LG Köln, Urteil vom 14.10.2015, Az. 84 O 149/14
§ 9 UWG
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Landgericht Köln
Schluss-Urteil
In dem Rechtsstreit
…
hat die 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln im schriftlichen Verfahren, bei dem der 23.09.2015 dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, durch … für Recht erkannt:
I.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 2.565,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.08.2014 zu zahlen.
II.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin vertreibt Schutzhüllen und Taschen für mobile Geräte unter der Bezeichnung „…“ bei Amazon. Die Klägerin lässt die Produkte in China herstellen. Sie liefert ihre Produkte nicht an andere Händler, sondern verkauft diese ausschließlich selbst über das Internet. Für jedes Produkt erhält die Klägerin von Amazon eine individuelle Identifikationsnummer (ASIN). Unter dieser sind die Angebote der Klägerin bei Amazon gespeichert und für Dritte abrufbar. Unter dem jeweiligen Angebot befindet sich jeweils die Angabe „von …“.
Am 21.02.2014 stellte die Klägerin fest, dass der Beklagte jeweils unter der identischen ASIN ebenfalls Schutzhüllen und Taschen für mobile Geräte anbot, die offenbar von demselben chinesischen Hersteller hergestellt worden sind, die aber nicht von der Klägerin stammen oder für diese hergestellt worden sind. Dazu hat der Beklagte sich an die Angebote der Klägerin „angehängt“. Amazon bietet die Möglichkeit an, dass sich Mitbewerber für ein identischesProdukt an ein Angebot anhängen können und dieses zu einem anderen Preis anbieten können. Bei den jeweiligen Angeboten des Beklagten befand sich die Angabe „von …“. Durch die Übernahme der ASIN wird automatisch auch der Zusatz „von …“ übernommen, wie auch der Beklagte selbst auf Seite 2 unten seiner Klageerwiderung zugesteht. Auf die Anlagen 4 bis 18 nimmt die Kammer Bezug.
Die Klägerin mahnte den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 20.03.2014 nebst Entwurf einer Unterlassungserklärung unter Fristsetzung auf den 25.03.2014 ab (Anlage 20). Mit E-Mail vom 24.03.2014 (Anlage 25) lehnte der Beklagte die Abgabe einer Unterlassungserklärung ab und betrachtete die Abmahnung als gegenstandslos. Daraufhin beauftragte die Klägerin ihren Prozessbevollmächtigten am 25.03.2014, eine einstweilige Verfügung beim Landgericht Köln zu beantragen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin fertigte noch am gleichen Tage einen Entwurf und übersandte diesen um 17:05 Uhr per E-Mail an die Klägerin. Um 16:08 Uhr ging beim Prozessbevollmächtigten der Klägerin per Fax eine modifizierte Unterlassungserklärung des Beklagten, vertreten durch seine hiesigen Prozessbevollmächtigten, ein (Anlage 28). Diese wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zunächst nicht vorgelegt. Am 26.03.2014 gegen 15:13 Uhr ging der entsprechende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Landgericht Köln ein (84 O 64/14), der sodann nach Kenntnisnahme des Prozessbevollmächtigten der Klägerin von der Unterlassungserklärung wieder zurückgenommen wurde. Mit Schreiben vom 28.03.2014 (Anlage 30) nahm die Klägerin die Unterlassungserklärung des Beklagten an.
Der Beklagte erstattete die Kosten der Abmahnung nach einem Streitwert von 10.000,00 €; er zahlte am 07.04.2014 einen Betrag von 745,40 €.
Mit der vorliegenden Stufenklage hat die Klägerin zunächst Auskunft, wobei sie ihren Schaden nunmehr nicht mehr nach dem Verletzergewinn, sondern ihrem entgangenen Gewinn berechnen möchte, Erstattung der Abmahnkosten nach einem Streitwert von 30.000,00 € und einer 1,3 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale, mithin einen Betrag von 1.141,90 € abzüglich gezahlter 745,40 €, somit in Höhe von 396,50 € sowie einen Betrag von 580,95 € für die Fertigung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (1.141,90 € abzüglich Anrechnung gem. Vorbem. 3 IV VV RVG in Höhe von 560,95) begehrt.
Hierüber hat die Kammer durch Teil-Urteil vom 03.12.2014 entschieden.
Mit Schreiben vom 20.01.2015 hat der Beklagte Auskunft erteilt und diese mit Schriftsatz vom 09.03.2015 ergänzt.
Durch Teil-Anerkenntnisurteil vom 29.04.2015 ist der Beklagte verurteilt worden, die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben an Eides Statt zu versichern, was der Beklagte unter dem 18.05.2015 auch getan hat.
Mit Schriftsatz vom 05.06.2015 hat die Klägerin ihren entgangenen Gewinn berechnet und auf 2.592,57 € beziffert. Der Beklagte hat die Schadensberechnung für nicht schlüssig gehalten.
Daraufhin hat die Kammer mit Zustimmung der Parteien das schriftltche Verfahren angeordnet, der Klägerin eine Frist zur Stellungnahme zum Schriftsatz des Beklagten vom 14.07.2015 eingeräumt und bestimmt, dass Schriftsätze bis zum 23.09.2015 eingereicht werden können und dieser Zeitpunkt dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 04.08.2015 die Berechnung des entgangenen Gewinns im Einzelnen weiter erläutert, entsprechende Unterlagen vorgelegt und nunmehr auf 2.565,90 € beziffert. Hierauf nimmt die Kammer Bezug.
Der Beklagte ist dem nicht entgegen getreten.
Die Klägerin beantragt,
wie erkannt.
Der Beklagte beantragt,
den Zahlungsantrag abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der nunmehr noch auf der letzten Stufe der Stufenklage verfolgte Zahlungsantrag hat Erfolg.
I.
Dass die Klägerin gegen den Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 9 UWG hat, hat die Kammer bereits in ihrem Teil-Urteil vom 03.12.2014 hinsichtlich des Auskunftsanspruchs wie folgt ausgeführt:
„Dass die Übernahme des Zusatzes „…“ in den Angeboten des Beklagten eine Täuschung über die betriebliche Herkunft der Ware nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG darstellt, stellt auch der Beklagte nicht in Abrede, so dass sich insoweit weitere Ausführungen erübrigen. Unstreitig stammen die von ihm bei Amazon angebotenen Waren nicht von der Klägerin, mögen sie auch von demselben chinesischer Hersteller produziert worden sein.
Der Beklagte hat zumindest fahrlässig und damit schuldhaft gehandelt. Bei sorgfältiger Prüfung hätten er die Wettbewerbswidrigkeit seines Handelns feststellen können und müssen.
Dass der Klägerin hierdurch ein Schaden in Form des entgangenen Gewinns entstanden ist, erscheint nicht ausgeschlossen. Der Beklagte hat sich gerade deshalb durch Übernahme der ASIN an die Angebote der Klägerin angehängt, um interessierten Personen seine Waren als Alternative zu dem von der Klägerin angebotenen Waren zu präsentieren. Durch den Zusatz „…“ gelangen die Verbraucher zu der irrigen Annahme, sie könnten das angebotene Produkt von „…“ statt von der Klägerin auch von dem Beklagten ggf. zu einem günstigeren Preis beziehen.
…
Darüber hinaus bestand auch ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Übernahme der ASIN der Klägerin. Zwar lässt Amazon ein Anhängen an fremde Angebote ausdrücklich zu und sieht dies sogar vor. Dies gilt aber nur für identische Produkte, d.h. der Beklagte darf die der Klägerin zugeteilte ASIN nur übernehmen, wenn das von ihm angebotene Produkt von „…“ stammen würde. Dass aber war unstreitig nicht der Fall, mag der Beklagte seine Produkte auch von demselben chinesischen Hersteller beziehen. Dass durch die Übernahme der ASIN automatisch auch der Zusatz „…“ übernommen wird, hat der Beklagte Seite 2 unten seiner Klageerwiderung ausdrücklich eingeräumt. Dies folgt auch daraus, dass der Beklagte vortragen lässt, der Zusatz „…“, sei ohne seine Kenntnis und sein Zutun eingestellt worden. Dann aber muss dieser automatisch erfolgt sein, wie die Klägerin bereits in ihrer Klage vorgetragen hat.“
II.
Kausalität
Zwar ist grundsätzlich richtig, dass grundsätzlich nicht einfach davon ausgegangen werden kann, dass der Umsatz des Verletzers in vollem Umfang dem Verletzten zu Gute gekommen wäre (BGH, GRUR 2008, 933 Tz, 20 – Schmiermittel).
Dies ist vorliegend jedoch anders. Die Kammer hat hierzu bereits in ihren Teil-Urteil vom 03.12.2014 ausgeführt:
„Der Beklagte hat sich gerade deshalb durch Übernahme der ASIN an die Angebote der Klägerin angehängt, um interessierten Personen seine Waren als Alternative zu dem von der Klägerin angebotenen Waren zu präsentieren. Durch den Zusatz „…“ gelangen die Verbraucher zu der irrigen Annahme, sie könnten das angebotene Produkt von „…“ statt von der Klägerin auch von dem Beklagten ggf. zu einem günstigeren Preis beziehen.“ .
Mit anderen Worten: Hätte sich der Beklagte nicht an die Angebote der Klägerin angehängt, hätten die Kunden die Artikel bei der Klägerin gekauft, da sie nur das Angebot der Klägerin angezeigt bekommen hätten.
III.
Höhe des entgangenen Gewinns
Insoweit nimmt die Kammer auf die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 04.08.2015 erfolgte Berechnung des entgangenen Gewinns Bezug, mit der sie ihre ursprüngliche Berechnung im Einzelnen näher erläutert und durch Unterlagen belegt hat.
Der Beklagte ist dem nicht (mehr) entgegen getreten, so dass die Kammer die Schadensberechnung der Klägerin als unstreitig ansieht.
Die Kammer hat auch keine Veranlassung, im Rahmen der Schadensschätzung nach §§ 252, 287 ZPO einen „Sicherheitsabschlag“ vorzunehmen. Insoweit wird auf die Ausführungen zu II. verwiesen,
Die geltend gemachte Zinsforderung ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 709 ZPO.
Streitwert: 6.543,35 €
Auf das Urteil hingewiesen hat jurpc.de.