LG Düsseldorf: Unwahre Aussagen zur Leistung eines Staubsaugers sind wettbewerbswidrig

veröffentlicht am 29. Oktober 2015

LG Düsseldorf, Urteil vom 25.09.2014, Az. 14c O 92/14
§ 3 UWG, § 5 Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 1 UWG, § 8 Abs. 1 UWG, § 12 Abs. 2 UWG

Lesen Sie unsere Zusammenfassung der Entscheidung (hier) oder lesen Sie im Folgenden den Volltext der Entscheidung über die wettbewerbswidrige Bewerbung eines Staubsaugers:

Landgericht Düsseldorf

Urteil

I.
Der Antragsgegnerin wird untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs, den Staubsauger Philips PowerPro Duo FC#####/#### zu bewerben

1.
mit den Aussagen

1.1
„Bestes Reinigungsergebnis auf harten Böden und Teppichen“

und/oder

1.2
„Bestes Reinigungsergebnis auf harten Böden und Teppichen* – *geprüft durch ein unabhängiges Prüfinstitut auf durchschnittliche Leistung auf Teppichen und Hartböden, im Vergleich zum meistverkauften Produkt im Marktsegment kabelloser 2-in-1-Handstaubsauger mit 18 V, basierend auf unabhängiger Quelle, Juni 2013“

und/oder

1.3
„Der neue Philips PowerPro Duo bietet Ihnen das beste Reinigungsergebnis auf harten Böden und auf Teppichen. Die PowerCyclone-Technologie behält eine hohe Saugleistung bei für maximale Leistung.“

und/oder

1.4
„Zusätzlich sorgt die innovative PowerCyclone-Technologie des FC6168 für maximal konstante Saugleistung und trennt die Luft effektiv vom Staub.“

und/oder

1.5
„Optimale Reinigungsergebnisse auf allen Böden* -*Geprüft durch das unabhängige Prüfinstitut SLG auf Staubaufnahme von Teppichen und Hartböden“

und/oder

1.6
„PowerCyclone Technologie für kontinuierlich hervorragende Reinigungsergebnisse“

und/oder

2.
mit der nachfolgend wiedergegebenen Grafik:

[Abb.]

II.
Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das gerichtliche Gebot ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an den Geschäftsführern der Antragsgegnerin, angedroht.

III.
Die Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

Tatbestand

Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin auf Unterlassung verschiedener Werbeaussagen in Anspruch.

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Markt für beutellose Staubsauger. Die Antragsgegnerin bewirbt ihr Modell PowerPro Duo FC#####/####, einen batteriegetriebenen Staubsauger, der sowohl als Boden- als auch als Handstaubsauger genutzt werden kann und dessen Markteintritt im Februar 2014 lag, mit den hier streitgegenständlichen Werbeaussagen. Wegen der Einzelheiten wird auf den als Anlage H 1 vorgelegten Screenshot der Produktpräsentation im Internet, das als Anlage H 2 vorgelegte und über den Internetauftritt der Antragsgegnerin abrufbare Produktdatenblatt, den als Anlage H 3 vorgelegten Ausdruck einer Pressemitteilung vom 03.04.2014 sowie das als Anlage H 4 vorgelegte Foto der Umverpackung des Staubsaugers PowerPro Duo verwiesen.

Die Antragstellerin bietet mit den Modellen E 45 und E 62 ebenfalls akkugetriebene Staubsauger an, die sowohl als Hand- als auch als Bodenstaubsauger genutzt werden können.

Die Antragstellerin behauptet, die angegriffenen Werbeaussagen seien unzutreffend. Das Testinstitut J habe ausweislich der als Anlagenkonvolut H 8 vorgelegten Testberichte ermittelt, dass das Modell der Antragsgegnerin in Bezug auf die Staubaufnahme und die Saugkraft wesentlich schlechter als ihr Produkt E 62 sei. Die als Anlagen H 9, 10 und 19 vorgelegten Testberichte des Testinstituts J zeigten überdies, dass ihr Produkt E 62 keinen Saugkraftverlust bei Staubbeladung zeige, während dies bei dem Modell der Antragsgegnerin mit 55 % der Fall sei. Schließlich habe das Testinstitut J ausweislich des als Anlage H 11 vorgelegten Testberichts ermittelt, dass das Modell der Antragsgegnerin im Verlaufe des Reinigungsvorgangs einen Rückgang des Luftvolumenstroms von 23,3 % erleide. Auch die von der Antragsgegnerin als Anlage AG 2 vorgelegten Testergebnisse belegten einen Luftstrom- und Saugleistungsabfall. Der Sternchenhinweis in der Produktpräsentation im Internet sei schließlich nicht geeignet, die Verbraucher über die wahre Leistung des Modells der Antragsgegnerin zu informieren.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, die Sache sei auch dringlich. Hierzu behauptet sie, sie und ihre britische Muttergesellschaft hätten am 07.04.2014 Kenntnis von der Einführung des streitgegenständlichen Produktes erhalten. Ihre Muttergesellschaft, der in Abstimmung mit ihr die Beurteilung der Werbung von Wettbewerbern obliege, da nur dort die technischen Kenntnisse zu der Beurteilung und der Einordnung der Werbeaussagen vorlägen, habe daraufhin über Amazon drei der streitgegenständlichen Modelle bestellt. Die Bestellung sei indes in Lieferrückstand geraten und das erste der drei bestellten Geräte erst am 19.05.2014 ausgeliefert worden. Erst mit dieser Auslieferung habe die Muttergesellschaft und damit auch die Antragstellerin Kenntnis von den Werbeaussagen auf dem Produktkarton erlangt. Nach Prüfung durch die Rechtsabteilung und Erörterung mit dem hiesigen Verfahrensbevollmächtigten sei am 29.05.2014 bei dem Testlabor J ein Kostenvoranschlag für einen Leistungstest des Gerätes angefragt worden und dieser nach finaler Abstimmung des Angebots und der unternehmensinternen Kostenfreigabe am 13.06.2014 in Auftrag gegeben worden. Die Tests hätten noch am selben Tag begonnen. Nach Eingang der Testergebnisse bei der Muttergesellschaft sei noch eine Abstimmung der technischen Fragen sowie der Schriftsätze mit dem hiesigen Verfahrensbevollmächtigten erforderlich gewesen.

Die Antragstellerin beantragt,

zu erkennen wie geschehen.
Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Hilfsweise beantragt sie,

ihr eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Aufbrauchfrist zu gewähren.

Die Antragsgegnerin behauptet, ihr mit den angegriffenen Aussagen beworbener Staubsauger zeichne sich durch einen sehr konstanten Luftstrom und in Folge dessen eine gleichbleibend hohe Saugleistung aus. Dies habe eine am 09.07.2014 durchgeführte Testreihe, vorgelegt als Anlage AG 2, ergeben. Der insoweit von der Antragstellerin als Anlage H 11 vorgelegte Test stehe dem nicht entgegen. So basiere er zum einen auf der Messnorm IEC 60312-1 2011, bei der die Fachkreise sich jedoch nahezu einig seien, dass deren Messmethode im Vergleich zu der zuvor normierten Methode (IEC 60312-1 2008) insbesondere bei harten, glatten Böden keine realitätsnahen Schlussfolgerungen zulasse. Zum anderen sei – was unstreitig ist – abweichend von der Norm IEC 60312-1 2011 der jeweilige Testzyklus erst bei Erreichen der Maximalmarkierung des Staubbehälters bzw. bei Eintreten eines Verlustes von 60 % des Unterdrucks beendet worden. Weiter behauptet sie, von ihr bei der SLG Prüf- und Y GmbH in Auftrag gegebene Tests hätten ergeben, dass ihr Produkt zu den leistungsfähigsten Produkten im Markt gehörten (Anlagen AG 5 bis 7). Die von der Antragstellerin als Anlagenkonvolut H 8 vorgelegten Testberichte verhielten sich nicht zu einer Reinigungsleistung des E 62 mit gefülltem Staubbehälter und seien schon deshalb nicht aussagekräftig.

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, die Sache sei nicht dringlich. Es sei in jeder Hinsicht unglaubhaft, dass die Antragstellerin nicht selbst auf das Modell aufmerksam geworden sei, sondern auf dieses erst von ihrer britischen Muttergesellschaft aufmerksam gemacht worden sei, zumal sie dies auch nicht hinreichend glaubhaft gemacht habe. Hierzu führt sie näher aus. Überdies zeige der für die Stellung des Verfügungsantrags benötigte Zeitraum vom 19.05.2014 bis 08.07.2014, dass der Antragstellerin die Sache nicht so wichtig gewesen sei.

Jedenfalls sei ihre eine Aufbrauchfrist einzuräumen, da insbesondere der Austausch der Verpackungen einen umfassenden Zeit- und Kostenaufwand begründen würde.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Antrag ist vollumfänglich begründet.

I.
Der geltend gemachte Verfügungsanspruch hat seinen Grund in §§ 3, 5 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 UWG i. V m. § 8 Abs. 1 UWG.

1.
Die Werbeaussage zu Ziffer 1.1 ist wettbewerbswidrig und deshalb zu unterlassen.

Eine geschäftliche Handlung ist dann irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die wesentlichen Merkmale der Ware wie u. a. die Beschaffenheit der Ware enthält. Bei der Prüfung, ob eine Angabe geeignet ist, den Verkehr irrezuführen, ist die Auffassung der Verkehrskreise entscheidend, an die sich die Werbung richtet. Ausgegangen wird dabei vom durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher (BGH GRUR 2000, 619, 621 [BGH 20.10.1999 – I ZR 167/97] -Orientteppiche; Köhler/Bornkamm-Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 5 Rz. 2.87 m.w.Nw.).

Die Werbeaussage zu Ziffer 1.1 ist in dem Sinne, in dem sie von dem durch sie angesprochenen Verkehrskreis verstanden wird, unzutreffend.

a)
Es ist zwar nicht überwiegend wahrscheinlich, dass das von der streitgegenständlichen Werbung angesprochene breite Publikum, dem auch die Kammermitglieder angehören, die Werbeaussage „bestes Reinigungsergebnis“ im Sinne einer Alleinstellungswerbung bewertet, also ihr entnimmt, dass sich die Antragsgegnerin berühmt, mit ihrem Produkt „das beste Reinigungsergebnis“ zu erzielen. Allerdings wird es in der Aussage auch keine substanzlose hochtönende Anpreisung ohne konkreten Tatsachengehalt sehen, sondern annehmen, dass der Staubsauger eine sehr gute Reinigungsleistung erbringen soll und damit zur Spitzengruppe gehört, Mitbewerber also keine deutlich bessere Qualität bieten können (vgl. zum Vorstehenden KG Berlin, GRUR 1999, 1021 f. [KG Berlin 19.02.1999 – 5 U 8375/98]; Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 5 UWG Rz. 2.141).

b)
Die angegriffene Werbeaussage stellt auch eine Tatsachenbehauptung dar, die eine objektiv nachprüfbare Aussage enthält. Diese ist unzutreffend.

Dabei ist die Antragstellerin im vorliegenden Fall darlegungs- und beweisbelastet für die Unrichtigkeit der angegriffenen Werbeaussage. Die Darlegungs- und Beweislast für die Unrichtigkeit der Werbeaussage als anspruchsbegründende Tatsache trifft nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich den Anspruchsteller (BGH GRUR 1997, 229, 230 [BGH 19.09.1996 – I ZR 124/94] – Beratungskompetenz). Zwar geht die Kammer davon aus, dass ihn Beweiserleichterungen treffen müssen, wenn die Klärung der Richtigkeit der angegriffenen Behauptungen in einem einstweiligen Verfügungsverfahren mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nicht möglich ist. Denn das deutsche Recht muss insoweit Art. 7 lit. a) der Richtlinie #####/#### EG über irreführende und vergleichende Werbung Rechnung tragen, wonach Zivilgerichte die Befugnis haben müssen, vom Werbenden Beweise für die Richtigkeit von in der Werbung enthaltenen Tatsachenbehauptungen zu verlangen, wenn ein solches Verlangen unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Werbenden und anderer Verfahrensbeteiligter im Hinblick auf die Umstände des Einzelfalls angemessen erscheint (vgl. zur Umsetzung der Anforderungen der Richtlinie in das deutsche Recht Köhler/Bornkamm, a.a.O, § 5 Rz. 3.19 ff.). Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass diese Konstellation hier vorliegt, nachdem mit den von den Parteien eingeholten Gutachten zweier Prüfinstitute hinreichende Glaubhaftmachungsmittel zur Verfügung stehen.

Die Antragstellerin hat durch die in das Verfahren als Anlagenkonvolut H 8 sowie Anlagen H 9 und 19 eingeführten Tests hinreichend glaubhaft gemacht, dass ihr Produkt E 62 ein deutlich besseres Reinigungsergebnis als das streitgegenständliche Produkt der Antragsgegnerin erzielt.

Dass die Antragstellerin ihren Tests die Messnorm IEC 60312-1 in der Fassung 2011 zugrunde gelegt hat, ist nicht zu beanstanden. Solange diese Norm Gültigkeit besitzt, kann sie auch zugrunde gelegt werden, zumal die Antragsgegnerin auch nicht hinreichend glaubhaft gemacht hat, dass die Norm in der Fassung von 2008 geeigneter ist. Ihr Vorbringen, im Hinblick auf bestimmte Testmethoden werde Kritik an der aktuellen Fassung geübt, deshalb greife eine Vielzahl von Herstellern bei ganz bestimmten Tests auf die Fassung von 2008 zurück und werde zur Zeit die Fassung 2011 durch eine IEC Arbeitsgruppe überprüft, genügt insoweit nicht. Denn die Antragstellerin hat nicht weniger glaubhaft dargelegt, dass die Fassung 2011 der Messnorm realitätsnaher sei als die Fassung 2008 und mit der Fassung 2011 die Staubsaugerführung lediglich der bereits bestehenden Vorschrift für die Tests der Staubaufnahme von Teppichen und Hartböden mit Ritzen angepasst worden sei.

Weiter steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin die Reinigungsleistung ihres Produktes E 62 mit gefülltem Staubbehälter nicht getestet hat und dass sie entgegen der Vorgaben der Messnorm IEC 60312-1 (Fassung 2011) die Messung der Reinigungsleistung des streitgegenständlichen Produktes der Antragsgegnerin nicht bei einer Befüllung des Staubbehälters mit 40 g beendet hat, sondern die Messung bis zum Erreichen der Maximalmarkierung des Staubbehälters oder bis zum Eintreten eines Saugkraftverlustes von 60 % durchgeführt hat. Denn zum einen kann den von ihr vorgelegten Prüfberichten sicher entnommen werden, dass ihr Staubsauger E 62 mit leerem Staubbehälter ein erkennbar besseres Ergebnis erzielt als das Produkt der Antragsgegnerin. Zum anderen hat sie mit Vorlage des Prüfberichtes H 19 glaubhaft gemacht, dass die Saugleistung ihres Produktes mit zunehmender Befüllung des Staubbehälters nicht abnimmt, was eine gleichbleibende Reinigungsleistung indiziert, während bei dem Produkt der Antragsgegnerin, was der von dieser als Anlage AG 2 vorgelegte Prüfbericht zeigt, der Luftstrom ab einer Befüllung mit 10 g abfällt, was wiederum eine Reduzierung der Saugleistung indiziert. Auch wenn – aufgrund nicht rechtzeitiger Beendigung des Tests – die von der Antragstellerin behauptete Reinigungsleistung des streitgegenständlichen Produktes der Antragsgegnerin mit gefülltem Staubbehält in Höhe von durchschnittlich 66,08 % nicht zugrunde gelegt werden kann, so ist aufgrund des soeben Ausgeführten zumindest hinreichend glaubhaft, dass die Reinigungsleistung des PowerPro Duo FC#####/#### mit zunehmender Befüllung abnimmt und sich damit weiter zu der des Produktes E 62 der Antragstellerin beabstandet.

Die von der Antragsgegnerin vorgelegten Tests (Anlagen AG 5 bis 7) sind demgegenüber schon deshalb wenig aussagekräftig, da sie auf einer nicht mehr gültigen Fassung der Messnorm IEC 60312-1 basieren. Abgesehen hiervon hat die Antragsgegnerin das Produkt der Antragstellerin E 62 gar nicht getestet und vermag ihr Vortrag, eines solchen Testes bedürfte es auch nicht, da die Geräte E 45 und E 62 im Wesentlichen auf der gleichen Technologie basierten und über einen Akku mit der gleichen Spannung verfügten, nicht zu überzeugen.

Damit ist hinreichend glaubhaft, dass mit dem Produkt E 62 jedenfalls ein Produkt der Antragstellerin eine erkennbar bessere Qualität aufweist und das streitgegenständliche Produkt der Antragsgegnerin nicht als zur Spitzengruppe gehörend beworben werden darf.

2.
Hiernach folgt, dass auch die Werbeaussage zu Ziffer 1.2 irreführend ist. Der Sternchenhinweis stellt insoweit keine geeignete Klarstellung dar. Denn sein Inhalt ist überraschend und deshalb ungeeignet, den Durchschnittsverbraucher korrekt zu informieren. So lässt sich dem Sternchenhinweis allein entnehmen, dass das Produkt der Antragsgegnerin besser als das „meistverkaufte Produkt“ im Marktsegment kabelloser 2-in-1-Handstaubsauger mit 18 V sein soll. Die Aussage „besseres Reinigungsergebnis“ ist aber nicht gleichbedeutend mit „bestes Reinigungsergebnis“, zumal das „meistverkaufte Produkt“ nicht namentlich genannt wird und der Verbraucher dessen Leistung nicht einschätzen kann.

3.
Die Werbeaussage zu Ziffer 1.3, der neue Philips PowerPro Duo biete „das beste Reinigungsergebnis auf harten Böden und auf Teppichen“ wird der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher in der überwiegenden Anzahl der Fälle sogar als Alleinstellungsbehauptung verstehen. Selbst wenn er sie aber auch „nur“ als Behauptung einer Spitzenposition verstehen würde, wäre sie aus den obigen Ausführungen unzutreffend. Entsprechendes gilt für die Werbeaussage zu Ziffer 1.5, in der di Behauptung „optimale Reinigungsergebnisse auf allen Böden“ aufgestellt wird. Auch in dieser Werbeaussage sieht die Kammer die unzutreffende Behauptung einer Spitzenposition und nicht allein eine werbliche Anpreisung ohne jeden Tatsachenkern. So wird die Aussage durch einen Sternchenhinweis auf ein konkretes Testergebnis näher erläutert und erhält damit einen objektiv nachprüfbaren Inhalt.

4.
Die Antragstellerin hat zudem hinreichend glaubhaft gemacht, dass die weitere in der Werbeaussage zu Ziffer 1.3 liegende Behauptung, die PowerCyclone-Technologie behalte eine hohe Saugleistung bei für maximale Leistung ebenso unrichtig ist, wie die Werbeaussage zu Ziffer 1.4 „maximal konstante Saugleistung“ und die Werbeaussage zu Ziffer 1.6 „kontinuierlich hervorragende Reinigungsergebnisse“. Alle drei Aussagen haben gemein, dass dem Verbraucher suggeriert wird, der Saugvorgang und die damit einhergehende Befüllung des Staubbehälters zeigten keine für ihn spürbaren Leistungseinbußen. Dies entspricht indes nicht den Tatsachen.

Schon den eigenen, von der Antragsgegnerin als Anlage AG 2 vorgelegten Testberichten ist ein Abfall der Saugleistung um 26,7 % und ein Rückgang des Luftstroms um 9,62 % innerhalb der von der Messnorm vorgegebenen Prüfungsdauer bis 40 g Füllgewicht zu entnehmen. Ein Verbraucher wird bei einer Bewerbung mit einer konstanten Leistung zwar nicht annehmen, dass es keinerlei Abweichung gibt, nach Auffassung der Kammer geht die von der Antragsgegnerin selbst ermittelte Abweichung jedoch über das erwartete Maß deutlich hinaus.

5.
Schließlich ist auch die auf die Werbeaussage zu Ziffer 2 wettbewerbswidrig und zu unterlassen. Die Worte „Maximum performance“, der Verlauf und die Anordnung der das Produkt der Antragsgegnerin betreffenden Linie einerseits und der Verlauf und die Anordnung der weiteren, andere Produkte betreffende Linien im Diagramm andererseits suggerieren dem Durchschnittsverbraucher zum einen, dass das Produkt der Antragsgegnerin nur einen geringen Leistungsverlust aufweist und es kein Gerät mit einer konstanteren Leistung gibt. Bereits dies ist unzutreffend, da es bei dem Gerät der Antragsgegnerin mit Befüllung des Staubbehälters zu einem deutlichen Rückgang des Luftstroms kommt und das Produkt der Antragstellerin E 45, wie die Diagramme in Anlage AG 2 zeigen, nahezu keinen Leistungsverlust zeigt. Zum anderen vermittelt die Grafik nach Auffassung der Kammer den Eindruck, dass es zumindest im Bereich der batteriebetriebenen Hand- und Bodenstaubsauger kein besseres Produkt als das der Antragsgegnerin gibt. Auch dies ist, wie oben ausgeführt, unzutreffend, da das Produkt E 62 der Antragstellerin eine bessere Leistung hat.

II.
Es liegt auch der erforderliche Verfügungsgrund vor. Die Dringlichkeit wird gemäß § 12 Abs. 2 UWG vermutet. Diese Vermutung hat die Antragstellerin auch nicht durch eine Verzögerung der Antragstellung selbst widerlegt. Die Dringlichkeitsvermutung ist widerlegt, wenn der Antragsteller durch sein Verhalten zum Ausdruck bringt, dass „es ihm nicht eilig ist“, weil er trotz Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis von Wettbewerbsverstoß und Person des Verletzers längere Zeit mit der Antragstellung zuwartet (vgl. hierzu Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O. § 12 UWG, Rz. 3.15 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rspr.). Hierfür genügt grundsätzlich die Kenntnis der Tatsachen, die den Wettbewerbsverstoß begründen; es sei denn, dass die Wettbewerbswidrigkeit erst auf Grund weiterer tatsächlicher Nachforschungen erkennbar ist (Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 12 UWG, Rz. 3.15a). Die Kammer geht in ständiger Rechtsprechung (Urteil vom 09.09.2011, 14c O 194/11, GRUR-RR 2011, 361 m.w.N.) davon aus, dass die Zeitspanne zwischen Kenntniserlangung von der Verletzungshandlung und der Person des Verletzers bis zur Einreichung des Verfügungsantrags ohne jegliche Begründung jedenfalls vier Wochen in Anspruch nehmen darf. Die Frist kann sich aber durchaus auf acht Wochen und im Ausnahmefall sogar darüber hinaus verlängern, wenn die Umstände des Falles dieses begründet erscheinen lassen, weil beispielsweise eine weitere Sachaufklärung, eine Abmahnung, Vergleichsgespräche, Auslandskorrespondenz mit Übersetzertätigkeit oder aufwändige Recherchen erforderlich waren.

Unter Zugrundelegen der vorstehenden Grundsätze stellt sich das Vorgehen der Antragstellerin nicht als dringlichkeitsschädlich dar.

Auch wenn die Antragsgegnerin bereits seit Februar 2014 wie beanstandet wirbt und das streitgegenständliche Modell seit dem 01.04.2014 auf dem Markt erhältlich ist, folgt daraus nicht, dass die Antragstellerin schon früher – als behauptet und überdies durch eidesstattliche Versicherung des Herrn O (Anlage H 21) glaubhaft gemacht – Kenntnis von der Werbung erlangt haben muss. Auch die Tatsache einer weiteren gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen den Parteien Anfang 2014, ein anderes Produkt der Antragsgegnerin betreffend, rechtfertigt einen solchen Schluss nicht.

Überdies würde die Kenntnis von der Werbung allein auch nicht für die Annahme genügen, die Antragstellerin habe Kenntnis von den jetzt angegriffenen Wettbewerbsverstößen gehabt. Denn die Frage einer Irreführung der Werbeaussagen und damit das Vorliegen eines Wettbewerbsverstoßes konnte erst nach Durchführung von Tests hinreichend beurteilt werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund der – ebenfalls beanstandeten – Grafik auf der Produktverpackung. Soweit die Antragsgegnerin meint, der Antragstellerin sei bereits aufgrund des dort wiedergegebenen Verlaufs der ihr Produkt betreffenden Linie die Einschätzung möglich gewesen, ihr Produkt erbringe keine konstante Leistung im Sinne von „keinerlei relevantem Leistungsverlust“, teilt die Kammer diese Ansicht nicht. Zum einen zeigen die dortigen Achsen keinen Maßstab, der Verlauf der Linie suggeriert dem Durchschnittsverbraucher vielmehr, wie oben ausgeführt, dass das Produkt der Antragsgegnerin eine im Wesentlichen konstante Leistung erbringt. Gegenteiliges behauptet auch die Antragstellerin nicht. Überdies stand der Antragstellerin frei, das Produkt zunächst umfassend zu testen, um die diesbezüglichen Werbeaussagen insgesamt auf eine etwaige Wettbewerbswidrigkeit hin überprüfen und im Folgenden angreifen zu können.

Die Zeitspanne zwischen Vorliegen der ersten Testergebnisse am 16.06.2004 bis zur Stellung des Verfügungsantrags vom 08.07.2014 beträgt sodann drei Wochen und einen Tag, was angesichts der Vielzahl der angegriffenen Werbeaussagen und des Umfangs der Sache nicht unangemessen ist. Insgesamt kann ein dringlichkeitsschädliches Verhalten in dem Vorgehen der Antragstellerin nach positiver Kenntnis von einem Wettbewerbsverstoß damit nicht gesehen werden.

Die Antragstellerin hat sich einem etwaigen Wettbewerbsverstoß aber auch nicht grob fahrlässig verschlossen. Einen Mitbewerber trifft weder eine Marktbeobachtungspflicht noch obliegt ihm, jedes neu auf den Markt kommende Produkt der Konkurrenz und die

darauf bezogene Werbung auf eine etwaige Wettbewerbswidrigkeit hin sofort näher zu untersuchen. Nach eigenem Vorbringen der Antragsgegnerin ist ihr Produkt erst Anfang April 2014 auf dem Markt erhältlich gewesen. Die Antragstellerin hat durch eidesstattliche Versicherungen des Herrn Q3 (Anlage H 15) und des Herrn O (Anlage H 21) glaubhaft gemacht, sie und ihre Muttergesellschaft hätten am 07.04.2014 Kenntnis von dem Produkt erlangt und die Muttergesellschaft habe sodann über Amazon drei Stück des Modells bestellt. Weder ist es als grob fahrlässig anzusehen, dass die Muttergesellschaft trotz Lieferrückstandes nicht umgehend eine andere Bezugsquelle versuchte, noch dass sie bis zur Beauftragung des Testinstituts J knapp einen Monat benötigte.

III.
Die Ordnungsmittelandrohung findet ihre Grundlage in § 890 Abs. 2 ZPO.

IV.
Eine Aufbrauchfrist war der Antragsgegnerin nicht zu gewähren, da sie nicht ausreichend dargelegt hat, dass sie durch den sofortigen Vollzug des Verbots schwere Nachteile erleiden würde. Vielmehr hat ihr Interesse an einem ungestörten Vertrieb hinter dem Schutz der Allgemeinheit vor einer andauernden Irreführung zurückzutreten.

V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Eines Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedurfte es nicht.

Streitwert: 250.000,00 €