OLG Frankfurt a.M.: Keine wirksame Einwilligung in Telefonwerbung, wenn sich Verbraucher im Rahmen eines Gewinnspiels aktiv von der Werbung abmelden müssen

veröffentlicht am 19. Januar 2016

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 17.12.2015, Az. 6 U 30/15
§ 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG; § 1 UKlaG, § 3 UKlaG; § 307 BGB; § 13 Abs. 2 TMG, § 15 Abs. 3 TMG; § 4a BDSG, § 28 Abs. 3a S. 2 BDSG

Die Entscheidung haben wir für Sie zusammengefasst (hier) und im Folgenden im Volltext wiedergegeben:

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Urteil

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10.12.2014 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt a. M. teilweise dahin abgeändert, dass der zweite Teil des Unterlassungsausspruchs („nach folgende Bestimmung mit voreingestelltem Ankreuzfeld: …“) entfällt und die Klage auch insoweit abgewiesen wird.

Im Übrigen wird die Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der verbleibende Unterlassungsausspruch um den Zusatz ergänzt wird:

„wenn diese Bestimmung verwendet wird in Verbindung mit einer Liste wie in Anlage K 1 zur Antragsschrift wiedergegeben“.

Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.
Die Beklagte veranstaltet Gewinnspiele im Internet. Dazu unterhielt sie am 24.9.2013 eine Angebotsseite mit folgendem Text, dessen vorangestelltes Ankreuzfeld nicht vorausgewählt war:

[Abb.]

Bei Anklicken des Wortes „hier“ gelangte der Internetnutzer zu einer mit „Partner und Sponsoren und deren Geschäftsbereich(e)“ bezeichneten Liste, in der 59 Unternehmen mit Firma, Anschrift und Geschäftsbereich aufgeführt waren. Der Nutzer hatte – worauf am Anfang der Liste hingewiesen wurde – die Möglichkeit, durch Anklicken des bei jedem Unternehmen angebrachten Links „Abmelden“ zu entscheiden, vom welchem Unternehmen er keine Werbung wünsche; die Beklagte kündigte für den Fall, dass der Nutzer keine oder nicht ausreichend viele Partner/Sponsoren abmelde, die Auswahl von höchstens 30 Partnern/Sponsoren nach eigenem Ermessen an. Wegen der Einzelheiten der Liste wird auf die Anlage K 1 zur Klageschrift (Bl. 18 ff. d.A.) verwiesen.

Auf derselben Angebotsseite befand sich folgender weiterer Text, dessen vorangestelltes Ankreuzfeld bereits vorausgewählt war:

[Abb.]

Bei Anklicken des Wortes „hier“ gelangte der Internetnutzer auf eine Unterseite mit weiteren Informationen über Cookies, deren Inhalt sich aus der Anlage K 2 zur Klageschrift (Bl. 26 d.A.) ergibt. Wegen der Gesamtgestaltung der Angebotsseite wird auf die Darstellung in der Klageschrift (Bl. 4 ff. d.A.) verwiesen.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 I, 1 ZPO).

Der klagende Verbraucherschutzverband sieht in beiden Erklärungen unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen und nimmt die Beklagte deswegen gemäß § 1 UKlaG auf Unterlassung sowie auf Erstattung vorprozessualer Abmahnkosten in Anspruch.

Mit der Klage hat der Kläger bezogen auf die Einwilligungserklärung zur Werbung zunächst einen Antrag zu I. 1. formuliert. In der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat der Kläger bezogen auf diese Erklärung kumulativ einen neu formulierten Antrag zu I. 1. und einen weiteren Antrag zu I. 2. gestellt, der mit dem Antrag zu I. 1. aus der Klageschrift übereinstimmte, jedoch mit einem Hilfsantrag versehen war; bezogen auf die Einwilligungserklärung in die Cookie-Nutzung hat er den in der Klageschrift als Antrag zu I. 2. angekündigten Antrag als Antrag zu I. 3. gestellt. Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der Anträge zu I. 1. und I. 3. sowie hinsichtlich des Anspruchs auf Erstattung der Abmahnkosten (Antrag zu II.) stattgegeben und die Klage hinsichtlich des Antrages zu I. 2. als unzulässig abgewiesen. Mit der gegen dieses Urteil eingelegten Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Die Beklagte ist weiterhin der Auffassung, die Klage sei hinsichtlich des zuerkannten Antrages zu I. 1. bereits unzulässig, da dieser Antrag teilidentisch mit dem zuvor rechtshängig gemachten Antrag zu I. 2. (Antrag zu I. 1. der Klageschrift) sei und daher wegen anderweitiger Rechtshängigkeit (§ 261 III Nr. 1 ZPO) nicht mehr hätte zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht werden können. Soweit der Kläger in der Berufung den vom Landgericht zuerkannten Antrag zu I. 1. nur noch mit einem Zusatz weiterverfolge, liege hierin eine Klageänderung, der nicht zugestimmt werde; weiter erhebt die Beklagte insoweit die Einrede der Verjährung.

Im Übrigen wiederholen und vertiefen beide Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen; wegen der Einzelheiten wird auf die nachfolgenden Ausführungen unter II. sowie die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der erste Teil des Tenors des Unterlassungsausspruchs um den Zusatz ergänzt wird „wenn diese Bestimmung verwendet wird in Verbindung mit einer Liste wie in Anlage K1 zur Klageschrift wiedergegeben“.

II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise, nämlich hinsichtlich des vom Landgericht zuerkannten Unterlassungsanspruchs betreffend die Einwilligungserklärung zur Cookie-Nutzung (zweiter Teil des Unterlassungstenors) Erfolg; im Übrigen ist die Berufung unbegründet.

1.
Ohne Erfolg wendet sich die Beklagte gegen die Verurteilung gemäß dem zuletzt gestellten Klageantrag zu I. 1. (erster Teil des Unterlassungstenors).

a)
Entgegen der Auffassung der Beklagten stand der nachträglichen Erweiterung der Klage auf diesen Antrag nicht entgegen, dass der Kläger mit der Klageschrift zunächst einen anders formulierten Klageantrag zu I. 1. gestellt hat, den er sodann neben dem neu formulierten Klageantrag zu I. 1. als Klageantrag zu I. 2., ergänzt um einen Hilfsantrag, weiterverfolgt hat. Dabei kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob und in welchem Umfang beide Anträge denselben Streitgegenstand betrafen. Denn dem Kläger ist grundsätzlich nicht verwehrt, nebeneinander Klageanträge zu stellen, deren Streitgegenstände sich teilweise oder – weil sie ungeachtet der unterschiedlichen Formulierung möglicherweise auf das gleiche Verbotsziel gerichtet sind – auch vollständig überschneiden. Insoweit greift insbesondere der von der Beklagten erhobene Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit im Sinne von § 261 III Nr. 1 ZPO schon deswegen nicht durch, weil diese Vorschrift aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit und der Rechtssicherheit nur dem Beginn eines weiteren Rechtsstreits über denselben Streitgegenstand entgegensteht (vgl. Baumbach/Lauterbach, ZPO, 74. Aufl., Rdz. 24 zu § 261).

b)
Soweit der Kläger in der Berufungsinstanz den vom Landgericht zuerkannten Unterlassungsanspruch lediglich mit der ergänzenden Bezugnahme auf die Anlage K 1 weiterverfolgt, liegt hierin keine Klageänderung (§ 263 ZPO), sondern lediglich eine Klarstellung des mit der Klageschrift der Sache nach verfolgten und vom Landgericht mit dem angefochtenen Urteil ausgesprochenen Verbots.

Der Kläger hat in der Klageschrift die Unvereinbarkeit der mit dem Antrag zu I. 1. angegriffenen Einverständniserklärung mit § 7 II Nr. 2 UWG maßgeblich damit begründet, dass sich der Verbraucher in einen umständlichen und angesichts der Vielzahl der Sponsoren und Kooperationspartner langwierigen Scroll-Vorgang begeben müsse, um die einzelnen Unternehmen, die von der Einwilligung ausgeschlossen sein sollen, abzumelden (Klageschrift S. 12). Auch das Landgericht hat in den Entscheidungsgründen auf die Anzahl der Unternehmen auf der Sponsorenliste hingewiesen und die Klausel im Übrigen deswegen als unvereinbar mit § 7 II Nr. 2 UWG angesehen, weil der Verbraucher mit der auf dieser Liste geforderten Abwahl der Unternehmen, von denen er keine Werbung wünscht, entgegen der gesetzlichen Regelung einem „opt-out“-Verfahren unterworfen wäre (Urteil S. 13).

Unter diesen Umständen enthält die vom Kläger – entsprechend der Anregung durch den Senat (vgl. Verfügung vom 13.10.2015; Bl. 348 f. d.A.) – vorgenommene Ergänzung des Urteilstenors durch eine Bezugnahme auf die Anlage K 1 keine Änderung des Streitgegenstandes gegenüber dem Verbotsausspruch durch das Landgericht.

c)
Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch in der Form des zuletzt gestellten Klageantrages aus §§ 1, 3 I 1 Nr. 1 UKlaG i.V.m. § 307 BGB zu.

Die von der Beklagten vorformulierte und im Zusammenhang mit der Teilnahme an dem von ihr veranstalteten Gewinnspiel verwendete Erklärung zur Einwilligung in (u. a.) telefonische Werbung stellt eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 I 1 BGB dar; dies gilt unabhängig davon, ob die Abgabe dieser Einwilligungserklärung Voraussetzung für die Teilnahme an dem Gewinnspiel ist oder als solche erscheint (vgl. BGH GRUR 2013, 531 [BGH 25.10.2012 – I ZR 169/10] – Einwilligung in Werbeanrufe II, juris-Tz. 20).

Wie das Landgericht weiter mit Recht angenommen hat, ist diese allgemeine Geschäftsbedingung gemäß § 307 I BGB unwirksam. Der Teilnehmer an dem Gewinnspiel wird sich nach Abgabe der geforderten Erklärung Werbeanrufen ausgesetzt sehen, die ihn im Sinne von § 7 UWG unzumutbar belästigen, weil die abgegebene Einwilligungserklärung nicht ausreicht, um derartige Werbeanrufe nach § 7 II Nr. 2 UWG zu rechtfertigen; darin liegt eine unangemessene Benachteiligung des Gewinnspielteilnehmers.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. a.a.O. – Einwilligung in Werbeanrufe II, Tz. 24) ist eine Einwilligung in telefonische Werbung gegenüber Verbrauchern nur dann wirksam erteilt, wenn die Einwilligung für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erteilt wird; es muss für den Einwilligenden klar sein, welche Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmen die Einwilligung konkret erfasst. Diesen Anforderungen wird die angegriffene Einwilligungserklärung einschließlich der verlinkten Liste von Unternehmen gemäß Anlage K 1 nicht gerecht.

Zwar wird dem Erfordernis der „Kenntnis der Sachlage“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich dadurch genügt, dass der Verbraucher die Möglichkeit zur Kenntnisnahme erhält; denn wer aus Interesselosigkeit oder Dummheit eine von ihm verlangte Einwilligungserklärung ungelesen anklickt, kann nicht als schutzwürdig angesehen werden. Die Möglichkeit zur Kenntnisnahme muss jedoch nach den Gesamtumständen so ausgestaltet sein, dass sie für den Verbraucher überschaubar und verständlich ist; sie muss daher demjenigen Internetnutzer, der grundsätzlich zu einer sachlichen Befassung mit Inhalt und Umfang der Einwilligungserklärung bereit ist, die Möglichkeit einer realistischen Prüfung eröffnen und darf nicht die Gefahr einer vorschnellen Einwilligung begründen.

Gemessen an diesen Maßstäben ist die von der Beklagten verwendete Einwilligungserklärung einschließlich der verlinkten Unternehmensliste gemäß Anlage K 1 nicht geeignet, eine nach § 7 II Nr. 2 UWG ausreichende Einwilligung in Werbeanrufe zu erzeugen.

Der Internetnutzer muss entsprechend der Aufforderung im Erklärungstext („Diese kann ich hier selbst bestimmen“) vor Abgabe der Einwilligungserklärung die Liste mit den 59 vorgestellten Unternehmen aufrufen, prüfen, von welchem Unternehmen er keine Werbung wünscht, und sodann bei diesen Unternehmen den „Abwählen“- Butten anzuklicken („opt-out“). Zwar ist es nicht schlechterdings ausgeschlossen, dass sich der Nutzer entsprechend diesen Vorgaben verhält. Nach Auffassung des erkennenden Senats handelt es sich dabei aber um eine eher theoretische Möglichkeit, da der damit verbundene Aufwand schon aus zeitlichen Gründen außer Verhältnis zu der angestrebten Teilnahme an einem Gewinnspiel steht und daher von einem durchschnittlichen Internetnutzer nicht ernsthaft in Betracht gezogen wird. Die Gestaltung der Einwilligungserklärung sowie der verlinkten Unternehmensliste ist vielmehr darauf angelegt, beim Verbraucher mit dem im Erklärungstext enthaltenen Hinweis zunächst den Eindruck zu erwecken, die werbenden Anrufer selbst bestimmen zu können, ihn dann nach Aufruf der verlinkten Liste aber mit einem unverhältnismäßig aufwendigen Auswahlvorgang zu konfrontieren in der Erwartung, dass der Spielteilnehmer unter diesen Umständen der – als Alternative angebotenen – Auswahl von höchstens 30 Unternehmen durch die Beklagte zustimmen wird. Eine auf diese Weise erzeugte Einwilligungserklärung ist nicht „in Kenntnis der Sachlage“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abgegeben.

d)
Dem Kläger steht daher ein Unterlassungsanspruch in der nunmehr tenorierten Form zu. Die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede greift nicht durch, da der zuerkannte Unterlassungsanspruch der Sache nach von Anfang Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits war; insoweit wird auf die Ausführungen unter a) verwiesen.

2.
Demgegenüber hat die Berufung hinsichtlich des vom Landgericht zugesprochenen erstinstanzlichen Klageantrags zu I. 3. (zweiter Teil des Unterlassungstenors) Erfolg.

Dem Kläger steht der insoweit geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 1 UKlaG nicht zu. Zwar ist die angegriffene Erklärung zur Einwilligung in die Cookie- Nutzung, die die Beklagte im Zusammenhang mit der Teilnahme an dem von ihr durchgeführten Gewinnspiel von den Nutzern verlangt, ebenfalls als allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 I 1 BGB) zu qualifizieren (vgl. oben Ziffer 1. c)). Diese allgemeine Geschäftsbedingung hält jedoch einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand, da die verlangte Erklärung den Anforderungen an eine Einwilligung in die Cookie-Nutzung nach den insoweit maßgeblichen Vorschriften (§§ 4a, 28 IIIa 2 BDSG sowie §§ 13 II, 15 III TMG) gerecht wird. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass diese Vorschriften nach Ablauf der Umsetzungsfrist für die Neuregelung des Art. 5 III der Richtlinie 2002/58/EG (Datenschutzrichtlinie für die elektronische Kommunikation) durch Art. 2 Nr. 5 der Richtlinie 2009/136/EG (Privacy- Richtlinie) am 25.5.2011 (vgl. Art. 4 I der Richtlinie 2009/136/EG) richtlinienkonform auszulegen sind.

a)
Die streitgegenständliche Erklärung ist nicht schon deswegen unzureichend, weil der Nutzer der Einwilligung (durch Anklicken des Häkchens zu Beginn der Erklärung) widersprechen muss („opt-out“); denn ein „opt-in“-Erfordernis ist den genannten Vorschriften nicht zu entnehmen. Dies hat der Bundesgerichtshof hinsichtlich der Regelung des § 4a BDSG bereits entschieden (vgl. GRUR 2008, 1010 [BGH 16.07.2008 – VIII ZR 348/06] – Payback, juris-Tz. 23 ff.). Die Vorschrift des § 15 III TMG, die dem Nutzer ein Widerspruchsrecht gegen die Verwendung von Nutzungsdaten einräumt, stellt sogar ausdrücklich klar, dass ein „opt-out“-Verfahren ausreichend ist.

Ohne Erfolg beruft sich der Kläger darauf, nach Ablauf der Umsetzungsfrist für Art. 5 III der Richtlinie 2002/58/EG müsse das nationale Recht richtlinienkonform dahin ausgelegt werden, dass ein „opt-out“-Verfahren für eine Einwilligung in die Cookie-Nutzung nicht ausreiche. Abgesehen von der Frage, ob insbesondere der insoweit klar entgegenstehende Wortlaut des § 15 III TMG einer solchen Auslegung überhaupt zugänglich ist, enthält Art. 5 III der Richtlinie 2002/58/EG jedenfalls keine Regelung, die ein „opt-in“-Verfahren zwingend vorschreibt; dies gilt auch unter Berücksichtigung des Erwägungsgrunds (66) der Richtlinie 2009/136/EG. Dort ist jeweils nur von der klaren und umfassenden bzwverständlichen Information die Rede, die dem Nutzer vor Abgabe der Einwilligungserklärung gegeben werden muss. Dem steht ein „opt-out“-Verfahren nicht generell entgegen. Im Übrigen zeigt etwa das Beispiel der Informationspflicht des Art. 23 I 4 der Verordnung Nr. 1008/2008, dass der Unionsgesetzgeber dann, wenn er ein „opt-in“-Verfahren für erforderlich hält, dies auch klar regelt.

Etwas anderes lässt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aus einer Stellungnahme der „Artikel-29-Datenschutzgruppe“ vom 8.12.2011 (Anlage BE 1; Bl. 341 ff. d.A.) entnehmen. Zunächst handelt es sich ohnehin nur um eine unverbindliche Meinungsäußerung dieses Beratungsgremiums. Zum andern ist in der Stellungnahme mit der „bejahenden Handlung“, durch die das Setzen des Cookies und die fortdauernde Übermittlung darin enthaltener Informationen akzeptiert werden müsse, nur gemeint, dass allein im Erwerb oder der Nutzung eines Browsers oder einer Anwendung, die die Verwendung von Cookies standardmäßig ermöglicht, noch keine Einwilligung gesehen werden könne. Das hat nichts damit zu tun, ob eine „bejahende Handlung“ in diesem Sinn nicht auch in einer zwar voreingestellten, aber „opt-out- fähigen“ ausdrücklichen Einwilligungserklärung gesehen werden kann.

b)
Die streitgegenständliche Einwilligungserklärung widerspricht den Anforderungen an eine zuvor erfolgte klare, umfassende und verständliche Information auch nicht deswegen, weil der Nutzer die Möglichkeit, seine Einwilligung zu verweigern, etwa nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit erkennen könnte. Der Erklärung ist ein Ankreuzfeld vorangestellt, das durch das darin vorhandene Häkchen voreingestellt ist. Der durchschnittliche Internetnutzer weiß heute, dass er ein solches Häkchen durch Anklicken des Ankreuzfeldes entfernen und damit seine Einwilligung verweigern kannEs ist daher nicht erforderlich, auf diese Möglichkeit noch ausdrücklich hinzuweisen. Ebenso wenig geht der Nutzer davon aus, der Versuch eines Widerspruchs gegen die Cookie-Nutzung sei deswegen von vornherein nicht erfolgversprechend, weil er unter diesen Umständen am Gewinnspiel nicht teilnehmen könne. Denn damit wäre die Gestaltung der Erklärung, die einen solchen Widerspruch gerade zulässt, nicht zu vereinbaren.

c)
Die beanstandete Einwilligungserklärung ist auch mit § 28 IIIa 2 BDSG vereinbar, wonach eine nicht in Schriftform abgegebene Einwilligungserklärung nach § 4 BDSG, die zusammen mit anderen Erklärungen abgegeben werden soll, „in drucktechnisch deutlicher Gestaltung besonders hervorzuheben“ ist.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann ein Verstoß gegen diese Vorschrift nicht darin gesehen werden, dass wesentliche Informationen nicht schon in der Erklärung selbst, sondern erst in der verlinkten Erläuterung gemäß Anlage K 2 gegeben werden. Das ist keine Frage der „besonderen Hervorhebung in drucktechnisch deutlicher Gestaltung“, für die es ausreicht, wenn die Einwilligungserklärung als solche in ausreichender Weise hervorgehoben ist; dies ist hier der Fall. Dagegen können die erforderlichen Informationen über den Hintergrund und die Tragweite der Einwilligung grundsätzlich durch einen – deutlich gekennzeichneten – Link auf einen weiteren Text gegeben werden. Enthält die Einwilligungserklärung selbst bereits gewisse Erläuterungen, kann es zwar problematisch sein, wenn dabei wichtige Punkte unterschlagen werden, die erst im verlinkten Text angesprochen werden. Das ist aber keine Frage der „besonderen Hervorhebung“, sondern der inhaltlichen Überprüfung der Einwilligung.

d)
Schließlich ist die angegriffene Einwilligungserklärung auch inhaltlich nicht zu beanstanden.

Die an Art. 5 III der Richtlinie 2002/58/EG zu orientierende Auslegung von §§ 4a I, 28 IIIa BDSG, 13 II TMG verlangt, dass der Nutzer vor der Einwilligung in die Setzung von Cookies und in die Übermittlung und Verwertung der dadurch erhaltenen Informationen durch Dritte klar und umfassend über die damit verbundenen Umstände informiert wird.

Ohne Erfolg beanstandet der Kläger, dass die in der Einwilligungserklärung erwähnten „Werbepartner“ des Webanalysedienstes … weder in der Erklärung selbst noch in der verlinkten Erläuterung gemäß Anlage K 2 näher bezeichnet werden. Das verlangt das Gesetz nach Auffassung des erkennenden Senats nicht. Weder Art. 5 III der Richtlinie 2002/58/EG noch dem Erwägungsgrund (66) der Richtlinie 2009/136/EG ist zu entnehmen, dass dem Nutzer über die Erläuterung der Funktion eines Cookies und der damit verbundenen Folgen hinaus die Identität der Dritten offengelegt werden müsste, die infolge der Einwilligung auf den Cookie bzwdie in ihm enthaltenen Informationen zugreifen können. Insbesondere lassen sich auf diesen Sachverhalt die zur Einwilligung in Werbeanrufe nach § 7 II Nr. 2 UWG entwickelten Grundsätze nicht übertragen, da es hier nicht um die Abwehr belästigender Werbung geht.

Ansonsten ist die Einwilligungserklärung inhaltlich nicht zu beanstanden. Sie stellt die Funktion eines Cookies in den Grundzügen richtig heraus; die Einzelheiten werden dann in dem – hinreichend deutlich – verlinkten weiteren Text gemäß Anlage K 2 detailliert erläutert. Der Senat verkennt nicht, dass die technisch nicht einfachen Zusammenhänge bei der Setzung und Nutzung von Cookies in ihren Einzelheiten auch noch eingehender dargestellt werden könnten. Die insoweit zu stellenden Anforderungen an die erforderliche Information des Nutzers müssen jedoch – wenn die Information ihren Sinn erfüllen soll – auch der Fähigkeit und Bereitschaft des Nutzers Rechnung tragen, sich mit diesen Fragen tatsächlich zu befassen. Diesen Anforderungen werden die streitgegenständlichen Informationen gerecht. Der Kläger hat auch nicht konkret dargetan, dass der Nutzer etwa über bestimmte Tatsachen, die für die Einwilligungserklärung von Bedeutung sein können, getäuscht oder im Unklaren gelassen wird.

Auf die Berufung war daher in diesem Punkt das angefochtene Urteil unter Abweisung der Klage abzuändern.

3.
Unbegründet ist die Berufung hinsichtlich des vom Landgericht zuerkannten Anspruchs auf Erstattung der Abmahnkosten (Antrag und Tenor zu II.). Da lediglich eine Abmahnpauschale verlangt wird, hat der Umstand, dass die Abmahnung nur zum Teil berechtigt war, auf die Höhe des Erstattungsanspruchs nach § 12 I 2 UWG keinen Einfluss (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., Rdz. 1.99 zu § 12).

4.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 I, 97 I ZPO. Bei der Quotelung der Kosten erster Instanz war zu berücksichtigen, dass der Kläger in erster Instanz hinsichtlich zweier der drei gestellten Unterlassungsanträge unterlegen ist. Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 21.7.2014 (S. 1; Bl. 133 d.A.) hat der Kläger deutlich gemacht, dass es ihm mit der Stellung zweier auf die Einwilligungserklärung in die Werbung bezogenen Anträge auch darum gegangen ist, diese wegen ihres Charakters als „Sammelerklärung“, d.h. wegen ihrer gleichzeitigen Geltung für Telefonwerbung einerseits und Werbung per E-Mail sowie SMS andererseits, anzugreifen. Mit diesem gegenüber dem ausgesprochenen Verbot weitergehenden Verbotsziel ist er vor dem Landgericht, das die weitergehende Klage abgewiesen hat, nicht durchgedrungen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war gemäß § 543 II 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da den für die Entscheidung erheblichen datenschutzrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Fragen grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Vorinstanz:
LG Frankfurt a.M., Az. 2-6 O 30/14