LG Köln: Verpflichtende Angaben aus dem Energieausweis in Immobilienanzeigen

veröffentlicht am 13. Januar 2017

LG Köln, Urteil vom 15.11.2016, Az. 81 O 53/16
§ 3 UWG, § 5a Abs. 2 UWG, § 8 UWG; § 16a Abs. 1 S. 1 EnEV

Das Urteil des LG Köln haben wir hier zusammengefasst (LG Köln – Pflichtangaben in Immobilienanzeigen); den Volltext der Entscheidung finden Sie nachstehend:


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Landgericht Köln

Urteil

1.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihrem Inhaber,

zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in kommerziellen Medien eine Immobilienanzeige für eine Wohnimmobilie, für die zum Zeitpunkt der Anzeigenaufgabe ein Energieausweis vorliegt, vor deren Verkauf zu veröffentlichen, ohne sicherzustellen, dass diese Anzeige Angaben zu der Art des Energieausweises (Energiebedarfsausweis oder Energieverbrauchsausweis im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 EnEV), zu dem im Energieausweis genannten Wert des Endenergiebedarfs oder Endenergieverbrauchs für das Gebäude, zu dem im Energieausweis angegebenen wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes und zu dem im Energieausweis genannten Baujahr des Gebäudes enthält, wenn dies geschieht wie in einer Immobilienanzeige der Beklagten im Kölner-Stadt-Anzeiger vom #### für die Immobilie „Bungalow, I-Straße in L, 4 Zimmer, 102 m² Wohnfläche zum Kaufpreis von 385.000,00 EUR“, die wie folgt wiedergegeben ist:

2.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 229,34 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. hieraus seit dem 5.8.2016 (Rechtshängigkeit) zu bezahlen.

3.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

4.
Das Urteil ist für die Klägerin vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung zu Ziffer 1 in Höhe von 5.000,00 € und im Übrigen in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags.
 
Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung einer Immobilienanzeige wegen Verstoßes gegen § 16a EnEV in Anspruch.

Der Kläger  ist ein gerichtsbekannter und nach dem Wettbewerbsrecht klagefähiger Umwelt- und Verbraucherschutzverband.

Die Beklagte betreibt ein Unternehmen, das mit Immobilien handelt und solche vermittelt.

Sie warb im Kölner-Stadt-Anzeiger vom ### für die Immobilie „Bungalow, I-Straße in L, 4 Zimmer, 102 m² Wohnfläche zum Kaufpreis von 385.000,00 EUR“ mit der im Tenor  wiedergegebenen Immobilienanzeige. Darin heißte es: „Energieausweis vorhanden“ ohne weitere Angaben.

Der Kläger sieht hierin einen Verstoß gegen die Pflicht zur Mitteilung der in § 16a Abs. 1 Nr. 1-4 EnEV vorgeschriebenen Angaben. Er forderte die Beklagte mit Schreiben vom 13.5.2016 auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Ferner forderte er Abmahnkosten in Höhe von 229,34 €. Die Beklagte gab keine Unterlassungserklärung ab und zahlt auch die Abmahnkosten nicht. Beides verfolgt der Kläger mit der Klage fort.

Der Kläger ist der Auffassung, durch die beanstandete Anzeige habe die Beklagte gegen § 16a EnEV verstoßen. Da ein Energieausweis unstreitig zum Zeitpunkt der Bewerbung vorgelegen hat, sei die Beklagte nach § 16a Abs. 2 Satz 1 EnEV verpflichtet gewesen, Angaben zu machen zur Art des Energieausweises – Energiebedarfsausweis oder Energieverbrauchsausweis -, zu den im Energieausweis genannten Wert des Endenergiebedarfs oder Endenergieverbrauchs für das Gebäude, zum im Energieausweis genannten wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes, zum im Energieausweis genannten Baujahr des Gebäudes und bei Wohngebäuden die im Energieausweis genannte Energieeffizienzklasse.

Auch den Immobilienmakler treffe die Angabenpflicht. § 16a EnEV sei im Sinne von Art. 12 Abs. 4 Richtlinie 2010/31/EU auszulegen, insbesondere auch um Umgehungen zu vermeiden. Der Kläger verweist auf die Umsetzung in anderen europäischen Ländern.

Ferner verweist der Kläger auf die bislang ergangene Rechtsprechung.

Bei § 16a EnEV handle es sich um einen Markverhaltensregel gemäß § 3a UWG. Ferner sei die erforderliche wettbewerbsrechtliche Relevanz und Spürbarkeit gemäß § 3 UWG gegeben.

Zugleich sei eine gemäß § 5a Abs. 4 UWG wesentliche Angabe unterblieben.

Der Kläger beantragt,

wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, der Immobilienmakler gehöre nicht zum Kreis der gemäß § 16a EnEV Verpflichteten. Zu ihrer Auffassung führt die Beklagte näher aus. Der Wettbewerb werde auch nicht erheblich beeinträchtigt. Ein Verstoß gegen § 5a UWG scheide ebenfalls aus, da die Angaben für die Kaufentscheidung nicht erheblich seien.

Im Hinblick auf unterschiedliche Instanzrechtsprechung zu dieser Frage regt die Beklagte die Aussetzung bis zu einer grundlegenden Entscheidung des BGH an.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Nachdem sich die Parteien nicht darauf verständigen konnten, eine Entscheidung der hier maßgeblichen Rechtsfrage durch den Bundesgerichtshof abzuwarten, war zu entscheiden.

Die Klage ist begründet.

1.
Der gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG aktivlegitimierte Kläger kann gemäß §§ 3, 5a Abs. 2, 8 UWG von der Beklagten Unterlassung der Bewerbung ohne Mitteilung der in § 16a Abs. 1 Satz 1 EnEV aufgeführten Angaben zum Energieausweis verlangen.

Der überzeugenden Begründung in der Entscheidung des OLG Hamm vom 4.8.2016 – I-4 U 137/15 – wird beigetreten. Es handelt sich bei den Angaben im Sinne dieser Vorschrift um wesentliche Informationen, die der Verbraucher benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen. Wie das OLG Hamm zutreffend ausführt, handelt es sich bei den Angaben nach § 16a Abs. 1 EnEV um Pflichtangaben, ungeachtet der streitigen Frage, ob der Immobilienmakler zum Kreis der Verpflichteten gehört. Die Angaben dienen der Vergleichbarkeit des Angebots. § 5a Abs. 2 UWG ist daher nicht dergestalt subsidiär gegenüber § 16a EnEV, dass die unterbliebene Anführung von Immobilienmaklern zugleich Ansprüche wegen Irreführung durch Unterlassen ausschließt.

Zutreffend weist das OLG Hamm darauf hin, dass keine erheblichen Interessen der Beklagten den Angaben entgegenstehen. Soweit die Angaben das Format der Immobilienanzeige übersteigen könnten, hat das OLG Hamm nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass Abkürzungen verwendet werden könnten, wie es auch sonst im Immobilienbereich zur Beschreibung eines Objekts gängig ist. Indem die Angaben nicht getätigt wurden, wurden sie vorenthalten im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG. Die Alternativen Nr. 1 und 2 in § 5a Abs. 2 Satz 1 UWG sind erfüllt. Die Informationen sind geeignet, den Verbraucher bei der Entscheidung zu helfen, ob er auf die Anzeige Kontakt mit dem Immobilienmakler aufnimmt. Da die Angaben gerade die Vergleichbarkeit der Objekte erleichtern sollen, benötigt der Verbraucher diese Informationen auch im Sinne der Vorschrift. Deren Fehlen ist geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung – Kontaktaufnahme – zu veranlassen, was er in Kenntnis der Informationen unterlassen hätte.

Es bestehen auch keine Bedenken im Hinblick auf die geschäftliche Relevanz gemäß § 3 Abs. 2 UWG. Das Vorenthalten wesentlicher Informationen gegenüber Verbrauchern ist ein Sonderfall der geschäftlichen Relevanz (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, § 5a, Rdnr. 3.41).

Ob daneben ein Anspruch gemäß §§ 3, 3a, 8 UWG, 16a EnEV besteht, bedarf keiner Entscheidung. Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob der Begriff „Verkäufer“ in § 16a Abs. 1 EnEV im Wege richtlinienkonformer Auslegung auch auf Immobilienmakler erstreckt werden kann, ohne den Wortsinn zu überdehnen. Konsequenterweise müsste dies zur Folge haben, dass Immobilienmakler auch unter die Ordnungswidrigkeitenbewehrung gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 6 EnEV fallen, ohne dort indes genannt zu sein. Auch eine Haftung nach den Grundsätzen von Täterschaft und Teilnahme des Immobilienverwalters würde voraussetzen, dass der Verkäufer selbst in die Anzeigenaufgabe eingebunden ist, was nicht der Fall ist, wenn der Immobilienmakler die Anzeige selbständig formuliert und aufgibt.

2.
Die Aufwendungen für die Abmahnung kann der Kläger gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG erstattet verlangen.

Die Nebenforderung folgt aus §§ 286, 288 BGB.

3.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

Streitwert: 30.000 €