OLG Hamburg, Urteil vom 29.03.2018, Az. 3 U 268/16
§ 3 UWG, § 5 Abs. 1 UWG
Die Entscheidung des OLG Hamburg haben wir hier besprochen (OLG Hamburg – Extra-Heft), den Volltext finden Sie nachfolgend:
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Hanseatisches Oberlandesgericht
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, KfH 6, vom 13. Dezember 2016, Az.: 406 HKO 77/16, abgeändert:
Der Unterlassungstenor zu 1. wird aufgehoben und der geltend gemachte Unterlassungsantrag zu 1. b) abgewiesen.
Der Zahlungstenor zu 2. wird in Höhe von € 657,86 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 11. Dezember 2015 aufgehoben und der geltend gemachte Zahlungsanspruch zu 2. insoweit abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagte wird zurückgewiesen.
Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits fallen der Klägerin 1/3, der Beklagten 2/3 zur Last. Die Kosten der Berufungsinstanz trägt die Klägerin.
Das vorliegende Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Das Urteil des Landgerichts vom 13. Dezember 2016 ist ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar, soweit aus ihm noch hinsichtlich des Zahlungstenors zu 2. die Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von € 996,95 nebst ausgeurteilter Zinsen seit dem 20. November 2015 und die Zahlung von weiteren Abmahnkosten in Höhe von € 1.535,06 nebst ausgeurteilter Zinsen seit dem 11. Dezember 2015 vollstreckt werden können.
Die Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung aus dem jeweiligen Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des für sie aus dem jeweiligen Urteil insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gegen dieses Urteil wird die Revision nicht zugelassen.
Gründe
A.
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus Wettbewerbsrecht auf Unterlassung sowie auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Anspruch.
Die Parteien sind Zeitschriftenverlage. Die Klägerin verlegt u. a. aktuelle Illustrierte wie z. B. die Zeitschriften „D …“, „N. …“, „A. …“. Zu ihren Titeln gehören auch die Zeitschriften, „F….“ und „F. …“ Die Beklagte verlegt neben Rätselheften u. a. auch die Zeitschriften „M. …“, „S. …“ und „FREIZEIT TOTAL“.
Im August 2015 brachte die Beklagte das Heft 08/2015 der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“ heraus, das wie folgt gestaltet war: [Abb.]
Dort wurden u. a. Kochrezepte abgedruckt, deren Veröffentlichung durch die Hersteller der in den Rezepten ausdrücklich genannten Zutaten unterstützt worden waren (sog. „Herstellerrezepte). Zudem befand sich in der Heftmitte der Zeitschrift eine als „Extra-Heft“ bezeichnete achtseitige Rezeptsammlung, welche keine eigenen Seitenzahlen aufwies. Aus dem Inhaltsverzeichnis der Zeitschrift und den dortigen Seitenangaben ergab sich jedoch, dass diese 8 Seiten bei der fortlaufenden Paginierung der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“, Heft 08/2015, einbezogen worden waren. Die Rezeptsammlung verfügte weder über ein eigenes Impressum noch über eigene redaktionelle Beiträge. Die Seiten dieser Rezeptsammlung waren etwas größer, nämlich höher als die übrigen Seiten und standen am oberen Seitenrand der Zeitschrift knapp 2 cm über (sog. Übersteher). Auf diesem überstehenden Rand der Beilage hieß es „Neu Extra-Heft Gratis Lieblings-Rezepte für den Grillspaß!“ (vgl. Anlage C).
Mit Schreiben vom 10. September 2015 ließ die Klägerin die Beklagte hinsichtlich redaktionell getarnter Werbung in der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“, Heft 08/2015, nämlich bezüglich der sog. „Herstellerrezepte“, auf Unterlassung in Anspruch nehmen (Anlage K 10). Mit Schreiben vom 5. November 2015 verlangte sie unter Fristsetzung zum 19. November 2015 die Erstattung der diesbezüglichen vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von € 996,95 (Anlage K 13). Dem kam die Beklagte jedoch nicht nach.
Nachfolgend erwirkte die Klägerin eine entsprechende Beschlussverfügung des Landgerichts Hamburg vom 23. September 2015, Az. 315 O 379, mit welcher der Beklagten bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten worden ist,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Rezepte zu veröffentlichen bzw. veröffentlichen zu lassen, wie geschehen auf den Seiten 41 (dort nur Bunte Gemüsepäckchen und Würzige Cevapcici), 43, 44, 45, 68, 69, 70 und 72 (nur Spaghetti-Thunfisch-Salat und Schneller Tortellini-Salat) von „FREIZEIT TOTAL“ Nr. 8/2015 gemäß Anlage A.
Bei der Verbindungsanlage A handelte es sich um Kopien der genannten Seiten aus dem Heft 08/2015 der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“ (Anlage K 12), mithin um einzelne Seiten aus der hiesige Verbindungsanlage C. Auf den Widerspruch der Beklagten wurde diese einstweilige Verfügung mit Urteil des Landgerichts vom 16. Dezember 2015, Aktenzeichen 315 O 379/15, bestätigt (Anlage K 14).
Mit Schreiben vom 29. Dezember 2015 ließ die Klägerin die Beklagte hinsichtlich redaktionell getarnter Werbung in der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“, Heft 01/2016, nämlich bezüglich sog. Herstellerrezepten, auf Unterlassung in Anspruch nehmen (Anlage K 15). Die Beklagte ließ die geltend gemachten Ansprüche mit Schreiben vom 30. Dezember 2015 zurückweisen (Anlage K 16).
Nachfolgend erwirkte die Klägerin eine entsprechende Beschlussverfügung des Landgerichts Hamburg vom 19. Januar 2016, Az. 315 O 9/16, mit welcher der Beklagten bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten worden ist,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Rezepte zu veröffentlichen bzw. veröffentlichen zu lassen, wie geschehen auf den Seiten 40, 41 (dort nur „Kartoffelstampf mit Speck“), 44, 45, 46, 68, 69 (nur „Rote-Grütze-Biskuitrolle“), 70 (dort nur „Fruchtige Walnusstorte“), 71/72 (dort nur „Würzfleisch mit Champignons“, Hackbällchen mit Bohnen“ und „Zweierlei Bohneneintopf“) der „FREIZEIT TOTAL“ Nr. 1 Dezember 2015/Januar 2016 gemäß Anlage A.
Bei der Verbindungsanlage A handelte es sich um Kopien der genannten Seiten aus dem Heft 01/2016 der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“, mithin um Heftseiten der hiesigen Verbindungsanlage B.
Hinsichtlich der für die achtseitige Rezeptsammlung in der Heftmitte der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“, Heft 08/2015, verwendete Angabe „Extra-Heft“ ließ die Klägerin die Beklagte mit weiterem Schreiben vom 10. September 2015 unter Fristsetzung zum 15. September 2015 vorgerichtlich abmahnen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Angabe „NEU“ irreführend sei, weil bereits das Heft 04/2015 der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“ eine achtseitige überstehende Rezeptrubrik aufgewiesen habe. Zudem erhalte der Leser weder ein zweites Heft noch etwas „extra“. Schließlich sei auch die auf dem Deckblatt verwendete Angabe „Jetzt NEU Doppelt so viel drin“ falsch, denn da das Heft 04/2015 der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“ insgesamt 48 Seiten gehabt habe, das Heft 08/2015 jedoch lediglich 84 Seiten umfasse, weise es nicht doppelt so viel Inhalt auf wie die vorangegangene Ausgabe (Anlage K 20).
Mit Schreiben vom 15. September 2015 ließ die Beklagte eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung hinsichtlich der beanstandeten Neuheitswerbung und hinsichtlich des ausgelobten doppelten Heftinhalts abgeben. Die weitere Beanstandung hinsichtlich der Bezeichnung der achtseitigen Rezeptsammlung als „Extra-Heft“ ließ sie jedoch zurückweisen (Anlage K 21).
Nachfolgend erwirkte die Klägerin eine weitere Beschlussverfügung des Landgerichts Hamburg vom 23. September 2015, Az. 315 O 380/15, mit welcher der Beklagten bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten wurde,
im geschäftlichen Verkehr mit der Aussage „Extra-Heft“ zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies geschieht wie mit der Heftfolge Nr. 8/2015 der „FREIZEIT TOTAL“ gemäß Anlage A.
Bei der Verbindungsanlage A handelte es sich um das Heft 08/2015 der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“ (Anlage K 22), mithin um die hiesige Verbindungsanlage C. Auf den Widerspruch der Beklagten wurde diese einstweilige Verfügung mit Urteil des Landgerichts vom 16. Dezember 2015, Az. 315 O 380/15, bestätigt (Anlagen K 23 und K 33).
Mit Schreiben vom 26. November 2015 forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung zum 10. Dezember 2015 auf, die Kosten des Abmahnschreibens vom 10. September 2015, in Höhe von € 2.192,95, welches u. a. das „Extra-Heft“ betraf, zu bezahlen (Anlage K 25). Dem kam die Beklagte jedoch nicht nach.
Am 1. April 2016 hat die Klägerin die vorliegende Hauptsacheklage erhoben.
Zur Begründung hat die Klägerin ausgeführt, dass das Vorgehen der Beklagten wettbewerbswidrig sei. Die Klägerin hat – soweit jetzt noch von Relevanz – ausgeführt, dass die Bezeichnung der Rezeptsammlung als „Extra-Heft“ gemäß §§ 3, 5 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 und 2 UWG irreführend sei.
Der Verkehr gehe aufgrund der Bezeichnung der achtseitigen Rezeptsammlung in der Heftmitte der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“ als „Extra-Heft“ davon aus, dass es sich um ein zweites eigenständiges Heft mit eigenem zusätzlichen redaktionellen Inhalt handele. Er erwarte, das ein „Extra-Heft“ eine eigenständige Heftung (Anlage K 26/Wikipedia-Beitrag zu dem Begriff „Heft“), eine eigene Seitenzählung und ein eigenes Impressum aufweise und zusätzlich zu der üblichen Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“ abgegeben werde (Anlage K 28/Zeitschrift „Leben&erziehen“, Heft 3/2016). Diese Anforderungen erfülle das jetzt streitgegenständliche „Extra-Heft“ der Beklagten nicht. Es handele lediglich um eine überstehende Rezeptrubrik, deren Seiten – wie das Inhaltsverzeichnis und die Seitenzählung der Zeitschrift zeige – nur ein Teil der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“ seien. Zudem seien die Seiten nicht geheftet. Versuche man, sie herauszunehmen, würden sie beschädigt und fielen auseinander.
Irreführend sei die Angabe auch, weil der angesprochene Verkehr nichts „extra“ bekomme. Die Rubrik „Rezepte“ sei bereits zuvor regelmäßiger Bestandteil der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“ gewesen, wie z. B. das Heft 03/2011 zeige (Anlage K 19).
Die Bezeichnung einer lediglich überstehenden Rubrik als „Extra-Heft“ sei auch nicht branchenüblich, denn solche überstehende Rubriken würden weder als „Extra“ noch als „Heft“ bezeichnet (Anlage K 27/Zeitschrift “selbst ist der Mann“, Heft 2/2016). Entgegen der Ansicht der Beklagten erkenne der angesprochene Verkehr nicht auf den ersten Blick, worum es sich bei dem streitgegenständlichen „Extra-Heft“ tatsächlich handele.
Hinsichtlich der Abmahnung vom 10. September 2015, welche die sog. Herstellerrezepte zum Gegenstand hatte, hat die Klägerin einen Streitwert von € 75.000,00 zugrunde gelegt und Kostenerstattungsansprüche in Höhe von € 996,95 geltend gemacht (Anlage K 13).
Zur Begründung des Kostenerstattungsanspruchs hat sie ausgeführt, dass die Verwendung von sog. Herstellerrezepten eine getarnte Werbung darstelle und daher wegen Verstoßes gegen § 5a Abs. 6 UWG und §§ 3 Abs. 1 UWG, 10 LPG i. V. m. § 3a UWG sowie Anhang Nr. 11 zu § 3 Abs. 3 UWG wettbewerbswidrig sei. Außerdem liege ein Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtungserklärung der Beklagten vom 13. September 2012 vor (Anlage K 9).
Hinsichtlich der Kostenerstattungsansprüche aus der weiteren Abmahnung vom 10. September 2015, welche die Aufmachung des „Extra-Heft“ zum Gegenstand hatte, hat die Klägerin einen Gesamtstreitwert von € 250.000,00 zugrunde gelegt und Kostenerstattungsansprüche in Höhe von € 2.192,95 geltend gemacht (Anlagen K 24 und K 25).
Zur Begründung des Kostenerstattungsanspruchs hat die Klägerin ausgeführt, dass die Bewerbung des „Extra-Hefts“ als „NEU“ irreführend gewesen sei, denn eine überstehende Rezeptrubrik habe es bereits zuvor in den Heften 10/2014, 01/2015 und 04/2015 der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“ gegeben (Anlage K 29). Zudem sei auch die Angabe „Jetzt Neu Doppelt so viel drin!“ irreführend gewesen. Das vorangegangene Heft der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“, Heft 4/2015, habe 48 Seiten, das jetzt streitgegenständliche Heft 8/2015 insgesamt 84 Seiten, mithin nicht das Doppelte des Vorgängerhefts, umfasst.
Die Klägerin hatte zunächst beantragt,
1. der Beklagten bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre)
zu untersagen
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecke des Wettbewerbs
a) Rezepte zu veröffentlichen bzw. veröffentlichen zu lassen,
wie geschehen auf den Seiten 41 (dort nur „Bunte Gemüsepäckchen“ und „Würzige Cevapcici“), 43, 44, 45, 68, 69, 70 und 72 (nur „Spagetti-Thunfisch-Salat“ und „Schneller Tortellini-Salat“) der Heftfolge „FREIZEIT TOTAL“ Nr. 8/2015 gemäß
Anlage A
und/oder
wie geschehen auf den Seiten 40, 41 (dort nur Kartoffelstampf mit Speck“), 44, 45, 46, 68, 69 (nur „Rote-Grütze-Biskuitrolle“), 70 (dort nur „Fruchtige Walnusstorte“), 71/72 (dort nur „Würzfleisch mit Champignons“, Hackbällchen mit Bohnen“ und „Zweierlei Bohneneintopf“) der Heftfolge „FREIZEIT TOTAL“ Nr. 1 Dezember 2015/Januar 2016 gemäß
Anlage B
und/oder
b) mit der Aussage „Extra-Heft“ zu werben und/oder werben zu lassen, wie geschehen mit der Heftfolge „FREIZEIT TOTAL“, Nr. 8/2015 gemäß
Anlage C;
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 3.189,90 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB auf einen Betrag in Höhe von
– € 996,95 seit 20. November 2015
– € 2.192,95 seit 11. Dezember 2015
zu zahlen.
Nachfolgend hat die Beklagte die hinsichtlich der sog. Herstellerrezepte ergangenen einstweiligen Verfügungen vom 23. September 2015, Az. 315 O 379/15, (Anlage K 12) und vom 19. Januar 2016, Az. 315 O 9/16, (Anlage K 17) als endgültige Regelung anerkannt und die diesbezügliche Kostentragungspflicht anerkannt. Anschließend haben die Parteien den vorliegenden Rechtsstreit erstinstanzlich hinsichtlich der streitigen Rezeptveröffentlichungen (Unterlassungsanträge zu 1. a)) übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Klägerin hat insoweit Kostenantrag gestellt.
Nachfolgend hat die Klägerin nur noch beantragt,
1. der Beklagten bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre)
zu untersagen
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecke des Wettbewerbs
b) mit der Aussage „Extra-Heft“ zu werben und/oder werben zu lassen, wie geschehen mit der Heftfolge „FREIZEIT TOTAL“, Nr. 8/2015 gemäß
Anlage C;
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 3.189,90 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB auf einen Betrag in Höhe von
– € 996,95 seit 20. November 2015
– € 2.192,95 seit 11. Dezember 2015
zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat – soweit jetzt noch im Streit – ausgeführt, dass die Angabe „Extra-Heft“ nicht irreführend sei.
Der angesprochene Verkehr erkenne auf Anhieb den Charakter des „Extra-Hefts“ und erhalte genau das, was er erwarte, nämlich einen aus der Zeitschrift formatbedingt herausstehenden und herausnehmbaren Beihefter, der nicht zum üblichen Inhalt jeder Ausgabe der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“ gehöre.
Ein zweites eigenständiges Heft mit redaktionellem Inhalt, eigener Seitenzählung und Impressum erwarte der Verkehr nicht. Er gehe auch nicht davon aus, dass es sich bei dem „Extra-Heft“ um eine ansonsten gesondert zu erwerbende Zeitschrift handele. Es sei zudem branchenüblich entsprechende Rezeptbeihefter durchzupaginieren (Anlage B 4/Zeitschrift „Freizeit Revue“, Heft 44/2015). Entgegen der Ansicht der Klägerin sei der vorliegende Sachverhalt nicht mit den Fällen der Bewerbung von Zeitschriften mit der Angabe „2 Hefte zum Preis von einem“ und der daraus resultierenden Erwartung des angesprochenen Verkehrs zu vergleichen (Anlagen B 5 und B 6).
Bei dem „Extra-Heft“ handele es sich – entgegen der Annahme der Klägerin – auch um ein „Heft“, denn die Seiten der achtseitigen Rezeptsammlung seien tatsächlich zusammengeheftet.
Die Angabe „Extra“ bedeute im allgemeinen Sprachgebrauch so viel wie „dazu“, „mehr“ oder „über das Übliche hinaus“. Der angesprochene Verkehr erhalte vorliegend auch tatsächlich ein „Extra“, denn zusätzlich zu den bereits im Heft abgedruckten Rezepten (S. 68 – 72) erhalte er als Zugabe einen herausnehmbaren Beihefter mit weiteren Rezepten, nämlich Grillrezepten.
Mit Urteil vom 13. Dezember 2016, Az. 406 HKO 77/16, hat das Landgericht Hamburg, KfH 6, der Klage – soweit noch über sie zu entscheiden war – vollen Umfangs stattgegeben. Zur Begründung des auf den ursprünglichen Unterlassungsantrag zu 1. b) erlassenen Verbots wurde ausgeführt, dass die Angabe „Extra-Heft“ irreführend sei. Es fehle die gesonderte Heftung, die es erst erlaube, dass „Extra-Heft“ zu entnehmen, ohne dass es auseinander falle. Im Übrigen handele es sich auch nach Umfang und Gestaltung nicht um ein „Extra-Heft“, welches üblicherweise mit einer gesonderten Seitenzählung versehen sei und einen über den normalen Umfang der Zeitung hinausgehenden Inhalt und Umfang aufweise. Es handele sich jedoch nur um 8 Seiten des normalen Heftumfangs, die ein größeres Format aufwiesen. Dadurch werde der irreführende Eindruck eines Extra-Hefts noch verstärkt. Es könne zudem nicht davon ausgegangen werden, dass der Verbraucher erkenne, worum es sich bei den als „Extra-Heft“ bezeichneten Seiten tatsächlich handele. Damit liege die Gefahr einer Irreführung vor, da die solchermaßen bezeichneten Seiten der Zeitschrift nicht die an ein Extra-Heft zu stellenden Mindestanforderungen erfüllten. Im Hinblick auf den zuerkannten Zahlungsanspruch in Höhe von insgesamt € 3.189,90 nebst Zinsen wurde ausgeführt, dass die Abmahnungen zu Recht erfolgt seien.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung vom 19. Dezember 2016, die sie frist- und formgemäß eingelegt und unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags begründet hat.
Sie führt erneut aus, dass das die Seiten des streitgegenständlichen „Extra-Hefts“ gebunden und ohne weiteres heraustrennbar seien.
Sie ist weiterhin der Ansicht, dass der Verkehr aufgrund der Bezeichnung als „Extra-Heft“ nicht erwarte eine gratis beigegebene Zeitschrift mit eigenem redaktionellem Inhalt zu erhalten, die er ansonsten käuflich erwerben müsse. Er erwarte lediglich, dass er über das Übliche hinaus etwas zusätzlich erhalte. Dies sei der Fall, denn er erhalte zusätzlich eine nicht zu jedem Heft gehörende herausnehmbare Sammlung von Rezepten.
Da der ursprüngliche Unterlassungsantrag zu 1. b) unbegründet gewesen sei, sei auch der entsprechende Kostenerstattungsanspruch in Höhe von € 996,95 nebst Zinsen unbegründet.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 13. Dezember 2016 (406 HKO 77/16) abzuändern und die Klage zu 1) abzuweisen und zu 2) insoweit abzuweisen, als sie die Verurteilung zur Erstattung außergerichtlicher Kosten zu 1) in Höhe von € 996,95 enthält.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
Sie verteidigt das angegriffene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.
Die Klägerin führt erneut aus, dass der angesprochene Verkehr aufgrund der Angabe „Extra-Heft“ ein zweites eigenständiges Heft erwarte, das für sich stehe und nicht in die Zeitschrift integriert sei und daher eine eigenständige Paginierung, ein Impressum und eine gesonderte Heftung aufweise. Zum Beleg ihres diesbezüglichen Vortrags reicht die Klägerin in der Berufungsinstanz weitere Beispiele für die Verwendung der Angabe „Extra-Heft“ bzw. „Extraheft“ im Bereich von Zeitschriften zur Akte (Anlagen K 35 bis K 37). Sie vertritt erneut die Auffassung, dass der vorliegende Fall durchaus mit den „2 Hefte 1 Preis“-Fällen vergleichbar sei.
Entgegen der Behauptung der Beklagten weise das streitgegenständliche „Extra-Heft“ keine Heftung auf und lasse sich daher nicht als Heft heraustrennen.
Sie führt erneut aus, dass es die als „Extra-Heft“ beworbene Rubrik mit Rezepten in der „FREIZEIT TOTAL“ schon immer gegeben habe und verweist insoweit auf die Anlage K 19 („FREIZEIT TOTAL“, Heft 3/2011). Die Rezept-Rubrik sei sowohl in der Vergangenheit als auch weiterhin fester Bestandteil der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“, und stelle daher – entgegen der Erwartung des Verkehrs – kein zusätzliches „Extra“ dar. Dass die Beklagte einen ohnehin vorgesehener Teil der Zeitschrift als „Extra-Heft“ auslobe, sei somit irreführend.
Im Hinblick auf die in der Berufungsinstanz noch im Streit befindlichen Kostenerstattungsansprüche bzgl. der Abmahnung wegen der Angabe „Extra-Heft“ führt die Klägerin aus, dass die von der Beklagten im Berufungsantrag angegeben Höhe von € 996,95 unzutreffend sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil sowie die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 1. März 2017 Bezug genommen.
Im Anschluss an die Berufungsverhandlung vom 1. März 2018 haben die Beklagtenvertreter mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 5. März 2018 weiteren Vortrag zur Branchenüblichkeit der Verwendung des Begriffs „Extra“ für zusätzlich Angebote, wie z. B. Rätsel, Rezeptsammlungen oder sonstige aus der Zeitschrift herausstehende Seiten gehalten und entsprechende Abbildungen zur Akte gereicht (Anlagenkonvolut BK 1).
B.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und ganz überwiegend begründet.
I.
Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen die Verurteilung nach dem Unterlassungstenor zu 1) sowie gegen die Verurteilung zur Kostenerstattung, soweit mit der Abmahnung vom 10. September 2015 die Angabe „Extra-Heft“ beanstandet worden ist (Anlage K 20).
1.
Das Verbot zu 1. (ursprünglicher Klagantrag zu 1. b)) ist weder gemäß §§ 3, 8 Abs.1, 5 UWG (2008) noch gemäß §§ 3, 8 Abs. 1, 5 UWG (2015) begründet.
a)
Die Neufassung der vorgenannten wettbewerbsrechtlichen Regelungen durch das am 10. Dezember 2015 in Kraft getretene Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (BGBl. I, S. 2158) lässt den Unterlassungsanspruch der Klägerin unberührt.
Die Klägerin hat ihren Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr gestützt und hierfür auf eine im August 2015, d. h. vor der Gesetzesänderung, vorgenommene Handlung der Beklagten Bezug genommen. Der Unterlassungsanspruch ist daher nur dann begründet, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten nach dem zur Zeit der Handlung geltenden Recht rechtswidrig war. Da der Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist, muss das beanstandete Verhalten der Beklagten zudem auch nach dem zur Zeit der gerichtlichen Entscheidung geltenden Recht rechtswidrig sein (BGH, GRUR 2011, 474, Rn. 13 – Kreditkartenübersendung; BGH, GRUR 2015, 504, Rn. 8 – Kostenlose Zweitbrille; BGH, GRUR 2016, 961, Rn. 23 – Herstellerpreisempfehlung bei Amazon).
Mit der gesetzlichen Neuregelung ist zwar am Ende der Norm von § 5 Abs. 1 S. 1 UWG mit Bezug auf die irreführende geschäftliche Handlung der Relativsatz „die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte“ angefügt worden. Diese Änderung trägt dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 der RL 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken Rechnung, beinhaltet aber gegenüber der alten Rechtslage im Hinblick darauf, dass schon bisher im Rahmen des § 3 Abs. 1 UWG (2008) die Spürbarkeit der Interessenbeeinträchtigung zu prüfen war, keine inhaltliche Änderung (BGH, GRUR 2016, 961, Rn. 25 – Herstellerpreisempfehlung bei Amazon).
b)
Mit dem ursprünglichen Unterlassungsantrag zu 1. b) soll der Beklagten bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten werden,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecke des Wettbewerbs
mit der Aussage „Extra-Heft“ zu werben und/oder werben zu lassen, wie geschehen mit der Heftfolge „FREIZEIT TOTAL“, Nr. 8/2015 gemäß
Anlage C.
Gegenstand dieses Verbotsantrags ist die konkrete Verletzungsform, mithin die Bezeichnung der in der Heftmitte befindlichen achtseitigen Rezeptsammlung als „Extra-Heft“, der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“, Heft 08/2015, und zwar so wie die Bezeichnung dort erfolgt ist. Streitgegenständlich sind hingegen nicht etwaige davon losgelöste gesonderte Werbemaßnahmen, wie z. B. gesonderte Werbeanzeigen, mit denen das „Extra-Heft“ beworben wird.
c)
Entgegen der Ansicht der Klägerin und des Landgerichts kann eine Irreführung im Sinne von § 5 UWG nicht festgestellt werden.
Darlegungs- und beweispflichtig für die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm ist grundsätzlich der Verletzte. Er muss greifbare Anhaltspunkte für die geltend gemachte Irreführung nicht nur behaupten, sondern im Falle des Bestreitens auch beweisen (BGH, GRUR 1997, 229, 239 – Beratungskompetenz; BGH, GRUR 2000, 820, 822 – Space Fidelity Peep-Show; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Auflage, 2018, § 5 Rn. 1.240 f.).
aa)
Die Klägerin hat vorgetragen, dass die Bezeichnung der Rezeptsammlung als „Extra-Heft“ irreführend sei. Die Beklagte ist dem entgegen getreten.
Für die Frage der Irreführung ist maßgeblich auf das Verständnis des angesprochenen Verkehrs von der streitgegenständlichen Angabe abzustellen. Gehören die entscheidenden Richter selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen bedarf es im Allgemeinen keines durch eine Meinungsumfrage untermauerten Sachverständigengutachtens, um das Verständnis des Verkehrs zu ermitteln (BGH, GRUR, 2004, 244, 245 – Marktführerschaft). Dies gilt unabhängig davon, ob das Gericht im konkreten Fall eine Irreführung auf Grund eigener Sachkunde bejahen oder verneinen möchte (BGH, GRUR 2002, 550, 552 – Elternbriefe).
Selbst wenn die Mitglieder des Senats – wie nicht – von der in Rede stehenden Werbung nicht selbst angesprochen würden, könnten sie das Verkehrsverständnis selbst feststellen. Die Frage der Irreführung – nämlich von dem Verständnis der vorliegend verwendeten Angabe „Extra-Heft“ – ließe sich nämlich auch von demjenigen beurteilen, der die in Rede stehende Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“ nicht nachfragte. Vorliegend kommt es im Wesentlichen auf den Wortlaut der Angabe und die Art ihrer konkreten Verwendung an. Es ist daher nicht ersichtlich, dass für die Beurteilung der Werbeangabe besondere Kenntnisse oder Erfahrungen notwendig wären (vgl. BGH, GRUR 2002, 77, 79 – Rechenzentrum). Darüber hinaus haben Gerichte, die – wie der Senat – ständig mit Wettbewerbssachen befasst sind, auf Grund ihrer besonderen Erfahrung die erforderliche Sachkunde erworben, um eigenständig beurteilen zu können, wie der angesprochene Verkehr eine bestimmte Werbeaussage versteht.
bb)
Mit der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“ wendet sich die Beklagte an das allgemeine Publikum.
Der Senat, dessen Mitglieder zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören, kann daher das Verkehrsverständnis vorliegend selbst feststellen.
(1)
Nach dem unstreitigen bzw. übereinstimmenden Parteivortrag ist vorliegend davon auszugehen, dass der angesprochene allgemeine Verkehr die Angabe „Extra-Heft“ aufgrund des Wortbestandteils „Heft“ dahin versteht, dass die so bezeichneten Seiten zusammengeheftet sind und der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“ als Ganzes entnommen werden können (Anlage K 26).
Der entgegenstehende Klagvortrag, auf den sich das Landgericht gestützt hat, wonach es sich um lose Seiten handele, die beschädigt würden und auseinanderfielen, wenn sie der Zeitschrift entnommen würden, trifft nicht zu. Wie der Senat im Rahmen der Berufungsverhandlung vom 1. März 2018 festgestellt hat, weist das streitgegenständliche „Extra-Heft“ eine Bindung auf, denn die Seiten sind zusammengeleimt. Eine diesbezügliche Irreführung des angesprochenen Verkehrs scheidet damit aus.
Entgegen der Ansicht der Klägerin hegt der angesprochene Verkehr – mangels Relevanz für den Erwerb der Zeitschrift – keine näheren Vorstellungen dazu, wie die Bindung der „Extra-Hefts“ ausgeführt ist, etwa ob sie durch metallene Heftklammern oder eine andere Art der Bindung, etwa Leim, erfolgt. Auch insoweit scheidet eine Irreführung aus.
(2)
Entgegen der Ansicht der Klägerin kann zudem nicht festgestellt werden, dass der angesprochene Verkehr – aufgrund der Bezeichnung der achtseitigen Rezeptsammlung in der Heftmitte der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“ als „Extra-Heft“ – davon ausgeht, dass es sich um ein zweites eigenständiges Heft handelt, dass er mithin eine weitere eigenständige Zeitschrift zusätzlich erhält.
Dem steht schon entgegen, dass auf dem überstehenden Seitenrand ausdrücklich angegeben ist, was das „Extra-Heft“ enthält, nämlich „Lieblings-Rezepte für den Grill-Spaß!“ (vgl. Anlage C). Das weist unmissverständlich und zutreffend darauf hin, dass das „Extra-Heft“ gerade diese Grillrezepte enthält. Einen Hinweis darauf, dass es sich bei dem „Extra-Heft“ um eine eigenständige Zeitschrift – einschließlich eigener redaktioneller Inhalte, einer eigenständigen Paginierung und eines eigenen Impressums – handelt, die ansonsten gesondert verkauft wird, ergibt sich daraus jedoch nicht. Dies gilt auch bei Berücksichtigung des Umstandes, dass unmittelbar unter der Angabe „Extra-Heft“ die weitere Angabe „Gratis“ verwendet wird, denn auch daraus ergibt sich nicht, dass der angesprochene Verkehr über Art, Inhalt und Umfang der als „Extra-Heft“ bezeichneten Rezeptbeilage im Unklaren gelassen oder irregeführt wird.
Die von der Klägerin zur Akte gereichten Unterlagen vermögen ihren Vortrag zum Verständnis des angesprochenen Verkehrs nicht zu belegen.
Als Anlage K 27 hat die Klägerin die Zeitschrift „selbst ist der Mann“, Heft Nr. 2/2016, zur Akte gereicht. Diese Zeitschrift enthält eine in der Heftmitte befindliche Beilage, die über den oberen Rand der Zeitschrift hinausragt. Auf dem überstehende Rand heißt es „NEU ZUM SAMMELN GRUNDWISSEN AKKUTECHNIK“. Diese Beilage enthält – wie angekündigt – Informationen zu verschiedenen Werkzeugen, die mit Akkuantrieb versehen sind. Die Beilage enthält eigene redaktionelle Beiträge, weist jedoch keine eigenständige Paginierung oder ein eigenes Impressum auf (Anlage K 28). Als Anlage K 28 hat die Klägerin die Zeitschrift „Leben & erziehen“, Heft März 3/2016, zur Akte gereicht. Diese Zeitschrift enthält eine in der Heftmitte befindliche Beilage, die über den oberen Rand der Zeitschrift hinausragt. Auf dem überstehende Rand heißt es „Extra-Heft Neue Bastel-Ideen für Familien“. Die als „Extra-Heft“ bezeichnete Beilage enthält – wie angekündigt – Bastelvorschläge- und -anleitungen. Sie weist zudem eine eigenständige Paginierung und ein eigenes Impressum auf. Dass dieses „Extra-Heft“ ansonsten gesondert verkauft würde, ist nicht ersichtlich (Anlage K 28).
Als Anlage K 35 hat die Klägerin eine werbliche Ankündigung für das Erscheinen der Zeitschrift „Zuhause Wohnen“, Heft 06/2017, zur Akte gereicht. Dort heißt es u.a. „Extra: Dieser Ausgabe liegt ein Extraheft „Mein perfektes Haus“ bei (Anlage K 35). Nachfolgend hat die Klägerin die angekündigte Zeitschrift „Zuhause Wohnen“, Heft 06/2017, als Anlage K 36 zur Akte gereicht. Das der Zeitschrift beiliegende „Extraheft“ ist gesondert geheftet und enthält eigene redaktionelle Beiträge, eine eigenständige Paginierung und ein eigenes Impressum. Dass dieses „Extraheft“ ansonsten gesondert verkauft würde, ist nicht ersichtlich (Anlage K 36).
Mit dem Anlagenkonvolut K 37 hat die Klägerin die Zeitschrift „FOOD & FARM“, Heft 3/2017 zur Akte gereicht. Diese Zeitschrift enthält eine Beilage, die über den oberen Rand der Zeitschrift hinausragt. Auf dem überstehende Rand heißt es „ZUM SAMMELN EXTRA No 3 2017, ERDBEEREN Pflanzen, Ernten & genießen“. Diese als „Extra“ bezeichnete Beilage enthält – wie angekündigt – Informationen zum Thema Erdbeeren. Sie weist eigene redaktionelle Beiträge, eine eigenständige Paginierung und ein eigenes Impressum auf. Dass dieses „Extra-Heft“ ansonsten gesondert verkauft würde, ist nicht ersichtlich (Anlagenkonvolut K 37).
Mit dem Anlagenkonvolut K 37 hat die Klägerin zudem die Zeitschrift „ZEIT leo Das Magazin für Kinder“, Ausgabe 3, 2017, zur Akte gereicht. Diese Zeitschrift enthält eine Beilage, die über den oberen Rand der Zeitschrift hinausragt. Auf dem überstehende Rand heißt es „+ EXTRAHEFT für deine Eltern 2 Hefte = 1 Preis“. Diese als „EXTRAHEFT“ bezeichnete Beilage wendet sich thematisch – wie angekündigt – an Eltern. Das „EXTRAHEFT“ weist eigene redaktionelle Beiträge, eine eigenständige Paginierung und ein eigenes Impressum auf. Dass dieses „EXTRAHEFT“ ansonsten gesondert verkauft würde, ist nicht ersichtlich (Anlagenkonvolut K 37).
Die vorgelegten Zeitschriften vermögen schon nicht zu belegen, dass der Begriff „Extra-Heft“ für eine Zeitschriftenbeilage regelmäßig in dem Sinne verwendet und verstanden wird, dass damit ein Heft oder eine weitere Zeitschrift bezeichnet wird, die ansonsten gesondert verkauft würde. Dies ist bei keiner der vorgelegten Zeitschriften festzustellen. Die als Anlagen K 28 sowie K 35 bis K 37 vorgelegten Zeitschriften vermögen aber auch nicht zu belegen, dass der Verkehr bei einer als „Extra-Heft“ bezeichneten Zeitschriftenbeilage regelmäßig einen eigenen zusätzlichen redaktionellen Inhalt, eine eigenständige Paginierung und ein eigenes Impressum erwartet. Die als Anlage K 27 vorgelegte Zeitschrift vermag auch nicht die gegenteilige Erwartung hinsichtlich einer Zeitschriftenbeilage zu belegen, die nicht mit der Angabe „Extra-Heft“ bezeichnet wird.
Die vorgelegten Zeitschriften stellen nur einen sehr geringen Ausschnitt des Zeitschriftenmarktes dar. Sie stehen daher als Einzelfälle für sich und vermögen nicht, eine Branchenüblichkeit bei der Verwendung des Begriffs „Extra-Heft“ aufzuzeigen. Ebenso wenig belegen sie, dass der Begriff „Extra-Heft“ für eine Zeitschriftenbeilage vom angesprochenen Verkehr regelmäßig in dem von der Klägerin behaupten Sinne verstanden wird.
Es kann mithin nicht festgestellt werden, dass der angesprochene Verkehr davon ausgeht, dass es sich bei der als „Extra-Heft“ bezeichneten Beilage um eine zweite eigenständige Zeitschrift – einschließlich eigener redaktioneller Inhalte, einer eigenständigen Paginierung und eines eigenen Impressums – handelt, die ansonsten gesondert verkauft wird.
(3)
Eine Irreführungsgefahr ergibt sich auch nicht daraus, dass der Verkehr – entgegen seiner Erwartung – gegenüber dem üblichen Inhalt der Zeitschrift nichts „extra“, bekommen würde.
(3.1)
Der Wortlaut führt im Hinblick auf den Bestandteil „Extra“ nach dem übereinstimmenden und damit unstreitigen Parteivortrag dazu, dass der angesprochene Verkehr davon ausgeht, dass er etwas erhält, dass nicht zum üblichen Inhalt der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“ gehört.
Eine Irreführung kann insoweit nicht festgestellt werden. Diese Verkehrsvorstellung steht vielmehr im Einklang mit den tatsächlichen Gegebenheiten, denn der angesprochene Verkehr erhält tatsächlich etwas „extra“, d. h. zusätzlich.
Zwar hat die Klägerin behauptet, dass die Rubrik Rezepte regelmäßig zum Inhalt der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“ gehöre. Diese Behauptung trifft – auch nach dem Beklagtenvorbringen – zu, denn auch danach enthält die Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“ regelmäßig die Rubrik Rezepte. Dies zeigt auch das hier streitgegenständliche Heft 08/2015, wo sich diese Rezeptrubrik auf den Seiten 68 bis 72 befindet.
Es kann jedoch nicht festgestellt werden, dass dies auch im Hinblick auf die in dem „Extra-Heft“ enthaltenen weiteren Rezepte gilt. Insoweit ist weder hinreichend vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass diese zusätzlichen Rezepte ebenfalls zum regelmäßigen Umfang der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“, d. h. zu jeder Ausgabe, gehört hätten.
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist dies auch nicht unstreitig geworden. Zwar hat die Beklagte im Rahmen des vorangegangenen Verfügungsverfahrens mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2015 ausgeführt, dass sie den Begriff des „Extra-Hefts“ seit Jahren für ihre Rezeptbeihefter verwende (Anlage zum Protokoll der Berufungsverhandlung vom 1. März 2018). Das erlaubt jedoch nicht den von der Klägerin gezogenen Schluss, dass jeder Ausgabe der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“ ein solches Extra-Heft beigelegen hätte. Die Klägerin hat dazu keinen hinreichenden Klagvortrag gehalten. Der Verweis der Klägerin auf das Heft 03/2011 der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“ (Anlage K 19) oder – wie vorgerichtlich geschehen – auf die Hefte 10/2014, 01/2015 und 04/2015 der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL (Anlagen K 20 und K 29) ersetzt nicht den erforderlichen Sachvortrag zum regelmäßigen Heftumfang bzw. -inhalt der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“, insbesondere unmittelbar vor der hier streitgegenständlichen Veröffentlichung des Hefts Nr. 8 der Zeitschrift „FREIZEIT TOTAL“ im August 2015.
(3.2)
Auch soweit der Wortbestandteil „Extra“ weiter darauf hinweist, dass es sich bei der so bezeichneten Beilage um etwas handelt, das gesondert, d. h. losgelöst von der eigentlichen Zeitschrift besteht, kann keine Irreführungsgefahr festgestellt werden. Die Verkehrsvorstellung ist vielmehr zutreffend, denn – wie oben bereits ausgeführt – kann das „Extra-Heft“ der Zeitschrift als Ganzes entnommen werden, ohne dabei beschädigt zu werden oder auseinander zu fallen. Auch thematisch bildet die Beilage mit dem Inhalt „Grillrezepte“ eine Einheit für sich.
Mithin liegt eine Irreführung nicht vor. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu 1) ist nicht nach §§ 3, 8 Abs.1, 5 UWG begründet.
Auf die mit nicht nachgelassenem Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 5. März 2018 vorgelegten weiteren Verwendungsbeispiele für den Begriff „Extra“ (Anlagenkonvolut BK 1) kommt es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht mehr an. Das entsprechende Vorbringen bleibt unberücksichtigt.
II.
Der geltend gemachte Zahlungsantrag zu 2) ist – soweit er in der Berufung nur noch in Höhe von € 996,95 im Streit steht – teilweise begründet, teilweise unbegründet.
1.
Mit der Berufung wendet sich die Beklagte nur noch gegen die Verurteilung zur Erstattung der anteiligen Abmahnkosten, welche durch die Abmahnung vom 10. September 2015 im Hinblick auf die Beanstandung der Angabe „Extra-Heft“ entstanden sind (Anlage K 20).
Die überschießende Verurteilung zur Abmahnkostenerstattung nebst Zinsen hat die Beklagte hingenommen. Das betrifft zum einen die Verurteilung zur Erstattung der Kosten der Abmahnung vom 10. September 2015 bzgl. der sog. Herstellerrezepte in Höhe von € 996,95 nebst Zinsen (Anlagen K 10 und K 13). Zum anderen betrifft dies aber auch die Kosten der weiteren Abmahnung vom 10. September 2015 nebst Zinsen, nämlich soweit sie auf die Beanstandung der Angaben „NEU“ bzw. „Jetzt NEU“ und auf die Angabe zum doppelten Heftinhalt gerichtet war (Anlagen K 20, K 24 und K 25).
2.
Da der geltend gemachte Unterlassungsantrag zu 1. b) unbegründet ist, ist auch der auf der Grundlage von § 12 Abs. 1 S. 2 UWG geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der diesbezüglichen vorgerichtlichen Abmahnkosten unbegründet.
Mit der Abmahnung vom 10. September 2015, hat die Klägerin die Verwendung der Angabe „Extra-HEFT“, der Angaben „NEU“ bzw. „Jetzt NEU“ sowie der Angabe zum doppelten Heftinhalt beanstandet (Anlage K 20). Zur Berechnung der Höhe der Abmahnkosten hat die Klägerin – unbeanstandet – einen Gesamtstreitwert von € 250.000,00 zugrunde gelegt. Davon entfallen je € 75.000,00 auf die beanstandete Neuheitswerbung und die monierte Angabe „Extra-Heft“. Die Auslobung des doppelten Heftinhalts hat die Klägerin mit einem Einzelstreitwert von € 100.000,00 bemessen (Anlage K 24). Auf der Grundlage eines Gesamtstreitwerts von € 250.000,00 ergeben sich damit Abmahnkosten in Höhe von insgesamt € 2.192,95, die sich wie folgt berechnen:
1,3 Geschäftsgebühr gemäß §§ 2, 13, Nr. 2300 VV RVG
€ 2.928,90
abzgl. 0,65 Anrechnung gem. Vorb. 3(4) VV (€ 50.000,00) € 755,95
Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 RVG € 20,00
Summe: € 2.192,95.
Bei Zugrundelegung des vorgenannten Einzelstreitwerts von € 75.000,00 entfallen 30% der entstandenen Gesamtkosten der Abmahnung auf die Beanstandung der Angabe „Extra-Heft“, d. h. ein Betrag von € 657,89. Insoweit hat die Berufung der Beklagten einschließlich der zuerkannten Zinsen seit dem 11. Dezember 2015 Erfolg. Hinsichtlich des überschießenden Betrages von € 339,06 nebst Zinsen unterliegt sie mit ihrer Berufung.
Damit bleibt die Verurteilung zu 2. insoweit aufrechterhalten, als die Beklagte zur Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von insgesamt € 2.532,04 (= € 996,95 + € 1.535,06) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB verurteilt worden ist, wobei die Verzinsung auf den Betrag von € 996,95 seit dem 20. November 2015 und auf den weiteren Betrag von € 1.535,06 (= € 2.192,95 – € 657,89) seit dem 11. Dezember 2015 zu erfolgen hat.
III.
Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der erstinstanzlichen Kosten auf §§ 92 Abs. 1, 91a ZPO, hinsichtlich der zweitinstanzlichen Kosten auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IV.
Gegen dieses Urteil ist die Revision gemäß § 543 ZPO nicht zuzulassen.
Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, denn sie erschöpft sich in der Anwendung der gesicherten Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung auf den vorliegenden Einzelfall. Die Entscheidung des Revisionsgerichts ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
Vorinstanz:
LG Hamburg, Az. 406 HKO 77/16