekt“ zu verwenden.

Die Bejahung eines Verstoßes gegen die Unterlassungspflicht widerspricht entgegen der Ansicht des Beklagten nicht dem Wortlaut des Vertragsstrafeversprechens. Die Auslegung eines Unterlassungsvertrages richtet sich nach den allgemeinen, für die Vertragsauslegung geltenden Grundsätzen. Maßgeblich ist somit in erster Linie der gewählte Wortlaut und der diesem zu entnehmende objektive Parteiwille (vgl. BGH Urteil vom 13.11.2013 – I ZR 77/12GRUR 2014, 595 f, mwN). Nach dem Sinn und Zweck der Unterlassungserklärung ist in Anlehnung an § 5 UWG davon auszugehen, dass die Parteien verhindern wollten, dass der Beklagte durch die weitere Verwendung des Begriffs „Architekt“ eine irreführende geschäftliche Bezeichnung verwendet, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen. Der Passus „im Wettbewerb handelnd“ ist mit dem in § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG genannten Begriff der „geschäftlichen Handlung“ vergleichbar. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Parteien mit der Unterlassungserklärung eine geringere Verpflichtung des Beklagten annehmen wollten, als es ihm nach dem UWG auferlegt wird. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist eine „geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Dadurch, dass auf den streitgegenständlichen Seiten der Begriff „Architekt“ im Zusammenhang mit dem Namen des Beklagten und seiner Anschrift aufgeführt ist, wird suggeriert, dass der Beklagte als Architekt weiterhin tätig ist, mithin noch im Wettbewerb handelt. Dies gilt auch für das soziale Netzwerk Y2, in denen Mitglieder neben ihren privaten gerade auch ihre beruflichen Kontakte verwalten.

Dass die streitgegenständlichen Einträge letztlich auf den ursprünglich zutreffenden Registereinträgen des Beklagten als Architekt beruhen und er die jetzt noch vorhandenen und sich verbreitenden Einträge selbst nicht mehr unmittelbar veranlasst hat, steht einer Zahlungspflicht aus der Unterlassungserklärung nicht entgegen. Der Beklagte ist aufgrund der Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 19.09.2007 vielmehr verpflichtet, die Löschung der streitgegenständlichen Einträge der Branchendienste und Suchportale zu veranlassen. Der Schuldner eines Unterlassungsanspruchs muss nicht nur alles unterlassen, was zu einer Verletzung führen kann, sondern auch alles tun, was im konkreten Fall erforderlich und zumutbar ist, um künftige andauernde Verletzungen zu verhindern oder rückgängig zu machen. Zwar hat er für das selbstständige Handeln Dritter grundsätzlich nicht einzustehen. Er ist jedoch gehalten, auf Dritte, deren Handeln ihm wirtschaftlich zugutekommt, einzuwirken, wenn er mit einem Verstoß ernstlich rechnen muss und zudem rechtliche und tatsächliche Einwirkungsmöglichkeiten auf das Verhalten des Dritten hat. Insoweit kann sich der Schuldner nicht darauf berufen dass der Verstoß ohne sein Zutun erfolgt ist (BGH Urteil vom 13.11.2013 – I ZR 77/12GRUR 2014, 595 f, mwN.)

Der Beklagte musste nach der Löschung aus der Architektenliste damit rechnen, dass die Einträge im Internet nach wie vor bestehen, sich ggf. verbreiten und ihm wirtschaftlich zugutekommen. Folglich war er aufgrund der von ihm übernommenen Unterlassungsverpflichtung gehalten, unverzüglich eigene Recherchen über die weitere Verwendung der ihm untersagten Begriffe durchzuführen. Hierbei kann der Beklagte zwar nicht dazu verpflichtet werden, unbegrenzt das Internet auf entsprechende Einträge hin zu durchsuchen. Zur erforderlichen Sorgfalt gehört jedoch ein regelmäßiges Durchsuchen des Internets auf noch vorhandene Einträge, vor allem dann, wenn er durch die Klägerin darauf hingewiesen wird.

Darüber hinaus war der Beklagte hier verpflichtet jedenfalls die Betreiber der gängigsten Dienste wie Branchenbuch ## zu veranlassen, die Berufsbezeichnung Architekt zu entfernen. Der Beklagte hat vorliegend lediglich vorgetragen, dass er sich nach Bekanntwerden der Einträge sofort gekümmert und alles ihm Mögliche zur Bereinigung veranlasst hat. Das Gericht ist sich hierbei dessen bewusst, dass bei Einträgen im Netz zum einen die Schwierigkeit besteht, den Urheber der Einträge ausfindig zu machen und zum anderen, aufgrund der globalen Natur des Internets, zeitnah eine Löschung eines Eintrags zu bewirken. Dennoch kann es dem Beklagten zugemutet werden beim Auffinden eines Eintrags konkrete Löschungsbemühungen anzustellen. So ist beispielsweise ein Löschungsantrag auf der jeweiligen Homepage, soweit vorhanden, auszufüllen und abzusenden. Ansonsten ist – vor allem bei ausländischen Betreibern – ein Gesuch zur Löschung über den Postweg oder zumindest per Email zu senden. Der Beklagte hat hier in keiner Weise dargelegt, wie seine konkreten Bemühungen ausgesehen haben, die Einträge zu löschen bzw. löschen zu lassen. Etwaige Löschungsanfragen per Brief oder Email hat er nicht dargetan.

Die dargelegten Grundsätze gelten auch hinsichtlich des Eintrages als Architekt auf der Internetseite www.Y2.com. Hierbei kann nach Auffassung der Kammer dahinstehen, ob der Beklagte für die Eintragung selbst verantwortlich war oder ein Mitarbeiter die Angaben ohne Auftrag des Beklagten vorgenommen hat. Spätestens nach dem Schreiben der Klägerin vom 23.04.2015, in welchem sie explizit auf den Eintrag hinwies, war er nach den oben genannten Grundsätzen gehalten, den Eintrag zu löschen.

Der Beklagte hat zudem die weitere Vertragsstrafe gemäß der Unterlassungserklärung 13.03.2012 in Höhe von 4.000 € verwirkt.

Hierbei kann dahinstehen, ob der Beklagte die Unterlassungserklärung wirksam gekündigt hat, da eine etwaige Kündigung das Vertragsverhältnis nur ex nunc beendet hätte. Die Klage stützt sich jedoch auf Handlungen, die vor der im Zuge der Klageerwiderung ausgesprochenen Kündigung liegen; das Vertragsversprechen würde daher für eine Verpflichtung des Beklagten als Rechtsgrund fortbestehen.

Dem Beklagten war es auf Grund der Unterlassungsverpflichtung vom 13.03.2012 verwehrt, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung „Architekturbüro“ zu verwenden. Infolgedessen stellt es einen schuldhaften Verstoß gegen die Unterlassungserklärung dar, wenn der Beklagte auf der Internetseite www.stadbranchenbuch-N.de mit dem Begriff „Architektur“ und auf der Seite www.firmenwissen.de mit dem Hinweis „Architekturbüro“, sowie auf den Seiten www.branchenverz.org. und immobilienT##.de mit dem Hinweis „Planungsbüro für Architektur in N“ aufgeführt wird.

Die Formulierung „im geschäftlichen Verkehr verwenden“ ist hier ebenfalls in Anlehnung an den Begriff der „geschäftlichen Handlung“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bzw. § 5 UWG auszulegen. Entsprechend den obigen Ausführungen sollte nach dem Sinn und Zweck der Verpflichtungserklärung gerade vermieden werden, dass der nicht mehr in der Architektenliste eingetragene Beklagte weiterhin suggeriert, ein Architekturbüro als eingetragener Architekt zu führen. Der Hinweis „Architekturbüro“ lässt aber gerade nach der allgemeinen Verkehrsanschauung die Leistung eines in der Architektenliste eingetragenen Architekten erwarten.

Gleiches gilt für die Bezeichnung „Architektur“ und „Planungsbüro für Architektur“. Zwar ist es nach der Rechtsprechung des OLG Hamm (4 U 140/03 = IBR 2005, 211)   nicht als irreführend anzusehen, wenn ein Dipl.-Ing., der nicht Mitglied der Architektenkammer ist, auf seinem Briefkopf die Bezeichnung „Diplom-Ingenieur (TU) für Architektur“ verwendet. Der Beklagte war auf den entsprechenden Seiten jedoch im Zusammenhang mit den Begriffen „Architektur“ und „Planungsbüro für Architektur“ aufgeführt. Im Unterschied zur zitierten Entscheidung des OLG Hamm wird der Begriff „Architekt“ auf den streitgegenständlichen Seiten daher isoliert verwendet und es wird nicht ausdrücklich klargestellt, dass es sich bei dem Betroffenen „lediglich“ um einen Ingenieur und nicht um einen eingetragenen Architekten handelt.

Der Beklagte war nach den oben genannten Grundsätzen auch gehalten, Löschungsbemühungen anzustellen. Konkrete Bemühungen hat der Beklagte auch hier nicht vorgewiesen.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 2 ZPO.