OLG Frankfurt a.M.: Zur rechtsmissbräuchlichen Abmahnung und unwirksamen Drittunterwerfung

veröffentlicht am 11. Mai 2016

OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 04.02.2016, Az. 6 W 10/16
§ 8 Abs. 4 UWG

Die Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. haben wir hier besprochen (OLG Frankfurt – Rechtsmissbräuchliche Abmahnung). Zum Volltext der Entscheidung nachstehend:


Wurden Sie (zu Unrecht) abgemahnt?

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Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Urteil

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Der Antragsgegnerin wird es im Wege der einstweiligen Verfügung bei Meidung von Ordnungsgeld bis 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an ihren Gesellschaftern, für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt,

in ihren Verkaufsangeboten im Internet, insbesondere auf www.ebay.de, Waren aus der Produktgruppe Druckerzubehör gegenüber Verbrauchern anzubieten unter Verwendung einer Widerrufsbelehrung, in der nicht klar und verständlich die Angaben zu der vorhandenen Telefonnummer vorhanden sind, so wie geschehen im Angebot vom 8.7.2015 auf www.ebay.de (Anlage zur Antragsschrift vom 5.8.2015).

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Eilverfahrens zu tragen.

Der Streitwert des Eilverfahrens wird auf 1.000,- € festgesetzt.

Gründe


Die zulässige Beschwerde, mit der – wie der Antragstellervertreter mit Schriftsatz vom 2.2.2016 klargestellt hat – das abgewiesene Eilbegehren weiterverfolgt wird, hat auch in der Sache Erfolg.

1.
Der Eilantrag ist zulässig.

Der Antragsteller steht nach der Glaubhaftmachungslage in Bezug auf das Angebot von Druckern nebst Zubehör in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis mit der Antragsgegnerin und ist daher nach § 8 III Nr. 1 UWG zur Geltendmachung des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs befugt. Der Antragsteller hat eine entsprechende Geschäftstätigkeit eidesstattlich versichert und durch geeignete Unterlagen, insbesondere das Zuschlagsschreiben der Staatsanwaltschaft Stadt1 vom 3.3.2015 und die Einkaufsrechnung vom 8.12.2014 (vorgelegt mit der Beschwerdeschrift) belegt. Die im angefochtenen Beschluss angesprochenen Unklarheiten hinsichtlich seiner Lagerräume hat der Antragsteller in der Beschwerdeschrift vom 3.11.2015 nachvollziehbar ausgeräumt, ohne dass die Antragsgegnerin dem entgegengetreten wäre.

Es bestehen auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller seine Befugnis nach § 8 III Nr. 1 UWG rechtsmissbräuchlich geltend macht, insbesondere damit vorwiegend den Zweck verfolgt, Aufwendungsersatzansprüche oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen (§ 8 IV UWG). Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat (vgl. Urteil vom 24.9.2015 – 6 U 60/15; juris-Tz. 36 ff. m.w.N.), reicht hierfür eine umfangreiche Verfolgungstätigkeit oder deren objektives Missverhältnis zum Umfang der eigenen Geschäftstätigkeit allein nicht aus. Der Vorwurf, vorwiegend Aufwendungsersatzansprüche entstehen lassen zu wollen, setzt – da dem Antragsteller solche Ansprüche selbst nicht zustehen – den Vorwurf eines kollusiven Zusammenwirkens mit dem beauftragten Anwalt in der Weise voraus, dass der Anwalt zum Zwecke der Erzeugung eigener Gebührenansprüche seinen Mandanten vollständig oder zum größten Teil von den mit der Führung der Prozesse verbundenen Kostenrisiken freistellt, d.h. die Partei nur als „Strohmann“ ihres Anwalts fungiert (vgl. Senat a.a.O., Tz. 42). Dafür sind hier hinreichende Anhaltspunkte weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Ebenso wenig besteht Grund zu der Annahme, dass der Antragsteller die Antragsgegnerin vorwiegend mit Kosten belasten wolle.

2.
Dem Antragsteller steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 3a (§ 4 Nr. 11 a.F.), 8 III Nr. 1 UWG i.V.m. § 312 d I BGB, Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1, § 4 I EGBGB zu. Die beanstandete Widerrufsbelehrung wird den in diesen Vorschriften genannten Anforderungen insoweit nicht gerecht, als hierin die Telefonnummer der Antragsgegnerin nicht angegeben ist, obwohl die Antragsgegnerin einen Telefonanschluss unterhält (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 24.3.2015 – 4 U 30/15, juris). Durch den Verstoß werden die Interessen der Verbraucher spürbar beeinträchtigt (§ 3a UWG), weil ihnen die durch das Gesetz eröffnete Möglichkeit des telefonischen Widerrufs erschwert wird.

Die durch die Verletzungshandlung begründete Wiederholungsgefahr ist durch die strafbewehrte Unterlassungserklärung, die die Antragsgegnerin unter dem 10.7.2015 gegenüber der Fa. A abgegeben hat, nicht ausgeräumt, da durchgreifende Zweifel an der Ernsthaftigkeit dieser Erklärung bestehen. Der Antragsteller hat vorgetragen und durch einen entsprechenden Screenshot belegt, dass nach Abgabe der Unterwerfungserklärung durch die Antragsgegnerin die Fa. A selbst eine Widerrufsbelehrung verwendet hat, die eine Telefonnummer nicht enthält. Das begründet den Verdacht, dass die Antragsgegnerin ihre Unterwerfungserklärung gegenüber der Fa. A nicht auf ein entsprechendes ernsthaftes Unterlassungsverlangen hin, sondern lediglich abgegeben hat, um damit den Anschein der Beseitigung der Wiederholungsgefahr zu erwecken. Diesen Verdacht hat die Antragsgegnerin nicht ausgeräumt; insbesondere hat sie entgegen der Aufforderung des Antragstellers die Abmahnung der Fa. A, die der Unterwerfungserklärung vom 10.7.2015 zugrunde gelegen haben soll, nicht vorgelegt.

3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO.

Die Festsetzung des Streitwerts trägt dem Umstand Rechnung, dass die geschäftlichen Interessen des Antragstellers durch die fehlende Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung der Antragsgegnerin nur in marginaler Weise berührt werden.

Vorinstanz:
LG Darmstadt, Az. 16 O 120/15