OLG Köln, Urteil vom 24.06.2016, Az. 6 U 190/15
§ 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG
Die Entscheidung des OLG Köln haben wir hier für Sie zusammengefasst (OLG Köln – Werbung mit Meinungsforschungsinstitut), der Volltext ist nachstehend wiedergegeben:
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Oberlandesgericht Köln
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das am 26. Oktober 2015 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 33 O 73/15 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Dieses Urteil und das genannte Urteil des Landgerichts Köln sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
Die Höhe der Sicherheit beträgt:
Für die Unterlassungsansprüche gemäß Ziff. I.1 a) und b) des landgerichtlichen Urteils jeweils 10.000 EUR, für den Auskunftsanspruch (Ziff. 3 des landgerichtlichen Urteils) 2.500 EUR, im Übrigen für die Beklagte 110 % des aufgrund der Urteile zu vollstreckenden Betrages, für die Klägerin 110 % des zu vollstreckenden Betrages.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
(anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gemäß § 540 Abs. 1 ZPO)
I.
Die Parteien sind auf dem Gebiet der Meinungsforschung tätig. Die Beklagte wirbt in einer Image-Broschüre mit der im Tenor des landgerichtlichen Urteils unter 1 a) aufgeführten Aussage wie folgt:
[Abb.]
(Anlage K 1, Bl. 12 ff., 22 d. A.)
Sie wirbt weiter in einem Imagefilm, der im Internet unter J.de abrufbar ist (in der Berufungsinstanz auf Datenträger als Anlage K 28, Bl. 343 d. A. vorgelegt), und dessen Transkript lautet:
Unser Beratungsunternehmen für Markt- und Sozialforschung wurde 2009 als J GmbH gegründet, inzwischen zählen wir zu den wichtigsten Meinungsforschungsinstituten Deutschlands. Sitz unserer Gesellschaft ist das J Haus in F, in welchem auch viele unterschiedliche Veranstaltungen stattfinden. Wir bieten alles, was man von einem Fullservice-Institut erwartet; ob qualitative oder quantitative Befragungen, ob Telefon, online, Face to Face, oder schriftlich, es wird die für das jeweilige Projekt sinnvollste Methode genutzt. Rund 40 gut ausgebildete und zuverlässige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter engagieren sich für unsere Kunden, sie sind J. Seit 2012 betreiben wir ein eigenes Feldmanagement, unter anderem mit einem hauseigenen modernen Telefonlabor. Wöchentlich erstellen wir den J-Meinungstrend für C, der spiegelt die aktuelle politische Stimmung in Deutschland wieder. Unsere Meinungsumfragen und Bewertungen stoßen national und international auf großes Interesse.
Mitarbeiter: „Unsere Stärken sind die kompetente Beratung, die qualifizierte Befragung, die seriöse Bewertung und die erfolgsorientierte Begleitung. Wir sind ein junges, qualifiziertes Markt- und Sozialforschungsinstitut auf das Verlass ist.“
(Anlage K 4, Bl. 43 d. A.)
Die Klägerin hält Aussagen in der Broschüre und dem Film für irreführend und mahnte die Beklagte unter dem 13. 3. 2015 (Bl. 61 ff. d. A.) erfolglos ab.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass in der Anlage K 1 die Prognosegenauigkeit der Beklagten bei der Europawahl 2014 besonders hervorgehoben werde. Tatsächlich sei dies aber unzutreffend: Bei anderen Parteien, etwa bei SPD, Linke, FDP und sonstigen Parteien hätte die Prognose der Beklagten höhere Abweichungen aufgewiesen als die anderer Institute. Die von der Beklagten genannten Einzelergebnisse seien für die Genauigkeit einer Prognose nicht relevant. Eine Wahlbefragung beziehe sich auf sämtliche Ergebnisse der Parteien, so dass auch nur die Gesamtabweichung vom Gesamtwahlergebnis für die Beurteilung der Prognosewahrscheinlichkeit maßgeblich sein könne. Die Beklagte hingegen lasse wichtige Ergebnisse aus und reiße damit das Ergebnis bezüglich einer Partei aus dem Zusammenhang. Die Werbung verstoße daher auch gegen den „Ethik-Kodex der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) und des Berufsverbandes Deutscher Soziologen und Soziologen (BDS)“ (Anlage K 3, Bl. 39 ff. d. A.), da dieser bei der Präsentation von soziologischen Erkenntnissen die verfälschende Auslassung wichtiger Einzelergebnisse untersage (§ 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 UWG).
Auch die Aussage in dem Film, die Beklagte zähle „zu den wichtigsten Meinungsforschungsinstituten Deutschlands“, sei irreführend. Für den angesprochenen Verkehr sei „wichtig“ gleichbedeutend mit „groß“. Wer eine Meinungs- oder Marktforschung in Auftrag gebe, wolle, dass das Institut über die erforderlichen Ressourcen verfüge. Die Größe sei aus Sicht des Verkehrs relevant. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang behauptet, dass die Beklagte ein eher kleines Institut betreibe. Laut Homepage habe sie zehn Mitarbeiter und rund 40 Interviewer, wohingegen die Klägerin über etwa 80 Mitarbeiter und das B2 etwa 100 Mitarbeiter hätten. Hinzu kämen die Interviewerstäbe; bei der Klägerin etwa 1.200 für CATI [„Computer Assisted Telephone Interview“]-Interviews und etwa 600 für face-to-face Interviews, bei B2 etwa 1.600 Interviewer für face-to-face Interviews.
Soweit die Beklagte ihre Aussagen nicht anhand quantitativer, sondern qualitativer Kriterien gemessen wissen wolle, hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Beklagte bislang bei sechs Wahlen Umfragen durchgeführt habe. Nur bei einer einzigen Wahl sei die Abweichung der Vorhersage vom tatsächlichen Wahlergebnis vergleichbar mit der anderer Institute gewesen. Ansonsten sei die Abweichung immer größer gewesen.
Die Klägerin hat beantragt,
1) die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,
geschäftlich handelnd,
a) wie aus der Anlage K 1 ersichtlich eine besondere Prognosegenauigkeit bei der Europawahl 2014 zu behaupten wie folgt:
„Wenn Umfragen auf Wirklichkeit treffen. Überraschung bei der Europawahl 2014: D erhielten weniger Stimmen als alle Institute vorher gesagt hatten. Die telefonische J-Europawahlbefragung liegt mit einer Abweichung von 0,7 Prozentpunkten näher am amtlichen Endergebnis die Union als die Erhebungen alle anderen Institute. Auch dann, wenn man die Abweichungen aller Parteien, die bei Europawahl mehr als 5 Prozent der Stimmen erhielten, zusammenrechnet, ist die Abweichung bei J am geringsten.“
und/oder
b) zu behaupten, dass die J GmbH zu den wichtigsten Meinungsforschungsinstitute Deutschlands gehört;
2) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die mittels des Antrags zu 1) in Bezug genommenen Äußerungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird;
3) die Beklagte zu verurteilen, Auskunft zu erteilen, wie lange die Äußerungen gemäß Ziffer 2) auf Internet-Präsenzen bereitgestellt und wie häufig sie dort abgerufen wurden;
4) an die Klägerin 1.511,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Klageerhebung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vertreten, die Aussage bezüglich der Europawahl 2014 sei nachweislich – bezogen auf das Abschneiden der CDU/CSU sowie der Parteien, die mehr als 5% der Stimmen erzielt hätten – wahr. Der Leser gewinne auch nicht den Eindruck, dass die Beklagte in jeder Hinsicht die genauesten Prognosen abgegeben habe. Es gebe keine Verkehrserwartung, dass immer die kumulierte Abweichung angegeben werde. Die wenigen Zitate aus der vermeintlichen Fachliteratur, auf die sich die Klägerin stütze und deren Richtigkeit bestritten werde, könnten keine Verkehrserwartung oder tatsächliche Übung der Meinungsforschungsinstitute belegen.
Hinsichtlich der Aussage, sie zähle zu den wichtigsten Meinungsforschungsinstituten Deutschlands, hat die Beklagte die Auffassung vertreten, dass „wichtig“ nicht mit „groß“ oder „bekannt“ gleichgesetzt werden dürfe. Zunächst sei zu berücksichtigen, dass „wichtig“ nur eingeschränkt objektivierbar sei. Ein Meinungsforschungsinstitut werde als „wichtig“ bezeichnet, wenn es auf dem Markt Bedeutung habe, wenn seine Ergebnisse beachtet würden. Die Beklagte habe sich seit Gründung 2009 einen ausgezeichneten Ruf erarbeitet und werde von Medien und der Öffentlichkeit als Teil der Gruppe der wichtigsten Institute angesehen. Es gebe 200 Anbieter und die Beklagte werde als einer der führenden angesehen. So würden ihre Prognosen in regelmäßigen Abständen auf den Portalen www.F2.de, www.X.de sowie www.T.de abgebildet. Es würden nicht die Ergebnisse aller Institute veröffentlicht, sondern nur von sieben, nämlich der sieben wichtigsten, wozu die Beklagte gehöre (Tabellen Bl. 86-88 d. A.). Auf der Seite T.de würden die aufgeführten Institute ausdrücklich als die „sieben führenden deutschen Institute“ bezeichnet. Die Beklagte werde auch von bedeutenden Auftraggebern wie etwa dem wie etwa dem Springer Verlag (BILD), Hubert Burda Medien (FOCUS Online), REWE AG, AOK, CDU/CSU, FDP, SPD, AfD, FW, Bundesverband mittelständische Wirtschaft, Unternehmerverband Deutschlands e.V., PKV, BPI nachgefragt. Weiter gehöre zur Meinungsforschung mehr als nur die Durchführung von Wahlumfragen, so dass die Anzahl Letzterer nicht allein ausschlaggebend sei für die Wichtigkeit eines Meinungsforschungsinstituts. Die Beklagte sei etwa neben der Klägerin das einzige Institut, das wöchentlich eine bundesweite Sonntagsfrage durchführe und zwar schon seit 2012. Die Klägerin habe auch nur Prognosen für gerade einmal drei der sechs von ihr genannten Wahlen durchgeführt.
Weiter hat die Beklagte die Ansicht vertreten, dass selbst bei quantitativer Betrachtung die von ihr getätigte Äußerung zutreffend sei. Entscheidend sei der Vergleich etwa hinsichtlich Mitarbeitern und Interviewern mit allen am Markt tätigen Instituten und nicht nur mit der Klägerin und B2. Die große Mehrheit (80 %) sei jedenfalls kleiner als die Beklagte.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, wobei es die Klageanträge gegenüber der Klageschrift modifiziert hat, insbesondere durch Einblendung der Anlagen K 1 und K 4 in den Tenor. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Aussage hinsichtlich der Europawahl 2014 sei irreführend, da sie im Kontext dahingehend zu verstehen sei, dass die Beklagte sich berühme, eine insgesamt besonders „wirklichkeitsnahe“ Prognose abgegeben zu haben, was jedoch tatsächlich nicht der Fall gewesen sei. Bei anderen Parteien, etwa bei SPD, Linke, FDP und sonstigen Parteien hätte die Prognose der Beklagten höhere Abweichungen aufgewiesen als die anderer Institute.
Auch die Aussage, die Beklagte gehöre zu den wichtigsten Meinungsforschungsinstituten Deutschlands, sei irreführend. Allein die Behauptung, die Beklagte gehöre – quantitativ – zu den 20 % der größten Institute Deutschlands, genüge nicht, da damit nichts über ihren Abstand zu den verbleibenden 80 % ausgesagt werde. Auch soweit „wichtig“ im Sinne von „bedeutend“ oder „einflussreich“ verstanden werde, habe die Beklagte keine ausreichende Tatsachengrundlage vorgetragen, die es erlaube, den Wahrheitsgehalt ihrer Aussage überprüfen zu können. Auch insoweit fehle es an Angaben, wie sich die Bedeutung der anderen Mitglieder der Spitzengruppe bemessen lasse. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Beklagte weiter das Ziel der vollständigen Abweisung der Klage. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Vortrag. Insbesondere trägt sie vor, mit der Aussage betreffend die Prognose zur Europawahl 2014 habe sie nicht den Anspruch erhoben, dass ihre Prognose in jeder Hinsicht präziser gewesen sei. Die von ihr genannten konkreten Ergebnisse seien nicht als Beispiele für eine allgemeine Aussage zu verstehen. Hinsichtlich der Aussage, sie gehöre zu den wichtigsten Meinungsforschungsinstituten Deutschlands, habe das Landgericht insbesondere die Darlegungs- und Beweislast verkannt. Es sei Sache der Klägerin gewesen, darzulegen, dass es andere Institute gebe, die wichtiger seien als die Beklagte. Hinsichtlich der Bedeutung eines Meinungsforschungsinstitutes sei maßgeblich, ob die Politik und das Politikumfeld, insbesondere die politischen Medien, ein Meinungsforschungsinstitut als „wichtig“ einstufen würden.
Mit Schriftsatz vom 1. Juni 2016, bei Gericht per Telefax eingegangen am gleichen Tag, hat die Klägerin weiter zu ihrer Bedeutung als Meinungsforschungsinstitut vorgetragen. Insbesondere im Vorfeld der jüngsten Landtagswahlen hätten ihre Ergebnisse ein breites Medienecho gefunden. Im ersten Quartal 2016 habe sie mehr Landtagswahlbefragungen durchgeführt als jeder andere Mitbewerber, nämlich insgesamt 14. Infratest-Dimap habe 13 Umfragen durchgeführt, die Klägerin und die G. jeweils neun, andere Institute noch weniger.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, mit der Maßgabe, dass die Klageanträge nunmehr entsprechend der Tenorierung im landgerichtlichen Urteil in konkreter Verletzungsform gestellt werden.
Die Klägerin verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Ergänzend weist sie darauf hin, dass sich ihr Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Aussage betreffend die Europawahlen 2014 nicht nur aus § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG, sondern auch aus § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 und § 5a UWG ergebe. Dass die Beklagte nicht zu den wichtigsten Meinungsforschungsinstituten Deutschlands gehören würde, werde beispielsweise dadurch belegt, dass sie bei der Wiedergabe von Umfrageergebnissen auf „Spiegel Online“ nicht berücksichtigt werde.
Den Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 1. Juni 2016 rügt sie als verspätet und bestreitet ihn inhaltlich.
II.
Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1.
Soweit der Tenor des landgerichtlichen Urteils von den gestellten Anträgen abweicht, insbesondere hinsichtlich der Einblendung der Anlage K 4 in den Klageantrag zu 1 b), so hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt, dass sie den Klageantrag in der Form stellt, in der er vom Landgericht ausgeurteilt worden ist. Da sich auch dem Zusammenhang der Ausführungen der Klägerin in der ersten Instanz nicht entnehmen lässt, dass sie mit dem Klageantrag zu 1 b) ein abstraktes Verbot der Aussage, unabhängig von einer konkreten Verletzungsform, erstrebte, betrachtet der Senat dies als eine Klarstellung und nicht als eine teilweise Klagerücknahme.
Auch hinsichtlich der Bestimmtheit und Reichweite des Klageantrags zu 1 b) bestehen keine Bedenken, da die eingeblendete konkrete Verletzungsform ein vollständiges Transskript des gesprochenen Textes des Werbefilms darstellt, und die Klägerin den Film als Videodatei zur Akte gereicht hat (Anlage K 28, Bl. 343 d. A.).
2.
Die Darstellung in der Broschüre entsprechend der Anlage K 1 ist irreführend, so dass der Klägerin ein Anspruch aus §§ 3, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Abs. 3, 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 UWG zusteht. Die mit Wirkung ab dem 10. 12. 2015 eingetretenen Änderungen am UWG wirken sich auf die hier zu beurteilenden Rechtsfragen nicht aus.
a)
Unerheblich ist, ob die Angaben im Rahmen vergleichender Werbung gemacht worden sind. § 5 Abs. 3 UWG, den das Landgericht zutreffend zitiert hat, stellt klar, dass auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung dem Irreführungsverbot des § 5 UWG unterfallen. Irreführende vergleichende Werbung ist daher allein nach § 5 UWG zu beurteilen (Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl. 2016, § 5 Rn. 2.62 f.).
b)
Eine Werbung ist im Sinn von § 5 Abs. 1 UWG irreführend, wenn das Verständnis, das sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen erweckt, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Für die Beurteilung, ob eine Werbung irreführend ist, kommt es darauf an, welchen Gesamteindruck sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorruft (BGH, WRP 2013, 1596 = GRUR 2013, 1254 [BGH 24.09.2013 – I ZR 89/12] Tz. 15 – Matratzen Factory Outlet; WRP 2014, 57 = GRUR 2014, 88 [BGH 06.11.2013 – I ZR 104/12] Tz. 30 – Vermittlung von Netto-Policen, jeweils m. w. N.). Einzelne Äußerungen einer in sich geschlossenen Darstellung dürfen deshalb nicht aus ihrem Zusammenhang gerissen werden (BGH, GRUR 2003, 361, 362 [BGH 24.10.2002 – I ZR 100/00] – Sparvorwahl; GRUR 2003, 800, 803 [BGH 13.02.2003 – I ZR 41/00] – Schachcomputerkatalog; WRP 2014, 57 = GRUR 2014, 88 [BGH 06.11.2013 – I ZR 104/12] Tz. 30 – Vermittlung von Netto-Policen; Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl. 2016, § 5 Rn. 2.90 m. w. N.).
Zutreffend und von der Berufung nicht beanstandet hat das Landgericht den angesprochenen Verkehrskreis als die Personen oder Institutionen bestimmt, die als Nachfrager von demoskopischen Leistungen in Frage kommen, mithin Großunternehmen wie Verbrauchsgüterhersteller oder Versicherer, Medien oder politische Parteien. Aber selbst vor diesem Hintergrund sieht sich der Senat in der Lage, die beanstandeten Aussagen aus eigener Sachkunde beurteilen zu können. Auch bei den Unternehmen, die demoskopische Leistungen nachfragen, können keine vertieften Kenntnisse der Demoskopie vorausgesetzt werden. Im Übrigen gehören die Mitglieder des Senats selber zu den potentiellen Auftraggebern demoskopischer Gutachten.
Vor diesem Hintergrund hat das Landgericht die Aussage in der Broschüre K 1 rechtsfehlerfrei als irreführend angesehen. Auch wenn die konkreten Einzelaussagen – Prognose des Abschneidens der CDU/CSU sowie Prognose des Ergebnisses der Parteien, die mehr als 5 % der Stimmen erhielten – unstreitig zutreffend sind, erweckt die Aussage in ihrem Zusammenhang einen weitergehenden Eindruck. Unerheblich ist dabei, ob bei manchen Adressaten der Werbung auch ein konkretes Interesse am Abschneiden einer bestimmten Partei besteht, so dass eine Meinungsumfrage nur im Hinblick auf diese Partei ausgewertet wird. Für den angesprochenen Verkehr kommt es darauf an, ob die von der Beklagten ermittelten Ergebnisse insgesamt zuverlässig sind. Für den Auftraggeber einer Verkehrsbefragung ist es nicht entscheidend, ob möglicherweise einzelne Ergebnisse zutreffen, ihm kommt es auf die Qualität des gesamten Produkts an. Genau dies wird durch die Überschrift „wenn Umfragen auf Wirklichkeit treffen“ suggeriert. Die Auslegung des Landgerichts, wonach der angesprochene Verkehr die beiden konkret genannten Ergebnisse lediglich als Beispiele für eine insgesamt hohe Qualität des Umfrageergebnisses verstehen wird, ist daher zutreffend. Jedenfalls ein relevanter Teil der Adressaten der Broschüre wird erwarten, dass die Umfrage der Beklagten insgesamt, also hinsichtlich aller Parteien am nächsten an „der Wirklichkeit“ ist und nicht damit rechnen, dass die Beklagte für einige Parteien (SPD, Linke) schlechter abgeschnitten hat als andere Forschungsinstitute.
3.
Auch die Aussage in dem Imagefilm, die Beklagte gehöre zu den wichtigsten Meinungsforschungsinstituten in Deutschland, stellt sich als irreführend dar.
a)
Es handelt sich bei dieser Aussage um eine „Angabe“ im Sinne des § 5 UWG und nicht nur um eine nicht nachprüfbare Anpreisung. Rechtsprechung zum Verständnis des Begriffes „wichtig“ liegt zwar, soweit ersichtlich, nicht vor. Anerkannt ist aber, dass Begriffe wie „führend“ oder „Marktführer“ einen nachprüfbaren Kern haben, der sich sowohl quantitativ auf den Umfang des Unternehmens als auch qualitativ auf die Beschaffenheit seiner Leistungen beziehen kann (BGH, GRUR 2012, 1053 [BGH 08.03.2012 – I ZR 202/10] Tz. 23 – Marktführer Sport; Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl. 2016, § 5 Rn. 5.83). Inhaltlich stellt es keinen erheblichen Unterschied dar, ob die Beklagte mit dem Ausdruck „eines der führenden Meinungsforschungsinstitute“ oder „eines der wichtigsten Meinungsforschungsinstitute“ wirbt. Tatsächlich hat die Beklagte zur Verteidigung der beanstandeten Äußerung in diesem Rechtsstreit selber darauf verwiesen, sie werde auf dem Portal T.de zu den „sieben führenden deutschen Instituten“ gerechnet (Bl. 88 d. A.).
Entscheidend ist aber, dass die Beklagte ihre Aussage in einem Zusammenhang gemacht hat, durch den sie deren Inhalt näher bestimmt hat: Sie stellt im weiteren Text des Films zunächst ihre Ausstattung, insbesondere ihre technische und personelle Ausstattung, vor, und hebt anschließend auf das Interesse ab, auf das ihre Umfragen stoßen. Aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise ist die Aussage daher insgesamt so zu verstehen, dass die Beklagte über eine mit den anderen „wichtigen“ Instituten vergleichbare Ausstattung verfügt, die sie in der Lage versetzt, wie diese sämtliche nachgefragten Aufgaben zu bewältigen, und dass sie und ihre Umfragen am Markt von den Nachfragern solcher Leistungen als „wichtig“ angesehen werden. Letzteres setzt voraus, dass sie ein entsprechendes Auftragsvolumen zu bearbeiten hat, und dass ihre Ergebnisse, insbesondere im Bereich der „politischen“ Umfragen, mediale Aufmerksamkeit finden. Unter beiden Gesichtspunkten beansprucht die Beklagte, zu den „wichtigen“ Instituten in Deutschland zu gehören, mithin einer Spitzengruppe anzugehören.
b)
Grundsätzlich trifft zwar im Prozess wegen irreführender Werbeaussagen den Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Unrichtigkeit der beanstandeten Aussage. Zu berücksichtigen ist aber, dass nach Art. 7 der Richtlinie 2006/114/EG (Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung) die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, den Gerichten die Befugnisse zu übertragen,
a)
vom Werbenden Beweise für die Richtigkeit von in der Werbung enthaltenen Tatsachenbehauptungen zu verlangen, wenn ein solches Verlangen unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Werbenden und anderer Verfahrensbeteiligter im Hinblick auf die Umstände des Einzelfalls angemessen erscheint …, sowie
b)
Tatsachenbehauptungen als unrichtig anzusehen, wenn der gemäß Buchstabe a verlangte Beweis nicht angetreten wird oder wenn er von dem Gericht oder der Verwaltungsbehörde für unzureichend erachtet wird.
Auch wenn der deutsche Gesetzgeber und, dem folgend, die Rechtsprechung davon ausgehen, dass die in der Rechtsprechung entwickelten Beweiserleichterungen eine ausreichende Umsetzung der Richtlinie darstellen (BT-Drucks. 14/2959, S. 9; OLG Hamburg, GRUR-RR 2002, 362), so ist in Zweifelsfällen auf die Richtlinie zurückzugreifen, um eine richtlinienkonforme Anwendung des deutschen Recht zu gewährleisten (Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl. 2016, § 5 Rn. 3.22; Ruess, in: MünchKomm-Lauterkeitsrecht, 2. Aufl. 2014, § 5 UWG Rn. 244).
Im Bereich der – hier einschlägigen – Spitzengruppenwerbung ist der Anspruchsgegner im Rahmen seiner prozessualen Aufklärungspflicht gehalten, darzulegen und gegebenenfalls unter Beweis zu stellen, worauf sich seine Werbebehauptung stützt. Der Sache nach läuft dies auf eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast hinaus, wobei diese allerdings dann nicht eingreift, wenn der Anspruchsteller auf sie nicht angewiesen ist (BGH, GRUR 2015, 286 [BGH 24.07.2014 – I ZR 53/13] Tz. 27 – Spezialist für Familienrecht; Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl. 2016, § 5 Rn. 3.25). Der Anspruchsgegner kann sich insbesondere nicht darauf zurückziehen, die geschäftlichen Verhältnisse seiner Mitbewerber seien ihm nicht bekannt, da er sie selber in seine Werbung einbezogen hat (Ruess, in: MünchKomm-Lauterkeitsrecht, 2. Aufl. 2014, § 5 UWG Rn. 247).
c)
Bei der Behauptung, eine Spitzen(gruppen)stellung einzunehmen, erwartet der Verkehr, dass der Werbende gegenüber seinen Mitbewerbern in der betreffenden Hinsicht einen deutlichen Vorsprung vorzuweisen hat und dieser Vorsprung Aussicht auf eine gewisse Stetigkeit bietet (BGH, GRUR 2003, 800, 802 [BGH 13.02.2003 – I ZR 41/00] – Schachcomputerkatalog; GRUR 2004, 786, 788 – Größter Online-Dienst). Erfasst die Behauptung (wie beispielsweise die „Größe“ eines Unternehmens) mehrere Aspekte (Zahl der Kunden, Umsatz), so muss die Behauptung im Hinblick auf jeden dieser Aspekte zutreffend sein. Die Werbung ist irreführend, wenn die Erwartung des Verkehrs insoweit auch nur teilweise enttäuscht wird (Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl. 2014 § 5 Rn. 646). Erforderlich wäre daher im vorliegenden Fall, dass die Beklagte sowohl hinsichtlich ihrer personellen und sachlichen Ausstattung als auch der Wahrnehmung ihrer Ergebnisse in der relevanten Öffentlichkeit zu einer abgrenzbaren Gruppe von Meinungsforschungsinstituten gehören würde, die einen deutlichen Abstand vom Rest des Marktes wahrt.
Hinsichtlich der Größe, insbesondere der personellen Ausstattung, ist die Beklagte den von der Klägerin vorgetragenen Zahlen nicht substantiiert entgegengetreten. Danach verfügt sie über etwa zehn Mitarbeiter (nach dem eigenen Vortrag der Beklagten sogar nur acht, Bl. 103 d. A.) und etwa 40 Interviewer, wohingegen die Klägerin etwa 80 Mitarbeiter und das Institut B2 etwa 100 Mitarbeiter aufweisen. Hinzu kommen die Interviewerstäbe; bei der Klägerin etwa 1.200 für CATI-Interviews und etwa 600 für face-to-face Interviews, bei Allesbach etwa 1.600 Interviewer für face-to-face Interviews. Dabei kommt noch erschwerend hinzu, dass nach einem von der Beklagten selber vorgelegten FAZ-Artikel weder die Klägerin noch das Institut B2 zu den großen Instituten der Branche gehören; verglichen mit den Marktführern, der H. und der U. werden selbst sie als „eher klein“ eingestuft („Meinungsforschung – Das schwierige Geschäft mit den Umfragen“, FAZ vom 21. 8. 2013, Anlage B 7, S. 1, Anlagenheft I). Gerade die Zahl der Interviewer stellt bei einem Meinungsforschungsinstitut eine ausschlaggebende Größe für die Leistungsfähigkeit und damit die Bedeutung dar.
Ergänzend kann noch auf den Vortrag der Klägerin zur Zahl der Telefon-Interviewplätze hingewiesen werden (Bl. 134 d. A.):
Klägerin 330
H 54
H2 100
J 170
J2 150
U 950
Beklagte 14
Die Beklagte hat die Zahl von 14 eigenen Telefon-Interviewplätzen bestätigt, die der anderen Institute bestritten. Nach den oben dargestellten Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast hätte sie aber, nachdem die Klägerin – sogar überobligatorisch – zu den Verhältnissen der Wettbewerber vorgetragen hat, nunmehr im Rahmen der sie treffenden Darlegungslast ihrerseits konkrete Zahlen nennen müssen und durfte sich nicht auf ein pauschales Bestreiten zurückziehen.
Die Beklagte entlastet in diesem Zusammenhang auch nicht, dass sie weniger personalintensive Umfragen (Online-Befragungen) durchführt. In dem beanstandeten Text wirbt sie gerade im Zusammenhang mit ihrer Aussage, sie sei ein „wichtiges“ Institut, damit, dass ihre Ausstattung es ihr erlaube, sämtliche demoskopische Untersuchungsmethoden anwenden zu können, einschließlich telefonischer „face-to-face-Interviews“. Ihr „Telefonlabor“ wird sogar eigens hervorgehoben. Dann aber muss sie, wenn sie sich als eines der wichtigsten Institute bezeichnet, in dieser Hinsicht eine vergleichbare Ausstattung mit den anderen führenden Instituten aufweisen. Es geht nicht darum, ob diese Ausstattung der Beklagten erlaubt, sämtliche von ihr angebotenen Leistungen tatsächlich durchzuführen; sie müsste vielmehr mit den anderen „wichtigen“ Instituten „auf Augenhöhe“ liegen. Dies ist nach den von der Klägerin vorgetragenen Zahlen aber gerade nicht der Fall.
Hinsichtlich der inhaltlichen (qualitativen) „Wichtigkeit“ der Beklagten fällt auf, dass sie sich insoweit fast ausschließlich auf die von ihr durchgeführten politischen Umfragen stützt, was die Klägerin bereits erstinstanzlich gerügt hat. Das genügt bereits vom Ansatz her nicht. In anderem Zusammenhang weist die Beklagte selber darauf hin, dass Meinungsforschung nicht nur aus Umfragen zu Wahlen besteht:
„Die empirische Meinungsforschung besteht aus mehr als Umfragen zu Bundes-, Europa- und Landtagswahlen. Die Beklagte führt bei weitem nicht allein derartige Wahlbefragungen durch, sondern ist ein Full Service Institut, das seinen Auftraggebern zahlreiche andere Tätigkeiten auf dem Gebiet der empirischen Meinung- und Sozialforschung anbietet, zu denen beispielsweise Kundenbefragungen, potenzial- und Imageanalysen und andere demoskopische Untersuchungen auf allen Gebieten aus Wirtschaft, Politik und anderen Bereichen gehören.“ (Schriftsatz vom 8. 6. 2015, S. 22 = Bl. 98 d. A.)“
Der Aspekt der Wahlforschung mache – wirtschaftlich betrachtet – für die betreffenden Institute lediglich den kleineren Anteil ihrer gesamten Geschäftstätigkeit aus. Vor diesem Hintergrund überzeugen auch die Ausführungen der Beklagten in der Verhandlung vor dem Senat nicht, die Aussage in dem Imagefilm, sie gehöre zu „den wichtigsten Meinungsforschungsinstituten“ sei so zu verstehen, dass sie eine wichtige Stellung lediglich im Hinblick auf die Meinungsforschung, nicht aber auf die Marktforschung für sich in Anspruch nehme. Schriftsätzlich hat sie vortragen lassen:
„Anders als die Klägerin versucht glauben zu machen, gibt es nämlich keine klare Trennung zwischen Meinungs- und Marktforschung, noch gibt es zwischen diesen Bereichen ein Widerspruch. Tatsächlich ist Meinungsforschung die Erhebung und Ermittlung von Meinungen, d. h. eine wissenschaftliche Methode, der sich (unter anderem) auch die Marktforschung bedient. Meinungsforschung ist nicht das Gegenteil der Marktforschung oder klar von ihr abgrenzbar, sondern ist ganz einfach eine (unter anderem) in der Marktforschung verwendete wissenschaftliche Methode, die auch über die Marktforschung hinaus – nämlich in den Bereichen der Politik, Medien und der Sozialforschung – eingesetzt wird (Schriftsatz vom 14. 9. 2015, S. 8 = Bl. 199 d. A.).“
Dann kann aber von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht erwartet werden, dass sie die Aussage in dem Imagefilm lediglich als auf den Bereich der politischen Meinungsforschung bezogen verstehen, oder sogar auf den noch engeren Bereich der Wahlforschung. Dies gilt vor allem, weil sich die Beklagte im unmittelbaren Zusammenhang mit der beanstandeten Aussage in dem Film als „Markt- und Sozialforschungsinstitut“ bezeichnet, und diese Selbstbezeichnung am Schluss des Films noch einmal wiederholt wird.
Die Aussage kann daher nur so verstanden werden, dass die Beklagte für sich in Anspruch nimmt, für den gesamten Bereich der Meinungsforschung, unter Einschluss der Marktforschung, zu den wichtigsten Instituten zu gehören. Zu diesem Bereich der von Unternehmen in Auftrag gegebenen Kundenbefragungen, Potential- und Imageanalysen fehlt es an jeglichem konkreten Vortrag der Beklagten, wenn von der Nennung einzelner Auftraggeber (wie der S2 AG und der B) abgesehen wird, ohne dass Einzelheiten zu Inhalt und Zahl der erteilten Aufträge mitgeteilt werden. Nach den oben wiedergegebenen Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast wäre es aber Sache der Beklagten gewesen, zumindest zu ihren eigenen Aktivitäten auf diesem Feld weiter vorzutragen.
Wie bereits erwähnt, belegt auch der von der Beklagten selber vorgelegte Artikel aus der FAZ (Anlage B 7, Anlagenheft I) nicht die Zugehörigkeit der Beklagten zu einer Spitzengruppe von Meinungsforschungsinstituten. Danach ist mit Abstand größtes Unternehmen auf diesem Markt die H.; dann folgt die U. Unternehmen wie die Klägerin, das Institut B2 sowie die G. werden in dem Artikel als „relativ klein“ bezeichnet. Im Bereich der Wahlforschung die hat U. danach einen Marktanteil von über 50 %, die Klägerin nimmt 20 % für sich in Anspruch. Die Beklagte wird in diesem Zusammenhang überhaupt nicht erwähnt; erst später in dem Artikel, wenn die Bedeutung moderner Umfragetechniken erläutert wird, wird unter anderem ihr Geschäftsführer (mit einer kontroversen Ansicht) zitiert. Dieser Artikel spricht daher gegen die Zugehörigkeit der Beklagten zu einer wie auch immer definierten Spitzengruppe von Meinungsforschungsinstituten. Der Artikel nimmt dabei zwar in erster Linie auf Umsatzzahlen Bezug, stellt aber nicht allein auf sie ab. Das zeigt die Erwähnung der G., die als e. V. organisiert ist und ausschließlich Wahlforschung betreibt.
Ob die Beklagte auch für den engeren Bereich der „politischen“ Meinungsforschung oder Wahlforschung zu den wichtigsten Instituten gehört, bedarf daher keiner Entscheidung. Es genügt bereits, um die Aussage als irreführend zu qualifizieren, dass die Beklagte unter einem, im Kontext der beanstandeten Äußerung selber hervorgehobenen Aspekt, nämlich der personellen Ausstattung, nicht dargelegt hat, dass sie zu einer Spitzengruppe gehört. Lediglich ergänzend tritt noch hinzu, dass es an jeglichem Vortrag zum Bereich der Marktforschung fehlt.
4.
Die Annexansprüche folgen dem Unterlassungsanspruch. Erstinstanzlich hat sich die Beklagte noch damit verteidigt, ein Schaden der Klägerin sei nicht denkbar, so dass die entsprechenden Anträge auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunfterteilung auf keinen Fall begründet seien.
Die Feststellung der Ersatzpflicht im gerichtlichen Verfahren setzt aber lediglich voraus, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Schadens besteht. Dafür reicht es aus, dass auf Grund des festgestellten Sachverhalts ein Schaden zumindest denkbar und möglich erscheint, wobei ein großzügiger Maßstab geboten ist (BGH, GRUR 2012, 193 [BGH 28.09.2011 – I ZR 92/09] Tz. 82 – Sportwetten im Internet II). Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Es erscheint jedenfalls nicht als ausgeschlossen, dass sich ein potenzieller Nachfrager entschlossen hat, die Dienstleistungen der Beklagten an Stelle derer der Klägerin in Anspruch zu nehmen, da er durch die Angaben in der Imagebroschüre und dem Werbefilm in die Irre geführt worden ist.
Bei Wettbewerbsverstößen wegen irreführender Werbung wird auch regelmäßig ein Anspruch auf Auskunft über Art, Zeit und Umfang der Verletzungen, notfalls auch über die Empfänger der missbräuchlichen Werbung zugebilligt, wobei zu Letzteren auch eine Aufgliederung in Einzelakte gehören kann. So kann es bei unrichtigen Werbeaussagen wesentlich sein, wann, bei welchen Gelegenheiten, in welchem Umfang (Werbemedienangabe) und auch wem gegenüber sie gemacht worden sind (Senat, GRUR-RR 2015, 215, 216 – Innovation Award Burgenland, m. w. N.).
5.
Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 9. Juni 2016 gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.
6.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung weder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab noch hat die Sache über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die maßgeblichen Rechtsfragen sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung außer Streit. Im Übrigen beruht die Entscheidung auf einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60.000 EUR festgesetzt.
Vorinstanz:
LG Köln, Az. 33 O 73/15