LG Arnsberg: Eine Produktabbildung muss mit dem Lieferumfang übereinstimmen

veröffentlicht am 28. September 2015

LG Arnsberg, Urteil vom 16.07.2015, Az. 8 O 47/15
§ 8 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 1 UWG, § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG, § 3 Abs. 1 UWG, § 5 Abs. 1 UWG

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Landgericht Arnsberg

Urteil

Die einstweilige Verfügung der Kammer gemäß Beschluss vom 07.04.2015 bleibt aufrechterhalten.

Die Verfügungsbeklagte trägt die weiteren Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) macht gegen die Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagte) im Wege der einstweiligen Verfügung einen Unterlassungsanspruch geltend.

Sie hält es für wettbewerbswidrig, dass die Beklagte über die Internetplattform „E.de“ und insbesondere über die Verkaufsplattform „F.“ Sonnenschirme und das entsprechende Zubehör in verschiedenen Variationen an Verbraucher verkauft, ohne im unmittelbaren Zusammenhang mit diesem Angebot und mit dem diesem Angebot beigefügten Bild des Sonnenschirms – wegen des Aussehens der Werbeanzeige wird insbesondere auf den zur Akte gereichten Ausdruck gemäß Seiten 2 – 4 der Antragsschrift (Bl. 2 – 4 d. A.) verwiesen – darauf hinzuweisen, dass der dort zu sehende Angebotspreis zwar den Schirm umfasst, nicht aber den auf dem dem Angebot beigefügten Bild des Sonnenschirms zu sehenden Schirmständer. Die Klägerin hält diese Bewerbung für nicht ausreichend, weil erst unter den folgenden „Produktbeschreibungen“ dargelegt wird, dass der Ständer nicht im Lieferumfang enthalten ist.

Die Kammer hat diesem Unterlassungsantrag durch Beschluss vom 07.04.2015 stattgegeben. Zur Begründung wird auf diesen Beschluss Bezug genommen.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beklagte mit ihrem am selben Tage bei der Kammer eingegangenen Widerspruch vom 21.04.2015.

Die Verfügungsklägerin beantragt nunmehr,

die einstweilige Verfügung der Kammer vom 07.04.2015 aufrechtzuerhalten.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die einstweilige Verfügung der Kammer vom 07.04.2015 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Sie vertritt die Ansicht, die beanstandete Werbung sei nicht zu beanstanden. Insbesondere ergebe sich aus dem Irreführungsverbot gemäß § 5 UWG nichts anderes. Denn die beanstandete Werbung rufe keine Irreführungsgefahr hervor. Dies folgt nach Ansicht der Beklagten daraus, dass in der im Angebot enthaltenen Artikelbeschreibung ausdrücklich darauf hingewiesen werde, dass der Schirmständer nicht vom Lieferumfang umfasst sei. Wegen der Einzelheiten des dazu erfolgten Vorbringens der Beklagten wird insbesondere auf den Inhalt der Schutzschrift vom 27.03.2015 zum Aktenzeichen I-1 AR 1/15 LG Arnsberg sowie auf den Inhalt des Schriftsatzes der Beklagten vom 18.05.2015 (Bl. 36 ff. d. A.) verwiesen.

Die Akte I-1 AR 1/15 LG Arnsberg, die die von der jetzigen Verfügungsbeklagten an das LG Arnsberg übersandte Schutzschrift vom 27.03.2015 enthält, war beigezogen und wurde zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der genannten Beiakte sowie auf den der zur Akte übersandten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Der zulässige, auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichtete Antrag der Klägerin ist begründet, sodass die einstweilige Verfügung der Kammer gemäß Beschluss vom 07.04.2015 aufrechtzuerhalten war (§§ 936, 925 Abs. 2 ZPO). Der Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte ergibt sich aus § 8 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 3, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 UWG.

1.
Die beanstandete Werbung enthält „zur Täuschung geeignete Angaben über … die wesentlichen Merkmale der Ware“ im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG. Denn das in der beanstandeten Werbeanzeige zu sehende Bild weist einen Schirmständer aus, der tatsächlich nicht vom Angebotspreis umfasst wird. Da der Preis aber ein wesentliches Merkmal einer Ware ist und sich auf den (vermeintlichen) Umfang der Ware bezieht, die für diesen Preis erworben werden kann, liegen die genannten Voraussetzungen vor.

2.
Der Inhalt der beanstandeten Werbeanzeige ist auch „zur Täuschung geeignet“ im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG. Bekanntermaßen ist die Vorgehensweise vieler Verbraucher bei Online-Verkäufen auf Grund der Schnelligkeit des Internetverkehrs von einem eher flüchtigen Lesen und Kenntnisnehmen des gesamten Angebotsinhalts gekennzeichnet. Gerade deshalb hat der BGH die Rechtsprechung zur sogenannten „Blickfangwerbung“ dahin konkretisiert, dass ein als „Blickfang“ dienendes Bild – wenn die auf diesem Bild zu sehenden Komponenten nicht in vollem Umfang vom Angebot umfasst sind – Irreführungscharakter haben kann.

Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass der reflektierende Verbraucher erkennen wird, dass der auf dem Bild in der beanstandeten Werbung zu sehende Ständer nicht vom Kaufpreis, der hier mit 36,95 € angegeben ist, umfasst wird. Letztlich legt es die Gesetzesfassung nahe, dass nicht auf den reflektierenden Verbraucher abzustellen ist; denn der Wortlaut geht dahin, dass eine geschäftliche Handlung dann irreführend ist, wenn sie „zur Täuschung geeignete Angaben“ enthält. Bei vielen, eher flüchtig vorgehenden Verbrauchern ist das Bild aber geeignet, die Vorstellung hervorzurufen, auch der abgebildete Ständer werde mitgeliefert; dann ist es aber auch zur Täuschung geeignet im Sinne der vorstehend genannten Regelung.

3.
Die Kammer hat bereits in einer früheren Entscheidung (I-8 O 104/14) dargelegt, dass es vor dem Hintergrund, dass grundsätzlich auf den durchschnittlichen Verbraucher abzustellen sei, zwar fraglich erscheine, ob es sich um eine „spürbare“ Beeinträchtigung im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG handele. Dort hat die Kammer aber bereits dargelegt, dass dies angesichts des Umstandes, dass nach Sichtung der obergerichtlichen Rechtsprechung das „Spürbarkeitsmerkmal“ im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG nur in einer geringen Anzahl von Fällen verneint werde, letztlich wohl zu bejahen sei.

4.
In der vorstehend genannten Entscheidung hat die Kammer ebenfalls bereits dargelegt, dass die Beklagte als Störerin auch passiv legitimiert ist, weil sie zumindest eine sogenannte „mittelbare Störerin“ darstellt. Durch die Beauftragung der Fa. F. hat sie einen willentlich und adäquat kausalen Beitrag zu der Rechtsverletzung geleistet, die durch die Bewerbung des genannten Sonnenschirms mit einem Bild, das einen Ständer aufweist, obwohl dieser im Angebotspreis nicht enthalten ist, eingetreten ist. Denn ohne jegliche Auftragserteilung durch die Beklagte an die Fa. F. wäre eine entsprechende Veröffentlichung nicht erschienen.

5.
Da somit dem auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichteten Antrag der Klägerin stattzugeben war, gilt dies auch für den Antrag auf Androhung von Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft; insoweit beruht die Entscheidung auf § 890 Abs. 2 ZPO.

6.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Eine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist nicht veranlasst.