LG München I: XING-Profil muss ein Impressum enthalten

veröffentlicht am 30. November 2016

LG München I, Urteil vom 03.06.2014, Az. 33 O 4149/14
 § 3 UWG, § 4 Nr. 11 UWG a.F., § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG; § 5 TMG

Eine Kurzbesprechung dieses Urteils finden Sie hier (LG München – Impressum XING). Den Volltext des Urteils finden Sie im Folgenden:


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Landgericht München I

Urteil

I.
Der Antrag vom 10.03.2014 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

II.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Antragsteller.

III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Antragsteller macht gegen den Antragsgegner einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch im einstweiligen Verfügungsverfahren geltend.

Der Antragsteller ist Rechtsanwalt und Premiummitglied bei der Internetplattform „XING“.

Der Antragsgegner ist ebenfalls Rechtsanwalt. Auch der Antragsgegner unterhält, jedoch nur im Rahmen einer Basismitgliedschaft, einen Internetauftritt bei „XING“, welcher wie nachfolgend wiedergegeben gestaltet ist (vgl. Internetausdruck, Anlage K 1):

„XING“ ist nach unstreitigem Parteivorbringen ein soziales Netzwerk für berufliche Kontakte, welches es seinen Mitgliedern erlauben soll, geschäftliche und berufliche Kontakte zu knüpfen und mit anderen Mitgliedern auszutauschen. Nach der Konzeption dieser Internetplattform sollen dort Kontakte zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern bzw. zwischen Berufstätigen untereinander geknüpft werden. „XING“ bietet seinen Nutzern drei verschiedene Arten von Benutzerkonten an, nämlich ein „Employer Branding-Profil“, eine Premium-Mitgliedschaft und eine Basis-Mitgliedschaft. Das „Employer Branding-Profil“ richtet sich nur an große Arbeitgeber, mithin große Unternehmen. Diesen stehen umfangreiche Möglichkeiten zur Gestaltung ihres Auftritts offen, wie zum Beispiel das Verwenden eigener Logos oder das Einbinden von Videos, Bildern, Präsentationen etc., d.h. sie können ihr Profil weitgehend frei, ähnlich einer eigenen Webseite, gestalten. Kleinere Unternehmen und Verbraucher haben nur die Wahl zwischen der Premium- und der Basis-Mitgliedschaft. Die Basis-Mitgliedschaft erlaubt dabei nur die Nutzung der grundlegendsten Funktionen der Plattform. Geschäftlich relevante Funktionen wie die Möglichkeit, Benutzern, die nicht Kontakte sind, Nachrichten zu schreiben, bleiben der Premium-Mitgliedschaft vorbehalten. Unregistrierte Nutzer können u.a. bei einem Mitgliederprofil kein Foto und kein Unternehmen sehen (vgl. Screenshot, Anlage Ag 4). Auch eine Kontaktaufnahme ist einem unregistrierten Benutzer nicht möglich. Nutzer von „XING“ müssen zwingend die von „XING“ zur Verfügung gestellten Profilfunktionen verwenden und eine geschäftliche Adresse angeben (vgl. Screenshot, Anlage Ag 2). Gibt der Nutzer seine private Adresse ein, weil er das Portal als Privatperson nutzen möchte, zeigt „XING“ diese gleichwohl als Geschäftsadresse an und verknüpft diese eigenmächtig mit der an anderer Stelle eingegebenen Firma, ohne dass der Nutzer hierauf irgendwelchen Einfluss haben würde.

Wegen des Internetauftritts des Antragsgegners bei „XING“, welcher über kein Impressum verfügt, mahnte der Antragsteller den Antragsgegner mit Schreiben vom 04.02.2014 ab und forderte diesen erfolglos zur Abgabe, einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf (vgl. Abmahnung und Unterlassungserklärung, Anlagen K 2 und K 3).

Der Antragsteller meint, eine Pflicht zur Vorhaltung eines Impressums ergebe sich aus den § 5 TMG und § 55 RStV. Das eingerichtete Internetprofil werde vom Antragsgegner nicht nur privat genutzt und erfülle zumindest Marketingzwecke, denn es sei vom Antragsgegner gerade gewünscht, dass potentielle „Ratsuchende“ aufgrund des Profilinhalts mit ihm Kontakt aufnähmen und in der Folge dessen seine Dienste ais Rechtsanwalt im Rahmen der angebotenen Rechtsgebiete in Anspruch nähmen. Bereits das vom Antragsgegner bereitgestellte „Angebot“ an Rechtsgebieten stelle eine Angabe dar, die Werbezwecken diene und begründe damit die Anbieterkennzeichnungspflicht im Sinne des § 5 TMG. Welchen Umfang letztlich der Gestaltungsspielraum bezüglich des Profils auf der jeweiligen Seite habe, sei irrelevant, da für das Vorliegen einer Impressumspflicht bereits der Werbezweck für sich selbst ausreichend sei. Es könnten jedoch auch auf „XING“ Profile individuell erstellt und verändert, Kontakte hinzugefügt, Nachrichten geschrieben, Bilder hochgeladen, Kontaktdaten heruntergeladen, ein Portfolio erstellt sowie Gruppen gegründet und Beiträge verfasst werden. Das „XING“-Profil biete weit mehr als nur eine Visitenkarte. Eine solche könne vielmehr nur zusätzlich und separat unter dem Profilpunkt „Kontaktdaten“ heruntergeladen werden. Tue man dies im vorliegenden Fall, so biete der Antragsgegner ausschließlich geschäftliche Daten an. Von einem „rein privaten Profil“ könne offensichtlich nicht die Rede sein.

Der Anwendungsbereich des UWG sei eröffnet. Beide Parteien nähmen durch ihre Tätigkeit als Rechtsanwälte auf den gleichen Rechtsgebieten sachlich auf demselben Markt teil, ihre Tätigkeiten überschnitten sich auch räumlich und zeitlich. Der Verstoß gegen die Informationspflicht sei dazu geeignet, die geschäftliche Entscheidung eines potentiellen Mandanten zu beeinflussen. Ein durchschnittlicher Verbraucher benötige gerade die vorenthaltenen Daten, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen.

Im Hinblick auf die völlig unverständliche Weigerung des Antragsgegners, die geforderte Unterlassungserklärung abzugeben sowie die Tatsache, dass der Antragsgegner trotz klarer und eindeutiger Abmahnung noch immer nicht in der Lage sei, ein Impressum vorzuhalten, bestehe auch ein Verfügungsgrund. Im Ubrigen werde hinsichtlich der unterstellten Dringlichkeit auf § 12 Abs. 2 UWG verwiesen. Vom Verstoß des Antragsgegners habe er erstmais am 01.02.2014 Kenntnis erhalten (vgl. eidesstattliche Versicherung, bei Bl. 40/41 d. A).

Der Antragsteller beantragt daher:

Der Antragsgegner hat es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, in seinem Internetauftritt innerhalb des Netzwerks „XING“ gemäß Anlage ASt 1 kein Impressum mit den nach § 5 TMG erforderlichen Pflichtangaben vorzuhalten.

Der Antragsgegner beantragt:

Zurückweisung des Verfügungsantrags.

Der Antragsgegner ist der Ansicht, dass es an einem Verfügungsanspruch fehle. Es sei bereits zu verneinen, dass für „XING“-Profile eine Impressumspflicht nach § 5 TMG bestehe. Eine solche bestehe nur für „geschäftsmäßige, inder Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien“. Der Antragsgegner habe aber kein solches Telemedium betrieben, weil er zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Dienstleistungen über das Internet angeboten habe. Außerdem könne das Angebot nicht als eigenständiger Dienst qualifiziert werden, denn hierfür müsste das zu beurteilende Angebot funktional abgrenzbar und für einen objektiven Dritten als eigenständiges Angebot wahrnehmbar sein, was für „XING“ jedoch zu verneinen sei. Anders als bei Firmeneinträgen auf „Facebook“ oder „Google+“, welche einen webseitenähnlichen Gestaltungsspielraum zuließen, könne der Nutzer bei „XING“ nur vorgefertigte Felder ausfüllen und ansonsten nur sehr beschränkt auf Darsteilung und Gestaltung einwirken. Die persönlichen Profile auf „XING“ seien vergleichbar mit Visitenkarten. Sie erlaubten es einer Privatperson nur, Angaben zur Person einzutragen und ihre Fähigkeiten und Wünsche zu artikulieren, oftmals um eine Arbeit zu finden oder um sich mit Kollegen und Bekannten zu vernetzen. Weitere Einflussmöglichkeiten habe der Nutzer nicht. Das Profil solle dabei nur dazu dienen, auf die Person hinzuweisen und möglicherweise auf deren Webseite zu leiten. Es sei somit kein selbständiges Telemedium, sondern ein unselbständiger Teil des Telemediums „XING“.

Es sei nicht nachvollziehbar, wie der Antragsteller zu der Annahme gekommen sei, dass der Antragsgegner anwaltliche Dienstleistungen anbiete und nach Tätigkeiten suche. Der Antragsgegner habe das Profil am 02.05.2013 eingerichtet, um nach bestandener Zweiter Juristischer Staatsprüfung Kontakt mit Kanzleien aufzunehmen sowie um sich mit seinen Kollegen zu vernetzen. Er habe die Möglichkeiten der neuen Medien nutzen wollen, um auf diese Weise möglicherweise einen Arbeitsplatz in einer Kanzlei zu finden. Zu diesem Zwecke habe er die angebotenen Funktionen, seine Fähigkeiten und Kenntnisse anzugeben, genutzt. Der Begriff „Ich biete“ müsse anhand des objektiven Verständnishorizonts eines „XING“-Benutzers ausgelegt werden. „Ich biete“ bedeute im Zusammenhang mit der Profilnutzung „Ich biete folgende Eigenschaften und Fähigkeiten“ und nicht „Ich biete Dienstleistungen in folgenden Gebieten“. Nach Anstellung durch den Beklagtenvertreter habe er das Profil ausschließlich dazu genutzt, um mit Kollegen und Bekannten zu kommunizieren (vgl. eidesstattliche Versicherung, Anlage Ag 5; Screenshot, Anlage Ag 6). Sein „XING“-Profil sei daher als rein privates Profil zu klassifizieren, das nicht der Impressumspflicht des § 5 TMG unterfalle.

Im Übrigen seien die Parteien keine Mitbewerber, denn der Antragsgegner trete als angestellter Rechtsanwalt nach außen nicht selbst in Erscheinung. Weder der Antragsgegner noch der Antragsgegnervertreter böten Rechtsanwaltsdienstleistungen in räumlicher Nähe zum Antragsteller oder im Internet an, weshalb auch kein konkretes Wettbewerbsverhältnis gegeben sei. Außerdem stelle ein fehlendes impressum nicht stets einen Verstoß gegen §§ 4 Nr. 11, 5a UWG dar und könne im vorliegenden Fall das fehlende Impressum keinen Einfluss auf die Entscheidung des Verbrauchers haben, es fehle mithin an einer spürbaren Beeinträchtigung.

Schließlich sei auch kein Verfügungsgrund ersichtlich, denn der Antragsteller habe erst durch die grob fahrlässige Einreichung des Antrags beim örtlich unzuständigen Gericht und dann durch ein Fristverlängerungsgesuch klar gezeigt, dass ihm die Sache nicht so eilig sei.

Höchsthilfsweise werde eingewandt, dass das Vorgehen des Antragstellers rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG sein könne (vgl. FAZ-Artikel, Anlage Ag. 1).

Am 02.06.2014 ist ein nicht nachgelassener Schriftsatz des Antragstellervertreters vom 02.06.2014 bei Gericht eingegangen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze samt Anlagen und die Sitzungsniederschriften vom 26.02.2014 und vom 13.05.2014 Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 26.02.2014 ist der Rechtsstreit vom Landgericht München II an das Landgericht München I verwiesen worden (Bl. 30 d. A.).

Mit Beschluss vom 05.03.2014 hat die Kammer entschieden, dass über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mündlich zu verhandein ist (Bl. 36/37 d. A.).

Das Gericht hat mit Telefonat vom 28.02.2014 und Terminsverfügung vom 05.03.2014 Hinweise gegeben. Auf den Telefonvermerk vom 28.02.2014 und die Verfügung vom 05.03.2.014 wird Bezug genommen (Bl. 33 und 38/39 d.A.).

Entscheidungsgründe

A.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig.

I.
Der Antrag ist jedenfalls in der zuletzt gestellten Form hinreichend bestimmt, weil er sowohl auf den konkreten Internetauftritt als auch auf § 5 TMG Bezug nimmt.

II.
Hinreichende Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Handeln des Antragstellers sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Zwar kann die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen rechtsmissbräuchlich sein, wenn diese vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Der vom Antragsgegner als Anlage Ag 1 vorgelegten Presseveröffentlichung lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass der Antragsteller vorliegend überwiegend sachfremde, nicht schutzwürdige Interessen oder Ziele verfolgen würde. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang zudem, dass der Antragsteller dem Antragsgegner – wohl auch unter Beachtung der in der Entscheidung BGH GRUR 2004, 789 – ‚Selbstauftrag‘ aufgestellten Grundsätze – keine Abmahnkosten in Rechnung gestellt hat.

B.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist jedoch nicht begründet.

I.
Es ist zwar ein Verfügungsgrund gegeben:

1.
Die Dringlichkeit wird gemäß § 12 Abs. 2 UWG vermutet. Zudem hat der Antragsteller mit eidesstattlicher Versicherung vom 03.03.2014 glaubhaft gemacht, auf das Internetprofil des Antragsgegners am 02.02.2014 (und nicht wie schriftsatzlieh vorgetragen am 01.02.2014) aufmerksam geworden zu sein. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist am 06.02.2014 und mithin innerhalb der im OLG-Bezirk München maßgeblichen Monatsfrist bei Gericht eingereicht worden.

2.
Weder die Einreichung des Antrags beim Landgericht München II noch die Beantragung einer Fristverlängerung sind dringlichkeitsschädlich gewesen. Die Anrufung des Landgerichts München II ist aus Sicht der – an den Verweisungsbeschluss des Landgerichts München II gebundenen – Kammer keinesfalls grob fahrlässig gewesen. Die vom Antragsteller begehrte Fristverlängerung lange vor dem bereits anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung hat zum einen schon tatsächlich nicht zu einer Verzögerung des Rechtsstreits geführt und zum anderen sind kurze Erwiderungsfristen jedenfalls in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes üblich und hinzunehmen.

II.
Es besteht aber kein Verfügungsanspruch:

1.
Die Parteien sind Mitbewerber im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG, weil sie miteinander als Anbieter von Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen:

a)
Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist dann gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen mit, der Folge, dass das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten, den anderen beeinträchtigen, d.h. im Absatz behindern oder stören kann (vgl. BGH GRUR 2001, 258 – Immobilenpreisangaben).

b)
Vorliegend handelt es sich zwar jedenfalls bei der Kanzlei, in der der Antragsgegner angestellt ist, unwidersprochen um eine Kanzlei mit regionaler Ausrichtung. Auch Privatleute pflegen aber heutzutage nach der Erfahrung der Kammer nicht in aller Regel nur ortsnah tätige Anwälte aufzusuchen und nehmen ortsfern ansässige „Spezialanwälte“ nicht nur ausnahmsweise in wirtschaftlich bedeutsamen Angelegenheiten in Anspruch. Der gegenteiligen Auffassung des OLG Frankfurt a.M. in GRUR-RR 2003, 248 schließt sich die Kammer nicht an. Vielmehr kommt es nach der Erfahrung der Kammer immer wieder vor, dass sich Parteien von auswärtigen Rechtsanwälten vertreten lassen, ohne dass diese Rechtsanwälte immer über eine besondere Spezialisierung verfügen würden.

2.
In der Veröffentlichung seines Profils bei „XING“ liegt auch eine geschäftliche Handlung des Antragsgegners im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG, denn die konkrete Ausgestaltung des Profils ist objektiv geeignet, den Absatz der vom Antragsgegner bzw. der ihn beschäftigenden Kanzlei angebotenen Dienstleistungen zu fördern, weil der Antragsgegner dort unter Hervorhebung seiner eigenen beruflichen Qualifikation seinen Arbeitgeber benennt. Es handelt sich daher aus Sicht des angesprochenen allgemeinen Verkehrs, zu dem auch die Mitglieder der Kammer als durchschnittlich informierte, situationsadäquat aufmerksame und verständige Verbraucher gehören, nicht nur um ein rein privates Profil des Antraqsqecners beim Internetportal „XING“, bei welchem es sich nach dem eigenen Vortrag des Antragsgegners um ein soziales Netzwerk für berufliche Kontakte handelt, welches es seinen Mitgliedern erlauben soll, geschäftliche und berufliche Kontakte zu knüpfen und mit anderen Mitgliedern auszutauschen.

3.
Das streitgegenständliche Profil des Antragsgegners bei „XING“ verstößt gegen § 4 Nr. 11 UWG iV.m. § 5 TMG:

a)
Die Impressumspflicht nach der Marktverhaltensregelung des § 5 TMG gilt für Diensteanbieter geschäftsmäßiger, in der Regel gegen Entgelt angebotener Telemedien. Gem. § 2 Nr. 1 TMG ist ein Diensteanbieter jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Teledienste zur Nutzung bereithält oder den Zugang, zur Nutzung vermittelt. Bei Internetportalen sind die einzelnen Anbieter, sofern sie geschäftsmäßige Teledienste anbieten, für ihre Seiten impressumspflichtig (vgl. OLG Düsseldorf MMR 2008, 682 – Impressumspflicht). Der Begriff der kommerziellen Kommunikation setzt Art. 2 f) der e-commerce-Richtlinie wörtlich um. Er ist weit zu verstehen und umfasst alle Arten von Werbung, wobei die im Wettbewerbsrecht entwickelten Begriffe der geschäftlichen Handlung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG und der Werbung herangezogen werden können (vgl. Müller-Broich, TMG, 1. Auflage, § 2 Rdnr. 6).

b)
Im Hinblick auf das von ihm bei „XING“ unterhaltene Profil ist der Antragsgegner unter Zugrundelegung der genannten Maßstäbe Diensteanbieter eines geschäftsmäßigen Telemediums. Insoweit wird auf die Ausführungen unter B.11.2 zur geschäftlichen Handlung Bezug genommen.

c)
Da das in Rede stehende Profil des Antragsgegners bei „XING“ unstreitig über kein Impressum verfügt, verstößt dieser gegen § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 5 TMG.

4.
Eine nach § 4 Nr. 111 UWG unlautere geschäftliche Handlung ist allerdings nach § 3 UWG nur unzulässig, wenn sie geschäftliche Relevanz aufweist. Es kommt also darauf an, ob die Handlung geeignet ist, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen bzw. soweit es um die Verletzung von Informationspflichten gegenüber Verbrauchern geht, die ihre Grundlage im Unionsrecht haben, ob sie dazu geeignet ist, die Fähigkeit des Verbrauchers, sich aufgrund von Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen und ihn damit zu einer geschäftlichen Entscheidunq zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte (vgl. Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, 32. Auflage, § 4 Rdnr. 11.58a). Eine Eignung ist dann anzunehmen, wenn eine objektive Wahrscheinlichkeit besteht, dass die konkrete Handlung zu einer solchen spürbaren Beeinträchtigung führt (vgl. Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, 32. Auflage, § 3 Rdnr. 116). Nach allgemeinen Grundsätzen trägt der Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast für die geschäftliche Relevanz (vgl. Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, 32. Auflage, § 3 Rdnr. 134).

Grundsätzlich kommt dem Fehlen eines Impressums in der Regel geschäftliche Relevanz zu. Vorliegend ist zwischen den Parteien allerdings unstreitig, dass die Internetplattform „XING“ dazu dient, Kontakte zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern bzw. zwischen Berufstätigen untereinander zu knüpfen. Dass darüber hinaus über „XIING“ üblicherweise auch Geschäftsabschlüsse angebahnt und insbesondere Mandatsverhältnisse begründet werden, vermochte der Antragsteller nicht darzutun. Der Antragsteller hat insbesondere weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass gerade ein Basis-Profil wie dasjenige des Antragsgegners mit den entsprechenden rudimentären Angaben tatsächlich überhaupt von künftigen Mandanten genutzt wird, welche auf diese Weise einen Rechtsanwalt suchen. Unter Zugrundelegung und Würdigung des Sachvortrags der Parteien im vorliegenden Verfahren ist eine Vergleichbarkeit zwischen einem Basisprofil bei „XING“ gemäß Anlage ASt 1 und einem (Unternehmens-)Auftritt bei „Facebook“ oder „Google+“ nicht gegeben, mit der Folge, dass der Wettbewerbsverstoß des Antragsgegners im konkreten Streitfall wettbewerblich nicht relevant ist.

5.
Diesem Ergebnis stehen die Wertungen des § 5a UWG nicht entgegen.

C.
Soweit der nachgereichte Schriftsatz des Antragstellervertreters vom 02.06.2014 anderes als bloße Rechtsausführungen enthält, war er gemäß § 296 a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen (Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 132 Rdnr, 4), eine Wiedereröffnung der Verhandlung nach § 156 ZPO hinsichtlich des neuen Vortrags war nicht geboten (vgl. auch BGH NJW 2000, 142 f. und Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 156 Rdnr. 4). Insbesondere ist festzuhalten, dass die vom Antragstellervertreter übersandten Entscheidungen des Landgerichts Stuttgart auf die vorliegende Fallgestaltung schon deshalb nicht zu übertragen sind, weil diese Entscheidungen nicht die Internetplattform „XING“, sondern mit den Internetplattformen „kanzlei-seiten.de“ und „anwaltsregister.de“ Seiten betreffen, die sich – anders als das soziale Netzwerk „XING“ – gezielt an Mandanten richten.

D.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 708 Nr. 6 und § 711 S. 1 und 2 ZPO.

Auf das Urteil hingewiesen hat openjur.de.