LG Konstanz, Urteil vom 22.06.2017, Az. 7 O 25/16 KfH
§ 3 Abs. 1; § 3a UWG; Art. 78 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 lit c) der VO (EU) 1308/2013 i. V. m. Anhang VII Teil III Nr. 5 Abs. 1
Eine Zusammenfassung der Entscheidung finden Sie hier (LG Konstanz – Kein veganer Käse). Den Volltext des Urteils finden Sie unten:
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Landgericht Konstanz
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
hat das Landgericht Konstanz – 7. Kammer für Handelssachen – durch … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 05.05.2017 für Recht erkannt:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 €, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre, zur Vollstreckung an dem Geschäftsführer) zu unterlassen:
im geschäftlichen Verkehr vegane Streichprodukte mit der Angabe „Frischkäse“ anzubieten und/oder zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn dies geschieht wie nachfolgend wiedergegeben:
[Abb.]
2.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 246,10 € zuzüglich Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 02.08.2016 zu bezahlen.
3.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4.
Das Urteil ist hinsichtlich Ziff. 1 des Tenors gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,00 €, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten um wettbewerbliche Unterlassungsansprüche.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben auch die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs gehört und zu dessen rund 2.000 Mitgliedern insbesondere auch der DIHK und die Industrie- und Handelskammern zählen.
Die Beklagte vertreibt Lebensmittel, darunter auch die veganen (nicht aus Milch gewonnenen) streitgegenständlichen Erzeugnisse, die von der Beklagten auf dem Seitenetikett jeweils als „Brotaufstrich auf Sojabasis“ (in den Varianten „pur“, „Kräuter“, „Tomate Basilikum“) bezeichnet werden. Auf dem abziehbaren Deckel der runden Verpackungen findet sich jeweils ein in zwei Zeilen in blauer Schrift schräg aufgebrachter Schriftzug „wie Frischkäse“, wobei das Wort „wie“ in kleinerer Schrift gedruckt ist als das Wort „Frischkäse“, das von allen Angaben auf dem Deckel der Verpackung die größten Buchstaben aufweist. Zudem finden sich auf dem Deckel die Herstellerangabe (in weißer Schrift vor rotem Hintergrund), die Zusätze „ohne Milch“ (weiß vor blauem Hintergrund), die Angaben „aus Soja“, „vegan“ und „lactosefrei“ (in blauer Schrift vor weißem Hintergrund), das Bio-Siegel, sowie die blau („pur“), grün („Kräuter“) oder rot („Tomate Basilikum“) unterlegte Angabe einer Geschmacksrichtung. Wegen der Einzelheiten der Produktgestaltung wird auf die bildlichen Darstellungen in Ziff. 1 des Tenors (schwarz-weiß), Ziff. 1 der Klageschrift (As. 3 ff. – in Farbe) sowie die Anlage K 1 Bezug genommen. Hinsichtlich Konsistenz und Geschmack sind die streitgegenständlichen Produkte mit Frischkäse jedenfalls nicht identisch.
Der Kläger mahnte die Beklagte vorgerichtlich wegen Verwendung der Bezeichnung „Frischkäse“ für diese Produkte mit Schreiben vom 13.04.2016 (zu dessen Einzelheiten siehe Anlage K 2) ab und forderte sie – erfolglos – zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die Verwendung des Wortes „Frischkäse“ als Bezeichnung für die streitgegenständlichen Produkte gegen §§ 3 Abs. 1, 3a UWG wettbewerbswidrig sei. Hierin liege ein Verstoß gegen Art. 78 i. V. m. Anhang VII Teil III Nr. 5 und 6 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse (im Folgenden: VO (EU) 1308/2013). Insbesondere liege auch kein Fall einer Ausnahme nach Anhang VII Teil III Nr. 5 Abs. 2 Alt. 2 der VO (EU) 1308/2013 vor, da die Bezeichnung nicht – schon gar nicht eindeutig – zur Beschreibung einer charakteristischen Eigenschaft des Erzeugnisses verwandt werde, wobei der Geschmack der streitgegenständlichen Produkte ohnehin erheblich von dem von Frischkäse abweiche. Zugleich liege auch ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Käseverordnung i. V. m. § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB i. V. m. Art. 7 Abs. 1 LMIV vor und sei die Etikettierung zudem auch nach allgemeinen Irreführungsvorschriften wettbewerbswidrig, da die Gefahr bestehe, dass der Verbraucher die Produkte mit herkömmlichem Frischkäse verwechsle. Daher sei die Beklagte auch verpflichtet, die Abmahnkosten in Höhe einer – zwischen den Parteien dem Betrag nach unstreitigen – Kostenpauschale von 246,10 € brutto zu erstatten.
Mit seiner, der Beklagten am 01.08.2016 zugestellten Klage beantragt der Kläger:
1. wie in Ziff. 1 des Tenors erkannt (wegen der Einzelheiten der farblichen Darstellung wird auf Antrag Ziff. 1 der Klageschrift – As. 3 f – Bezug genommen).
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 246,10 zuzüglich Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 keine Marktverhaltensregelungen i. S. d. § 3a UWG seien. Auch werde das Wort „Frischkäse“ bei ihren Produkten nicht zur Bezeichnung des Erzeugnisses verwandt, das – wie auf dem Seitenetikett ersichtlich sei – von der Beklagten zutreffend als „Brotaufstrich auf Sojabasis“ vermarktet werde. Die Verwendung des Wortes „Frischkäse“ sei jedenfalls im Rahmen der Ausnahmeregelung nach Anhang VII Teil III Nr. 5 Abs. 2 Alt. 2 der VO zulässig, da hierdurch in Verbindung mit dem Wort „wie“ eindeutig charakteristische Eigenschaften des Erzeugnisses, nämlich sein Verwendungszweck, seine Konsistenz und sein Geschmack, beschrieben würden, hinsichtlich derer eine Vergleichbarkeit des Produktes mit Frischkäse gegeben sei. Auch eine Unlauterkeit nach allgemeinen Irreführungsregeln liege nicht vor, da eine Irreführung der relevanten Verkehrskreise durch das „wie“ sowie die erläuternden Zusätze auf der Produktverpackung ausgeschlossen sei. Dies gelte insbesondere auch deshalb, weil vegane Produkte in Supermärkten üblicherweise in von Milcherzeugnissen räumlich abgetrennten Regalbereichen angeboten würden und angesichts der Vielfältigkeit der Verbrauchergewohnheiten im Lebensmittelbereich ohnehin von einer gesteigerten Aufmerksamkeit der Verbraucher – gerade auch bei Milcherzeugnissen – auszugehen sei.
Die Kammer hat über die Klage im Termin verhandelt und dabei insbesondere auch eine geschlossene Verpackung „wie Frischkäse“ in der Geschmacksrichtung „pur“ in Augenschein genommen.
Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
1.
Dem Kläger steht ein Anspruch gegen die Beklagte auf Unterlassung aus § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG zu, wobei sich die Aktivlegitimation des Klägers aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ergibt (zu Letzterem: Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl., 2017, § 8 Rdnr. 3.43).
Die Beklagte hat eine nach § 3 Abs. 1 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vorgenommen. Nach § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 3a UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Markteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, wenn der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Die streitgegenständliche Gestaltung der Produkte der Beklagten verstößt gegen gegen Art. 78 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 lit c) der VO (EU) 1308/2013 i. V. m. Anhang VII Teil III Nr. 5 Abs. 1. Bei dieser Verordnung handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung (a.). Die Verwendung der Angabe „Frischkäse“ in der streitgegenständlichen Weise ist nach der Verordnung unzulässig (b.). Da auch die übrigen Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs wegen dieses Verstoßes vorliegen, kommt es darauf, ob die Aufmachung der Produkte der Beklagten auch noch aus anderen Gründen wettbewerbswidrig ist, nicht mehr an (c.).
a.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die VO (EU) 1308/2013 eine Marktverhaltensregelung i. S. d. § 3a UWG.
Eine Norm regelt das Marktverhalten im Interesse der Mitbewerber, Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG), wenn sie einen Wettbewerbsbezug in der Form aufweist, dass sie die wettbewerblichen Belange der als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommenden Personen schützt. Eine Vorschrift, die dem Schutz von Rechten, Rechtsgütern oder sonstigen Interessen von Marktteilnehmern dient, ist eine Marktverhaltensregelung, wenn das geschützte Interesse gerade durch die Marktteilnahme, also durch den Abschluss von Austauschverträgen und den nachfolgenden Verbrauch oder Gebrauch der erworbenen Ware oder in Anspruch genommenen Dienstleistung berührt wird. Nicht erforderlich ist eine spezifisch wettbewerbsbezogene Schutzfunktion in dem Sinne, dass die Regelung die Marktteilnehmer speziell vor dem Risiko einer unlauteren Beeinflussung ihres Marktverhaltens schützt. Die Vorschrift muss jedoch – zumindest auch – den Schutz der wettbewerblichen Interessen der Marktteilnehmer bezwecken; lediglich reflexartige Auswirkungen zu deren Gunsten genügen daher nicht (BGH, Urteil vom 08. Oktober 2015 — I ZR 225/13 —, juris, Tz. 21, – Eizellspende -).
Auch wenn die VO (EU) 1308/2013 (auch) der Regelung „aller grundlegenden Elemente der gemeinsamen Marktorganisation“ dienen soll (so der Erwägungsgrund [EWG] 2), sind Regelungsgegenstand der VO (EU) 1308/2013 keineswegs nur – wie dies die Beklagte jedoch meint – „übergeordnete Aspekte der Marktorganisation“. Ziel der VO (EU) 1308/2013 ist vielmehr insbesondere auch der Schutz der wettbewerblichen Belange der Verbraucher, deren Erwartungen (so EWG 65, 69 Satz 2, 70 Satz 1 und 3) geschützt und deren Irreführung vermieden werden soll (so EWG 70 Satz 3). Zudem versteht die VO gerade die – auch im Streitfall maßgeblichen – „Begriffsbestimmungen, Bezeichnungen und Verkehrsbezeichnungen“ als wichtige Aspekte für die Festlegung von Wettbewerbsbedingungen (EWG 76 Satz 1; vgl. auch EWG 78).
b.
Die streitgegenständliche Gestaltung der Produkte der Beklagten verstößt gegen Art. 78 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 lit c) der VO, wonach die Bezeichnung Käse in der Union grundsätzlich nur für die Vermarktung eines Erzeugnisses verwendet werden darf, das den Anforderungen des Anhanges VII entspricht, bei dem es sich also um ein Milcherzeugnis handelt (Anhang VII Teil III Nr. 2 Abs. 2 lit. a) viii)).
aa.
Die Beklagte verwendet für die Vermarktung der streitgegenständlichen Produkte die Bezeichnung Käse. Hierbei kommt es nicht darauf an, dass das Produkt auf dem Seitenetikett als „Brotaufstrich auf Sojabasis“ bezeichnet wird und – wie das Wort „wie“ erkennen lässt – auch auf dem Deckel der Produktverpackung nicht ausdrücklich behauptet wird, es handele sich bei diesem um (echten) Frischkäse. Wegen der Schutzrichtung der VO (EU) 1308/2013, die – wie dargelegt insbesondere auch den Schutz der Erwartungen der Verbraucher bezweckt, muss der Schutz der Bezeichnung jedenfalls dann eingreifen, wenn die Bezeichnung Käse – wie hier – in herausgehobener, ins Auge springender Weise zur Beschreibung des Produkts verwandt wird. Diese Auslegung wird auch dadurch bestätigt, dass die Regelung Nr. 5 Abs. 2 des Anhanges gerade an die Verwendung des Begriffes im Rahmen der Beschreibung des Produkts anknüpft und diese nur unter besonderen Voraussetzungen (ausnahmsweise) für zulässig erklärt.
bb.
Ein Fall, in dem die Verwendung der Bezeichnung nach der VO (EU) 1308/2013 in Verbindung mit deren Anhang ausnahmsweise gestattet ist, liegt nicht vor.
aaa.
Unstreitig handelt es sich bei den streitgegenständlichen Produkten der Beklagten nicht um Erzeugnisse, deren Art aufgrund ihrer traditionellen Verwendung genau bekannt ist und die damit der Ausnahmeregelung von Nr. 5 Abs. 2 Alt. 1 des Anhanges VII Teil III unterfallen würden.
bbb.
Die Bezeichnung wird auch nicht – wie dies jedoch für eine Ausnahme nach Nr. 5 Abs. 2 Alt. 2 des Anhanges VII Teil III erforderlich wäre – eindeutig zur Beschreibung einer charakteristischen Eigenschaft des Erzeugnisses verwandt. Zwar steht der Umstand allein, dass das Erzeugnis nach dem Vortrag der Beklagten (sogar) hinsichtlich mehrerer Eigenschaften (Geschmack, Konsistenz und Verwendungszweck) Frischkäse ähnlich sei, als solcher der Anwendung der Ausnahmeregelung – entgegen der Auffassung des Klägers – wohl noch nicht entgegen. Allerdings könnten Wortlaut und Zweck der Regelung für die Annahme sprechen, dass die – auch mehreren – Produkteigenschaften, die durch die Verwendung der Bezeichnung Käse beschrieben werden sollen, zumindest namhaft gemacht werden müssen, zumal neben den von der Beklagten vorgetragenen Eigenschaften durchaus auch andere Eigenschaften als Bezugspunkt des Vergleichs in Betracht kommen, wie z. B. der Nährwert. Letztlich können diese Fragen jedoch dahinstehen, da es jedenfalls an der zusätzlich erforderlichen Eindeutigkeit der Verwendung des Wortes „Frischkäse“ zur Beschreibung von charakteristischen Eigenschaften des Erzeugnisses fehlt.
(1)
Bereits aufgrund des Charakters des Absatzes 2 von Nr. 5 des Anhanges VII Teil III als Ausnahmeregelung sind an die Annahme einer „Eindeutigkeit“ im Sinne dieser Regelung strenge Anforderungen zu stellen. Zudem zeigt die Regelung in Nr. 6 Abs. 1 des Anhanges VII Teil III, wonach bei Nicht-Milcherzeugnissen nicht durch Etikett, Handelsdokumente, Werbematerial, Werbung irgendwelcher Art oder Aufmachung behauptet oder der Eindruck erweckt werden darf, dass es sich bei dem betreffenden Erzeugnis um ein Milcherzeugnis handelt, wie auch der Zweck der VO (EU) 1308/2013, die Erwartungen der Verbraucher zu schützen, dass jedenfalls die Gefahr einer Irreführung der Verbraucher ausgeschlossen sein muss. Eine Aufmachung des Produkts in einer Weise, die die Gefahr einer Fehlvorstellung der Verbraucher über dessen Eigenschaft als Milcherzeugnis begründet, kann daher nicht als „eindeutig“ im Sinne von Nr. 5 Abs. 2 Alt. 2 VII Teil III angesehen werden. Maßstab dafür, ob die Gefahr der Irreführung der Verbraucher besteht, muss dabei – wie sonst auch – sein, wie der normal informierte und angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher die beworbenen Waren oder Dienstleistungen wahrnimmt (allg. zu diesem Verbraucherbegriff z. B. EuGH, Urteil vom 08. Februar 2017 — C-562/15 —, juris, Tz. 31).
(2)
Im Streitfall fehlt es an der erforderlichen Eindeutigkeit. Dies kann die Kammer, deren Mitglieder zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören, aufgrund eigener Sachkunde beurteilen.
Angesichts des Umstandes, dass es sich bei Frischkäseprodukten typischerweise um Waren handelt, die aufgrund ihrer Eigenschaft als Milcherzeugnis – bei Abweichungen im Detail z. B. hinsichtlich Geschmack, Konsistenz oder Fettgehalt – im Wesentlichen gleichartig und typischer Weise auch verhältnismäßig niedrigpreisig sind, ist eine eingehende Befassung der Verbraucher mit den Angaben auf der Verpackung nicht zu erwarten. Soweit ein Verbraucher Frischkäse (verstanden als Milcherzeugnis) erwerben will und nicht von vornherein ein Produkt einer bestimmten Marke oder eines mit bestimmten spezifischen Eigenschaften (z. B. fettreduziert) sucht, ist für diesen die Bezeichnung als Frischkäse entscheidend. Hierbei wird die Wahrnehmung und Einordnung der streitgegenständlichen Produkte als Frischkäse durch den Verbraucher maßgeblich durch den querverlaufenden, in den größten auf der Verpackung verwendeten Buchstaben aufgebrachten Ausdruck „Frischkäse“ bestimmt. Durch diesen kann beim situationsadäquat aufmerksamen Verbraucher in Verbindung mit Größe, Form und Material der Verpackung, die sich innerhalb der üblichen Bandbreite der Verpackungen von Frischkäseprodukten halten, der irrige Eindruck entstehen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Produkten jeweils um ein Milcherzeugnis handelt, das als im Sinne der Verordnung als Käse bezeichnet werden darf.
Diesem Eindruck wird durch die übrigen Angaben auf der Verpackung nicht hinreichend entgegengesteuert. Die Angabe „wie“ ist verglichen mit dem Schriftzug „Frischkäse“ deutlich kleiner. Die verwendeten Buchstaben sind nur rund halb so hoch und weisen zudem eine deutlich dünnere Schrift als beim Wort „Frischkäse“ auf. Der Schriftzug „wie“ ist – bedingt durch die geringere Buchstabenzahl des Wortes „wie“, aber auch bedingt durch die Schriftgröße – dabei mehr als viermal kürzer als das Wort „Frischkäse“, weiter außerhalb des Zentrums des Deckels angebracht und zudem zwischen den deutlich mehr ins Auge springenden Schriftzügen der Herstellerbezeichnung („…“) und „Frischkäse“ ‚eingezwängt‘. Der Hinweis auf die Lactosefreiheit des Produkts kennzeichnet dieses nicht als Nicht-Milcherzeugnis. Der Hinweis „ohne Milch“ ist – unbeschadet der Frage, ob er dem durch die Bezeichnung als Frischkäse entstehenden Eindruck überhaupt hinreichend entgegenwirken könnte – gegenüber dem Schriftzug „Frischkäse“ deutlich kleiner angebracht. Er kann zudem – wie sich dies bei der im Termin in Augenschein genommenen Verpackung zeigte – ohne Weiteres durch den Aufdruck des Mindesthaltbarkeitsdatums teilweise so verdeckt sein, dass das Wort „ohne“ kaum mehr lesbar ist. Dass der Zutatenliste auf dem Seitenetikett entnommen werden kann, dass sich unter diesen gerade keine Milch befindet, reicht ebenfalls nicht aus, da von einem situationsadäquat aufmerksamen Verbraucher, der aufgrund des Deckels des Produkts den Eindruck gewonnen hat, er erwerbe ein Milcherzeugnis, eine näherer Befassung mit den dortigen Angaben nicht mehr erwartet werden kann. Darauf, dass einzelne Verbraucher aufgrund ihrer individuellen Ernährungsgewohnheiten darauf achten, gerade keine Milcherzeugnisse zu erwerben und daher für entsprechende Hinweise besonders sensibilisiert sind, kommt es nicht an, da für die Beurteilung auf Verbraucher abzustellen ist, die Milcherzeugnisse nachfragen.
Soweit sich die Beklagte darauf beruft, dass vegane Produkte in Supermärkten üblicherweise in einem anderem Sortimentsbereich als (echte) Frischkäse-Produkte angeboten würden, mögen solche getrennten Sortimentsbereiche bei größeren Supermärkten verbreitet sein, doch ist eine solche Sortimentstrennung – worauf der Kläger zutreffend verweist – jedenfalls nicht immer der Fall, so dass eine Irreführung in der Praxis, zumal in kleineren Geschäften, keinesfalls ausgeschlossen ist.
Auch der Hinweis der Beklagten darauf, dass auch in Zusammenhang mit anderen Nicht-Milcherzeugnissen vergleichbare Aussagen („wie Frischkäse“) getroffen würden (vgl. die von ihr vorgelegte Sammlung von Bildern – Anlage B 2), so verfängt auch dies nicht. Mit einer Ausnahme wird bei diesen Erzeugnissen die Bezeichnung „Frischkäse“ bei keinem der Produkte in ähnlicher Weise als Blickfang herausgestellt, wie dies bei den streitgegenständlichen Produkten der Beklagten der Fall ist. Soweit auf den vorgelegten Bildern in einem Fall ersichtlich ist, dass ein anderer Hersteller seine Erzeugnisse insbesondere auch auf dem Deckel der Verpackung als „veganen Frischkäse“ bezeichnet (hat), kann – unbeschadet der Frage, ob das Produkt überhaupt weiter unter dieser Aufmachung vertrieben wird – aus dem Umstand, dass neben der Beklagten möglicherweise auch noch andere Hersteller in ähnlicher Weise gegen die VO (EU) 1308/2013 verstoßen, schon nicht abgeleitet werden, dass die angesprochenen Verkehrskreise für derartige Verstöße soweit sensibilisiert sind, dass sie den verhältnismäßig kleinen Zusätzen „wie“ und „ohne Milch“ auf dem Deckel der Verpackung der streitgegenständlichen Produkte hinreichende Aufmerksamkeit widmen.
ccc.
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich zudem, dass auch ein Verstoß gegen Nr. 6 des Anhanges VII Teil III der VO vorliegt, wonach bei Nicht-Milcherzeugnissen nicht durch Etikett, Handelsdokumente, Werbematerial, Werbung irgendwelcher Art oder Aufmachung behauptet oder der Eindruck erweckt werden darf, dass es sich bei dem betreffenden Erzeugnis um ein Milcherzeugnis handelt.
c.
Auch die weiteren Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs des Klägers liegen vor, insbesondere ist der Verstoß auch geeignet, die Interessen der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen.
2.
Aus den vorstehend unter 1. dargelegten Gründen kann der Kläger neben der begehrten Unterlassung auch Erstattung der für die berechtigte Abmahung angefallenen erforderlichen Aufwendungen in Höhe der geltendgemachten, unstreitigen Pauschale beanspruchen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 UWG vgl. auch Köhler/Bornkamm, a. a. 0., § 12 Rdnr. 1.127). Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB.
3.
Eine Vorlage gemäß Art. 267 Abs. 2 AEUV war nicht veranlasst. Gründe, die zu einer Ermessensreduzierung auf Null führen würden, sind im Streitfall nicht ersichtlich, insbesondere kommt es auf die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 22.12.2016 (As. 91 f.) formulierten Vorlagefragen für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 709 ZPO.