BGH: Irreführende Werbung bei unzureichender Bevorratung eines Smartphones

veröffentlicht am 3. März 2016

BGH, Urteil vom 17.09.2015, Az. I ZR 92/14
§ 3 Abs. 3 UWG i.V.m. Nr. 5 des Anhangs, § 8 Abs. 1 und 3 UWG

Die Zusammenfassung des BGH-Urteils finden Sie hier; zum Volltext der Entscheidung gelangen Sie nachfolgend:

Bundesgerichtshof

Urteil

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. September 2015 … für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 13. März 2014 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten der Revision an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

Die Klägerin ist ein in die Liste nach § 4 UKlaG eingetragener Verbraucherschutzverein. Die Beklagte zu 1 betreibt die Lidl-Supermärkte; die Beklagte zu 2 unterhält den Internet-Shop „www.lidl.de“. Im August 2011 erschien ein Prospekt mit der nachfolgend abgebildeten Werbung für ein Smartphone „HUAWEI X3“.

Das Gerät sollte ab dem 1. September 2011 zum Preis von 99,99 € erhältlich sein. Neben der Preisangabe befand sich ein Sternchen, das auf folgenden am unteren Seitenrand der Werbung befindlichen Text hinwies:

„Dieser Artikel kann aufgrund begrenzter Vorratsmenge bereits im Laufe des ersten Angebotstages ausverkauft sein.“

Das Smartphone wurde auch auf der Internet-Seite www.lidl.de wie folgt beworben:

[Abb.]

In der Internet-Werbung waren ebenfalls der Sternchenhinweis aus der Prospektwerbung sowie zusätzlich der Hinweis angebracht:

„Alle Artikel solange der Vorrat reicht.“

In ihrer vorprozessualen Abmahnung beanstandete die Klägerin Verstöße gegen § 3 UWG in Verbindung mit Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG mit der Begründung, zahlreiche Verbraucher hätten das Smartphone kaufen wollen; es sei aber bereits am ersten Tag der Geltungsdauer der Werbung teilweise noch vor oder kurz nach Beginn der regulären Öffnungszeiten der Filialen der Beklagten zu 1 vergriffen gewesen. Sie verlangte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung des Inhalts, die Beklagten dürften nicht „wie folgt“ (es folgte die Einblendung der beanstandeten Werbung) werben, wenn die Artikel nicht bis 14 Uhr des betreffenden Tages verfügbar seien. Die Beklagten lehnten die Abgabe der geforderten Erklärung ab. Die Beklagte zu 1 verpflichtete sich jedoch strafbewehrt zur Unterlassung der Prospekt- und Internetwerbung, wenn die einzelnen Filialen über einen Vorrat von weniger als sechs Stück des Smartphones HUAWEI X3 verfügten. Die Beklagte zu 2 verpflichtete sich zur Unterlassung der Internetwerbung, wenn ihr nicht mitgeteilt worden sei, dass die einzelnen Filialen mit nicht weniger als sechs Stück des Smartphones HUAWEI X3 bevorratet seien. Diese Unterwerfungserklärungen wies die Klägerin als unzureichend zurück.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu 1 unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es künftig im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern zu unterlassen,

a) für Smartphones (hier: HUAWEI Technologies Smartphone Huawei X 3) wie nachfolgend abgebildet zu werben oder werben zu lassen, wenn diese Produkte zumindest am ersten Geltungstag der Werbung nicht erhältlich sind und in der Werbung hinsichtlich der Verfügbarkeit lediglich der Hinweis erfolgt: „Dieser Artikel kann aufgrund begrenzter Vorratsmenge bereits im Laufe des ersten Angebotstages ausverkauft sein.“

[es folgt die Einblendung der vorstehenden Prospektwerbung];

und/oder

b) für Smartphones (hier: HUAWEI Technologies Smartphone Huawei X 3) wie nachfolgend abgebildet zu werben oder werben zu lassen, wenn diese Produkte zumindest am ersten Geltungstag der Werbung nicht erhältlich sind und in der Werbung hinsichtlich der Verfügbarkeit lediglich der Hinweis erfolgt: „Dieser Artikel kann aufgrund begrenzter Vorratsmenge bereits im Laufe des ersten Angebotstages ausverkauft sein.“

[es folgt die Einblendung der vorstehenden Internetwerbung].

Mit dem Antrag zu 2 hat die Klägerin die gleichlautende Verurteilung der Beklagten zu 2 verfolgt. Erstinstanzlich hatte die Klage in vollem Umfang Erfolg. Im Termin zur mündlichen Berufungsverhandlung hat die Klägerin erklären lassen:

„Wir wenden uns nicht generell gegen die Werbung mit Smartphones, sondern nur gegen die konkrete Verletzungsform, hier also die Werbung mit diesem Smartphone.“

Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt die Klägerin ihre Unterlassungsanträge weiter.

Entscheidungsgründe

A.
Das Berufungsgericht hat die Klage für unbegründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:

Das Smartphone sei unstreitig bereits am Vormittag des ersten Tages der in der Werbung angegebenen Verkaufsperiode nicht mehr erhältlich gewesen. Der in der Werbung angeführte aufklärende Hinweis genüge zur Vermeidung einer Irreführung nicht, weil er inhaltlich zu allgemein gehalten sei. Für die Werbung seien die Beklagten auch verantwortlich. Es könne dahinstehen, ob die Voraussetzungen der Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG erfüllt seien, so dass es einer Beweisaufnahme über die Frage, ob die Bevorratung der Beklagten ausreichend gewesen sei, nicht bedürfe. Jedenfalls sei durch die von den Beklagten abgegebene Unterwerfungserklärung die Wiederholungsgefahr entfallen. Die durch Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG verbotene Irreführung könne nicht nur durch Aufklärung vermieden werden, sondern auch durch das Versprechen eines bestimmten Mindestvorrats, wenn nur ein einziges Produkt betroffen sei. Die in den Unterlassungserklärungen der Beklagten angegebene Mindestbevorratung von sechs Geräten pro Filiale sei ausreichend. Zwar lege der Verbraucher bei Smartphones Wert auf die Aktualität der Modelle. Das beworbene Modell habe aber aufgrund des seit der angegriffenen Werbung verstrichenen Zeitablaufs von zweieinhalb Jahren so sehr an Attraktivität eingebüßt, dass ein Vorrat von mindestens sechs Geräten pro Filiale jedenfalls mittlerweile als ausreichend erscheine, um den Bedarf für zwei Tage zu decken.

B.
Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.
Das Berufungsgericht hat unausgesprochen zu Recht angenommen, dass die Klageanträge hinreichend bestimmt sind.

Nach ständiger Rechtsprechung darf ein Verbotsantrag im Hinblick auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 I ZR 226/13, GRUR 2016, 88 Rn. 13 = WRP 2016, 35 Deltamethrin, mwN).

Die Unterlassungsanträge genügen den gesetzlichen Bestimmtheitsanforderungen. Mit ihnen wendet sich die Klägerin gegen die konkrete Werbung. Aus dem Vorspann wird deutlich, unter welchem Gesichtspunkt die Klägerin diese Werbung beanstandet. Die dort verwendeten Begriffe sind hinreichend konkret und zwischen den Parteien nicht umstritten. Ob die Klageanträge die konkrete Verletzungsform erfassen und welche Reichweite sie haben, ist keine Frage der Bestimmtheit der Klageanträge, sondern ihrer Begründetheit.

II.
Das Berufungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können die von der Klägerin nach § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang Nr. 5 UWG verfolgten Unterlassungsansprüche nicht verneint werden. Mit Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Unterlassungsanträge die beanstandete Verletzungsform erfassen (dazu B II 1) und der Sternchenhinweis in der Werbung eine Irreführung über die unzureichende Bevorratung nicht ausschließt (dazu B II 2). Die Annahme des Berufungsgerichts, beide Beklagten seien passivlegitimiert, hält der rechtlichen Nachprüfung im Hinblick auf eine Haftung der Beklagten zu 2 nach dem Klageantrag zu 2 a nicht stand (dazu B II 3). Rechtsfehlerhaft ist ferner die Annahme des Berufungsgerichts, durch die von den Beklagten abgegebenen Unterlassungserklärungen sei die Wiederholungsgefahr entfallen (dazu B II 4).

1.
Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Klageanträge die beanstandete Verletzungsform erfassen.

a)
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, die Unterlassungsanträge erfassten nach ihrem Wortlaut nicht die beanstandete Verletzungsform. Bei wörtlicher Auslegung richtete sich das begehrte Verbot gegen die Werbung, wenn die beworbene Aktionsware am ersten Geltungstag des Angebots überhaupt nicht erworben werden könnte. Der Klägerin ginge es aber darum, dass die Werbung für die Smartphones beanstandet werde, wenn das angegriffene Sonderangebot nicht während des gesamten ersten Geltungstages in allen Filialen erhältlich sei. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.

b)
Das Berufungsgericht hat zur Auslegung der Unterlassungsanträge zu Recht nicht allein auf deren Wortlaut abgestellt, sondern das Vorbringen der Klägerin herangezogen, auf das sie die Klage stützt und das zur Auslegung der Klageanträge heranzuziehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 2002 I ZR 207/00, BGHZ 152, 268, 274 Dresdner Christstollen; Urteil vom 24. Juli 2014 I ZR 27/13, GRUR 2015, 269 Rn. 19 = WRP 2015, 353 KTheory).

Daraus ergibt sich, dass die anhand des Klagevorbringens ausgelegten Unterlassungsanträge die konkrete Verletzungsform erfassen. Den Verstoß der Beklagten sieht die Klägerin darin, dass die Verbraucher aufgrund der beanstandeten Werbung davon ausgehen, dass die fraglichen Smartphones während des gesamten ersten Geltungstages der Werbung in allen Filialen vorrätig seien, dies nicht der Fall gewesen sei und die Hinweise der Beklagten zu einer mangelnden Verfügbarkeit unzureichend gewesen seien. Durch dieses Klagevorbringen wird die beanstandete Verletzungsform erfasst.

2.
Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung sind die Sternchenhinweise in der Werbung der Beklagten nicht geeignet, das durch die Werbung angesprochene Publikum im Sinne von Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG über eine mangelnde Verfügbarkeit der Smartphones aufzuklären.

a)
Nach Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG, durch die Nr. 5 des Anhangs I der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken umgesetzt worden ist, stellt es eine stets irreführende geschäftliche Handlung dar, wenn ein Unternehmer zum Kauf von Waren auffordert (§ 5a Abs. 3 UWG), ohne darüber aufzuklären, dass er hinreichende Gründe hat anzunehmen, er werde nicht in der Lage sein, diese oder gleichwertige Waren oder Dienstleistungen für einen angemessenen Zeitraum in angemessener Menge zu dem genannten Preis bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen. Nach dieser Vorschrift ist nicht die unzulängliche Bevorratung der beworbenen Ware, sondern die unzureichende Aufklärung über eine unzulängliche Bevorratung zu beanstanden. Dies entspricht der Sache nach der Regelung in § 5 Abs. 5 Satz 1 UWG 2004. Nach dieser Vorschrift stellte es eine irreführende Werbung dar, wenn für eine Ware geworben wurde, die nicht in angemessener Menge zur Befriedigung der zu erwartenden Nachfrage vorgehalten war (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 I ZR 183/09, GRUR 2011, 340 Rn. 21 = WRP 2011, 459 Irische Butter; Urteil vom 15. März 2012 I ZR 128/10, GRUR-RR 2012, 475 Rn. 20). Die der Bestimmung der Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG 2008 zugrundeliegende Regelerwartung, dass eine einschränkungslos angebotene Ware in sämtlichen in die Werbung einbezogenen Filialen in ausreichender Menge erworben werden kann, kann nur dadurch ausgeräumt werden, dass sie durch einen aufklärenden Hinweis wirksam neutralisiert wird, der daher klar formuliert, leicht lesbar und gut erkennbar sein muss (BGH GRUR 2011, 340 Rn. 26 Irische Butter; Fezer/Peifer, UWG, 2. Aufl., Anhang UWG Nr. 5 Rn. 17 f. mwN). Maßgeblich ist insoweit das Verständnis des durchschnittlich informierten, verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers (BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 I ZR 50/00, GRUR 2003, 163, 164 = WRP 2003, 273 Computerwerbung II; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 5 Rn. 8.7).

b)
Die Annahme des Berufungsgerichts, der vorliegend in Rede stehende Hinweis „Dieser Artikel kann aufgrund begrenzter Vorratsmenge bereits im Laufe des ersten Angebotstages ausverkauft sein“ in der Prospekt- und Internetwerbung reiche als reiner Formalhinweis nicht aus, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Die Annahme unzureichender Aufklärung erweist sich insbesondere nicht als erfahrungswidrig. Der durchschnittliche Betrachter eines Werbeprospekts oder einer Onlinewerbung der vorliegenden Art rechnet angesichts dieses Hinweises nicht damit, dass das beworbene Produkt bereits am Vormittag des ersten Angebotstages nicht mehr erhältlich sein könnte. Dem steht der Charakter eines „Aktionsangebots“, das nicht zum regulären Sortiment gehört und im Rahmen einer wöchentlich wechselnden Aktion angeboten wird, nicht entgegen. Auch bei wöchentlichen Aktionen geht der angesprochene Verkehr nicht davon aus, die beworbene Ware werde schon am Vormittag des ersten Angebotstages also nur wenige Stunden nach Angebotsbeginn ausverkauft sein. Der von den Beklagten verwandte Hinweis verdeutlicht mithin die im Streitfall bestehende Verfügbarkeitsbeschränkung nicht in ausreichendem Maße. Dies gilt bezogen auf die Internetwerbung (Klageanträge zu 1 b und 2 b) auch mit Blick auf den Zusatz „Alle Artikel so lange der Vorrat reicht“. Dieser Angabe ist kein über den Sternchenhinweis hinausgehender Informationsgehalt zu entnehmen.

3.
Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 1 sei im Hinblick auf die Klageanträge 1 a und b passivlegitimiert, unterliegt keinen rechtlichen Bedenken (dazu B II 3 a und b). Die Annahme, auch die Beklagte zu 2 sei passivlegitimiert, hält der rechtlichen Nachprüfung nur hinsichtlich des auf die Internetwerbung bezogenen Klageantrags zu 2 b stand, während eine Haftung der Beklagten zu 2 für den beanstandeten Inhalt der Prospektwerbung nach dem Klageantrag zu 2 a auf der Grundlage der bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht angenommen werden kann (dazu B II 3 c).

a)
Schuldner der in § 8 UWG geregelten Abwehransprüche ist jeder, der durch sein Verhalten den objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung selbst, durch einen anderen oder gemeinschaftlich mit einem anderen adäquat kausal verwirklicht oder sich als Teilnehmer an der deliktischen Handlung eines Dritten beteiligt (vgl. BGH, GRUR 2011, 340 Rn. 30 Irische Butter; BGH, Urteil vom 18. Juni 2014 I ZR 242/12, BGHZ 201, 344 Rn. 13 Geschäftsführerhaftung; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 8 Rn. 2.5; Fezer/Büscher aaO § 8 Rn. 120). Einem Unternehmen, das sich nach dem äußeren Erscheinungsbild einer Werbung als hierfür verantwortlich geriert, steht allerdings der Nachweis offen, tatsächlich nicht in der Lage gewesen zu sein, auf den Inhalt der beanstandeten Werbung Einfluss zu nehmen (vgl. BGH, GRUR 2011, 340 Rn. 31 Irische Butter).

b)
Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Beklagte zu 1 nach den Klageanträgen zu 1 a und b für die beanstandete Werbung ihre Unlauterkeit unterstellt haftet, unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Die mit diesen Klageanträgen angegriffenen Maßnahmen der Prospekt- und Internetwerbung stellen geschäftliche Handlungen der Beklagten zu 1 im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar, weil sie darin für das Angebot des Smartphones in ihren Filialgeschäften wirbt.

c)
Die Annahme des Berufungsgerichts, auch die Beklagte zu 2 hafte für die beanstandete Werbung ihre Unlauterkeit auch insoweit unterstellt , hält der rechtlichen Nachprüfung nur hinsichtlich des auf die Internetwerbung bezogenen Antrags zu 2 b stand. Dagegen kann die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 2 hafte für die Prospektwerbung (Klageantrag zu 2 a) auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht aufrechterhalten werden.

aa)
Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagte zu 2 für die mit dem Klageantrag zu 2 b angegriffene Internetwerbung haftet. Die Beklagte zu 2 bewirbt hiermit das auf den Absatz des Smartphones in den Filialgeschäften der Beklagten zu 1 gerichtete Angebot. Sie handelt also im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG zugunsten eines fremden Unternehmens. Die Beklagte zu 2 hat diese Werbung über den von ihr verantworteten Internetauftritt veröffentlicht. Angesichts dieses Handlungsbeitrags kann die Beklagte zu 2 ihrer Haftung nicht dadurch entgehen, dass sie vorträgt, auf den Inhalt und die Gestaltung des Werbemittels keinen Einfluss gehabt zu haben.

Die Annahme eines Verstoßes gegen Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG scheitert nicht daran, dass die Beklagte zu 2 geltend macht, sie habe nicht ihr eigenes Angebot, sondern ein solches der Beklagten zu 1 erworben und deshalb keine Kenntnisse über den Umfang der Bevorratung besessen. Wenn ein Unternehmer im Rahmen einer geschäftlichen Handlung für ein Warenangebot eines anderen Unternehmers wirbt, so trifft ihn gleichermaßen die in der hier in Rede stehenden Bestimmung vorgesehene Pflicht zur Aufklärung, weil er wie für ein eigenes Angebot verantwortlich ist. Er muss sich deshalb, wenn ihm entsprechende Kenntnisse fehlen, über die dem Angebot zugrundeliegende Bevorratung informieren. Anderenfalls liefe die Bestimmung der Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG teilweise leer, weil sie durch die Einschaltung dritter Unternehmen für die Werbung leicht umgangen werden könnte.

bb)
Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 2 hafte auch für die mit dem Klageantrag zu 2 a beanstandete Prospektwerbung, hält der rechtlichen Nachprüfung hingegen nicht stand.

Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass die Prospektwerbung eine geschäftliche Handlung der Beklagten zu 2 im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG darstellt. Der Prospekt ist nach Inhalt und Gestaltung ein gemeinschaftliches Werbemittel sowohl für den Einzelhandel in den Filialen der Beklagten zu 1 als auch für den von der Beklagten zu 2 verantworteten Onlineshop. So ist in der Überschriftzeile neben dem Logo der Filialgeschäfte die Internetadresse des Onlineshops angegeben und es wird in der Fußzeile darauf hingewiesen, dass beworbene „Artikel mit dem Maus-Symbol (…) ab sofort auch im Internet unter www.lidl.de“ bestellbar seien. Dass das angebotene Smartphone im Prospekt nicht mit einem „Maus-Symbol“ gekennzeichnet ist, steht dieser Einschätzung nicht entgegen, weil der Charakter einer gemeinschaftlichen Werbung nicht dadurch verloren geht, dass einzelne Artikel nur von einem der werbenden Unternehmen angeboten werden.

Die Revisionserwiderung macht jedoch mit Erfolg geltend, die Beklagte zu 2 habe auf den Inhalt des Werbeprospekts keinen Einfluss gehabt. Diesem Vortrag der Beklagten zu 2 und ihren Beweisangeboten hierzu ist das Berufungsgericht zu Unrecht nicht nachgegangen. Sollte die Beklagte zu 2 auf den Inhalt des Werbeprospekts keinen Einfluss gehabt haben, so fällt ihr ein Verstoß gegen Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG nicht zur Last (vgl. BGH, GRUR 2011, 340 Rn. 31 Irische Butter).

4.
Rechtsfehlerhaft ist ferner die Annahme des Berufungsgerichts, durch die von den Beklagten abgegebenen Unterwerfungserklärungen sei die Wiederholungsgefahr entfallen.

a)
Das Berufungsgericht hat angenommen, die Wiederholungsgefahr sei entfallen, weil die von den Beklagten in ihren Unterlassungserklärungen genannte Mindestbevorratung pro Filiale jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts ausreichend erscheine. Das konkret beworbene Modell habe aufgrund des seit der angegriffenen Werbung verstrichenen Zeitablaufs von ungefähr zweieinhalb Jahren so sehr an Attraktivität eingebüßt, dass ein Vorrat von mindestens sechs Geräten pro Filiale jedenfalls mittlerweile als ausreichend erscheine, um den Bedarf für zwei Tage zu decken.

b)
Diese Annahme hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Unterlassungsverpflichtungserklärungen der Beklagten haben die Wiederholungsgefahr nicht beseitigt.

aa)
Der Zugang einer vom Gläubiger mit der Abmahnung verlangten Unterlassungsverpflichtungserklärung lässt nur dann die Wiederholungsgefahr entfallen, wenn sie der Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung dadurch dient, dass sie nicht nur eindeutig, hinreichend bestimmt und durch ein Vertragsstrafeversprechen gesichert ist, sondern auch den gesetzlichen Unterlassungsanspruch nach Inhalt und Umfang vollständig abdeckt (st. Rspr., siehe nur BGH, Urteil vom 1. April 1993 I ZR 136/91, GRUR 1993, 677, 679 = WRP 1993, 480 Bedingte Unterwerfung I; Urteil vom 21. Februar 2008 I ZR 142/05, GRUR 2008, 815 Rn. 14 = WRP 2008, 1180 Buchführungsbüro; Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 12 Rn. 1.101; Fezer/Büscher aaO § 8 Rn. 69; Großkomm.UWG/Feddersen, 2. Aufl., § 12 B Rn. 113 mwN; Kessen in Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. Aufl., Kap. 8 Rn. 16). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob die Unterlassungsverpflichtungserklärung die Wiederholungsgefahr beseitigt, ist derjenige der Abgabe der Erklärung (BGH, Urteil vom 26. September 1996 I ZR 265/95, GRUR 1997, 382, 385 Altunterwerfung I; Urteil vom 26. September 1996 I ZR 194/95, GRUR 1997, 386, 390 Altunterwerfung II; Großkomm.UWG/Feddersen aaO § 12 B Rn. 149).

bb)
Die von den Beklagten abgegebenen Unterlassungserklärungen genügen diesen Erfordernissen nicht.

(1)
Die Beklagte zu 1 hat verbunden mit einem Vertragsstrafeversprechen erklärt, es zu unterlassen, gegenüber Verbrauchern für das Smartphone HUAWEI Technologies X3, wie aus den Anlagen 1 und 2 (Prospekt und Internetwerbung) ersichtlich, zu werben oder werben zu lassen, wenn die einzelnen Filialen mit weniger als sechs Stück des Smartphones bevorratet sind. Die Beklagte zu 2 hat sich vertragsstrafenbewehrt zur Unterlassung der Werbung wie aus Anlage 2 (Internetwerbung) ersichtlich verpflichtet, wenn ihr nicht mitgeteilt wurde, dass die einzelnen Filialen mit nicht weniger als sechs Stück des Smartphones bevorratet sind.

(2)
Die Unterlassungserklärungen decken den von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 3 UWG in Verbindung mit Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG nicht vollständig ab, weil sie sich ausschließlich auf das konkrete Modell eines Smartphones beziehen.

Eine Verletzungshandlung begründet die Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht nur für die identische Verletzungsform, sondern für alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen, in denen das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt. In entsprechendem Umfang gilt ein gerichtliches Verbot, auch wenn es auf die konkrete Verletzungsform beschränkt ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 I ZR 46/07, BGHZ 183, 309 Rn. 30 – Fischdosendeckel; Urteil vom 29. April 2010 I ZR 202/07, GRUR 2010, 749 Rn. 42 = WRP 2010, 1030 Erinnerungswerbung im Internet; Urteil vom 20. Juni 2013 – I ZR 55/12, GRUR 2013, 1235 Rn. 18 = WRP 2014, 75 – Restwertbörse II).

Das Charakteristische der angegriffenen Verletzungshandlung beschränkt sich nicht auf die Werbung für das mit Hersteller- und Typenbezeichnung konkret angegebene Smartphone. Charakteristisch für die Handlung ist vielmehr, dass Smartphones in einer Anzeige großformatig als Aktionsangebote beworben werden und zugleich kein deutlicher Hinweis darauf erfolgt, dass die Ware schon am ersten Tag ausverkauft sein könnte. Kerngleich ist damit eine entsprechende Werbung für ein anderes Modell eines Smartphones im Rahmen der wöchentlichen Aktionsangebote der Beklagten zu 1.

(3)
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Klägerin ihre Rechtsverfolgung nicht auf die Unterlassung der Werbung für das konkret angebotene Modell beschränkt. Die Auslegung des Unterlassungsantrags als Prozesserklärung unterliegt in vollem Umfang der Prüfung durch das Revisionsgericht (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 2001 – I ZR 115/99, GRUR 2002, 177, 178 = WRP 2001, 1182 – Jubiläumsschnäppchen). Bei der Auslegung eines Klageantrags ist nicht an dessen buchstäblichem Sinn zu haften, sondern der wirkliche Wille der Partei zu erforschen. Dabei ist der Grundsatz zu beachten, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2014 – V ZR 53/14, MDR 2015, 329 Rn. 9).

Nach den Klageanträgen ist Gegenstand der geforderten Unterlassung jeweils die Werbung für Smartphones in der abgebildeten Art. Dem tragen die Klageanträge dadurch Rechnung, dass sie allgemein auf Smartphones Bezug nehmen und das konkrete Modell nur in einem Klammerzusatz mit vorangestelltem „hier“ anführen. An diesem Ergebnis vermag auch die in der mündlichen Berufungsverhandlung abgegebene Erklärung der Klägerin nichts zu ändern, sie wende sich nicht generell gegen die Werbung für Smartphones, sondern nur gegen die konkrete Verletzungsform, hier also die Werbung mit diesem Smartphone. Diese Erklärung kann vor dem Hintergrund der gewählten Antragsfassung nicht so verstanden werden, dass kerngleiche Verstöße in Gestalt der Werbung für andere Smartphone-Modelle nicht vom Antrag erfasst werden sollten. Im Falle eines auf die konkrete Verletzungsform bezogenen Klageantrags haben abstrakte Merkmale, die im Antrag enthalten sind, den Zweck, den Kreis der Varianten näher zu bestimmen, die von dem Verbot als kerngleiche Verletzungsformen erfasst sein sollen (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 2005 I ZR 252/02, GRUR 2006, 164 Rn. 14 = WRP 2006, 84 Aktivierungskosten II; GRUR 2010, 749 Rn. 36 – Erinnerungswerbung im Internet).

(4)
Bei dieser Sachlage vermochten die Unterlassungserklärungen der Beklagten die Wiederholungsgefahr nicht auszuschließen.

Zwar kann die durch Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG verbotene Irreführung (dazu bereits Rn. 18) nicht nur durch hinreichende Aufklärung über tatsächliche Verhältnisse (hier: über den unzulänglichen Warenvorrat), sondern auch durch Einwirkung auf die relevanten Tatsachen selbst (hier: Sicherstellung einer hinreichenden Lagerhaltung) vermieden werden. Beschränkt sich aber der Unterlassungsanspruch der Klägerin nicht nur auf das konkret bezeichnete Modell eines Smartphones, konnte eine durch Zeitablauf verminderte Attraktivität dieses Modells nicht dazu führen, dass die von den Beklagten in ihren Unterlassungserklärungen versprochene Mindestbevorratung mit diesem Modell die Wiederholungsgefahr für eine kerngleiche Aktionswerbung mit einem anderen Smartphone beseitigte.

III.
Auf die Revision der Klägerin ist die angefochtene Entscheidung daher aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten der Revision an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Im Streitfall bestehen an der Auslegung des Unionsrechts (hier: Nr. 5 des Anhangs I der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken) keine vernünftigen Zweifel, so dass ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV nicht geboten ist (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 – Rs. 283/81, Slg. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257, 1258 C.I.L.F.I.T.).

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

Im wiedereröffneten Berufungsrechtszug wird nunmehr zum einen dem Vortrag der Beklagten zu 2 nachzugehen sein, sie habe auf Inhalt und Gestaltung der Prospektwerbung (Klageantrag zu 2 a) keinen Einfluss gehabt. Zum anderen wird darüber Beweis zu erheben sein, ob die von den Beklagten vorgenommene Vorratshaltung zum Zeitpunkt der Werbung angemessen war. Der Senat teilt die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagten müssten nachweisen, dass der Einkauf des beworbenen Artikels auf vertretbaren Annahmen beruhte und aus objektiver Sicht bei einem normalerweise zu erwartenden Geschehensablauf davon auszugehen war, der Warenvorrat werde ausreichen.

Vorinstanzen:
LG Heilbronn, Entscheidung vom 18.06.2013, Az. 21 O 21/12 KfH
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 13.03.2014, Az. 2 U 90/13