OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 17.11.2016, Az. 6 U 231/15
§ 5 UWG, § 5a UWG; Anlage 4, Abschnitt 1 zu § 5 PKW-EnVKV
Die Besprechung der Entscheidung finden Sie hier (OLG Frankfurt – Werbung für Pkw). Zum Volltext der Entscheidung unten:
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das am 30.10.2015 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt teilweise abgeändert.
Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen,
für neue Personenkraftwagen unter Nennung eines Modells zu werben, ohne dabei Angaben über den Kraftstoffverbrauch innerorts, außerorts und kombiniert und die spezifischen CO2-Emissionen im Sinne des § 5 Abs. 1 i.V.m. Anlage 4 Abschnitt I Nr. 1 Pkw-EnVKV (in der jeweils gültigen Fassung) zu machen, wenn dies wie aus der Anlage K1 ersichtlich geschieht.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben zu je 1/6 die Beklagten und zu 2/3 der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von je € 10.000,00 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Kläger kann die gegen ihn gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten über Informationspflichten im Rahmen einer Neuwagen-Werbung.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht verfolgt. Bei den Beklagten handelt es sich um Autohäuser, die in das Vertriebsnetz der A GmbH, der Streithelferin, eingebunden sind. Die Streithelferin stellte den Beklagten ein Muster einer Anzeige zur Verfügung, die diese lediglich um ihre persönlichen Angaben ergänzt haben. Die nachfolgend – vergrößert – eingeblendete Anzeige erschien am …11.2014 im B (Anlage K1):
[Abb.]
Der Kläger mahnte die Beklagten mit Schreiben vom 18.11.2014 wegen Verstößen gegen die Pkw-EnVKV sowie wegen des Fehlens weiterer Pflichtangaben ab.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, für neue Personenkraftwagen unter Nennung eines Modells zu werben, ohne dabei die in § 5 Abs. 1 i.V.m. Anlage 4 Abschnitt I Nr. 1 Pkw-EnVKV vorgesehenen Angaben zu machen, ohne ihre Identität und die Anschrift zu nennen, sowie einen Kfz-Versicherungsvertrag zu bewerben, ohne die Anschrift des Versicherers anzugeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die streitgegenständliche Werbung sei für den durchschnittlich informierten Verbraucher so zu verstehen, dass es sich auf alle Modelle „Marke X-Modell1“ beziehe und nicht nur auf das im Finanzierungsbeispiel genannte Modell. Es sei daher ausreichend, eine Spannbreite der Verbrauchs- bzw. Emissionswerte anzugeben. Die Beklagten seien auch nicht zu den in § 5 a Abs. 3 Nr. 2 UWG vorgesehenen Angaben verpflichtet gewesen. Der Anwendungsbereich der Bestimmung sei nicht eröffnet, weil keine Aufforderung zum Kauf vorliege.
Gegen diese Beurteilung richtet sich die Berufung des Klägers. Im Berufungsrechtszug wiederholen und vertiefen die Parteien ihr Vorbringen.
Der Kläger beantragt,
das am 30.10.2015 verkündete Urteil des Landgerichts Darmstadt, Az. 14 O 24/15 aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,
1. für neue Personenkraftwagen unter Nennung eines Modells zu werben, ohne dabei Angaben über den Kraftstoffverbrauch innerorts, außerorts und kombiniert und die spezifischen CO2-Emissionen im Sinne des § 5 Abs. 1 i.V.m. Anlage 4 Abschnitt I Nr. 1 Pkw-EnVKV (in der jeweils gültigen Fassung) zu machen,
2. Personenkraftwagen unter Angabe deren Merkmale und Preis zu bewerben oder bewerben zu lassen, ohne die Identität und die Anschrift zu nennen,
3. einen Kfz-Finanzierungsvertrag unter Angabe dessen Merkmale und Preis zu bewerben oder bewerben zu lassen, ohne die Anschrift des Vertragspartners anzugeben,
wenn dies wie aus der Anlage K1 ersichtlich geschieht.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache nur teilweise Erfolg.
1.
Die Unterlassungsanträge sind hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 II Nr. 2 ZPO. Dem steht nicht entgegen, dass im abstrakten Teil des Antrags zu 1. Teile des Gesetzeswortlauts aus Abschnitt I der Anlage 4 zu § 5 Pkw-EnVKV wörtlich wiedergegeben werden. Dies ist ausnahmsweise zulässig, wenn – wie hier – entweder der gesetzliche Verbotstatbestand eindeutig und konkret gefasst oder sein Anwendungsbereich durch eine gefestigte Auslegung geklärt ist. Unbedenklich ist ein solcher Antrag ferner dann, wenn der Kläger hinreichend deutlich macht, dass er nicht ein Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich mit seinem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert (BGH GRUR 2012, 842Rn. 12 [BGH 21.12.2011 – I ZR 190/10] – Neue Personenkraftwagen I). So liegt es im Streitfall. Der Antrag ist auf die konkrete Verletzungsform (Anlage K1) bezogen.
2.
Soweit der Klageantrag zu 3. erstinstanzlich auf einen „Kfz-Versicherungsvertrag“ bezogen war, liegt darin ein offensichtliches Schreibversehen. Der stattdessen auf einen „Kfz-Finanzierungsvertrag“ bezogene Berufungsantrag zu 3. beinhaltet keine Klageänderung, sondern nur eine Klarstellung.
3.
Dem Kläger steht gegen die Beklagten der mit dem Antrag zu 1. verfolgte Unterlassungsanspruch im Hinblick auf die beanstandete Werbung aus §§ 3, 5a II, IV, 8 I UWG i.V.m. Anlage 4, Abschnitt I zu § 5 Pkw-EnVKV zu.
a)
Der Kläger ist nach § 8 III Nr. 2 UWG prozessführungsbefugt.
b)
Da es bei den hier maßgeblichen Bestimmungen der Pkw-EnVKV um Verbraucherinformationspflichten geht, die ihre Grundlage im Unionsrecht haben, richtet sich die Frage der Unlauterkeit nach den Voraussetzungen der Vorschrift § 5a II, IV UWG, die Art. 7 I der UGP-Richtlinie umsetzt. Der Tatbestand des § 3a UWG, der in erster Linie Marktverhaltensregelungen außerhalb des Anwendungsbereichs der UGP-Richtlinie betrifft, hat insoweit keine eigenständige Bedeutung (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, 34. Aufl., § 3a Rn. 1.5, 1.8).
c)
Die beanstandete Anzeige enthält nicht die nach Anlage 4, Abschnitt I S. 1 zu § 5 Pkw-EnVKV erforderlichen Angaben über den Kraftstoffverbrauch (Werte des Testzyklus innerorts und außerorts sowie kombiniert) und über die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen im kombinierten Testzyklus für das Fahrzeugmodell „Marke X-Modell2“.
aa)
Wird in der Werbeschrift ein konkretes Fahrzeugmodell beworben, müssen nach Anlage 4, Abschnitt I S. 1 zu § 5 Pkw-EnVKV die Einzelwerte des Testzyklus innerorts und außerorts sowie kombiniert angegeben werden. Die Angabe einer Spannbreite ist nach Abschnitt I S. 2 nur dann zulässig, wenn in der Werbeschrift für mehrere Modelle geworben wird. Unter „Modell“ ist nach § 2 Nr. 15 Pkw-EnVKV die Handelsbezeichnung eines Fahrzeugs, bestehend aus Fabrikmarke, Typ sowie gegebenenfalls Variante und Version eines Personenkraftwagens zu verstehen. Eine Mehrmodellwerbung liegt damit schon dann vor, wenn verschiedene Varianten und Versionen eines Modells beworben werden. So sind z.B. die Varianten „SLK 200“, „SLK 250“ und „SLK 350“ des Personenkraftwagens „Mercedes-Benz SLK“ mehrere Modelle i.S.d. Richtlinie (BGH GRUR 2015, 393 Rn. 16 [BGH 24.07.2014 – I ZR 119/13] – Der neue SLK).
bb)
Entgegen der Ansicht der Beklagten wird in der streitgegenständlichen Anzeige nicht nur eine Modellreihe beworben. In der blickfangmäßigen Überschrift heißt es: „Marke X-Modell1“. Es ist ein einzelnes Fahrzeug fotografisch abgebildet. In einem ebenfalls groß gedruckten Kasten findet sich die Angabe: „Ab 99.- EUR monatlich; 0,01 %-Finanzierung1“. In der mit der Ziff. 1 bezeichneten Fußnotenauflösung heißt es:
„Finanzierungsbeispiel für einen Marke X-Modell2 auf Basis des Endpreises in Höhe von 22.990,00 Euro … Kreditvermittlung erfolgt allein über A1 – ein Service-Center der Y Bank AG. 2/3-Beispiel gem. § 6a Abs. 3 PAngV.“
Zwar deutet die blickfangmäßige Überschrift auf mehrere Varianten einer Modellfamilie hin. Es ist auch unstreitig, dass die Streithelferin der Beklagten die Modelle „Marke X-Modell1“ in verschiedenen Modellreihen anbietet (LGU 5). In der Auflösung des Fußnotenhinweises wird jedoch allein auf die Variante „Marke X-Modell2“ Bezug genommen. Hierbei handelt es sich um ein konkretes Fahrzeugmodell.
cc)
Gegen die Bewerbung eines konkreten Modells spricht nicht, dass das Modell erst in der Fußnote im Zusammenhang mit einem Finanzierungsbeispiel genannt wird. Der Senat schließt sich insoweit nicht der gegenteiligen Ansicht des Thüringischen Oberlandesgerichts in einem Parallelfall mit einer ähnlichen Anzeige an (Thüring. OLG, Beschl. v. 24.11.2014, 2 W 568/14, Anlage N4, Bl. 177 d.A.). Danach soll sich aus dem Gesamteindruck der Werbung erschließen, dass nur eine Modellreihe beworben wird. Denn der blickfangmäßig gestaltete Teil nehme lediglich auf die Modellreihe (hier: „Marke X-Modell1“) Bezug. Das Modell werde in der Fußnote nicht konkret zum Verkauf beworben, sondern diene nur als Anknüpfungspunkt für das Finanzierungsbeispiel. Gegen diese Sichtweise spricht, dass es für die Erforderlichkeit der Einzelangaben nicht darauf ankommen kann, das konkrete Modell in der Werbung besonders hervorzuheben. Es kommt auch nicht darauf an, ob das konkret beworbene Modell in ein Finanzierungsbeispiel eingebettet ist. Maßgeblich ist, dass der Verbraucher, der sich speziell für das in der Fußnote bezeichnete Modell interessiert, über die konkreten Verbrauchs- und Emissionswerte dieses Modells informiert werden muss. Ein Händler kann seiner Verpflichtung zur Angabe der konkreten Verbrauchswerte nicht dadurch entgehen, dass er neben einer im Detail beworbenen Modellvariante auch pauschal auf die ganze Modellreihe Bezug nimmt und insoweit eine Spannbreite der Verbrauchs- und Emissionswerte angibt.
dd)
Es ist auch nicht maßgeblich, dass die Angaben in der Fußnote nur die Verpflichtungen aus § 6a PAngV erfüllen sollen. Danach besteht eine Verpflichtung zur Nennung einer konkreten Modellvariante. Diese Regelung entbindet die Beklagten jedoch nicht von den unabhängig davon bestehenden Verpflichtungen der Pkw-EnVKV (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 31.3.2016, I-15 U 50/15, Anlage K10, Bl. 288).
ee)
Die Beklagten können auch nicht damit gehört werden, die Angaben in dem Finanzierungsbeispiel würden vom Durchschnittsverbraucher nicht gelesen. In der Anzeige wird blickfangmäßig für eine „0,01%-Finanzierung“ geworben. Es mag sein, dass nicht jeder Verbraucher an einer derartigen Finanzierung interessiert ist. Wer jedoch Interesse hat, wird auch den Fußnotenhinweis zur Kenntnis nehmen. Eine andere Beurteilung wäre erfahrungswidrig. Es kann auch nicht angenommen werden, das Finanzierungsbeispiel sei nicht Bestandteil der Pkw-Werbung. Die Beklagten haben vielmehr die Finanzierung gezielt mit der Fahrzeugwerbung verknüpft.
ff)
In der streitgegenständlichen Werbeanzeige wird nur eine Spannbreite der Verbrauchs- und Emissionswerte wie folgt angegeben:
„Kraftstoffverbrauch: kombinierter Testzyklus 5,7 – 5,4 l/100 km; CO2-Ausstoß: kombinierter Testzyklus 130 – 124 g/km (VO EG 715/2007)“.
Die Angaben sind nicht ausreichend. Die Einzelwerte des Testzyklus innerorts und außerorts sowie kombiniert für das Modell „A Marke X-Modell2“ werden nicht angegeben. Die Beklagten enthalten damit Verbrauchern die in der Richtlinie 1999/94/EG als wesentlich eingestuften Informationen gemäß § 5a II, IV UWG vor.
d)
Die fehlenden Informationen sind auch geeignet, „den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte“ (§ 5a II 1 Nr. 2 UWG). Es kann offen bleiben, ob dieses zusätzliche Relevanzkriterium für die Informationspflichten aufgrund unionsrechtlicher Verordnungen im Sinne des § 5 a IV UWG nach der Neufassung des § 5 a UWG 2015 erforderlich ist (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, 34. Aufl., § 5a Rn. 3.43 f.; anders noch zum UWG 2008: BGH GRUR 2012, 842 Rn. 25 – Neue Personenkraftwagen I; zum neuen Recht vgl. BGH GRUR 2016, 403 [BGH 04.02.2016 – I ZR 194/14] – Fressnapf Rn. 33 sowie BGH GRUR 2016, 1076 [BGH 21.07.2016 – I ZR 26/15] – LGA tested Rn. 55). Es erscheint jedenfalls denkbar, dass Verbraucher bei Vorenthalten der Verbrauchs- und Emissionswerte für das in dem Finanzierungsbeispiel aufgeführte Modell eher geneigt sein werden, die Geschäftsräume der Beklagten aufzusuchen oder auf andere vergleichbare Weise mit ihnen Kontakt aufzunehmen, als bei einer Konfrontation mit den Werten im Rahmen der Werbeanzeige. Die Voraussetzungen des § 5a II 1 Nr. 2 UWG sind damit erfüllt. Insbesondere erfüllt die dargestellte Kontaktaufnahme mit dem werbenden Händler die Voraussetzungen einer „geschäftlichen Entscheidung“ im Sinne von § 2 Abs. I Nr. 9 UWG (vgl. BGH GRUR 2016, 1073 [BGH 28.04.2016 – I ZR 23/15] – Geo-Targeting Rn. 34)
2.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus §§ 8 I, 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG auf Nennung ihrer vollständigen Identität und Anschrift (Klageantrag zu 2.). Insoweit hat die Berufung keinen Erfolg.
a)
Nach § 5a Abs. 2 UWG handelt unlauter, wer die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern dadurch beeinflusst, dass er eine Information vorenthält, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels wesentlich ist. Nach § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG gelten die Identität und die Anschrift des werbenden Unternehmers ohne weiteres als wesentlich, sofern es sich um eine Werbung handelt, bei der Waren oder Dienstleistungen unter Hinweis auf ihre Merkmale und ihren Preis in einer dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Weise so angeboten werden, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann.
b)
In der streitgegenständlichen Anzeige wird nicht die korrekte Straßenbezeichnung und Hausnummer der Beklagten zu 1 angegeben. Außerdem fehlt es an der Angabe der Postleitzahlen beider Beklagten.
c)
Es liegt jedoch keine Werbung vor, bei der „der Verbraucher das Geschäft abschließen kann“.
aa)
Diese Umschreibung dient der Umsetzung des Begriffs der „Aufforderung zum Kauf“ nach Art. 2 i) der UGP-Richtlinie. Darunter ist jede kommerzielle Kommunikation zu verstehen, die die Merkmale des Produkts und den Preis angibt und den Verbraucher dadurch in die Lage versetzt, einen Kauf zu tätigen. Dies ist dann der Fall, wenn der Verbraucher hinreichend über das beworbene Produkt und den Preis informiert ist, um eine geschäftliche Entscheidung zu treffen. Es müssen nicht bereits alle essentialia negotii genannt sein. Ebenso wenig bedarf es einer invitatio ad offerendum oder eines rechtlich bindenden Vertragsangebots im Sinne des § 145 BGB. Vielmehr löst jede Erklärung des Unternehmers, auf Grund derer sich der Verbraucher zum Erwerb einer bestimmten Ware entschließen kann, die Informationspflicht aus (BGH GRUR 2011, 82 [BGH 29.04.2010 – I ZR 99/08] – Preiswerbung ohne Umsatzsteuer; GRUR 2016, 403 Rn. 13 [BGH 04.02.2016 – I ZR 194/14] – Fressnapf).
bb)
In Bezug auf Kfz-Angebote hat der BGH (zu dem Begriff des Anbietens von Waren gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 PAngV, der dem Begriff der Aufforderung zum Kauf iSd § 5a Abs. 3 UWG entspricht,) bereits entschieden, dass unter einer solchen gezielten Werbung jede Form der Werbung zu verstehen ist, durch die der Verbraucher so viel über das Produkt und dessen Preis erfährt, dass er sich für den Kauf entscheiden kann, ohne dass er die Auswahl anderer Ausführungen des Produkts schon aufgegeben haben muss (BGH GRUR 2014, 403 Rn. 8 [BGH 12.09.2013 – I ZR 123/12] – DER NEUE). Der Entscheidung lag eine gemeinsame Anzeige von Kfz-Händlern zugrunde, die – wie hier – keine besonderen Ausstattungsmerkmale des abgebildeten Fahzeugmodells benennt. Der BGH hat eine „Aufforderung zum Kauf“ verneint, allerdings nur deshalb, weil als Preis nur die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers angegeben war. Zum Fehlen von Ausstattungsmerkmalen verhält sich die Entscheidung nicht. In dem Vorlagebeschluss „Preis zzgl. Überführung“ ging der BGH ebenfalls in Bezug auf eine Kfz-Werbung von einem „Anbieten von Waren“ aus (BGH GRUR 2014, 1208 [BGH 18.09.2014 – I ZR 201/12] – Preis zuzüglich Überführung). Die dortige Anzeige nannte allerdings – im Unterschied zur hiesigen Anzeige – eine Vielzahl von Ausstattungsmerkmalen.
cc)
Bei der Anschaffung eines Kfz, dessen Endpreis fast € 23.000,00 beträgt, liegt die Schwelle für eine Kaufentscheidung des Verbrauchers höher als bei Anschaffungen, die weniger Überlegungen erfordern. Angaben zur Motorleistung, zum Kofferraumvolumen und zu bestimmten Extras werden bei einem Kleinwagen weniger im Vordergrund stehen. Der Verbraucher wird aber zumindest wissen wollen, ob er ein Diesel- oder ein Benzinfahrzeug kauft bzw. ob der Wagen ein Schalt- oder ein Automatikgetriebe hat. Vorher wird er sich nicht zum Kauf entschließen. Mangels dieser Informationen liegt keine Aufforderung zum Kauf vor. Ob die Informationen auf anderem Wege recherchierbar sind, ist nicht maßgeblich. Es kommt auch nicht darauf an, dass – was im Berufungsrechtszug unstreitig ist – das Modell Marke X-Modell1 ausschließlich mit 88 kW, manueller 5-Gangschaltung und Frontantrieb erhältlich ist. Dies ist aus der Anzeige nicht erkennbar.
3.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus §§ 8 I, 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG auf Nennung der Anschrift des finanzierenden Kreditinstituts (Klageantrag zu 3.). Auch insoweit hat die Berufung keinen Erfolg. Angebote, die den Verbraucher befähigen sollen, einen Finanzdienstleistungsvertrag abzuschließen, unterfallen § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG mit der Folge, dass die hierin vorgesehenen Informationspflichten gelten (OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.4.2015 – I-15 U 100/14, Rn. 31, juris). Eine Aufforderung zum Geschäftsabschluss liegt jedoch auch hier nicht vor. Die Finanzierung steht untrennbar im Zusammenhang mit der Kfz-Werbung. Da in Bezug auf das Fahrzeug keine Aufforderung zum Kauf vorliegt, kann auch keine Aufforderung zum Abschluss eines Finanzierungsvertrages für das Fahrzeug angenommen werden.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 I, 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
5.
Die Revision war zuzulassen, weil die Entscheidung des Senats von der Rechtsprechung des Thüring. OLG abweicht und weil die Frage der „Aufforderung zum Kauf“ bei Kfz-Anzeigen der streitgegenständlichen Art grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 ZPO).
Vorinstanz:
LG Darmstadt, Az. 14 O 24/15
Nachinstanz:
BGH, Az. I ZR 260/16