OLG Oldenburg: Werbung für Möbel mit Holzdekor ist nicht irreführend, wenn das Dekor aus Kunststoff in Holzoptik besteht

veröffentlicht am 13. August 2018

OLG Oldenburg, Urteil vom 26.01.2018, Az. 6 U 111/17
§ 3 Abs. 1 UWG, § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG

Die Entscheidung des OLG Oldenburg haben wir hier zusammengefasst (OLG Oldenburg – Werbung Möbeldekor), den Volltext finden Sie nachfolgend:


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Oberlandesgericht Oldenburg

Urteil

Die Berufung des Klägers gegen das am 14.06.2017 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer (= 3. Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Oldenburg wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund der Urteile zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.
Der Kläger macht gegen die Beklagte einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend und begehrt ferner die Zahlung von Abmahnkosten.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder sowie die Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs gehören. Die Beklagte betreibt ein überregional großes Unternehmen, welches Möbel vertreibt.

In der Zeitschrift „Z…“ (Anlage K 3 – Anlagenband Kläger) – eine Beilage zur „Zeitung für die Stadt B… am Mittwoch“ – bewarb die Beklagte eine Anbauwand „S….“ zum Preis von 555,- € mit dem Hinweis „Dekor Sonoma Eiche“. Die beworbene Anbauwand ist nicht mit natürlichem Eichenholz bzw. Eichenholzfurnier beschichtet, sondern vielmehr mit einer Kunststoffnachbildung mit Eichenmaserung.

Eine vorgerichtliche Abmahnung des Klägers war erfolglos, weshalb durch ihn ein einstweiliges Verfügungsverfahren eingeleitet wurde. Dazu wird auf die vom Kläger überreichten Anlagen K 4, K 5 – und hinsichtlich der Berufungsinstanz – auf die Anlage K 6 verwiesen. Nach der Rücknahme des Rechtsmittels hat der Kläger sodann die Beklagte zur Abgabe einer sog. Abschlusserklärung aufgefordert, deren Abgabe die Beklagte ablehnte (Anlagen K 7 und 8).

Mit der erhobenen Hauptsacheklage begehrt der Kläger nunmehr die Unterlassung der beanstandeten Werbung.

Die Parteien vertreten divergierende Auffassungen dazu, ob die Werbung der Beklagten einen Wettbewerbsverstoß darstellt, insbesondere ob die inkriminierte Werbung unter dem Gesichtspunkt der Täuschung über die stoffliche Substanz der Ware eine Irreführung der Verbraucher darstellt. Sie streiten darüber, ob die Werbung geeignet sei, einen nicht unerheblichen Teil der Betrachter des Prospektes dahingehend zu täuschen, dass diese irrig davon ausgingen, dass es sich bei dem beworbenen Möbelstück um eine Schrankwand aus Eichenholz oder zumindest aus Eichenholzfurnier handelt.

Der Kläger hat behauptet, zur Erforschung eines identischen Sachverhalts habe ein von ihm eingeholtes, nach wissenschaftlichen Grundsätzen erstelltes Meinungsforschungsgutachten (…) ergeben, dass etwa 1/3 der befragten Personen angenommen habe, dass das beworbene Möbelstück aus massivem Holz oder aus Spanplatte mit einer holzveredelten Oberfläche (Furnier) bestehe (Anlagen K 9 und 10). Auch das Begriffspaar „Dekor Sonoma Eiche“ werde von vielen angesprochenen Verbrauchern so verstanden, dass das betroffene Möbelstück „mit Eiche dekoriert“ sei.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, einem durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher werde mit der Werbeaussage deutlich gemacht, dass es sich nicht um eine Aussage über die Materialbeschaffenheit handele. Der niedrige Preis enthalte ebenfalls einen Hinweis darauf, dass die Wohnwand nicht aus Echtholz bzw. Furnier bestehe. Denn der verständige Verbraucher wisse, dass Echtholz oder furniertes Holz deutlich kostenintensiver und aufwendiger zu verarbeiten sei. Ein verständiger und situationsadäquat aufmerksamer Verbraucher verstehe die von ihr benutzte standardisierte Bezeichnung nicht als Hinweis über eine Materialbeschaffenheit, sondern als bloße Aussage über das Aussehen.

Das Landgericht hat mit dem am 14.06.2017 verkündeten Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen sowie hinsichtlich der erstinstanzlich gestellten Anträge verwiesen wird (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO – Seiten 2,3 LGU), nach Beweisaufnahme durch Einholung eines Meinungsforschungsgutachtens (Sonderband) sowie Anhörung des Sachverständigen (Band I Blatt 136 bis 139 GA) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Unterlassungsanspruch sei nicht begründet, weil eine Irreführung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG nicht festzustellen sei. Bei einem erheblichen Anteil der angesprochenen Verkehrskreise sei eine Irreführung nicht anzunehmen; das setze nämlich voraus, dass die erweckte Vorstellung mit den wirklichen Verhältnisse nicht übereinstimme und diese Vorstellung der angesprochenen Verbraucher für die Entscheidung relevant sei. Das sei unter Berücksichtigung einer relevanten Irreführungsquote von 15-20 % nach dem eingeholten Meinungsforschungsgutachten jedoch nicht der Fall.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Seiten 4 – 5 LGU) verwiesen.

Dagegen wendet sich der Kläger mit dem Rechtsmittel der Berufung.

Der Kläger ist der Ansicht, die Entscheidung des Landgerichts sei rechtsfehlerhaft, weil das Landgericht die entscheidungserheblichen Tatsachen falsch gewürdigt sowie die maßgeblichen Rechtsnormen teilweise unrichtig angewandt habe. Die Begründung der angefochtenen Entscheidung trage die Klageabweisung nicht. Die vom Landgericht nach der durchgeführten Beweisaufnahme gezogene Schlussfolgerung lasse sich bei verständiger Würdigung aus den Ergebnissen des Verkehrsbefragungsgutachtens nicht herleiten. Wie bereits erstinstanzlich gerügt, habe die Kammer das bewährte Procedere bei der Abstimmung der Beweisfrage missachtet, indem die Parteien bei der Formulierung der Fragestellung des Gutachtens nicht einbezogen worden seien. Es wäre ein Erörterungstermin mit den Parteien und dem Gutachter die einzig sinnvolle Vorgehensweise gewesen. Entscheidend sei, dass entgegen der ursprünglich im Schreiben vom 08.08.2016 auf Seite 2 angekündigten Vorgehensweise der Sachverständige die Fragestellung mit der (noch sehr offenen) Frage 3 beendet und die ursprünglich vorgesehene Frage 4 zum Verständnis der Werbung nicht gestellt habe. Die Befragung habe nicht nach der Frage 3 beendet werden dürfen, da die für den Rechtsstreit entscheidende Frage, ob die angesprochenen Verkehrskreise der verwendeten Beschreibung entnehmen, dass es sich bei dem beworbenen Möbel um ein Stück handele, das aus Massivholz oder Echtholzfurnier gefertigt worden sei, nicht gestellt worden sei. Diese Frage aber wäre der logische Abschluss der Befragung gewesen. Bei der Beantwortung der Frage 3 verbleibe eine nicht hinzunehmende Ungewissheit darüber, welchen Erwartungshorizont die Werbung bei den Umfrageteilnehmern tatsächlich erwecke. Demgegenüber sei die Art und Weise der Befragung des Instituts …hinsichtlich der Verbrauchererwartung ungleich aussagekräftiger. Das Landgericht habe sich bei der problematischen Würdigung der Ergebnisse der Verkehrsbefragung auch inkonsequent verhalten, weil es bei der Würdigung der Antworten zur Frage 3 des Gutachtens nicht diejenigen der Zielgruppe von Verbrauchern, die sich bereits mit dem Kauf einer Anbauwand befasst hätten, berücksichtigt habe. Das Landgericht habe ferner nicht beachtet, dass nach den bewährten Standards für Meinungsumfragen die Art der Fragen so konstruiert werden solle, dass die vorgegebenen Antwortmöglichkeiten sich wechselseitig ausschließen. Dadurch werde die Aussagekraft der Ergebnisse erheblich beeinträchtigt. Da die Ergebnisse des von ihm beigebrachten Privatgutachtens drastisch anders ausgefallen seien, hätte das Landgericht in seiner Urteilsbegründung auch dazu Stellung nehmen müssen, wie sich diese Diskrepanz erkläre und weshalb es das im Prozess eingeholte Gutachten für aussagekräftiger halte.

Die Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der persönlich haftenden Gesellschafterin, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu werben:

für ein Möbelstück, dessen äußere Flächen mit einer Kunststofffolie überzogen sind, zu werben mit der Nennung einer Holzart, beispielsweise Eiche, und dem Zusatz „Dekor“,

insbesondere zu werben:

„Anbauwand S…“ … im neuen Dekor Sonoma Eiche“, wenn dies geschieht wie in dem Prospekt „Z… – eine Beilage zur „Zeitung für die Stadt B… am Mittwoch“ vom 24. September 2014 auf Seite 7 (Anlage K 3),

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 178,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage (28.12.2015) zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und tritt der Berufung entgegen.

II.
Die zulässige Berufung des Klägers ist sachlich nicht gerechtfertigt.

Die Entscheidung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden, insbesondere sind Rechtsfehler nicht erkennbar. Das Landgericht hat weder entscheidungserhebliche Tatsachen fehlerhaft gewürdigt noch die maßgeblichen Rechtsnormen unrichtig angewandt.

Der von dem Kläger gerügte Gesetzesverstoß der Beklagten kann nicht festgestellt werden. Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme kann nicht angenommen werden, dass die Werbung den Wettbewerb zum Nachteil der Verbraucher i. S. d. § 3 UWG nicht nur unwesentlich beeinträchtigt bzw. die Beklagte eine irreführende geschäftliche Handlung vorgenommen hat, die geeignet ist, einen relevanten Teil der angesprochenen Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG).

1.
Der Kläger ist – unter Berücksichtigung der von ihm überreichten Anlagen K 1 und 2 – als nach dem Wettbewerbsrecht klagefähiger Verband, der in die Liste qualifizierter Einrichtungen eingetragen ist, ohne weiteres klagebefugt und aktivlegitimiert, §§ 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG.

2.
Unterlassungsanspruch

Der vom Kläger geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergibt sich nicht aus den §§ 3 Abs. 1 und 2, 5 Abs. 1 Nr. 1, 5 a Abs. 1 und § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3 UWG. Denn eine Irreführung eines relevanten Teils des angesprochenen Verkehrs durch die angegriffene Werbeaussage kann nicht festgestellt werden.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die wesentlichen Merkmale der Ware wie etwa die Art, die Ausführung, die Verwendungsmöglichkeit und die Beschaffenheit enthält (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG). Dabei können selbst objektiv zutreffende Angaben die Gefahr einer Irreführung begründen, wenn sie aufgrund missverständlicher Verwendung lückenhaft und daher zur Irreführung geeignet sind (vgl. OLG Hamm GRUR-RR 2012, 285; Köhler/Bornkamm-Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Auflage (2018), § 5 Rn. 1.60).

Eine Irreführung i. S. d. § 5 Abs. 1 UWG bzw. eine unzulässige geschäftliche Handlung i. S. d. § 3 UWG können nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedoch nicht festgestellt werden.

Für eine Irreführung – gemeint ist eine irreführende Information – genügt es, wenn die entsprechende Angabe geeignet ist, die Umworbenen in Irrtum zu versetzen und sie zu falschen Annahmen zu beeinflussen, wobei es weder auf den objektiven Wortsinn noch darauf ankommt, wie der Werbende selbst seine Aussage über die Ware oder die gewerbliche Leistung verstanden haben will. Maßgebend ist vielmehr die Auffassung der Verkehrssitte, an die sich die Werbung richtet. Es genügt, dass eine Angabe geeignet ist, die Umworbenen irrezuführen und sie zu falschen geschäftlichen Entscheidungen zu veranlassen (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 24.07.2014 – 2 U 34/14 in juris Rn. 8 unter Hinweis auf BGH NJW 2004, 1163). Der Verkehr, auf dessen Auffassung es ankommt, muss der Werbung allerdings – soll sie als irreführend untersagt werden – eine inhaltlich nachprüfbare Aussage entnehmen; dabei wird nur eine weite Auslegung dem Schutzzweck des Irreführungsverbots gerecht (Köhler/Bornkamm-Bornkamm/Feddersen, aaO, § 5 Rn. 1.22 und 1.28).

Ob die inkriminierte Werbung zur Irreführung i. S. d. § 5 Abs. 1 UWG über die Beschaffenheit der beworbenen Anbauwand geeignet ist, hängt maßgeblich davon ab, ob die Werbung von einem nicht völlig unerheblichen Teil des Verkehrs in einem den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechendem Sinne aufgefasst wird (vgl. BGH GRUR 2013, 1254 in juris Rn 15). Bei der Prüfung einer Irreführung ist allerdings davon auszugehen, dass der durchschnittlich informierte Verbraucher sich aufmerksam und verständig mit einer Werbung auseinandersetzt. Ihm ist im Regelfall zu unterstellen, dass er die Werbung insgesamt betrachtet und bei entsprechend erkennbaren Klarstellungen diese auch tatsächlich zur Kenntnis nimmt. Weiter hängt die Beurteilung einer Werbung im Hinblick auf § 5 UWG davon ab, wie der angesprochene Verkehr diese aufgrund des vermittelten Gesamteindrucks versteht (Empfängerhorizont bzw. Auffassung des von der Werbung angesprochenen Personenkreises). Nicht Einzelteile der Werbung sind isoliert auf ihre Irreführung hin zu untersuchen, sondern es ist stets der Zusammenhang zu würdigen, in dem die einzelnen Werbeaussagen stehen (vgl. OLG Stuttgart, aaO in juris Rn 9 und 10). Eine Wettbewerbswidrigkeit kann selbst dann anzunehmen sein, wenn einzelne Wendungen für sich genommen möglicherweise noch als unkritisch beurteilt werden können, hingegen in der konkreten Kombination eine wettbewerbswidrige Zielrichtung erlangen (vgl. Hans. OLG Hamburg Magazindienst 2008, 364 in juris Rn 29; Köhler/Bornkamm-Bornkamm/Feddersen, aaO, § 5 Rn. 1.81 m.w.N.). Die Annahme einer Irreführung ist insbesondere nicht ausgeschlossen, wenn die beanstandete Angabe zwar nicht ausdrücklich eine unrichtige Tatsachenbehauptung enthält, sie aber aufgrund der Wortwahl gerade darauf angelegt ist, bei dem Leser ein bestimmtes Verständnis hervorzurufen und der Leser durch diese irrige Vorstellung von dem Angebot der Werbung angezogen wird (vgl. Hans. OLG Hamburg, Magazindienst 2008, 364 in juris Rn 36). Eine Werbung, die sich – wie die vorliegende Anzeige – an den Verbraucher wendet, ist irreführend, wenn sie dem angesprochenen durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen, kritischen und verständigen Verbraucher ein Bild von Waren oder Dienstleistungen vermittelt, das mit der Realität nicht übereinstimmt, und ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher in die Gefahr einer Fehlvorstellung gebracht wird (vgl. BGH GRUR 2013,1254 in juris Rn 15; Köhler/Bornkamm-Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Auflage (2018), § 5 Rn. 0.62 m.w.N.).

Gemessen an diesen Vorgaben und Maßstäben ist die Werbung der Beklagten unter Berücksichtigung der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung sowie der Literatur nicht als irreführend i. S. v. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 UWG zu qualifizieren, weil die in der Anzeige enthaltene Werbung keine relevante Mehrdeutigkeit und Missverständlichkeit aufweist.

Die Werbung der Beklagten für die beworbene Anbauwand richtet sich allgemein an Verbraucher, vorwiegend jedoch an solche, die sich für den Kauf von Möbeln bzw. einer Anbauwand interessieren, im speziellen an jüngere Kunden (vgl. die Werbung „….“), die sich günstig eine Wohnwand zulegen wollen, also die allgemeinen Verkehrskreise. Zu diesen Verkehrskreisen gehören auch die Senatsmitglieder, sodass der Senat die Verbrauchervorstellung bzw. welches Verständnis der Verkehr von dem Begriff „Dekor Sonoma Eiche“ hat, grundsätzlich aufgrund eigener Sachkunde und der Lebenserfahrung selbst beurteilen kann.

Aufgrund eigener Sachkunde und allgemeiner Lebenserfahrung spricht aus Sicht des Senats – wie bereits im Hinweisbeschluss des einstweiligen Verfügungsverfahrens vom 19.06.2015 ausgeführt – vieles dafür, dass ein Verbraucher, der sich einer Werbung für Möbel mit situationsadäquater und kritischer Aufmerksamkeit zuwendet, in Bezug auf die beanstandete Werbeaussage „Dekor Sonoma Eiche“ nicht die irrige Vorstellung haben wird, dass die aus insgesamt 6 Teilen bestehende, beworbene Anbauwand aus (Massiv- bzw. Echt-)Holz oder Holzfurnier besteht, sondern eher die Aussage (zutreffend) dahin versteht, dass die Anbauwand „S…“ nachgebildet und mit einer holzfarbigen Kunststoff-Folie versehen ist (OLG Oldenburg – Senat – MDR 2016, 109 in juris Rn. 17).

Der Begriff „Dekor“ wird im allgemeinen Sprachgebrauch für eine Verzierung oder Ausstattung verwendet. Er besagt, dass etwas verkleidet ist, wobei allgemein auch ein positiver Gestaltungswille mitschwingen mag. Das Wort „Dekor“ trifft jedoch zunächst noch keine Aussage über die stoffliche Zusammensetzung, sondern besagt lediglich etwas über das Aussehen. Deshalb wird bei der Verwendung des Begriffes „Dekor“ in Verbindung mit einer Holzart zunächst auch nur eine Aussage darüber getroffen, wie das betreffende, beworbene Möbelstück aussieht. Damit ist aber noch nicht zwangsläufig verbunden, dass diese Sache auch aus dem Material hergestellt worden ist, es sich also bei dem Möbelstück um eine Sache aus Holz oder Holzfurnier handelt (OLG Oldenburg MDR 2016, 109 in juris Rn. 18; OLG Hamm MD 2011,437 in juris Rn. 19). Der Begriff „Dekor“ besagt zunächst nur, dass etwas verkleidet ist, nicht jedoch, ob es sich um ein bestimmtes Material, nämlich Holz, Holzfurnier oder eine Kunststofffolie handelt.

Fraglich ist allerdings, wie die Werbung für den Adressaten zu beurteilen ist, wenn der Begriff Dekor“ – wie hier – in Kombination mit einer Holzart (vorliegend Eiche) zur Beschreibung eines Möbelstücks verwendet wird, mit dem der angesprochene Verbraucher ohnehin das Material Holz jedenfalls gedanklich in Verbindung bringt.

Das OLG Hamm (MD 2011, 437 in juris Rn. 19) ist der Auffassung, es liege nahe, darunter jedenfalls auch die Verzierung des Schranks mit der genannten Holzart zu verstehen. Der Verbraucher mit einem solchen Verständnis nehme an, das Holz der angesprochenen Art – jedenfalls aber Buchefurnier – als Dekor für die Schrankerstellung verwandt werde. Der Verbraucher nehme nicht an und vermöge auch nicht ohne weiteres zu erkennen, dass es bei dem Dekor nur um die Verwendung von buchefarbigem Kunststoff gehe.

Das OLG München (6 U 4267/11) hat demgegenüber unter Berücksichtigung weiterer Besonderheiten (Preis der Sache, weitere Werbung für ein Möbelstück auf der identischen Seite unter der Angabe „FRONT ERLE MASSIV“) angenommen, dass der angesprochene Verkehr bei einem fehlenden Hinweis auf die Verwendung massiven oder teilmassiven Holzes die Angabe „Dekor in Verbindung mit einer Holzart“ nicht dahin verstehe, dass das Möbelstück zumindest teilweise aus Vollholz bestehe.

Der Senat hat sich in seinem Hinweisbeschluss der Auffassung des OLG München anschließen wollen und ausgeführt: „Ein angemessen verständiger Verbraucher, der Möbel kaufen will und auch schon Möbel gekauft hat, dürfte insoweit auch zwischen Dekor bzw. Nachbildung und (Massiv-) Holz, (Holz) Furnier unterscheiden. Ihm dürfte bekannt sein, dass gerade im unteren Preissegment – hier: Anbauwand zu einem von 675,- € auf 555,- € reduzierten Preis – die Verwendung von mit holzfarbigen Kunststoff-Folien versehenen oder entsprechend kunststoffbeschichteten Spanplatten (eine) nicht unübliche, sondern vielmehr allgemein verbreitete Praxis ist und das Echt- oder Furnierholz in der Regel ausdrücklich entsprechend gekennzeichnet ist“ (in juris Rn. 19).

An dieser Auffassung hält der Senat uneingeschränkt fest, weil bei einer Gesamtbetrachtung der Werbung unter Berücksichtigung des relativ geringen Preises für die aus insgesamt 6 Teilen bestehende, angebotene Anbauwand ein durchschnittlicher verständiger, aufmerksamer und kritischer Verbraucher, der bereits über eine Anbauwand verfügt bzw. sich für den Erwerb einer Anbauwand interessiert, nicht – wie das eingeholte Gutachten ergeben hat – die Erwartung haben dürfte, dass trotz der Verwendung des Begriffspaares „Dekor Sonoma Eiche“ tatsächlich Holz bzw. Furnier bei der Verarbeitung verwandt wurde. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang die Auffassung der Beklagten, dass die Werbebeilage auch Möbelstücke mit dem Hinweis „Eiche massiv geölt“ oder „Massivholzprogramm“ – teilweise auch zu einem relativ geringen Preis – bewirbt. Denn ein interessierter Verbraucher, der eine Anbauwand erwerben will, ist nicht gehalten, die Werbebeilage – auch zu Vergleichszwecken – insgesamt zu sichten, und wird dies auch nicht tun, sondern sich vielmehr auf die für ihn interessante Werbung beschränken.

Der Bundesgerichtshof stellt nicht mehr auf den flüchtigen Verbraucher ab, sondern auf den durchschnittlich informierten, verständigen Verbraucher, der sich der Werbung mit situationsadäquater Aufmerksamkeit zuwendet (Köhler/Bornkamp-Bornkamp/Feddersen, aaO, § 5 Rn. 1.76 m.w.N.). Dabei ist die Aufmerksamkeit und Sorgfalt, mit der ein Verbraucher eine Werbung zur Kenntnis nimmt, nicht stets die gleiche. Je nach den konkreten Umständen, insbesondere je nach der Situation und dem Sinnzusammenhang, fasst der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher eine werbliche Angabe unterschiedlich auf. Das hängt zum einen davon ab, welche Bedeutung die beworbene Ware für ihn besitzt. Bei völlig geringfügigen Waren des täglichen Bedarfs wird die Beurteilung einer Werbung auch von einem verständigen Verbraucher (eher) flüchtig erfolgen. Anders liegt es – wie hier – bei einer Werbung für nicht völlig geringwertige Waren, die von einem verständigen Verbraucher mit größerer Aufmerksamkeit wahrgenommen werden. Mit der wirtschaftlichen Tragweite des zu treffenden Kaufentschlusses wächst die vom Verbraucher angewendete Sorgfalt bei der Wahrnehmung werblicher Angaben (Köhler/Bornkamm-Bornkamm/Feddersen, aaO, § 5 Rn. 1.79 unter Hinweis auf BGH GRUR 2015, 698 Rn. 10,19 – Schlafzimmer komplett). Da der Preis für die beworbene Anbauwand in Höhe von 555,- € unter Anwendung objektiver Maßstäbe nicht als geringfügig angesehen werden kann, liegt es nahe, dass der an dem Erwerb einer Anbauwand interessierte Verbraucher die Werbung mit größerer Aufmerksamkeit wahrnimmt und sich mit ihrem Inhalt gedanklich befasst. Danach ist eine Irreführung der Werbung zu verneinen (siehe dazu aber Köhler/Bornkamm, aaO, § 5 Rn. 2.62 (Seite 844, die unter Hinweis auf die Entscheidung des OLG Hamm und des OLG Oldenburg von einer Irreführung ausgehen).

Es stellt sich allerdings unter Berücksichtigung des vom Senat erlassenen Hinweisbeschlusses im einstweiligen Verfügungsverfahren die Frage, ob besondere Umstände vorliegen, die das vom Senat angenommene Verkehrsverständnis als bedenklich erscheinen lassen. In seinem Hinweisbeschluss hat der Senat ausgeführt, außerhalb eines einstweiligen Verfügungsverfahrens wäre die Erhebung eines Sachverständigenbeweises von Amts wegen durch Einholung eines aktuellen Meinungsforschungsgutachtens veranlasst, was das Landgericht offenbar zum Anlass genommen hat, ein Meinungsforschungsgutachten einzuholen (vgl. OLG Oldenburg, aaO, in juris Rn. 20 und 22).

Nach der sog. Bärenfang-Doktrin darf das Gericht die Irreführungsgefahr bejahen, im Allgemeinen aber nicht verneinen. Meint der Richter feststellen zu können, dass er für seine Person als unbefangener Durchschnittsverbraucher irregeführt wird, erlaubt dies den Schluss, dass ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil der beteiligten Kreise getäuscht wird. Meint der Richter – in der Tendenz eher ein umsichtiger und verständiger Verbraucher – dagegen, nicht irregeführt zu werden, kann er deswegen noch lange nicht ausschließen, dass nicht ein kleiner, aber nicht völlig unbeachtlicher Teil des Verkehrs doch irregeführt wird (Köhler/Bornkamm-Bornkamm/Feddersen, aaO, § 5 Rn. 1.227 m.w.N. + Rn. 1.231 ff). Die Gerichte dürfen nicht großzügig Sachkunde für sich in Anspruch nehmen, vielmehr müssen sie darlegen, weshalb sie meinen, sich ein eigenes Urteil bilden zu können (Köhler/Bornkamm, aaO, § 5 Rn. 1.234 unter Hinweis auf BGH GRUR 2010, 1125 Rn. 50).

Das alles bedarf jedoch vorliegend keiner weiteren (näheren) Vertiefung, weil das durch das Landgericht eingeholte Meinungsforschungsgutachten der … GmbH (siehe Sonderband) bereits ergibt, dass ein jedenfalls relevanter Teil der angesprochenen Verkehrskreise durch die inkriminierte Werbung nicht irregeführt wird.

Auf das von dem Kläger bereits im einstweiligen Verfügungsverfahren vorgelegte Parteigutachten, das lediglich als qualifizierter Parteivortrag zu werten ist, kann für die Problematik der Irreführung nicht abgestellt werden. Das Gutachten der … geht zurück auf das Jahr 2005 – erstellt wurde das Gutachten am 21.12.2005 -, in diesem Jahr wurde zu einer Abbildung mit Werbeaufschrift (Kleiderschrank in Buche Dekor) eine Befragung in 1.265 Interviews durchgeführt. Die Befragten sollten nach Betrachtung der Abbildung ihre Meinung darüber äußern, aus welchem Material der abgebildete Kleiderschrank hergestellt wurde (Anlage K 9 – …). Diese Befragung liegt inzwischen 12 Jahre zurück, in diesem zurückliegenden Zeitraum können sich die Anschauungen und Bewertungen der Verbraucher durchaus derart verändert haben, dass eine heute durchgeführte Befragung durchaus zu anderen Ergebnissen kommen könnte. Genau das ergibt sich nach dem Inhalt des eingeholten Sachverständigengutachtens der …GmbH vom 02.11.2016, welches nach einer Befragung von Verbrauchern zu anderen Ergebnissen gelangt als das Gutachten der … (Anlage K 9). Nach dem Gutachten der … hat die Befragung von Verbrauchern zu dem Thema „Buche Dekor“ ergeben, dass 51,6 % mit diesem Begriffspaar eine Spanplatte mit Kunststoff-Folie und 41,9 % echtes Holz (Massivholz oder Furnier) verstehen. Das vom Landgericht eingeholte Gutachten (dort Seite 10) hat demgegenüber ergeben, dass 30,3 % aller Befragten und 31,2 % des engeren Verkehrs der Auffassung waren, es sei kein Eiche-Massivholz bzw. kein Eiche-Echtholzfurnier verwendet worden. Die zweitgrößte Zustimmungsquote erfolgte zu der Aussage, dass ein Eichenholz- bzw. Eichenholzfurnier-Nachbildung aus Kunststoff verwendet wurde. Lediglich 9,1 % aller Befragten bzw. 10,2 % des engeren Verkehrs erwarten, dass es sich um massives Eiche-Echtholzfurnier handele, 4,9 % bzw. 6,3 % erwarten, dass massives Eichenholz verwendet wurde. Diese Ergebnisse der durchgeführten Befragung belegen eindrucksvoll, dass sich die Verkehrsanschauung seit der Befragung im Jahre 2005 deutlich geändert und ein Bedeutungswandel stattgefunden hat. Auf der Grundlage des eingeholten Gutachtens der … GmbH lässt sich eine relevante Irreführung deshalb nicht feststellen.

Das neue Verbraucherleitbild hat in erster Linie Auswirkungen auf die Irreführungsquote, wobei man früher davon ausging, dass ein nicht völlig unerheblicher Teil des Verkehrs, der für eine Irreführung ausreichte, bei 10-15 % liegt. Eine generelle, derart niedrig liegende Quote ist mit dem Bild eines durchschnittlich aufmerksamen und verständigen Verbrauchers nicht mehr in Einklang zu bringen. Es ist auch nicht damit getan, die Irreführungsquote einfach höher zu setzen, etwa auf 1/4 oder 1/3 der angesprochenen Verkehrskreise. Denn es muss nicht nur danach differenziert werden, ob die beanstandete Aussage objektiv zutreffend ist oder nicht, sondern auch danach, ob sie eine unzutreffende Information vermittelt oder lediglich zu einer unzutreffenden Assoziation Anlass gibt. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass eine Irreführungsquote nur einen von verschiedenen Gesichtspunkten bei der Ermittlung einer Irreführung bilden kann (Köhler/Bornkamp-Bornkamm/Feddersen, aaO, § 5 Rn. 0.74 + 1.99).

Unter Beachtung dieser Grundsätze wird man von einer beachtlichen Irreführungsquote nach dem dargestellten Ergebnis des Gutachtens der …. GmbH nicht ausgehen können, weil lediglich angesprochene Verbraucher in einem nicht relevanten (ein-bis knapp zweistelligen) Prozentbereich nach Befragung zu der inkriminierten Werbung von Echtholz bzw. Echtholzfurnier ausgehen, während der ganz überwiegende Teil der befragten Personen die Verwendung von Echtholz bzw. Echtholzfurnier verneint haben und den Text lediglich als Reklame (19,1 % aller Befragten und 16,5 % des engeren Verkehrs) eingeordnet haben. Das belegt, dass ein verständiger und durchschnittlich aufmerksamer Verbraucher – anders als der Kläger meint – durch die Werbung in Bezug auf die Ausführung und Beschaffenheit der Anbauwand nicht irregeführt wird.

Allerdings hat der Kläger das eingeholte gerichtliche Gutachten der … GmbH mit der Berufung angegriffen und im Wesentlichen moniert, (1) bei der Formulierung der Fragestellung des Gutachtens seien die Parteien nicht einbezogen worden – insbesondere wäre ein Erörterungstermin mit den Parteien und dem Gutachter die einzig sinnvolle Vorgehensweise gewesen -, (2) das Landgericht habe sich nicht lediglich auf die in dem Gutachten festgehaltenen Prozentzahlen bei seiner Bewertung beziehen dürfen, (3) entscheidend sei ferner, dass die Fragestellung gemäß Frage 3 der Verkehrsbefragung hochgradig suggestiv sei und die vorgesehene Frage 4 sei überhaupt nicht gestellt worden, was jedoch notwendig gewesen sei. (4) Schließlich habe sich das Landgericht nicht mit dem vorgelegten Privatgutachten und der im Vergleich zum Gerichtsgutachten sich ergebenden Diskrepanz auseinandergesetzt. Mit diesen Einwendungen kann der Kläger seiner Klage (und seinem Rechtsmittel) nicht zum Erfolg verhelfen.

Das Landgericht hat in dem Beweisbeschluss vom 02.06.2016 (Bd. I Blatt 65 GA) die Beweisfrage dahin formuliert, ob ein Großteil der Verbraucher unter der Anpreisung einer Schrankwand zu einem Preis von 555,- €, deren Furnier unstreitig aus Kunststoff hergestellt ist, bei der Bezeichnung „Anbauwand S… im neuen Dekor Sonoma Eiche“ ein Dekor aus einem Eichenholzfurnier erwarte.

Der Sachverständige Dr. L… hat daraufhin mit Schreiben vom 08.08.2016 einen konkreten Befragungsablauf – bestehend aus insgesamt 5 Fragen – vorgeschlagen (Bd. I Blatt 82 GA; siehe auch Bd. I Blatt 90 – 96 GA). Das Schreiben vom 08.08.2016 wurde ausweislich der Verfügung vom 09.08.2016 (Bd. I Blatt 84 GA) den Parteien zur Kenntnisnahme übersandt, ohne dass die Parteien darauf reagiert hätten. In einem weiteren Schreiben vom 19.09.2016 (Bd. I Blatt 86 GA) hat der Sachverständige nochmals den (im Wesentlichen identischen) Befragungsablauf dargestellt und einen Fragebogenentwurf (Bd. I Blatt 90 ff GA) übermittelt. Ob diese Unterlagen den Parteien ebenfalls übermittelt wurden, lässt sich den Akten indes nicht mit Sicherheit entnehmen.

Entgegen der Auffassung des Klägers war vor der Erstellung des Gutachtens ein Erörterungstermin mit den Parteien und dem Gutachter nicht erforderlich, um die Parteien bei der Formulierung der Fragestellung einzubeziehen. Nach dem Schreiben vom 08.08.2016 hatten die Parteien Gelegenheit, zu dem vorgeschlagenen Befragungsablauf und den in dem Schreiben dargestellten Fragen im Einzelnen Stellung zu nehmen und Bedenken anzumelden. Die in dem weiteren Schreiben vom 19.09.2016 dargestellten Fragen während des Befragungsablaufs haben sich nicht wesentlich geändert und der Fragebogen-Entwurf (Bd. I Blatt 90 ff GA) greift den dargestellten Befragungsablauf aus dem Schreiben vom 08.08.2016 auf. Der Kläger hätte seine Bedenken hinsichtlich der Fragestellung bereits in I. Instanz formulieren und vortragen müssen. Im Übrigen hat das mit der Begutachtung beauftragte Institut – ausgehend von der gestellten Beweisfrage – eigenverantwortlich und eigeninitiativ nach den zu beachtenden Regeln bei der Erstellung eines Meinungsforschungsgutachtens das beauftragte Gutachten zu erstellen. Dass die maßgeblichen Regeln nicht eingehalten wurden, ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger nicht dezidiert und überzeugend dargelegt. Insoweit wird auf das Ergebnis der mündlichen Anhörung des Sachverständigen Dr. L… verwiesen (Seite 2 des Protokolls vom 17.05.2017). Während seiner mündlichen Anhörung hat der Sachverständige Dr. L…mithin die gutachterliche Vorgehensweise in nachvollziehbarer Weise verteidigt und auf Vorhalte des Prozessbevollmächtigten des Klägers in angemessener und plausibler Weise reagiert sowie Fragen beantwortet.

Das Landgericht hat sich bei seiner Bewertung auch nicht lediglich auf die Prozentzahlen der Antworten der Angehörigen der allgemeinen Verkehrskreise beschränkt, sondern auch das Ergebnis der Anhörung des Sachverständigen bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigt.

Das Hauptproblem der Verwertung des Gutachtens sieht der Kläger darin begründet, dass entgegen des in dem Schreiben vom 08.08.2016 mitgeteilten Befragungsablaufs und entgegen der grob angekündigten Vorgehensweise die Fragestellung der Verbraucher mit der Frage Nr. 3 endete und die vorgesehene Frage 4 nicht gestellt worden sei. Nach dem Inhalt des Fragebogen-Entwurfs wurde jedoch allenfalls die Frage 3 ausgespart und die Frage 4, in der Antwortmöglichkeiten aufgezeigt wurden, den 1000 befragten Personen gestellt (vgl. Bd. I Blatt 90 R sowie Gutachten der … GmbH – dort Frage 3 -). Die von dem Kläger angesprochene Suggestivwirkung der gestellten Frage 3 erschließt sich dem Senat nicht. Die befragten (potentiellen) Verbraucher wurden mit der nach dem Fragebogen-Entwurf offen gestellten Frage 3 (Bd. I Blatt 90 R) zum Verständnis der Werbung befragt, indem sie aus einer erheblichen Anzahl verschiedener Antworten auswählen konnten und mitteilen sollten, wie sie das Begriffspaar „Dekor Sonoma Eiche“ verstehen, und damit ihr Verständnis der Werbung kundtun sollten.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass dem vorgelegten (Partei-) Gutachten der „…“ (vgl. auch Anlagenband der Beiakten) ein bestimmter, von dem Kläger geforderter Fragenkatalog nicht entnommen werden kann und auch die Art der konkreten Fragestellung aus dem Privatgutachten nicht ersichtlich ist, so dass dieses – nach Lesart des Klägers – eher Anlass zur Kritik geben müsste.

Zutreffend ist allerdings der Hinweis der Berufung, dass sich das Landgericht bei der Beweiswürdigung und Bewertung des von ihm eingeholten Gutachtens mit dem Privatgutachten des Klägers nicht auseinandergesetzt hat, insbesondere die Diskrepanz der Ergebnisse nicht weiter problematisiert hat.

Insoweit ist – wie bereits ausgeführt – darauf hinzuweisen, dass das Gutachten „…“ aus dem Jahre 2005 stammt und die damals erzielten Ergebnisse auf den heutigen Zeitpunkt nicht ohne weiteres übertragen werden können, weil sich den Ergebnissen des Gutachtens der … GmbH deutlich entnehmen lässt, dass sich die Verkehrsauffassung in Bezug auf die Werbung während des erheblichen Zeitablaufs geändert hat. Im Gegensatz zu dem Gutachten der .. GmbH lässt sich dem Gutachten der … auch ein konkreter Fragenkatalog nicht entnehmen. Aus dem Privatgutachten können keine für das Hauptsacheverfahren sicheren Rückschlüsse auf die Verkehrsauffassung in der heutigen Zeit gezogen werden und die Diskrepanz in den gefundenen Ergebnissen der Gutachter können durch den eingetretenen erheblichen Zeitablauf und die damit verbundene Änderung der Verkehrsauffassung erklärt werden.

Danach ist es vertretbar und zutreffend, unter Berücksichtigung des Bilds eines mündigen Bürgers, der sich ökonomischen Zusammenhängen nicht von vornherein verschließt, und der Abkehr von einem rigiden Wettbewerbsrecht eine relevante Irreführungsquote zu verneinen.

Nach alledem steht dem Kläger der Unterlassungsanspruch gemäß § 5 Abs. 1 UWG nicht zu. Ein solcher ergibt sich nach den gewonnenen Erkenntnissen aus dem Gutachten auch nicht aus §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1 UWG. Denn die Interessen von Verbrauchern werden nicht spürbar beeinträchtigt.

Daraus erschließt sich zugleich, dass er auch die Abmahnkosten nebst Zinsen nicht beanspruchen kann.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO, während sich die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 i. V. m. § 709 ZPO herleitet.

Die Revision wird nicht zugelassen, da nach Einschätzung des Senats die Voraussetzungen für eine Zulassung nicht erfüllt sind. Auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des OLG Hamm MD 2011, 437 sowie des OLG München (Urteil vom – 4 U 4267/11) hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortentwicklung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht (§ 543 Abs. 2 ZPO). Es handelt sich um eine vom Senat getroffene Einzelfallentscheidung.

Vorinstanz:
LG Oldenburg, Az. 15 O 2931/15
OLG Oldenburg, Az. 6 U 66/15