OLG München, Urteil vom 08.02.2018, Az. 6 U 403/17
§ 3 UWG, § 5a UWG; § 6 Abs. 1 Nr. 3 TMG
Die Entscheidung des OLG München haben wir hier zusammengefasst (OLG München – Rabatt für fast alles), den Volltext finden Sie nachfolgend:
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Oberlandesgericht München
Urteil
1.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 26.01.2016, Az. 1 HK O 2420/16, abgeändert wie folgt:
I.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu einer Höhe von 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten, zu vollstrecken an den Geschäftsführern der Komplementär-GmbH der Beklagten, zu unterlassen, in Prospekten und/oder auf sonstigen Werbeträgern zu Zwecken des Wettbewerbs Waren von einem Rabattangebot auszuschließen, die für den Endverbraucher nicht eindeutig bestimmbar sind, wenn dies mit dem Hinweis „Ausgenommen alle Angebote aus unseren Prospekten, Anzeigen und Mailings“ und wie aus der Anlage K 1 ersichtlich geschieht.
II.
Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger 220,- € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.04.2016 zu zahlen.
2.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der in erster Instanz angefallenen Kosten zu tragen.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. und beschlossen:
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf € 20.000.- festgesetzt.
Gründe
I.
Dem Verfahren liegt eine wettbewerbsrechtliche Streitigkeit zwischen den Parteien zugrunde.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der satzungsgemäß unter anderem den Zweck verfolgt, die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder zu fördern und diesbezüglich auch unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen.
Die Beklagte betreibt mehrere Einrichtungshäuser.
Mit Urteil vom 26.01.2017 hat das Landgericht die Klage des Klägers, darauf gerichtet,
1. es der Beklagten bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu verbieten, in Prospekten und/oder auf sonstigen Werbeträgern zu Zwecken des Wettbewerbs Waren von einem Rabattangebot auszuschließen, die für den Endverbraucher nicht eindeutig bestimmbar sind, wenn dies mit dem Hinweis „Ausgenommen alle Angebote aus unseren Prospekten, Anzeigen und Mailings“ und wie aus der Anlage K 1 ersichtlich geschieht,
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger [eine Auslagenpauschale für die Abmahnung vom 23.03.2016, Anl. K 2, in Höhe von] 220,- € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.04.2016 zu zahlen,
abgewiesen. Zur Begründung ist im Ersturteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, ausgeführt:
Dem – prozessführungsbefugten und aktivlegitimierten – Kläger stehe der geltend gemachte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch mangels Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 3, 5a Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 UWG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 3 TMG analog nicht zu. Die Kundgabe eines Preisnachlasses von 25% auf den gesamten Einkauf stelle sich zwar als eine wesentliche Information für den angesprochenen Verbraucher dar. Die streitgegenständlichen Werbeaussagen seien jedoch nicht wettbewerbswidrig, weil in dem in der Werbung angebrachten Hinweis „(S2) Mit folgenden Einschränkungen: Gültig nur bei Neuaufträgen, ausgenommen bereits reduzierte Ware und alle Angebote aus unseren Prospekten, Anzeigen und Mailings“ (vgl. Anl. K 1, S. 4) hinreichend klar und verständlich zum Ausdruck gebracht werde, welche Artikel nicht unter den Preisnachlass fielen. Kunden der Beklagten, die Prospekte erhalten, eine Anzeige in der Zeitung zur Kenntnis genommen oder auch den Newsletter der Beklagten abonniert hätten, wüssten genau, dass der Rabatt auf diese Produkte nicht zum Tragen komme. Derjenige Teil des Publikums, dem diese Informationen nicht zuteil geworden seien, benötige für den Ausschluss vom 25%-igen Geburtstagsrabatt keine Konkretisierung im negativen Sinne, weil ihm gegenüber keine Konkretisierung im positiven Sinne stattgefunden habe. Wer nicht wisse, welche Produkte in den Prospekten, Anzeigen und Mailings beworben würden, könne nicht davon ausgehen, dass auf diese ein Preisnachlass erfolge. Begebe sich ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher, der von der Rabattaktion gelesen und die Einschränkungen zur Kenntnis genommen habe, in eine Filiale der Beklagten, werde er sich vor einem Kaufentschluss dort erkundigen, ob sein ausgewähltes Produkt von der Rabattaktion umfasst ist. Vor Ort könne ihm sodann eine weitergehende Information durch die Mitarbeiter der Beklagten erteilt werden. Weitere Konkretisierungen vorzunehmen sei der Beklagten unzumutbar, da faktisch nicht umsetzbar. Dies gelte insbesondere, soweit alle Artikel in die Werbung aufzunehmen wären, die unter die Ausnahmeregelung fielen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt.
Er führt aus, das Landgericht habe übersehen, dass für die Verwirklichung des Tatbestands des § 5a Abs. 2 UWG eine Irreführung des angesprochenen Verkehrs nicht erforderlich sei. Bei einer Werbung, in der ein Rabatt auf „fast alles“ versprochen werde, erwarte der Verbraucher, dass auch tatsächlich nahezu das komplette Warenangebot hierunter falle. Diese Fehlvorstellung müsse, insbesondere bei einer Blickfangwerbung, deutlich richtig gestellt werden. Dies treffe auf den Streitfall nicht zu, in dem der Verbraucher lediglich durch den in kleiner Schrift und sehr unübersichtlich gehaltenen Fußnotentext Weiteres erfahre. Unbeschadet dessen vermittle auch dieser ihm keine nähere Kenntnis darüber, auf welche Waren sich die Ausnahme beziehe, da er unmöglich alle jemals veröffentlichten Prospekte, Anzeigen und Mailings kennen und im Gedächtnis behalten könne. Auch bestehe keine Klarheit darüber, ob sich die Rabatt-Ausnahme nur auf die Beklagte beziehe oder auch auf die Hersteller der Möbel. Zudem sei der Zeitraum unklar, auf den sich die Anzeigen, Prospekte und Mailings beziehen sollten.
Das Landgericht sei ferner rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass eine Aufklärung im Ladenlokal der Beklagten ausreichend sei. Diese erfolge verspätet, die erforderlichen Angaben seien bereits im Zeitpunkt der Durchführung der Werbemaßnahme dem angesprochenen Verkehr zur Verfügung zu stellen. Betrete der Verbraucher das Geschäft der Beklagten, habe er bereits eine geschäftliche Entscheidung, das Aufsuchen des Ladenlokals, getroffen.
Der Beklagten sei es auch nicht unzumutbar, in gesetzlich zulässiger Weise zu werben und dem Verbraucher die Ausnahmen von der Rabattaktion darin mitzuteilen. Soweit die erforderlichen Angaben ihrem Umfang nach in der fraglichen Werbung nicht platziert werden könnten, dürfe dies nicht zu Lasten des berechtigten Informationsbedürfnisses des Verbrauchers gehen.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen wie erstinstanzlich beantragt und vorstehend wiedergegeben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen. Sie verteidigt das Ersturteil und führt ergänzend hierzu aus:
Das Landgericht habe zutreffend festgestellt, dass jene Teile des Publikums, denen die Prospekte, Anzeigen und Mailings der Beklagten nicht bekannt seien, wegen des Ausschlusses der darin befindlichen Angebote vom 25%-igen Geburtstagsrabatt keine Konkretisierung im negativen Sinne benötigten, und dass der in Anl. K 1 enthaltene Hinweis auf den Ausschluss für diejenigen Verbraucher hinreichend sei, die Kenntnis von den relevanten Prospekten, Anzeigen oder Mailings hätten. Ein Verbraucher, der die streitgegenständliche Werbung lese und über keine Vorkenntnis über Einschränkungen vom versprochenen Rabatt verfüge, nehme nicht an, dass es auf den Preis des betreffenden Angebots den Geburtstagsrabatt gebe.
Ohnehin treffe es nicht zu, dass dem Kunden bereits in der Werbung für eine Verkaufsaktion konkrete Angaben gemacht werden müssten, für welche Waren im Einzelnen der Rabatt ausgelobt werde. Eine derartige Beschränkung sei der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH GRUR 2010, 649 – Preisnachlass nur für Vorratsware; BGH GRUR 2016, 403 – Fressnapf) gerade nicht zu entnehmen. Wenn es aber hiernach aus wettbewerbsrechtlicher Sicht nicht erforderlich sei, in der (Ausgangs-)Werbung das Warenangebot, für das ein Rabatt gewährt werde, zu konkretisieren, dann müsse dies erst recht für die Angabe über Einschränkungen des Rabatt-Angebots gelten.
§ 6 Abs. 1 Nr. 3 TMG sei auf die angegriffene Werbung nicht anwendbar. Für eine analoge Anwendung sei im Streitfall kein Raum.
Der Rüge des Klägers, das Landgericht habe übersehen, dass § 5a Abs. 2 UWG eine Fehlvorstellung des angesprochenen Verkehrs nicht erfordere, sei nicht zu folgen; in dieser Allgemeinheit treffe dessen Rechtsansicht auch nicht zu. Insbesondere sei die hierfür herangezogene „Call by Call“-Entscheidung des BGH im Streitfall nicht einschlägig.
Der Gesichtspunkt der Rabattgewährung auf „fast alles“ im Rahmen einer Blickfangwerbung finde weder im Klageantrag, noch in der Klagebegründung eine Entsprechung und könne daher der Berufung des Klägers nicht zum Erfolg verhelfen. Lediglich vorsorglich sei hierzu anzumerken, dass in Bezug auf den nunmehr vom Kläger bemühten Blickfangaspekt der Ausnahme-Hinweis sowohl im Originalprospekt als auch auf dem Bildschirm mit der erforderlichen Deutlichkeit angebracht sei, der Bildschirmausdruck in Anlage K 1 entspreche nicht dem Erscheinungsbild des Originals.
Dem Kläger könne auch nicht darin gefolgt werden, dass die angegriffene Werbung nicht erkennen lasse, ob die Ausnahme auch für Anzeigen und Prospekte der Möbelhersteller gelte. Solches sei abwegig, zumal es in der Werbung gemäß Anl. K 1 ausdrücklich laute: „in unseren Was den Zeitraum der Angebote in Anzeigen, Prospekten und Mailings anbelange, ergebe sich von selbst, dass damit die Angebote in deren Gültigkeitsdauer, die in den Anzeigen, Prospekten und Mailings jeweils ausgewiesen würden, angesprochen seien.
Auf die Feststellung des Landgerichts, der Durchschnittsverbraucher werde sich vor einem Kaufentschluss für eine Ware wegen des Rabattes erkundigen, komme es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an. Soweit der Kläger auf die von ihm benannten Entscheidungen berufe, seien diese mit Ausnahme des Urteils des BGH „Treppenlift“ (das eine Klageabweisung zum Gegenstand gehabt habe) nicht einschlägig, da sie zu § 4 Nr. 4 UWG a.F. ergangen seien. Diese Vorschrift sei mit der UWG-Reform 2015 wegen Inkompatibilität mit der UGP-Richtlinie aufgehoben worden. Auf die erstinstanzlichen Ausführungen zur Unanwendbarkeit dieser Entscheidungen werde insoweit verwiesen.
Der Berufungsantrag zu 2. (Abmahnkostenpauschale) sei nicht begründet worden und daher unzulässig.
Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze und auf das Protokoll des Termins vom 20.07.2017 (Bl. 82/84 d.A.) Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 26.01.2016 ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§ 517, § 519 ZPO) und begründet (§ 520 Abs. 1 ZPO). Dem steht nicht entgegen, dass die Berufungsbegründung hinsichtlich der Abweisung des Klageantrags 2 keinen gesonderten Angriff enthält. Denn die Abweisung dieses Klageantrags durch das Landgericht beruht offensichtlich darauf, dass das Landgericht den geltend gemachten Unterlassungsanspruch verneint und deshalb die Abmahnung des Klägers als unbegründet angesehen hat. Da sich der Kläger mit der Berufung (auch) gegen die Abweisung des Unterlassungsantrags wendet und dieser Angriff im Falle seines Erfolges auch der Abweisung des Klageantrags 2 die Grundlage entzieht, bedurfte es nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. Reichold, in Thomas/Putzo, ZPO, 38. Aufl., § 520 Rn. 25) keiner zusätzlichen Ausführungen.
Die Berufung ist auch in der Sache begründet, da dem Kläger sowohl der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 3, 5a Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, Abs. 4 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 3 TMG, § 5 Abs. 5 UWG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG, als auch der Anspruch auf Zahlung einer Abmahnpauschale (§ 12 Abs. 1 Satz 2 UWG) in eingeklagtem Umfang zusteht. Das landgerichtliche Urteil war daher wie aus dem Tenor dieses Senatsurteils ersichtlich abzuändern. Im Einzelnen:
1.
Gegen die zutreffende Feststellung im Ersturteil zur Aktivlegitimation des Klägers nach Maßgabe des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, auf die Bezug genommen wird, wendet sich die Beklagte nicht. Weitere Ausführungen sind hierzu insoweit daher nicht veranlasst.
2.
Gemäß § 5a Abs. 2 UWG (das bei Inanspruchnahme einer Verkaufsförderungsmaßnahme vormals geltende Transparenzgebot des § 4 Nr. 4 UWG a.F. findet im Streitfall keine Anwendung, da die streitgegenständliche Verletzungshandlung vom März 2016 erst nach Inkrafttreten des UWG 2015 begangen wurde) handelt unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die dieser je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (Nr. 1), und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (Nr. 2).
3.
a)
Eine Information ist wesentlich im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG, wenn ihre Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann und ihr für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers ein erhebliches Gewicht zukommt (BGH GRUR 2017, 295 Tz. 17 – Entertain; BGH GRUR 2016, 1076 Tz. 31 – LGA tested; BGH GRUR 2012, 1275 Tz. 36 – Zweigstellenbriefbogen). Gemäß § 5a Abs. 4 UWG gelten als wesentlich im Sinne von Abs. 2 auch spezialgesetzliche unionsrechtliche Vorschriften betreffend Informationen, die im Bereich der kommerziellen Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing dem Verbraucher nicht vorenthalten werden dürfen. Nach Maßgabe des (für den Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs, einschließlich der Werbung im Internet, vgl. Ricke, in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl., § 1 TMG Rn. 4 und 5, § 2 Rn. 2, unmittelbar, entgegen der Auffassung der Beklagten aber auch im nichtelektronischen Geschäftsverkehr entsprechend anwendbaren, vgl. BGH WRP 2018, 182 = GRUR 2018, 199 -19% MwSt. GESCHENKT, Tz. 30) § 6 Abs. 1 Nr. 3 TMG müssen Angebote zur Verkaufsförderung wie Preisnachlässe, Zugaben und Geschenke als solche klar erkennbar und die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme leicht zugänglich sein sowie klar und unzweideutig angegeben werden. „Wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung“ im Sinne des § 5a Abs. 3 Nr. 1 UWG sind Eigenschaften des Produkts, hinsichtlich derer ein Durchschnittsverbraucher eine Information billigerweise erwarten darf, um eine informierte Entscheidung treffen zu können (BGH a.a.O. – Entertain; vgl. auch XoMer/Bornkamm, UWG, 36. Aufl. 2018, § 5a Rn. 4.22 ff.).
b)
Die Angabe über die von der streitgegenständlichen Rabattaktion ausgenommenen Waren stellt sich vor diesem Hintergrund im Streitfall als eine wesentliche Information dar:
Bei Preisnachlässen gehört zu den Bedingungen ihrer Inanspruchnahme im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 3 TMG die Angabe darüber, welche Waren oder Warengruppen mit welchen Preisnachlässen erworben werden können (vgl. Köhler/Bornkamm a.a.O., § 5a Rn. 5.44; OLG Bamberg GRUR-RR 2016, 348 – Sternchenhinweis im Medienbruch, nachgewiesen in juris, Tz. 50 sowie zu § 4 Nr. 4 UWG a.F. BGH GRUR 2010, 69 Tz. 18 – Preisnachlass nur für Vorratsware). Die werbliche Auslobung eines – wie im Streitfall geschehen – Rabatts in Höhe von 25% auf Teile eines Produktsortiments ist für den angesprochenen Verkehr von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung, ob er das Einrichtungshaus der Beklagten wegen der in blickfangmäßiger Weise hervorgehobenen, zum Besuch des Ladenlokals auffordernden Werbeaktion aufsuchen soll und ob er gegebenenfalls die beworbenen Produkte erwerben möchte (vgl. BGH a.a.O. -19% MwSt. GESCHENKT, Tz. 32; BGH a.a.O. – Fressnapf, Tz. 30).
4.
In der vom Kläger angegriffenen streitgegenständlichen Werbung der Beklagten ist entgegen der Auffassung des Erstgerichts ein unlauteres Vorenthalten wesentlicher Informationen für den angesprochenen Verbraucher, namentlich im Hinblick auf die Einschränkung bestimmter Warensortimente vom ausgelobten Rabatt, im Sinne von § 5a Abs. 2, Abs. 4 UWG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 3 TMG, § 5 Abs. 5 UWG zu sehen.
a)
Die Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2005/25/EG umsetzende Vorschrift des § 5a Abs. 5 UWG ist richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass es auf die Maßnahmen, die der Gewerbetreibende getroffen hat, um dem Verbraucher die wesentlichen Informationen im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG anderweitig als in der fraglichen Werbung selbst zur Verfügung zu stellen, nur ankommt, wenn das Kommunikationsmedium räumliche oder zeitliche Beschränkungen aufweist. Bestehen für ein Kommunikationsmittel dagegen keine ins Gewicht fallende räumliche oder zeitliche Beschränkungen, kann der Unternehmer nicht mit Erfolg geltend machen, er habe die Informationen an anderer Stelle zur Verfügung gestellt (BGH a.a.O. – 19% MwSt. GESCHENKT, Tz. 29; Köhler/Bornkamm a.a.O., § 5a Rn. 6.11; Obergfell in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, 3. Aufl., § 5a Rn. 98). Dass es im Streitfall unmöglich sei, die Angaben zu den von der Rabattaktion ausgeschlossenen Waren in der streitgegenständlichen Werbeanzeige gemäß Anl. K 1 selbst zu machen, ist weder vom Landgericht festgestellt, noch von der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten (vgl. BGH a.a.O. – 19% MwSt. GESCHENKT, Tz. 22) behauptet worden. Der Auffassung des Landgerichts, es sei der Beklagten unzumutbar, weitere Konkretisierungen hinsichtlich der Einschränkung des ausgelobten Rabatts für bestimmte Waren vorzunehmen, ist bei dieser Sachlage nicht zu folgen, abgesehen davon, dass es in den Risikobereich eines Werbenden fällt, dafür Sorge zu tragen, dass sein Werbeangebot den gesetzlichen Informationspflichten Genüge leistet und dieser Umstand nicht zu Lasten eines Verbrauchers gehen darf. Kann er aufgrund der Besonderheiten des für die Werbung ausgewählten Mediums oder aufgrund anderweitiger Umstände seiner Informationspflicht nicht nachkommen, muss er gegebenenfalls Abstand von der Werbung nehmen.
b)
Die streitgegenständliche Werbung gemäß Anl. K 1 mit dem Slogan „25% Geburtstagsrabatt auf fast alles“ und der das Rabattangebot einschränkende Hinweis „(S2) Mit folgenden Einschränkungen: Gültig nur bei Neuaufträgen, ausgenommen bereits reduzierte Ware und alle Angebote aus unseren Prospekten, Anzeigen und Mailings“ tragen vor diesem Hintergrund den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung gestellten Anforderungen nicht hinreichend Rechnung. Dem angesprochenen Verbraucher, der bei einer Rabattwerbung auf „fast alles“ erwartet, dass auch tatsächlich weite Teile des Warenangebots hierunter fallen, vermittelt der einschränkende Sternchenhinweis nicht, welche Waren von der Rabattaktion ausgenommen sind. Diesbezüglich muss der Verbraucher auf andere Quellen zurückgreifen, abgesehen davon, dass es lebensfremd wäre, davon auszugehen, dass ihm die von der Beklagten veröffentlichten Prospekte, Anzeigen und Mailings bekannt sein könnten, auch wenn hiervon nur in Bezug auf den Zeitpunkt der Platzierung der angegriffenen Werbung im Internet jeweils aktuelle Informationsquellen umfasst sind.
c)
Der Argumentation der Beklagten, jene Teile des Publikums, denen die Prospekte, Anzeigen und Mailings der Beklagten nicht bekannt seien, bedürften keiner Aufklärung über die Einschränkung vom Rabattangebot – dem das Landgericht gefolgt ist – kann aus den vorstehenden Gründen bei dieser Sachlage nicht beigetreten werden.
5.
Die von der Beklagten gegen die vorstehenden Feststellungen vorgebrachten weiteren Einwände verhelfen ihrer Rechtsverteidigung ebenfalls nicht zum Erfolg:
a)
Dem klägerischen Unterlassungsbegehren kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, der in der Berufungsbegründung enthaltene Hinweis auf die blickfangmäßige Herausstellung der Worte „fast alles“ in der angegriffenen Werbung gemäß Anl. K 1 finde keine Entsprechung in der Antragstellung des Klägers. Dies trifft nicht zu, denn der Antrag des Klägers nimmt in Gestalt der Anlage K 1 auf die konkrete Verletzungsform, den auf der Internetseite der Beklagten abrufbaren Prospekt Bezug.
b)
Der Auffassung der Beklagten, der Verbraucher benötige in Ansehung der angegriffenen Werbung gemäß Anl. K 1 noch keine umfassenden Informationen zu den Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der ausgelobten Rabatte, kann nicht gefolgt werden. Soweit die Beklagte diesbezüglich auf die Entscheidungen des BGH „Preisnachlass nur für Vorratsware“ (GRUR 2010, 649 Tz. 23) und „Treppenlift“ (GRUR 2012, 402 Tz. 18) rekurriert, kann ein Informationsbedürfnis des Verbrauchers nicht mit dem Hinweis verneint werden, die angegriffene Werbung gehe nicht mit einer unmittelbaren Möglichkeit zum Kauf einher. Der von der streitgegenständlichen Werbung angesprochene Verkehr verbindet mit dieser ihrem blickfangmäßigem Wortlaut entsprechend, dass er bei einem Aufsuchen der Geschäftsräume der Beklagten in einem erheblichem Umfang reduzierte Ware vorfindet, die er dort auch entsprechend erwerben kann. Insoweit unterscheidet sich der Streitfall nicht in entscheidungserheblicher Weise von der Entscheidung „19% MwSt. GESCHENKT‘, in der der Bundesgerichtshof ein aktuelles Aufklärungsbedürfnis ebenfalls angenommen hat (vgl. BGH a.a.O., Tz. 16).
c)
Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, einer Konkretisierung der von der ausgelobten Rabattgewährung ausgenommenen Waren bzw. Warengruppen bedürfe es im Streitfall nicht, weil bereits in der Ausgangswerbung mit dem Slogan „25% Geburtstagsrabatt auf fast alles“ in zulässiger Weise das vom Rabatt erfasste Produktsortiment nicht näher bezeichnet worden sei. Die Aussage, einem Kunden müsse in der Werbung für eine Aktion nicht konkret mitgeteilt werden, für welche Waren ein Preisnachlass gewährt werde, lässt sich der von der Beklagten zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGH a.a.O. – Preisnachlass nur für Vorratsware; BGH a.a.O. – Fressnapf) nicht entnehmen und trifft in dieser Allgemeinheit auch nicht zu. Über wesentliche Informationen ist der Verbraucher nach Maßgabe der vorstehend wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu unterrichten.
d)
Soweit im Ersturteil ausgeführt ist (LGU S. 6), eine ausreichende Konkretisierung der nicht von der Rabattaktion umfassten Waren könne durch einen Mitarbeiter der Beklagten vor Ort erfolgen, vermag dies der Verteidigung der Beklagten nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die Anlockwirkung, die der Unternehmer mit der Verkaufsförderungsmaßnahme bezweckt, erreicht den Verbraucher bereits durch die Werbung für die angekündigte Maßnahme (vgl. BGH GRUR 2012, 402 Tz. 17 – LGA tested). Wenn der Verbraucher aufgrund der angegriffenen Rabattwerbung den Entschluss fasst, das Ladenlokal der Beklagten aufzusuchen, hat er bereits insoweit eine dem Anwendungsbereich des § 5a UWG unterliegende geschäftliche Entscheidung (§ 2 Abs. 1 Nr. 9 UWG) getroffen. Eine Information über die Beschränkung des Rabattangebots unter Hinweis auf die angegriffene Internetwerbung erst durch Mitarbeiter der Beklagten im Ladenlokal wäre nicht rechtzeitig im Sinne von § 5a Abs. 2 Nr. 3 UWG.
e)
Der Anwendungsbereich des § 5a UWG setzt – im Gegensatz zum allgemeinen Irreführungstatbestand des § 5 Abs. 1 UWG – eine Fehlvorstellung des angesprochenen Verkehrs nicht voraus (vgl. BGH a.a.O. – Call by Call, Tz. 13; Köhler/Bornkamm a.a.O., § 5a Rn. 3.48). Unbeschadet dessen liegt im Streitfall eine solche vor, weil ein erheblicher Teil der Durchschnittsverbraucher durch die streitgegenständliche Werbeanzeige gemäß Anl. K 1 zum Aufsuchen des Einrichtungshauses der Beklagten veranlasst und dort durch das Ausmaß der für die Rabattaktion geltenden Einschränkungen überrascht wird (vgl. BGH a.a.O. – 19% MwSt. GESCHENKT, Tz. 35).
f)
Der Beklagten ist zwar darin zuzustimmen, dass entgegen der klägerischen Darstellung der von der streitgegenständlichen Werbung angesprochene Verkehr die Ausnahme des Rabattangebots dahingehend verstehe, dass sich dies nur auf die Beklagte beziehe und nicht auf Anzeigen und Prospekte der Hersteller der Möbel, was durch die Worte „alle Angebote aus unseren Prospekten, Anzeigen und Mailings“ hinreichend deutlich klargestellt ist, und der Verbraucher auch davon ausgehen wird, dass sich die vorgenannten einschränkenden Hinweise lediglich auf das aktuelle Warenangebot der Beklagten beziehen und nicht auf Prospekt- oder Anzeigenwerbung in der Vergangenheit. Aber auch dieser Gesichtspunkt ändert nichts an der vorstehend festgestellten wettbewerbswidrigen Werbung der Beklagten.
6.
Durch die erfolgte Verletzungshandlung streitet eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr (vgl. Köhler/’Bornkamm, a.a.O., § 8 Rn. 1.43 f.), die im Streitfall mangels Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung fortbesteht.
7.
Dem Kläger steht gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG auch eine Abmahnpauschale in der geltend gemachten Höhe von € 220,- zu, da die Abmahnung vom 23.3.2016 (Anlage K 3) erforderlich (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 UWG) und begründet war.
III.
1.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
2.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
3.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 51 Abs. 2, § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG . Dass der Kläger sein Interesse in der Klageschrift deutlich zu niedrig angegeben hätte, vermag der Senat nicht zu erkennen.
4.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO ) liegen nicht vor.
Vorinstanz:
LG Augsburg, Az. 1 HK O 2420/16